Beiträge von Iunia Axilla

    Schon einige Tage vor der Ankunft in Rom hatte sich Axilla für diese gerüstet. In einer kleinen Stadt, in der ihr Zug halt gemacht hatte, hatte sie sich passend eingekleidet. Die Frau des örtlichen Duumvirn war doch recht zuvorkommend zum 'Gast des Kaisers', was sie mehrfach betonte und herauszukehren suchte. Axilla berichtigte sie da auch wohlweißlich nicht und nahm die Möglichkeit, einen Abend ausgiebig zu baden und sich vernünftig zu kleiden gerne an. Auch wenn die Frau nichts davon wissen wollte, versprach sie ihr, die geborgten Kleider selbstverständlich zu gegebener Zeit zu bezahlen oder mit der neuesten Mode aus Rom zu tauschen. Auch wenn ihr Mann nun tief zu fallen drohte, Axilla war wohlhabend. Sehr wohlhabend sogar. Genug, um sich ein paar Kleider leisten zu können.


    Auch dasjenige, das sie jetzt in dem Reisewagen trug, der langsamer hinter Palma her, dennoch weit vorne im Heerzug, dahinholperte. Das Überkleid war aus grün eingefärbter, indischer Baumwolle und schmiegte sich recht eng an die seiden schillernde Untertunika darunter. An den Schultern wurde sie mit zwei emaillierten Broschen gehalten, die auch den Verschluss des Kleides darstellten. Beide Teile schmeichelten sehr ihrer Figur, betonten Dekolleté und Taille äußerst vorteilhaft und waren nach modischem, griechisch angehauchten Schnitt, dennoch so sittsam geschlossen, dass niemand an ihrem Auftritt würde Anstoß nehmen können. Die Ornatrix, die Axilla sich ebenfalls geliehen hatte, tat ihr bestes in dem Wagen, um die Frisur trotz des Hüpfens des Wagens zu befestigen, ohne Axilla allzu oft mit den Haarnadeln, die ebenfalls eine elegant emaillierte Spitze in Form von weißen Sternen hatten, zu stechen. Was nur dürftig gelang. Dennoch wurden Axillas Haare fein und kunstvoll geflochten und im Nacken hochgesteckt, um noch viel kunstvoller in leichten Locken wieder sanft herabzufallen und bisweilen an der Haut ihres Halses zu kitzeln. Die Ornatrix wollte Axilla auch zu gerne schminken, aber auch ohne den energischen Widerspruch von Axilla gab sie ihre Überredungsversuche dazu angesichts der unruhigen Fahrt dann rasch auf.


    Axilla sah aus dem Fenster des Wagens. Am liebsten wollte sie heraustreten in die Sonne, wollte lieber gehen als hier zu fahren, allerdings konnte und wollte sie nicht wie eine Gefangene hinter der Quadriga des Kaisers herlaufen. Sie war keine Beute aus einem fernen Land und wollte auch nicht als solche verstanden werden. Wenngleich alles in ihr danach schrie, die stickige Enge des Reisewagens zu verlassen und selbst sich zu bewegen. Oder zumindest sich weit aus dem Fenster zu lehnen, um zu sehen, wer alles da wäre.
    Ihre Hände trommelten auf dem Ledertornister. Es war ein neuer, schönerer, herausgeputzt, um das Testament des Kaisers würdig zu transportieren. Aber sie konnte nicht sich selbst herausputzen und dann das Testament des Kaisers mit seinen schweren siegeln in einem rissigen Tornister transportieren. Nervosität machte sich in Axilla breit. Durch den Wagen gedämpft hörte sie die Begrüßungsreden der Stadt. Sie wollte wirklich ihren Kopf zu gerne aus dem wagen strecken und nachsehen, wer da sein würde. Vielleicht würde sie ihren Mann sehen? Die Chance war klein, aber vielleicht... oder ihre Söhne?
    Das Trommeln auf dem Tornister wurde stärker. Axilla brach sich beinahe die zuvor noch fein gefeilten Nägel daran ab, wie sie so darauf herumhämmerte. Wenn ihre Söhne da draußen wären, Axilla wusste, nichts würde sie in ihrem Wagen hier halten. Sie wollte sie nur wieder in die Arme nehmen und ihnen beiden sagen, wie sehr ihre Mutter sie liebte.


