“Natürlich bin ich gefährlich, meine Aufmachung ist nur Tarnung!“ versuchte Axilla zurückzuscherzen, aber so ganz gelang es ihr auch nicht. Warum wohl gleich acht Legionäre sie verfolgten? Sie war ja schon versucht, einfach Fersengeld zu geben und loszusprinten. So schnell wären die Legionäre nicht, sie dann noch zu erwischen, außer, Tiridates hier würde sie vielleicht festhalten, ehe sie richtig weg war. Aber andererseits hatte sie ja auch wirklich nichts angestellt, also warum wegrennen? Das war sicher nur ein kleiner Denkzettel für den Kommandanten des Schiffes oder sowas. Oder der Soldat nahm die Sache mit dem persönlichen Schutz von vorhin wirklich sehr ernst.
“Wie, wer ich wirklich bin?“
Die Frage war doch so verwirrend, dass Axilla von ihrer Betrachtung der ihnen folgenden Legionäre total hochschreckte und den Griechen an ihrer Seite verwirrt anschaute. Wer sollte sie schon sein? Sie war Axilla! Das hatte sie doch aber schon gesagt? Und der Soldat hatte es ja bestätigt?
“Ich bin nur ich. Iunia Axilla eben. Meine Cousine Urgulania ist Exegetes, mein Cousin Silanus war hier Tribun und ist nun in Germania Präfekt der Ala.“
Er hatte ihr immer noch nicht geschrieben. Sie hatte diese Sache erst aus der Acta erfahren müssen und war deswegen mehr als nur ein wenig geknickt. Offenbar war er ihr wirklich böse, dass sie ihn nicht hatte begleiten wollen. “Oh, und ich bin Scriba personalis vom Gymnasiarchos. Und mit dem Strategos und dem Agoranomos gut bekannt. Hätt ich fast vergessen.“
Ja, wenn man sich das alles so ansah, eigentlich kannte sie bis auf den Präfekten so ziemlich jeden in der Stadt recht gut, der etwas zu sagen hatte. Und eigentlich verstand sie sich auch mit allen. Bis auf diese kleine Sache mit Terentius Cyprianus, natürlich. Und dass die Frau des Präfekten sie auch nicht leiden mochte ließ sie besser auch unerwähnt.
Aber bei dem Wort Agoranomos fiel ihr noch etwas wieder ein. Er sprach von seinem Onkel in der Gegenwart. Wußte er das noch gar nicht? Sollte sie es ihm sagen? Vielleicht besser nicht, sie war nicht gut in sowas, und sie kannten sich ja auch kaum. Er würde das schon noch erfahren, dass Mithridates Castor verstorben war. Das musste nicht jetzt sein.
“Und das hier ist eine laaaaange Geschichte. Also, eigentlich war es immer ganz friedlich, also bis kurz vor der Regenzeit. Da gab es ein kleines Missverständnis oder so. Also, die Legion hat neue Patroullien eingeführt und hat damit direkt vor einem Tempel angefangen. Das fanden die Griechen allerdings nicht lustig, und dann gab es ein bisschen hin und her mit dem neuen Militärpräfekten einer Legion hier in Nikopolis, weil der und die meisten Pyrtanen sich nicht ganz grün sind und dazu noch der neue Magister Officorum in der Regia den Präfekten besser abschirmt als den Kaiser höchstselbst… Tja, und dann gab es da so ein Manöver im Delta, was wohl auch nicht auf so breiten Zuspruch gestoßen ist, und in Rhakotis… also…“
Axilla schaute noch mal zurück, mittlerweile waren sie aus Sichtweite des Schiffes und damit auch von Marcus Achilleos. Eigentlich wollte Axilla das ja nicht so erzählen, denn auf eine verdrehte Art und Weise mochte sie ja auch Marcus, aber das gehörte der Vollständigkeit halber nun mal dazu.
“Also, der Mann mit dem Schwert vorhin, du hast ihn sicher gesehen. Also, das ist Marcus Achilleos, und der hat eine etwas andere philosophische Schule besucht und nun eine Akademie dafür in Rhakotis gemacht. Und die haben da ganz komsiche, strenge Regeln, und das gefällt den Leuten in Rhakotis nicht so. Und die Römer mögen sie da ja auch nicht so, aber Marcus mag sie schon, und deshalb ist er da auch schon angegriffen worden. Also, seine Akademie, er selber weiß ich gar nicht.
Und naja, vor zwei Wochen dann schließlich ist es richtig in Rhakotis eskaliert. Da war ein römischer Soldat, den sie da getötet haben, das musst du dir mal vorstellen. Und nicht nur das, sie haben… also… seine Leiche… also…
Auf jeden Fall sind sie dann bis zu den Toren der Basileia gezogen. Ich war da auch, und ich hatte Glück, dass mich die Soldaten dann rein gelassen haben. Den Gymnasiarchos haben sie ausgesperrt, das musst du dir mal vorstellen! Und dabei wohnt er auch in Basileia!
Aber das wurde dann von der Stadtwache zerschlagen, aber seitdem ist die Stimmung noch so komisch. Ich glaub, das ist noch nicht ganz vorüber. Aber ich versteh gar nicht, warum. Es war ja sonst immer sehr friedlich hier, wie du schon sagtest.“