“Ach, uns passiert schon nichts.“
Großer Sicherheitsabstand, wo bliebe denn da das Abenteuer? Nungut, auf Amala würden sie aufpassen müssen, aber Axillas Selbstvertrauen, was ihr eigenes Überleben trotz Gefahr anging, war grenzenlos. Natürlich gab es jede Menge schrecklicher Dinge, die einen töten konnten, aber Axilla hatte davor überhaupt keine Angst. Vielmehr reizte sie die Gefahr und das Abenteuer, und besonders großes Risikobewusstsein hatte sei noch nie besessen. Fast schon wurde sie vom Risiko angezogen wie eine Motte von der Flamme, nur allzu willig, sich auch zu verbrennen.
Axilla gab also Helios noch mal einen leichten Tritt und lenkte ihn so am See entlang, dicht am Ufer, während sie Ausschau hielt, ob sie vielleicht ein Hippo sah. Weil sie sowas aber nicht schweigend konnte, überhaupt ein großes Problem mit Nähe zu einem anderen Menschen und gleichzeitigem Stillsein hatte, überlegte sie kurz, was sie Rufus noch fragen konnte.
“Und hast du dich in Alexandria schon ein wenig eingelebt? Ist sicher anders wie Mogontiacum. Wie ist es da eigentlich? Also, in Mogontiacum. Ich war ja bisher nur in Tarraco und hier. Deine Cousine hatte ich schon nach dem Schnee gefragt, aber sie meinte damals, der wär gar nicht so hoch wie man immer erzählt. Ich hab erst zweimal richtigen Schnee gesehen, von daher wär für mich alles, was mehr als eine Handhoch liegenbleibt, schon richtig viel, aber man erzählt ja, dort fällt soviel Schnee, dass er einem bis zur Brust reicht.“
Das war jetzt vielleicht ein wenig viel auf einmal, aber sie hatte eben ein Redebedürfnis.
Beiträge von Iunia Axilla
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Kurz schaute Axilla noch einmal eindringlich über ihre Schulter, aber Rufus schien ganz aufrecht und ehrlich zu sein, so dass sie sich wieder entspannte und das Pferd leicht am Ufer des großen Sees entlang lenkte, wo es ganz gemütlich vor sich hintrottete.
“Ob es hier draußen was besonderes gibt, weiß ich gar nicht. Ich war hier ja auch noch nie, daher ist es an sich ja schon was besonderes, oder? Wir können ja mal am See entlangreiten, ob wir was sehen. Angeblich hat’s hier auch Hippopoloti…große Tiere mit Zähnen so lang wie ein Arm und einer Haut so dick wie ein Daumen, die wohl gefährlich sind und im Wasser wohnen, aber auch an Land kommen. Da hab ich noch keins von gesehen, aber vielleicht haben wir ja Glück?“
Axilla wär schon gespannt auf so ein Hippodingsda, auch wenn sie nicht wusste, wie das aussah und vielleicht ein völlig anderes Tier so betitelte. Aber das wäre ja dann auch spannend. Ihre Gedanken sprangen sogleich aber zurück zu der anderen Frage.
“Nun, ich glaube, das geht mit dem Getreide nicht wirklich anders. Der Nilus ist ja angeblich so ein großer Fluss, dass man da, wo er wirklich ins Meer fließt, keinen vernünftigen Hafen bauen kann, weil es da dauernd immer überschwemmt wird. Deshalb haben sie den See hier gemacht, der wird nicht so überschwemmt, und da kann man dann nen Hafen bauen. Fürs verschiffen muss man dann ja nur den kurzen Weg durch die Stadt. Ich nehme an, das ist einfach billiger, als immer wieder den Hafen vom Flussschlamm freizuschaufeln.“
Axilla zuckte mit den Schultern. So genau hatte sie das noch nie überlegt. Aber jetzt, wo sie so drüber nachdachte, war das eigentlich ziemlich logisch was sie sagte. Eigentlich war Axilla ja auch nicht zu dumm, um so etwas zu denken, nur zu flatterhaft, um konsequent bei einer Sache zu bleiben. -
Bei seinem Versprechen war Axilla erstmal erleichtert. Auch wenn er meinte, das wäre bei ihm zuhause ganz normal, konnte sie das so nicht so recht glauben. Wobei, vielleicht war in Germania das ja wirklich ein wenig anders? Naja, auch egal, sie war ja hier und nicht in Germania, und da war sie froh, dass er sie da verstand und auch gleich wusste, worauf sie hinauswollte. Auch wenn es ihr ein wenig peinlich war, verknüpften viele mit ihrem Familiennamen doch eher unangenehme Ereignisse, wie die Ermordung eines nicht näher genannten Konsuls von Rom und Adoptivvater des ersten Kaisers…
“Hmmm, ja. Ich meine, da haben manche Leute schon eine schlechte Vormeinung, da muss man schon aufpassen. Ich bin ja froh, dass du dich nicht gleich hast abschrecken lassen. Ich glaub, die Frau des Praefectus mag mich allein wegen dem Namen nicht, denn ich hab ihr gar nie was getan.“
Oh, das war ihr jetzt rausgerutscht, das wollte sie so gar nicht erzählen. Noch dazu, wo Rufus ja deren Gast war!
“Ähm, ich meine, also, sie hat sicher, also… ähm… wollen wir um den See herumreiten?“ -
Irgendwie hatte Axilla jetzt schon ein wenig mitleid mit dem Hund. Aber Hilfe anbieten konnte sie auch nicht, dann hätte sie noch mehr Mitleid mit dem Hund. Sie konnte das doch erst recht nicht.
