Beiträge von Iunia Axilla

    Verwöhnen und musikalische Unterhaltung auf der Bühne“, beantwortete Axilla seine Frage.
    Jetzt, da sie saß, war es nicht mehr ganz so bedrohlich. Sie waren schön an einer Seite und von den anderen ziemlich abgeschottet, dass es fast privat war. Langsam legte sich das ungute Gefühl, auch wenn es nicht ganz verschwand, und ihre Neugierde erhielt wieder die Oberhand. Wenn irgendeiner ihrer Verwandten wohl jemals herausfände, dass sie hier war, und sei es auch nur für fünf Minuten, würde sie wahrscheinlich erschlagen werden. Also beschloss sie, so viel dieser verbotenen Reize aufzunehmen, wie sie konnte. Wenn sie schon in so einer Gefahr schwebte, wollte sie es auch genießen.
    Dass Timos wieder näher zu ihr gekommen war, bemerkte sie, aber zeigte es nicht nach außen. Sie fragte sich, was er wohl tun würde, wenn sie jetzt schon das Kleid anhätte, und musste darüber leise vor sich hin lächeln.

    Sah sie aus wie eine Sklavin, als dass sie Timos im Bad massieren würde? Axilla wuchs bei den Worten gleich mal um mehrere digiti an und der impulsive Schwall an Wut in ihr ließ sie die ganze bedrohliche Situation kurz vergessen. Aber Timos antwortete schon freundlich und führte sie zu den Sesseln, ehe sie etwas unüberlegtes sagen konnte, was sicher nicht halb so freundlich gewesen wäre.
    Als sie beide bei den Sesseln waren, merkte Axilla erst, wie nahe sie und Timos sich gekommen waren und räusperte sich einmal verlegen, als sie ihn losließ. Ein kleiner Teil von ihr hätte sich zwar gerne noch ein wenig an ihm festgehalten und Schutz gesucht, aber der Rest war zu stolz, um sich diese Schwäche einzugestehen. Auch, wenn sie es sofort bereute, ihn losgelassen zu haben. Um es zu überspielen ließ sie sich schwungvoll in den Sessel fallen.
    Fragend sah sie zu Timos hoch. „Was ist das hier für ein Ort? Was macht man hier? Also, wenn man kein Mann ist und… du weißt schon… das da hinten macht.
    Sie deutete mit einer Hand unbestimmt grob in die Richtung der sich vergnügenden Männer und stöhnenden Sklavinnen.

    Je tiefer sie kamen, umso mehr fürchtete sich Axilla. Es war irgendwie unheimlich hier unten, so in die Tiefen hinabzugehen, als würden sie direkt in die Unterwelt schreiten. Über allem lag ein unbekannter Duft, und vom Wein war ihr ein bisschen schwindelig. Unten angekommen löste sich Timos auch noch kurz von ihr und ließ sie allein im Raum stehen, während er das Päckchen bei einer Sklavin ablieferte. Axilla schaute sich unsicher um und langsam wurde das ungute Gefühl größer als die Neugier.
    Aber Timos führte sie noch tiefer hinein in dieses Schattenreich. Axillas Blick blieb wie hypnotisiert auf einer Szene im hinteren Teil des Raumes hängen, wo sich ein wirklich hässlicher Kerl mit einer kleinen, zierlichen Sklavin grade vergnügte. Sie wollte das nicht sehen, aber sie konnte nicht wegschauen. Verschreckt hielt sie sich ganz fest an Timos fest. Er war immerhin das einzig bekannte im ganzen Raum.
    Auf seine frage wusste sie erst einmal nichts zu sagen. Wie ein verschrecktes Reh stand sie ganz still und leise und wünschte sich, unsichtbar zu sein. Timos Hand an ihrer Hüfte nahm sie – wenn überhaupt – nur unbewusst wahr. Und so dauerte es eine ganze Weile, bis sie überhaupt etwas sagte.
    Ich glaube, ich darf hier nicht sein.
    Das klang jetzt aber weinerlich! Axilla wurde wütend auf sich selbst, dass sie sich wie ein kleines Kind benahm. Nein, schlimmer, als sie klein war, hatte sie nie soviel Angst gehabt wie jetzt. Also benahm sie sich jetzt sogar schlimmer als ein kleines Kind. Sie räusperte sich und richtete sich stolz und gerade auf. Eine Iunia hatte keine Angst, vor gar nichts! Höchstens ein bisschen vor dem dicken Kerl, der sich mit einer Hand durch den Bart strich, als er sie ansah.
    Das ist definitiv abenteuerlicher als der Hahnenkampf.
    Nun war ihre Stimme wieder fest und selbstsicher, wenn sie sich selbst auch gar nicht so fühlte. Aber sie wollte sich vor Timos keine Blöße geben.

