Schon einige Tage vor der Ankunft in Rom hatte sich Axilla für diese gerüstet. In einer kleinen Stadt, in der ihr Zug halt gemacht hatte, hatte sie sich passend eingekleidet. Die Frau des örtlichen Duumvirn war doch recht zuvorkommend zum 'Gast des Kaisers', was sie mehrfach betonte und herauszukehren suchte. Axilla berichtigte sie da auch wohlweißlich nicht und nahm die Möglichkeit, einen Abend ausgiebig zu baden und sich vernünftig zu kleiden gerne an. Auch wenn die Frau nichts davon wissen wollte, versprach sie ihr, die geborgten Kleider selbstverständlich zu gegebener Zeit zu bezahlen oder mit der neuesten Mode aus Rom zu tauschen. Auch wenn ihr Mann nun tief zu fallen drohte, Axilla war wohlhabend. Sehr wohlhabend sogar. Genug, um sich ein paar Kleider leisten zu können.
Auch dasjenige, das sie jetzt in dem Reisewagen trug, der langsamer hinter Palma her, dennoch weit vorne im Heerzug, dahinholperte. Das Überkleid war aus grün eingefärbter, indischer Baumwolle und schmiegte sich recht eng an die seiden schillernde Untertunika darunter. An den Schultern wurde sie mit zwei emaillierten Broschen gehalten, die auch den Verschluss des Kleides darstellten. Beide Teile schmeichelten sehr ihrer Figur, betonten Dekolleté und Taille äußerst vorteilhaft und waren nach modischem, griechisch angehauchten Schnitt, dennoch so sittsam geschlossen, dass niemand an ihrem Auftritt würde Anstoß nehmen können. Die Ornatrix, die Axilla sich ebenfalls geliehen hatte, tat ihr bestes in dem Wagen, um die Frisur trotz des Hüpfens des Wagens zu befestigen, ohne Axilla allzu oft mit den Haarnadeln, die ebenfalls eine elegant emaillierte Spitze in Form von weißen Sternen hatten, zu stechen. Was nur dürftig gelang. Dennoch wurden Axillas Haare fein und kunstvoll geflochten und im Nacken hochgesteckt, um noch viel kunstvoller in leichten Locken wieder sanft herabzufallen und bisweilen an der Haut ihres Halses zu kitzeln. Die Ornatrix wollte Axilla auch zu gerne schminken, aber auch ohne den energischen Widerspruch von Axilla gab sie ihre Überredungsversuche dazu angesichts der unruhigen Fahrt dann rasch auf.
Axilla sah aus dem Fenster des Wagens. Am liebsten wollte sie heraustreten in die Sonne, wollte lieber gehen als hier zu fahren, allerdings konnte und wollte sie nicht wie eine Gefangene hinter der Quadriga des Kaisers herlaufen. Sie war keine Beute aus einem fernen Land und wollte auch nicht als solche verstanden werden. Wenngleich alles in ihr danach schrie, die stickige Enge des Reisewagens zu verlassen und selbst sich zu bewegen. Oder zumindest sich weit aus dem Fenster zu lehnen, um zu sehen, wer alles da wäre.
Ihre Hände trommelten auf dem Ledertornister. Es war ein neuer, schönerer, herausgeputzt, um das Testament des Kaisers würdig zu transportieren. Aber sie konnte nicht sich selbst herausputzen und dann das Testament des Kaisers mit seinen schweren siegeln in einem rissigen Tornister transportieren. Nervosität machte sich in Axilla breit. Durch den Wagen gedämpft hörte sie die Begrüßungsreden der Stadt. Sie wollte wirklich ihren Kopf zu gerne aus dem wagen strecken und nachsehen, wer da sein würde. Vielleicht würde sie ihren Mann sehen? Die Chance war klein, aber vielleicht... oder ihre Söhne?
Das Trommeln auf dem Tornister wurde stärker. Axilla brach sich beinahe die zuvor noch fein gefeilten Nägel daran ab, wie sie so darauf herumhämmerte. Wenn ihre Söhne da draußen wären, Axilla wusste, nichts würde sie in ihrem Wagen hier halten. Sie wollte sie nur wieder in die Arme nehmen und ihnen beiden sagen, wie sehr ihre Mutter sie liebte.
Aber Axilla blieb im Wagen, atmete so tief durch, dass sie meinte, man müsse es wohl draußen hören – und wartete ab.