Doch dann fing Rufus wieder vom Reiten an, und ein wenig unbehaglich rutschte Axilla leicht ein wenig umher. Oder sie fing damit an, merkte, dass Rufus sich ja noch an ihr festhielt, und stoppte ganz steif in der Bewegung, damit er ja nicht losließ, weil er gemerkt hatte, dass sie es bemerkt hatte, und dann am Ende noch runterfiel. Dann wäre sie auch noch schuld daran! Doofe Situation aber auch. Aber noch waren seine Hände ja auch nur ganz brav da und hielten sich nur an ihr fest und machten sonst nichts weiter.
“Ähm, also, danke, also, ich meine… ähm… wir haben kein Gestüt, und selbst wenn, dürft ich ja eigentlich gar nicht, also… ich hoffe, du erzählst das nicht, dass ich das kann, das wäre mir irgendwie peinlich. Also, du weißt doch, weil römische Mädchen das nicht machen sollen. Ich glaube auch, das wäre Ugulania nicht so recht. Also, grade weil wir ja Iunier sind, da muss man ja schon was auch darstellen und so.“
Axilla schaute leicht nach hinten über ihre Schulter, um Rufus in die Augen schauen zu können. Es war ihr schon wichtig, dass er das für sich behielt. Sie wollte nicht noch mehr negativ auffallen. Wo er auch gleich von Kämpfen und Jagen sprach. Gut, Jagen war sie wirklich noch nie, und mit einem Bogen war sie so vollkommen umgeschickt, dass sie eher etwas hinter sich treffen würde als einen Hasen direkt vor ihr. Aber Kämpfen war schon grenzwertig. Sie war sicher kein Soldat, aber ein bisschen was konnte sie ja doch.
“Und ich hab nicht wirklich viel von Urgulania. Sie ist so… du müsstest sie kennenlernen, dann wüsstest du, was ich meine. Sie ist eine richtige Dame, eine richtige Matrona. Sie ist so souverän und gebildet und sicher und macht nie etwas, was falsch wäre… hmmm… ja.“
Ein wenig beschämt ließ sie den Kopf sinken. Das Geständnis vor jemandem, den sie noch nicht so gut kannte, fiel ihr irgendwie schwer. Vor allem, weil es ihr noch einmal vor Augen führte, wie falsch sie sich eigentlich immer wieder benahm. -
Plötzlich stand der Kosmetes neben ihr, und Axilla sah sich im ersten Moment kurz um, ob er auch wirklich sie meinte. Zwar hatte er ihren Namen genannt, als er sie ansprach, aber so wirklich sicher war sich Axilla trotzdem manchmal nicht. Dass die Herrscher der Stadt, wenn man so wollte, sie alle kannten, war ein für sie doch recht ungewöhnlicher Umstand trotz allem, und im einfachen Gespräch miteinander vergaß sie nur allzu gerne, dass Anthi Agoranomos, Timos Strategos, Urgulania Exegetes, Nikolaos Gymnasiarchos oder eben Cleonymus Kosmetes war. Doch im Moment stach ihr das wieder ins Auge, und da fühlte sie sich als Mädchen aus dem fernen Tarraco immer ein wenig unbeholfen.
“Ach, nein, es geht schon. Es ist nur…“ Sie überlegte etwa 0,37 Sekunden, eine Ausrede zu finden, die Urgulania nicht bloßstellen würde und trotzdem geeignet war, ihr Gehen zu erklären. “…ein kleines Unwohlsein. Urgulania wollte sich nur zuhause ein wenig hinlegen, um die Gesellschaft hier nicht zu stören. Ich bin mir sicher, ihr geht es gut. Sonst hätte ich sie nach Hause begleitet.“
Axilla setzte ihren überzeugendsten unschuldigen Blick auf, als sie Cleonymus geradewegs anschaute und ihren Becher leicht spielerisch in den Händen drehte. So richtig unterhalten hatte sie sich noch nie mit dem Ägypter, fiel ihr da just in dem Moment auf. Warum also nicht jetzt, wo er grade hier war?
“Und woher kennst du das Brautpaar?“ Einfach mal unverfänglich anfangen. -
Axilla gab dem Pferd einen gekonnten Stups mit den Fersen in die Flanken, so dass es sich gehorsam gleich in einen leichten Galopp fallen ließ. Mehr mit den schenkeln als den eigentlichen Zügeln lenkte sie das Pferd in die Richtung, in die der See vor ihnen sich glitzernd in der Ferne ausbreitete. Als Axilla aber merkte, dass Amala Mühe hatte, das Tempo zu halten, bremste sie das Pferd scharf ab und wartete, bis der Hund heran war, um dann in gemütlicherem Trott den Weg fortzuführen. Erst jetzt bemerkte sie Rufus’ Hände auf ihren Hüften und schaute daher kurz verlegen hin und dann auffällig unauffällig zum See. Er hatte das doch hoffentlich nicht nur vorgeschlagen, um sie berühren zu dürfen? Sie kaute ein bisschen auf ihrer Unterlippe herum, was er hinter ihr zum Glück nicht sehen konnte. Irgendwie musste sie ablenken.