    Ein bisschen unheimlich war ihr die Gegend schon, in die Timos sie führte. Ein paar Männer warfen ihr sehr seltsame Blicke zu, und sie war nicht undankbar, dass Timos sie ganz dicht zu sich gezogen hatten. So hatte sie zumindest einen Beschützer um sich, auch wenn sie so langsam kleine Zweifel bekam, ob er sie wirklich beschützen wollte oder nicht vielleicht doch etwas anderes.
    Vielleicht war es der Wein, vielleicht auch der Trotz, es Silanus auswischen zu wollen, auf jeden Fall ging sie bereitwillig mit Timos mit, als sie in ein Gebäude traten, das absolut nicht vertrauenserweckend aussah. Drinnen saß nur ein alter Mann und ein paar alte Früchte lagen herum, aber offenbar gab es noch eine Tür, zu der Timos sie führte.
    Ein wenig Angst hatte Axilla, aber das wollte sie sich natürlich nicht anmerken lassen. Er sollte sie schließlich nicht für ein ängstliches Kind halten, das erst den Mund aufriss und Abenteuer wollte, und dann einen Rückzieher machte. Und natürlich wollte sie jetzt schon wissen, was hier los war, die Neugierde war schon verdammt groß.
    Was ist da unten?
    In ihrer Stimme schwang die Mischung aus Angst und Neugier mit, und um zu beweisen, dass sie sich nicht fürchtete, trat Axilla schon mal auf die erste Stufe nach unten. Sie war schließlich kein Feigling. Und Axilla hatte noch das unbelehrbare Selbstvertrauen der Jugend, das ihr das Gefühl gab, unsterblich zu sein.

    Da musste Axilla ja wirklich an ein sehr seltenes Exemplar Mann gekommen sein, wenn er so bereitwillig noch weiter mit ihr einkaufen gehen wollte. Eigentlich hätte sie ruhig noch Stunden bummeln können, aber irgendwie ging dabei ein bisschen das Abenteuer verloren.
    Eigentlich könnte ich noch Schuhe gebrauchen, aber wenn die auch so erlesen sind wie das Kleid, hab ich wohl nicht mehr genug Geld dabei. Und außerdem dachte ich, wir wollten noch ein paar Abenteuer hier erleben?
    Sie war immer noch ein wenig berauscht vom Wein und dachte daher über die Zweideutigkeit ihrer Worte nicht im Geringsten nach. Sie hakte sich wieder bei Timos ein und strahlte ihn dabei kurz an. Sie hatte für etwas eigentlich sinnloses verdammt viel Geld ausgegeben, und fühlte sich großartig dabei.
    Kennst du noch ein paar interessante Ecken hier? Ich bin grade in Feierlaune.

    Offenbar verstand Timos bei weitem mehr vom handeln als Axilla. Sie wäre stur stehen geblieben und hätte vermutlich Streit angefangen, aber seine Taktik war um einiges gerissener und erfolgreicher. Also schenkte sie ihm ein wölfisches Grinsen, ehe sie sich dem Händler zuwandte. Da sie keine Ahnung gehabt hatte, wie viel das Amulett gekostet hätte – und wirksame Zauber waren ja bekanntlich teuer – hatte sie ungewöhnlich viel Geld mit.
    Natürlich nicht an dem Beutel, der an ihrem Gürtel hing, dumm war sie immerhin nicht. Und so zog sie einen sehr plattgedrückten Beutel unter ihrer Tunika hervor und zählte feinsäuberlich die Münzen ab. Den Geldbeutel wieder sicher an ihrer Haut zu verstauen war mit den ganzen Zuschauern hier auf dem Markt aber nicht ganz so einfach, aber es war Axilla egal, ob sich irgendwer über ihre Verrenkungen amüsierte. Sie hatte das Kleid, das sie wollte. Nur leider hatte sie keinen Sklaven mit, der es für sie trug. Sie ließ sich den Stoff noch in billiges Papier einschlagen, damit er nicht noch Schaden nahm, und nahm das Päckchen dann entgegen. Sie konnte es wohl nicht einfach Timos aufs Auge drücken, es für sie zu tragen?