“Du hast meine Frage von vorhin gar nicht beantwortet. Weißt du, wie das mit dem Scheren funktioniert? Nicht, dass du Amala noch aus Versehen weh tust. Ich hab ja keine Ahnung, wie die Schäfer das mit den Schafen genau machen, hab das nur ein paar mal gesehen. Die haben da so komische Zwicken und Messer, und dann geht das da ratzfatz, und schon steht ein Schaf ohne Wolle da. Aber wie die das so schnell hinbekommmen, hab ich keine Ahnung.“ -
Jetzt hüpfte er einfach vom Pferd! Das konnte er doch nicht einfach so machen! Axilla lehnte sich zurück und verlagerte somit ihrem Schwerpunkt nach hinten, was das Pferd auch sofort als Zeichen zum vollständigen Stopp verstand. Es war ein braves Reittier, wie es schien. Axilla sah noch ein wenig verunsichert zu Rufus runter, der einfach nun neben ihr auf dem Boden stand. Er fand das ja vielleicht nicht schlimm, aber so ziemlich jeder andere!
Sie schaute also eine Weile einfach nur zu ihm runter, ohne was zu sagen, und überlegte. Dann richtete sie sich einmal ganz hoch auf, um zu schauen, ob wer in Sichtweite war, aber hier draußen war grade nicht wirklich etwas los. Kurz schaute sie noch mal zu Rufus runter, dann rückte sie geschickt über das hintere Horn vor, dass sie richtig im Sattel saß. Geschickt nahm sie die Zügel in die Linke, und ihre Körperhaltung zeigte einfach, dass sie wirklich reiten konnte. Aber wenn sie schon ritt – und sie wollte, sie hatte richtig Lust darauf – dann wollte sie es auch richtig machen. Sie streckte Rufus stumm einfach die Hand entgegen, um ihm hochzuhelfen. Wenn schon jemand auf dem Pferd saß, war das nicht so einfach, wie wenn man allen Platz der Welt hatte, um aufzusteigen. -
Verdammt, sie hatte sogar zweimal das Thema gewechselt und ihm eine frage gestellt, und er war immer noch so auf das reiten fixiert! Alle anderen gaben immer auf, wenn sie das Thema wechselte. Axilla war davon so peinlich berührt, dass sie die Hand auf ihrer Hüfte gar nicht richtig wahrnahm. Daher war die Entschuldigung von Rufus auch nichts, was sie jetzt so zuordnen konnte, und meinte daher eher abwesend “Ne, nichts passiert, ich fall nicht runter.“
Seine Korrektur von Römerin auf Frau war auch irgendwie komisch. War doch in ihrem Fall dasselbe? So genau durchschaute sie das noch nicht, erst seine Aussage, dass das bei Germanen wohl erlaubt war, klärte es ein wenig auf. Auch wenn sie nicht ganz verstand, warum er das nur gehört hatte, er kam doch von da? Duccia Venusia hatte zumindest gemeint, sie käme aus Germania, und er hatte doch auch sowas gesagt? Noch dazu, wo er wie ein Germane wohl aussah, auch wenn er römischer Germane war. Aber Axilla war das ja sowieso egal, woher jemand kam, und selbst der Stand war weitestgehend egal, solange sie denjenigen nur mochte.
“Wirklich? Bei den Germanen dürfen Frauen richtig reiten, ohne dass jemand was dagegen sagt? Finden die das nicht unschicklich? Ich meine, das ist doch was für Männer, so das Reiten und Jagen und Schwerter und all das?“
Das war jetzt vielleicht ein kleiner Gedankensprung vom Reiten aufs Kämpfen und Jagen, aber wenn Axilla sich schon mal vorwagte, dann wollte sie es auch gleich richtig wissen, ohne alles einzeln fragen zu müssen. Außerdem gab ihr das die Möglichkeit, noch ein wenig dem Angebot mit dem Reiten auszuweichen. Natürlich wollte sie, und sie könnte auch. Wenn Rufus sich dann bei ihr festhalten würde, ginge das sicher ganz gut. Aber sie wollte ja jetzt endlich ein anständiges Mädchen werden, auch wenn sie von der Köchin verboten bekommen hatte, jemals wieder was zu kochen und sie nicht nähen oder vernünftig weben konnte. -
Axilla fühlte sich ertappt und ließ sich etwas zurücksinken, um so ein wenig Abstand zwischen sich und Rufus zu bekommen. Allzuviel ging nicht, denn sonst würde sie wirklich noch vom Pferd fallen, aber so ganz vertraut und nahe wollte sie ihm jetzt auch nicht sein, wo er sie so erwischt hatte.
“Ähm.. also… ein bisschen vielleicht.“ Vielleicht auch ein bisschen mehr und vielleicht sogar richtig gut, aber das wollte sie nicht zugeben. Und weil es ihr peinlich war, machte sie das, was sie meistens in solchen Situationen machte: Sie wechselte aus heiterem Himmel das Thema und plapperte einfach drauf los, als könne das das alte Thema vergessen machen.
“Der See ist sicher schön, da war ich noch nie. Ich hab gehört, dass es von da eine Wasserstraße bis zum Nil gibt, so dass man das ganze Getreide Ägyptens auf dem Fluss nach hierhin bringen kann, wo es dann umgeladen wird und nach Rom verschifft wird. Kaum zu glauben, dass hier in dieser Hitze soviel Weizen wächst, dass es reicht, das halbe Imperium damit zu ernähren. Im Sommer hab ich ja gedacht, ich zerfließe, aber dem Getreide scheint das nichts auszumachen.“
Das war jetzt vielleicht ein nicht sehr ergiebiges Thema gewesen, aber weit weg vom reiten war es, und was besseres war ihr grade nicht eingefallen.