    Nein, ihr ging es nicht gut. Aber sie konnte Urgulania ja wohl kaum alles Erzählen. Wie würde sich das anhören? Mir geht es nicht gut, weil ich mit Silanus geschlafen habe und er mich aber nicht liebt, ich ihn aber schon und ich mich sogar soweit erniedrigt habe, ihn anzubetteln? Und weil ich deshalb mich auch nicht traue, noch mal zu ihm zu gehen und ihn zu fragen, ob er mittlerweile eine Beschäftigung für mich gefunden hat? Wohl kaum.
    Sie kaute wieder auf ihrer Unterlippe herum, während sie überlegte, was sie Urgulania sagen konnte, und was nicht. Sie wollte ja darüber reden, sich irgendjemandem anvertrauen, aber das war so verdammt schwer.
    Ich hatte einen schlimmen Streit mit Silanus.“ Soweit war das ja auch richtig. „Und mir geht es deshalb nicht so gut. Und er wollte sich mal umhören, ob er für mich vielleicht ein bisschen Arbeit findet, also vor dem Streit. Und jetzt trau ich mich nicht mehr, ihn danach zu fragen. Aber mir ist so furchtbar langweilig. Mir fällt hier noch die Decke auf den Kopf, es gibt absolut nichts zu tun hier.
    Das war zwar nicht die volle Wahrheit, aber an dieser so nahe dran, wie es der Anstand erlaubte.

    Der Händler schien alles andere als erbaut, dass Timos den Preis noch einmal nach unten korrigierte. Axilla hingegen sah sich immer noch sehr zweifelnd den Stoff an. Er war ja wirklich, wirklich, wirklich hübsch, und sie hatte sich schon lange kein neues Kleid mehr gekauft. Aber, sie konnte doch nicht Silanus Geld einfach so mit vollen Händen für ein Kleid ausgeben, dass sie dann für einen anderen Mann bei einem Fest tragen würde?
    Wobei…? Ja, genau, warum nicht? Ein bisschen zu leiden hatte er durchaus verdient! Und wenn es nur sein Geldbeutel war, der litt! Warum sollte Axilla denn in Trauerflor rumrennen? Da draußen gab es jede Menge gutaussehende Burschen, die mit ihr Zeit verbringen wollten, und wenn Silanus das nicht wollte, sein Pech. Hah!


    Völlig in Gedanken hatte Axilla den kleinen Wutausbruch des Händlers nicht mitbekommen. Daher hatte sie keine Ahnung, auf wie viel er nun mit dem Preis runtergegangen war. War auch nicht so wichtig, es war ohnehin bestimmt unverschämt hoch.
    Für Hundertdreißig nehm ich es mit.“ Von ihren Racheplänen beseelt war Axillas Stimme stolz und fest.
    Der Händler wandte sich ganz verdutzt um. Offenbar hatte er nicht geglaubt, dass sich das Mädchen einmischen würde. „Hundertdreißig? Mädchen, du meinst zweihundertdreißig. Dafür geb ich es dir mit.
    Mädchen?!Hundertdreißig.
    Was? Schau dir doch den Stoff an, oder bist du mit Blindheit geschlagen? Deine Freundin versteht offenbar nichts davon. Jede Drachme unter 200 ist für mich ein persönlicher Verlust! Noch weniger kann ich beim besten Willen nicht dafür verlangen!

    Der Blick aus seinen Augen war…wow! Axilla bemerkte im ersten Moment seine Hand auf ihrem Oberarm noch nichtmal, so hypnotisiert schaute sie zurück. Als Timos sich schließlich an den Verkäufer wandte, schaute sie erstmal auf den Boden. Sie redete sich ein, dass das nur war, weil sie einander so nahe waren. Was steckten sie auch die Köpfe zusammen und tuschelten?
    Und außerdem brauchte sie zu dem Kleid wohl neue Schuhe. In ihren üblichen Latschen konnte sie sowas auf keinen Fall tragen. Wieviel würde das bisschen Stoff wohl kosten?
    Hundertfünfzig?
    Hundertfünfzig?
    Sie und der Verkäufer sprachen das Wort fast gleichzeitig mit der fast identischen Betonung aus. Nur dass Axilla auch 150 für zu hoch hielt, während der Verkäufer wohl der Meinung war, es sei zu niedrig. Axilla schaute sowohl den Verkäufer als auch Timos einen Moment aus ungläubigen Augen an. Wie konnte so ein bisschen nichts EINHUNDERTUNDFÜNFZIG Drachmen kosten?
    Was auch immer es war, der Verkäufer war durch ihren Ausruf wohl ein klein wenig verunsichert. So dauerte es einen Moment, bis er seine Sprache und das übliche Gehabe wieder von sich gab.
    Fühlt doch mal den Stoff. Beste Seide wurde hineingewebt, die muss tausend Meilen importiert werden. Und die Farbe! Habt ihr schon mal so ein sattes Grün gesehen? Riecht mal an dem Stoff, los, riecht daran. So eine satte Farbe, und trotzdem kein Färbegeruch. Ich gebe es euch für 300, und das ist schon geschenkt.
    Das größte Problem war, dass Axilla nurnoch 240 Drachmen dabei hatte, und danach wohl erklären müsste, weshalb sie ihr gesamtes Taschengeld für ein einziges Kleid ausgegeben hatte. Sie sah ein wenig hilfesuchend zu Timos.

    Axilla hielt sich auch dieses Kleid an. Der Schnitt war gewagt, aber sie liebte die Farbe. Axilla mochte grün, das passte so schön zur Farbe ihrer Augen.
    Hmm, ich weiß nicht.
    Hauptsächlich sagte sie das, weil der Verkäufer direkt daneben stand. Und sie war zwar schlecht im Handeln, aber sie hatte zumindest schon gelernt, dass man das, was man unbedingt haben wollte, ganz furchtbar scheußlich nach außen hin finden musste. Aber wenn sie sich das Kleid an sich vorstellte, vielleicht noch mit dem goldenen Gürtel, den sie daheim hatte…. Nein, das wäre zuviel, der Gürtel mit den silbernen Fischen würde auch reichen. Aber der Schnitt… da sah man ja mehr, als man verhüllte.
    Sie trat schnell zu Timos hinüber und flüsterte ihm ins Ohr, damit der Verkäufer es nicht hören konnte. „Meinst du wirklich, dass mir das steht und ich das tragen kann?

    Natürlich ließ sich Axilla gerne das Kleid vorhalten und hielt es sich auch selbst ganz dicht an den Körper. Etwas anziehen was man sich eigentlich nicht leisten konnte, das war ja mit das schönste am Einkaufen überhaupt.
    Meinst du nicht, das wäre dann ein wenig dünn? Da sieht man ja schon fast durch.
    Aber es fühlte sich wirklich, wirklich toll auf ihrem Körper an, das konnte man anders gar nicht sagen. Es war wunderbar luftig, und der Stoff floss fast wie Wasser. Auch, wenn es etwas großzügig geschnitten war.