“Und du willst Amala scheren? Wie ein Schaf? Weißt du, wie man sowas macht?“ Noch ein kleiner Themenwechsel, um vom Themenwechsel abzulenken, und außerdem interessierte sie das wirklich. -
“Keine Sorge, ich fall schon nicht runter.“
Axilla war noch nie vom Pferd gefallen. Zumindest könnte sie sich nicht daran erinnern. Auch beim Klettern war sie nie runtergefallen. Nur das eine Mal, als sie vom Baum gefallen war und auf dem Ast gelandet war, was ihr drei winzige Närbchen in etwa der Höhe ihres Bauchnabels eingebracht hatte, war sie nicht wirklich runtergefallen. Mehr war der Ast morsch gewesen und mit ihr runtergefallen, sie war sozusagen völlig unschuldig daran gewesen. Aber weder das eine noch das andere wollte sie Rufus so direkt sagen, immerhin hatte sie als Römerin nicht zu reiten.Das Pferd setzte sich in Bewegung, erstmal nur ein leichter Trab. Dem Hund war wohl auch für schnellere Gangarten mit seinem vielen Fell zu warm, um die ganze Zeit nebenher zu laufen. Axilla hatte hier in Ägypten schon Hunde gesehen, schlank und mit so kurzem Fell, dass man es kaum sah, die auch bei Pferden im vollen Galopp wohl mitrennen konnten. Angeblich waren das Jagdhunde, wobei Axilla hier noch nichts gesehen hatte, was man jagen konnte. Allerdings war sie ja auch nur in der Stadt gewesen und nie außerhalb.
Rufus frage, ob bei ihr alles klar war. “Klar, wegen mir könntest du gerne noch schneller reiten. Aber ich weiß nicht, wie warm es Amala dann wird mit dem vielen Fell“
Axilla warf einen Blick auf den Hund, der seine Zunge leicht beim Laufen heraushängen ließ. Ging wohl noch mit der Geschwindigkeit, aber es war trotz Winter einfach warm hier.
“Nun, wenn du nach links reitest, kommen wir zum Meer. Aber hier ist alles nur Steinstrand, da kann man nicht so gut langreiten. Gradeaus geht es zur Legion nach Nikopolis. Und rechts da runter geht’s zum See. Ich war noch nirgends, also darfst du mich gerne überraschen.“
Sie gab sich einem kurzen, neckischen Impuls hin und rückte kurz noch eine Winzigkeit näher, indem sie ihre Wange an seinen Rücken kurz schmiegte. Es war eine vertraute, aber rein freundschaftlich gemeinte Geste, die Axilla danach auch sofort wieder peinlich war, so dass sie sich auffällig nach dem Hund umschaute, als wäre die Berührung purer Zufall gewesen.
Aber die Entscheidung, wohin es gehen sollte, war ihr wirklich egal. Sie genoss nur dieses Gefühl des Reitens, des Muskelspiels unter ihr, der Bewegung und den Wind in ihrem Haar. Wohin war ganz gleich. -
Na, ob Urgulania verkuppelt werden wollte? Vor allem war sie ja auch nicht mehr die jüngste, auch wenn sie immer noch einfach großartig und toll aussah.
“Naja, ich glaube, dass Urgulania das selber entscheiden mag und da ziemlich böse auf mich wäre, wenn ich da was ohne sie vorher zu fragen mache. Sie ist ja auch sui iuris, da verkuppelt man einen nicht so einfach.“
Sie wollte ja auch nicht einfach so verkuppelt werden. An ihr nagte noch immer irgendwie das Essen, das Silanus gegeben hatte, und das Gespräch, dass er mit dem Terentier über sie geführt hatte, als wäre sie ein Pferd, das es zuzureiten galt.Sie kamen ans Tor und Axilla grüßte kurz die Wachen auf die für sie typische Art und Weise: Sie lächelte sie kurz freundlich an. Auch wenn das hier Stadtwachen waren und weniger Legionäre, waren es doch Männer in Uniformen und erinnerten sie an ihren Vater.
“Dann sitz ich hinter dir? In Ordnung, machen wir es so.“
Axilla wartete, bis Rufus mit Schwung den Pferderücken bestieg. In Zeiten, in denen Steigbügel noch nicht erfunden waren, war es eben die schnellste Möglichkeit, sich am Widerrist und am Sattel einfach festzuhalten und mit Schwung hinaufzusteigen.
Als Rufus schließlich saß und ihr die Hand entgegenstreckte, nahm Axilla ebenfalls kurz Schwung. Mit kräftigem Griff fasste sie in seine Hand und ließ sich so von ihm den zusätzlich nötigen Schwung geben, um mit ihrer eigenen Kraft zusätzlich problemlos hinter ihm aufsteigen zu können. Reiten konnte sie ja, aber es war etwas anderes, sich selbst aufs Pferd zu bekommen, wenn man Platz hatte, oder wenn da schon jemand drauf saß. So war sie um die kleine Hilfe nicht undankbar. Auch wenn der Sattel hier hinten nicht so ganz bequem war, wie wenn man vernünftig saß. Aber das störte Axilla nicht weiter.
Sie rückte schnell näher zu Rufus, so dass ihre Beine vernünftig am Bauch des Pferdes entlang fielen, ohne es zu behindern. Die Hacken nahm sie dabei ganz automatisch nach unten, dafür hatte ihr Vater ihr das zu oft eingebläut. Dass sie dafür aber wirklich dicht an dicht mit Rufus saß, merkte sie eigentlich gar nicht so. Ihre Hände lagen mangels anderer Möglichkeiten ganz leicht an seiner Hüfte, damit sie sich festhalten konnte, wenn das Pferd gleich loslief.
“Gut, also meinetwegen können wir. Ich hab Halt.“ -
Nicht wissend, was sie davon halten sollte, verfolgte Axilla das Gespräch zwischen Nikolaos und Ánthimos. Der Prudentier, der sie vorhin noch so nett angelächelt hatte, schien sich nach Urgulanias harschen Worten nichts mehr zu sagen zu trauen, und sie selber hatte auch nichts direkt mehr beizusteuern, also begnügte sie sich damit, den anderen Gesprächen zu lauschen und ab und an an ihrem Fruchtsaft zu nippen. Wein zu trinken traute sie sich nicht, auch wenn er reichlich angeboten wurde.
Doch dann kam Urgulania auf sie zu und stupste sie kurz an. Axilla legte den Kopf schief, um ihr besser zuhören zu können. Offenbar ging es Urgulania nicht so gut. Axilla überlegte schon, ob sie sie sicherheitshalber begleiten sollte, ein bisschen blass um die Nasenspitze sah die Cousine ja doch aus. Aber dann meinte Urgulania schon, sie sollte sie bei Gelegenheit entschuldigen, und das ging ja schlecht, wenn sie jetzt auch ging. Axilla nickte also nur ehrlich besorgt und sah Urgulania nach, ehe sie sich wieder zurück zur Feier begab.
Ein bisschen verloren stand sie nun schon da, so ganz allein ohne rechten Gesprächspartner, aber sie stellte sich einfach wieder in die Nähe von den anderen und hörte weiter zu. Wenn sie Anthi oder Penelope kurz erwischen würde, ohne dass sie sich mit so vielen unterhielten, würde sie ihnen das von Urgulania ausrichten. Aber das wollte sie nicht so vor Nikolaos direkt machen. Das erschien ihr so, als würde sie Urgulania vor allen Leuten und vor allem ihren Mitpyrtanen bloßstellen. Ein Würdenträger fühlte sich schließlich nicht in aller Öffentlichkeit schwach, auch wenn er eine Frau war. -
Sie hatte mit ihrem Vater trainiert, einem römischen Soldaten, und konnte sich wohl auch wehren. Auch wenn sie schon reichlich außer Übung war, aber dennoch traute sie sich zu, das wichtigste noch zu wissen und richtig umsetzen zu können. Sowas verlernte man nicht, und wenn man es richtig machte, musste man sowieso nicht mehr darüber nachdenken, sondern handelte einfach. Auch wenn sie das wohl überhaupt nicht mehr konnte.
“Aber meine Cousine hat gar keinen Mann. Sie macht das nur für sich. Und natürlich die Polis. … Und ich finde das sehr gut so.“
In diesem Moment war es Axilla egal, ob Rufus sie für unrömisch halten mochte. Es ging hier um ihr großes Idol, und da ließ Axilla nichts drauf kommen. Urgulania war die stärkste, souveränste und überhaupt beste Frau, die Axilla kannte. Da konnte das schon honoriert werden, dass sie das ganz alleine für sich machte, und nicht nur wegen einem Mann.
Bevor Rufus sich aber noch beleidigt fühlte, ging Axilla lieber schnell auf das Thema Lehrer und Musik ein.
“Naja, ich hatte bisher immer nur männliche Lehrer. Hauptsächlich meinen Vater und eben Iason. Also Atticus Iunianus Iason, er wurde ja freigelassen. Daher weiß ich nicht, wie Frauen so als Lehrer sind. Aber ich glaube, Musik ist schon schwierig. Ich weiß nicht, ob das so viele Frauen können. Außer Penelope kenn ich da nur noch Sappho, aber die ist ja schon lange tot. Also Sappho, nicht Penelope, die unterrichtet ja im Museion.“ -
“Bist du denn so gut mit dem Schwert?“
Axilla hatte keine Ahnung, wie gut sie letztendlich im Vergleich mit anderen war, sie konnte sich ja nie vergleichen. Sie hielt sich für nicht ganz unbegabt, aber sie würde sich definitiv nicht zutrauen, damit eine Räuberbande zu verscheuchen, die aus mehr als 2 Angreifern bestand. Einen konnte sie vielleicht abwehren, aber mehr wäre wohl kniffelig. Und sie hatte auch von noch keinem Kämpfer seit dem Zeitalter der Heroen gehört, der es mit mehreren Gegnern allein hätte wirklich aufnehmen können.
“Also, ich vertrau da eher auf den Baumeister eines Schiffes und das Können des Kapitäns. …. Aber ich bin ja auch ein Mädchen“, fügte sie schnell an, ehe Rufus noch auf falsche Ideen kam.Das mit dem Prätorianer nahm Axilla mit einem strahlenden Lächeln auf. “Prätorianer? Das ist ja ein Zufall, mein Cousin Iunius Silanus wollte auch dahin. Also, als Offizier, er war hier ja auch Tribunus Augusticlavius, bei der Legio in Nikopolis. Er hat sich ein paar Wochen, bevor du angekommen bist, nach Rom versetzen lassen.“ Und seitdem nicht geschrieben, fügte sie traurig in Gedanken an. So langsam war sie überzeugt, er wäre ihr böse.