    Ohne bestimmtes Ziel liefen Axilla und Timos los. Direkt am Hafen war nichts, was so wirklich nach Schneider aussah, aber als sie auf dem richtigen teil des Fremdenmarktes angekommen waren, sah die Sache schon anders auf. Hier gab es teure Stoffe zu kaufen, und natürlich versuchte auch der ein oder andere Schneider, fertige Produkte so gleich an den Mann oder die Frau zu bringen.
    Axilla schaute fröhlich über das Treiben. Unter normalen Umständen wäre sie hier nun entlang gebummelt und an jedem einzelnen Stand stehen geblieben. Aber so widerstand sie dem Drang, sich den neuesten Krimskrams aus fernen Ländern anzuschauen, sondern suchte mit Timos nach einem Stoffhändler.
    Schau mal. Ist das echte Seide?
    Ein glänzender Stoff von hellblauer Farbe war Axilla ins Auge gefallen. Vorsichtig streichelte sie daran, er fühlte sich ganz dünn und kühl an. Das war bestimmt Seide! Sie hatte schon so viel davon gehört, hatte aber selber noch kein Kleid aus dem feinen Stoff. Immerhin war das mit das teuerste, was es überhaupt gab, und soviel Geld bekam sie nun auch wieder nicht. Aber man konnte ja mal schauen.

    Na dann.
    Axilla grinste Timos fröhlich an und winkte nach dem Wirt, damit sie die Rechnung bezahlen konnte. Der ließ auch nicht lange auf sich warten und ein paar Münzen wechselten so eilig den Besitzer. Er schaute zwar kurz, als Axilla mit Sesterzen und nicht mit Drachmen bezahlte, aber Geld war immerhin Geld, egal wessen Kopf darauf gedruckt war.
    Sie standen also auf und Axilla merkte, dass sie einen ganz kleinen Schwips hatte. Zwar torkelte sie noch lange nicht, aber ganz wie normal war es doch nicht. Sie ging also kurzentschlossen zu Timos hinüber und hakte sich ungefragt bei ihm ein. So würden sie langsamer gehen und sie hatte noch eine weitere Stütze, falls ihr wirklich noch schwindelig werden sollte.
    Du kennst nicht zufällig hier auch noch einen guten Schneider, oder? Ich kenn nur die auf der Agora.

    Der Plan klang gut. Auch wenn Axilla ehrlicherweise wahrscheinlich grade jeden Plan gut gefunden hätte. Sie vertrug wirklich nicht viel Alkohol, und ein halber Becher Bier und zwei Becher Wein waren schon mehr als ihr übliches Pensum. Von betrunken war sie zwar noch weit entfernt, aber sie war schon lustig.
    Hmm, jetzt? Willst du denn mitkommen?
    Die meisten Männer fanden einkaufen furchtbar langweilig und machten dann ein Gesicht, als würde man sie der schlimmsten aller schlimmer Foltern aussetzen.

    Viel Haut zeigen? Hm, Axilla würde sich wohl eines der Kleider nach griechischer Art dann am besten auf dem Markt kaufen. Sie hatte so etwas zwar noch nie angehabt, aber in einer kurzen Tunika wäre sie sich albern vorgekommen. Und mit Haut zeigen hatte Axilla keine Probleme, sie war ja nicht entstellt oder sowas.
    Aber Timos Kompliment machte sie dann doch ein ganz klein wenig verlegen. Er lobte ihre Schönheit ja bis in den Himmel! Die jugendliche Geschmeidigkeit ihres kurvenreichen, straffen Körpers? Oha. Ein ganz klein wenig wurde Axilla warm und sie merkte, dass sich ihre Wangen ganz leicht rosa färbten. Verlegen trank sie schnell noch ein paar Schluck Wein, aber am Becherboden standen leider keine klugen Bemerkungen, die sie jetzt sagen könnte. Auch merkte sie, dass sie vielleicht doch ein bisschen zu schnell getrunken hatte. Sie sollte lieber aufhören, bevor sie anfing, ihre Zunge noch weniger unter Kontrolle zu haben als im nüchternen Zustand schon.
    Und wo sollen wir uns dann treffen? Ich kann ja nicht vor dem Haus dann rumstehen und auf dich warten.