Das Thema Exegetes wiederum war wieder etwas schwerer und gehörte in die Rubrik „Axilla erklärt ihre Sicht der Politik“. Vermutlich würde Nikolaos sich über die Unwissenheit seiner Schreiberin totlachen – oder totheulen, je nachdem.
“Also, der Exegetes hat die Aufsicht über die Tempel. Also, dass dort alles in Ordnung ist und die richtig verwaltet sind und die nötigen Opfer und Feste zur richtigen Zeit ausgeführt werden und sowas. Urgulania selber ist aber soweit ich weiß dabei keine Priesterin, geht wohl eher um das drumherum als um das Opfern selber.“
Irgendwie hatte fast jedes Amt hier in der Stadt irgendwas mit den Göttern zu tun. Das war Axilla selbst eigentlich zuviel, hatte sie mit den Göttern doch nichts mehr am Hut, außer vielleicht mit Faunus. Aber der Rest konnte ihr auch größtenteils gestohlen bleiben.
“Und naja, das hier ist schon Teil von Rom, aber das ist… anders. Also, Alexandria gehört eigentlich nicht so richtig zu der Provinz hier. Die Provinz gehört ja dem Kaiser persönlich, aber Alexandria gehört den Alexandrinern. Die haben den Kaiser nur als Herrscher angenommen. Die halten ihn auch glaub ich für einen Halbgott, nennen ihn „göttlicher Basileus“ und sowas. Naja, auf jeden Fall dürfen deshalb die Griechen hier die Stadt selber regieren und wählen und alles, und dürfen auch eigene Gesetze machen. Der Präfectus hat zwar natürlich das letzte Wort, aber eigentlich untersteht dem eher die Provinz als die Stadt selber.
Und deshalb dürfen hier auch Frauen sich wählen lassen, oder im Museion einfach so lernen oder Unterricht geben. Ich kenn sogar eine Lehrerin, die unterrichtet Musik. Also, ich kann das ja nicht, hab dafür nicht das richtige Feingefühl in den Fingern. Aber sie kann das richtig gut. In Tarraco kannte ich keine Lehrerin, da waren das alles Männer.“ -
Von mir auch nochmal alles Gute zum Geburtstag.
Von jetzt gehts ganz steil auf die Dreißig zu, ich sags dir
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Er dachte jetzt schon ans zurückreisen, oder war das nur, weil sie grade beim Thema Schiffe waren? Axilla wollte nicht, dass er schon bald zurückreiste, sie lernte ihn doch grade eben erst richtig kennen! Aber solange sie sich nicht in ihn verliebte oder schlimmeres, sollte das ja auch nicht so bald passieren. Nur die Menschen, die sie liebte, die gingen immer sofort und plötzlich auf die eine oder andere Weise von ihr. Aber bei ihrer Freundschaft zu Rufus sollte der Fluch nicht zum tragen kommen. Mit Anthi war sie ja beispielsweise auch befreundet, und dem ging es ja auch noch gut und der hatte nicht vor, wegzugehen.
“Na, dann hoffe ich, du bleibst noch recht lange hier. Im Osten ist es gefährlich, und die Reise über Land dauert ewig. Ich meine, da muss man ja durch halb Asia durch, und durch Griechenland und… ähm… das, was da noch zwischen Griechenland und Italia ist.“
Axilla konnte zwar Karten lesen, hatte aber ein schreckliches Namensgedächtnis, was das anging. Lediglich die Länder, durch die Alexander gereist war, die wusste sie doch sehr zuverlässig. Vermutlich, weil ihr Vater ihr so oft und so gerne davon erzählt hatte, und von den Schlachten. Natürlich auch von anderen Feldherren, aber Alexander hatte doch die meisten ihrer Lektionen ausgefüllt.
“Also, ich würde da eher noch mal mit dem Schiff fahren. Ich meine, mir war zwar die ganze Zeit über wirklich grässlich schlecht, aber ich war sowieso so aufgeregt, dass ich kaum was essen konnte. Und irgendwie war es ja schon spannend. Ich bin noch nie so weit verreist, und dann gleich mit dem Schiff…“
Nun lag die Meson Pedion zum Sonnentor kerzengerade vor ihnen. Wären nicht trotz allem so viele Menschen unterwegs, könnte man vermutlich das Tor sogar von hier aus schon sehen.
“Ich meine, ich bleibe hier. Mein Cousin hätte zwar gern gewollt, dass ich mit nach Rom gehe, aber ich konnte Urgulania - also, das ist meine Cousine sechsten Grades, die Exegetes. Hab ich dir doch erzählt, oder? Naja, also, sie ist Exegetes hier, und ich konnte sie ja nicht hier ganz alleine lassen. Und wo ich hier doch auch meinen Betrieb und die Arbeit habe, und Frauen hier auch soviel machen können und dürfen. Ich meine, es ist schon irgendwie anders als in Hispania.“ -
Leander brachte den Brief, den seine Herrin eben noch geschrieben hatte, flink zur Post. Zusammen mit dem Entgelt legte er ihn auf den Tisch und wartete nur noch kurz, ob alles damit in Ordnung war, oder ob wieder etwas vergessen worden war wie bei dem letzten Brief, den er überbracht hatte.