    Ein kleines Freudenquietschen nur halb unterdrückend nickte Axilla eifrig, als Timos sie nach dem Wein fragte. Jetzt war sie in Feierlaune, dazu brauchte man etwas Wein. Sie überlegte sich schon, mit welcher Ausrede sie sich wohl davonschleichen wollte. Vielleicht sagte sie einfach, ihr sei nicht gut und zog sich in ihr Zimmer zurück? Nur Leander, ihrem Sklaven, würde sie wohl sagen müssen, dass sie ging, er musste ihr schließlich die Haare dann machen und sie vor den Verwandten decken. Ach, das würde schon gehen, das würde bestimmt herrlich.
    Nachdem Timos ihr wieder eingeschenkt hatte, nahm sie noch einen Schluck und grinste vor sich hin. Sie war schon seit einer Ewigkeit nicht mehr auf einem Fest gewesen.
    Ich glaube, ich muss nachher ein neues Kleid kaufen gehen. Was trägt man so auf den Festen hier, weißt du das? Ich will ja nicht wieder wie heute beinahe verschwitzen. Oh, ich bin schon ganz aufgekratzt.
    Sie grinste ihn wieder freudig an und nahm noch einen schluck. Dann aber bekam sie einen etwas verschlageneren Gesichtsausdruck. „Und du findest mich schön?

    Axilla saß wie auf heißen Kohlen. Unruhig wartete sie und sah zu Timos hinüber, wie er sich unterhielt. Sie bekam aber nur hier und da mal einen Wortfetzen mit. Zum einen war ihr griechisch nicht so gut, da sie fast nur ionisch sprach, und zum anderen schien Timos absichtlich leise zu reden, so dass sie nichts verstand. Gemein aber auch!
    Schließlich kam er zurück und setzte sich. Sagte keinen Ton. Axilla schaute erwartungsvoll. Er trank Wein. Axilla schaute ihn fragend an. Er sagte nichts.
    Und?“ Wenn er noch länger wartete, würde Axilla gleich platzen! Sowas konnte er doch nicht machen.

    Timos gefiel ihr. Er war lustig und nicht so konservativ wie die meisten. Ein bisschen erinnerte er sie an Archias, nur, dass Timos nicht den gesellschaftlichen Pluspunkt hatte, ein Aelier zu sein. Das machte ihn in Axillas Augen noch anziehender, weil es dadurch noch ein bisschen verruchter war. Sie wollte gerade etwas erwidern, als Timos lauschte. Axilla kannte den Gesichtsausdruck, sie hatte ihn selbst oft genug, also lauschte sie einfach mit. Gute Ohren waren wirklich ein Segen.
    Die Feier hörte sich wirklich verlockend an. Wobei sie bestimmt nirgends bis in die frühen Morgenstunden bleiben konnte. Zuhause war zwar meistens weniger als gar nichts los, aber sie glaubte, das könnte doch auffallen.
    Klingt verführerisch. Aber wie willst du dich da selbst einladen? Und zu welcher Zeit ist das wohl?

    Oh, ja, da hast du recht. Als Mann guckt einen keiner komisch an, wenn man das macht, wozu man grade Lust hat.
    Axilla war mit dem Fisch fertig, jetzt knabberte sie – zugegebenermaßen etwas lustlos – noch am Gemüse. Es war gut, aber sie war ja kein Kaninchen. Wobei sie manchmal gerne eines wäre.
    Und dabei ist dann auch noch alles verboten, was irgendwie Spaß macht.

    Nun, dann müssen wir beide wohl dafür sorgen, dass sie davon nichts erfährt.
    Axilla könnte wahrscheinlich wirklich Ärger bekommen, wenn ihre Familie davon erfuhr, wo sie sich heute herumgetrieben hatte. Aber irgendwie machte das die ganze Sache noch um einiges aufregender. Axilla liebte schon immer das verbotene und das, was sie nicht haben durfte. Schon als Kind war sie am liebsten deshalb auf Bäume geklettert oder hatte die wilden Ponys geritten, weil sie es nicht hätte tun sollen.
    Seinen Vorschlag kommentierte Axilla mit einer hochgezogenen Augenbraue.
    Adoptieren? Ne, dann stünde ich ja unter irgendjemandes patria potestas. Ein Vormund ist schon schlimm genug. Da verzichte ich lieber auf einen Bruder.
    Sie sah zu Timos hinüber und musste lachen. Er hatte schon die verrücktesten Einfälle.