Ad
Lucius Iunius Silanus
Casa Iunia
RomaSim-Off: Ad
Lucius Iunius Silanus,
praefectus alae
Germania
Confluentes*Salve Lucius,
Ich weiß gar nicht, was ich dir hier schreiben will. Aber heute sind Carista, und ich habe so sehr das Bedürfnis danach, auch dir zu schreiben. Die letzte Woche war schwer für mich, mit den Parentalia, und ich hab über so vieles nachgedacht. Ich glaube, ich habe ein paar Dinge gemacht, von denen mein Vater nicht sehr begeistert wäre. Ich bin mir sogar sehr sicher, dass er nicht begeistert davon wäre.
Und trotzdem kann ich es nicht richtig bereuen. Ich weiß, ich müsste das, ich weiß, ich bin ein schlechter Mensch. Aber trotzdem meinte ich das damals ernst, was ich zu dir danach sagte. Nicht vor deinem Abschied, das andere. Du weißt schon.Ich glaube, ich habe dich sehr verletzt, weil ich nicht mitkommen wollte nach Rom. Das tut mir sehr leid. Ich wollte dich nicht kränken oder dir wehtun. Aber es ist trotzdem das beste, so wie es ist. Das glaub ich ganz fest. Und doch bin ich traurig, weil du noch nicht geschrieben hast, und ich nicht weiß, ob es deswegen ist, oder weil deine neue Aufgabe dich so in Beschlag nimmt.
Ich hoffe nur, du bist mir nicht böse. Ich konnte einfach nicht anders. In meinem Zweig der Familie leben nicht mehr viele, die das Erbe meiner Ahnen ehren können. Ich darf nicht so selbstsüchtig sein. Ich muss auch an sie denken, daran, was mein Vater für mich gewollt hätte. Ich hoffe, du verstehst das. Ich hoffe, du bist mir nicht böse.Ich hoffe, du schreibst doch bald. Ich würde wirklich gerne hören, wie es dir geht, und ob dir deine neue Aufgabe gefällt.
[strike]Ich vermisse dich.[/strike]Deine kleine Cousine
Axilla
Sim-Off: *Im Gegensatz zur Spielerin hinter der ID weiß Axilla ja nicht, dass Silanus gar nicht mehr in Rom ist. Ich nehme aber an, dass der gute Maiordomus in der Casa Iunia in Rom das wissen wird und den Brief weiterschicken wird. Ich hab dann mal 20 Sesterzen bezahlt, einmal Alexandria -> Rom, und dann einmal Rom -> Confluentes
-
Axilla saß an dem kleinen Tisch neben dem Fenster, das den Blick hinunter in den Garten freigab. Vor ihr lagen ein jungfräuliches Pergament und die lange Feder, deren unterstes Kielende schon schwarz gefärbt war von der vielen Tinte, die sie im Laufe ihrer Dienstzeit schon auf verschiedene Pergamente geschrieben hatte. Axilla zögerte noch einen Moment, doch dann nahm sie die Feder schließlich zur Hand und fing an, in ihrer leicht geschwundenen Handschrift zu schreiben.
Ad
Lucius Iunius Silanus
Casa Iunia
RomaSim-Off: Ad
Lucius Iunius Silanus,
praefectus alae
Germania
Confluentes*Salve Lucius,
Ich weiß gar nicht, was ich dir hier schreiben will. Aber heute sind Carista, und ich habe so sehr das Bedürfnis danach, auch dir zu schreiben. Die letzte Woche war schwer für mich, mit den Parentalia, und ich hab über so vieles nachgedacht. Ich glaube, ich habe ein paar Dinge gemacht, von denen mein Vater nicht sehr begeistert wäre. Ich bin mir sogar sehr sicher, dass er nicht begeistert davon wäre.
Und trotzdem kann ich es nicht richtig bereuen. Ich weiß, ich müsste das, ich weiß, ich bin ein schlechter Mensch. Aber trotzdem meinte ich das damals ernst, was ich zu dir danach sagte. Nicht vor deinem Abschied, das andere. Du weißt schon.Axilla konnte ja schlecht offen schreiben, was sie meinte, wusste sie doch nicht, wer alles den Brief mitlesen würde, bis er angekommen wäre. Also drückte sie sich etwas schwammig aus und hoffte, Silanus verstand.
Ich glaube, ich habe dich sehr verletzt, weil ich nicht mitkommen wollte nach Rom. Das tut mir sehr leid. Ich wollte dich nicht kränken oder dir wehtun. Aber es ist trotzdem das beste, so wie es ist. Das glaub ich ganz fest. Und doch bin ich traurig, weil du noch nicht geschrieben hast, und ich nicht weiß, ob es deswegen ist, oder weil deine neue Aufgabe dich so in Beschlag nimmt.
Ich hoffe nur, du bist mir nicht böse. Ich konnte einfach nicht anders. In meinem Zweig der Familie leben nicht mehr viele, die das Erbe meiner Ahnen ehren können. Ich darf nicht so selbstsüchtig sein. Ich muss auch an sie denken, daran, was mein Vater für mich gewollt hätte. Ich hoffe, du verstehst das. Ich hoffe, du bist mir nicht böse.Ich hoffe, du schreibst doch bald. Ich würde wirklich gerne hören, wie es dir geht, und ob dir deine neue Aufgabe gefällt.
[strike]Ich vermisse dich.[/strike]Deine kleine Cousine
Axilla
Axilla las sich alles noch einmal durch. Wegen der einen dick durchgestrichenen Stelle wollte sie den ganzen Brief nicht noch einmal schreiben, so schlimm waren die drei Worte nun auch wieder nicht.
Sie rief nach Leander, damit er den Brief zur Post bringen würde. -
Nun, das mit den kleinen Händen klang irgendwie logisch. Wobei das ja auch nicht immer so stimmte, denn für feine Arbeiten brauchte man vor allem schlanke Hände und nicht nur kleine. Axilla blickte ganz kurz auf ihre Hände. Die waren ja auch nicht gerade groß, aber zum Handwerken absolut unbrauchbar. Sie redete sich ein, dass dafür ihre Finger auch zu kurz waren, um sowas Feines wie Sticken zu machen. Schwerthände eben, perfekt, um ein Schwert zu halten, unbrauchbar für alles andere. Für ein Mädchen eine Katastrophe.
“Da hab ich noch nie darüber nachgedacht, wie die Hände von Vulcanus wohl sind. Wenn ich ehrlich bin, hat mich der nicht so sehr interessiert, ich bin ja kein Handwerker. Ich … ähm…“
Nein, dass sie lieber Faunus mochte, war eher ein weniger geeignetes Gesprächsthema. Erst recht, wenn sie gleich reiten gehen würden. Den Gott der wilden Tiere, der Natur, der Liebe, der gerne Unfug trieb und sich an Wildheit, Freiheit und gewisser Weise auch an Chaos erfreute, zu seinem persönlichen Liebling zu erklären, wäre bei einem Treffen wie dem ihren wohl weniger angebracht. Noch dazu, wo Axilla rumlief wie ein Waldgeist mit kurzen Sachen und fast offenem Haar. Nicht, dass Rufus noch den falschen Eindruck von ihr bekam, oder noch schlimmer, dachte, sie wolle das mit der Liebe dabei betonen und beim Ausritt in der Richtung etwas unternehmen.
“Ähm, ja, die Ägypter. Damals gab es hier ja noch nicht so viele Griechen. Und genau, die Pyramiden haben die auch gebaut. Da hat mich Aelius Archias vor einer Ewigkeit eingeladen, ihn dahin zu begleiten, wenn er da mit seiner… öhm… Decima Seiana dann hingeht.“ Ob sie zu seinem geplanten Antrag ja gesagt hatte, wusste Axilla da ja noch nicht. Daher konnte sie ja nicht einfach „seine Verlobte“ sagen. “Aber mal schauen, ob da was draus wird. Ich würd die Pyramiden schon gerne sehen, und die Sphinx. Ich meine, wo ich schon mal in Aegyptus bin, muss man die doch gesehen haben, oder? Aber allein kann ich da ja nicht hinreisen,d as ist ja zu gefährlich, und bei Händlern mag ich nicht mitreisen. Da muss schon wer dabei sein, den ich kenne.“
Sie bogen leicht ab in Richtung Porta Solis und ließen so das Heiligtum und die Statue rechterhand liegen. Richtung Osten war das Menschenaufkommen nicht ganz so schlimm, ging es hier auch nur Richtung Nikopolis und dem jüdischen Viertel. Die Agora, das Gymnasion, das Museion, der Hafen, also alles, was in dieser Stadt wahrhaft große Bedeutung hatte, lag von hier aus Richtung Westen.Rufus überraschte Axilla ein wenig mit der Frage. Natürlich war ihr klar, dass das früher oder später mal kommen würde, jeder fragte da danach, aber sie erzählte grade so fröhlich vor sich hin, dass die Gedanken daran gerade ganz weit weg gewesen waren. Axilla schaute also von Rufus, den sie beim fröhlichen Plappern die meiste Zeit lächelnd angeschaut hatte, wieder auf die Straße und in die Richtung, in die sie gingen. Es war einfacher, davon zu erzählen und so zu tun, als berühre das einen gar nicht mehr, wenn man dabei niemandem in die Augen schaute.
“Nein, ich wurde in Hispania geboren. Die meisten Iunier kommen aus der Provinz, oder aus Rom. Also, mein Vater hatte ein Haus etwas außerhalb von Tarraco. Ein kleines Landgut, nichts besonderes.“ Für mich die ganze Welt, ergänzte sie schmerzlich in Gedanken, und setzte dann wieder das Lächeln auf, das so überzeugend und echt aussah, obwohl es das nicht war. “Ich bin dann mit dem Schiff gefahren, erst nach Ostia, und von da hierher. Vor etwa einem Jahr. Mein Lehrer hat mich begleitet. Ich hatte ihn ja dann freigelassen, also vor der Reise schon, aber er hat mich noch sicher zu meinen Verwandten dann gebracht. Ich hab ja gedacht, ich sterbe auf der Überfahrt. Und dabei war das Meer ganz ruhig, wir hatten sogar guten Wind und sind drei Tage eher angekommen als geplant. Die Matrosen haben gemeint, dass sie es noch nie erlebt hätten, dass Neptun so wenig Lust hatte, zu schwimmen.“ Und schließlich entstanden die richtig hohen Wellen, wenn Neptun selbst im Meer schwamm und es damit aufwühlte. “Aber mir war trotzdem die ganze Zeit über schlecht. Ich bin schon gar nicht mehr unter Deck gegangen. Dafür kann ich jetzt in sekundenschnelle die windabgewandte Seite eines Schiffes finden.“ -
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Achtung, 18 minuten lang. Aber ein sehr schönes Beispiel über die Tücken eines Schrankaufbaus