    Aber Axilla blieb im Wagen, atmete so tief durch, dass sie meinte, man müsse es wohl draußen hören – und wartete ab.

    Dass der Sklave sie angestarrt hatte, bemerkte Axilla schon gar nicht mehr. So viele Männer hier im Lager, die sie sehr genau ansahen, wenn sie vorüberging, da fiel einer mehr, der sie anstarrte, nicht mehr wirklich auf. Und Axilla versuchte ohnehin, das Starren samt und sonders zu übersehen, um sich darüber erst gar keine Gedanken machen zu müssen. Sie bemerkte den Mann mit seinem Kochtopf erst so wirklich, als er ihr bestätigte, dass sie wirklich vor dem richtigem Zelt stand, aus dem auch nach ein paar Augenblicken der Gesuchte kurz heraustrat.
    Nur leider trat der ziemlich schnell auch wieder zurück ins Zeltinnere, welches Axilla auch bei noch so sehr aufgeklapptem Zelteingang und besten Einsichtsmöglichkeiten unter keinen Umständen betreten wollte. Sobald sie auch nur einen Fuß für den Bruchteil einer Sekunde in ein Zelt setzen würde, konnte sie sich sicher sein, eine angedichtete Affäre zu haben. Das war das letzte, was sie wollte. Und das allerletzte, was sie wollte, war eine solche mit einem Decimer.
    “Danke, das ist wirklich außerordentlich freundlich, Decimus. Aber aus Gründen des Anstandes würde ich es vorziehen, dein Zelt nicht zu betreten.“ Vielleicht lag eine Spur mehr Anspannung in Axillas Stimme, als es der Sache dienlich war. Aber sie fühlte sich alles andere als zu leichten Scherzen aufgelegt. Im Grunde fragte sie sich, was sie geritten hatte, überhaupt hier her zu kommen. Es war eine ausgemacht blöde Idee gewesen. Sie hatte nicht einmal ansatzweise einen Plan hierzu. Hoffentlich verstand der Centurio wenigstens ihre Erklärung.
    Und so blieb Axilla vor dem Zelt stehen und versuchte, dabei so nobel zu wirken, wie dies eben in der Kleidung eines Mannes für eine Frau so möglich war, und möglichst leicht den Gesprächseinstieg zu finden. Was zum Orcus mach ich hier? “Mir geht es den Umständen entsprechend recht gut, würde ich sagen. Seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, habe ich geheiratet und zwei Söhnen das Leben geschenkt. Die Götter haben es gut mit mir gemeint.“
    Dass ihre etwas abrupt endende Unerhaltung im Theatrum Flavium nicht das letzte Mal gewesen war, dass Massa Axilla gesehen hatte, wusste sie nicht. Sie hatte nichts davon mitbekommen, dass er sie vom Marktplatz in Ostia damals verfolgt hatte, und auch nichts davon, dass er seine Geliebte in dieselbe Insula einquartiert hatte, die auch sie bewohnte.
    “Und ich sehe, auch mit dir haben die Götter es nicht allzu schlecht gemeint. Bei unserer letzten... Unterhaltung warst du noch Optio. Und nun als Centurio bist du dennoch so nahe beim Präfekten der Classis, wie es sonst vielleicht einem ritterlichen Tribunen zugestanden hätte.“ Axilla machte eine leicht deutende Handbewegung in Richtung des Präfektenzeltes, das unübersehbar nebenan stand.
    “Was schließlich die Erwartungen angeht, sind wir wohl beide gleich überrascht. Ich hatte bei meiner Abreise in Ostia noch gedacht, die Classis stünde auf Seiten von Vescularius und sei ausgezogen, Cornelius zu vernichten. Doch jetzt marschiert ihr alle unter seinem Banner nach Rom. Ich würde nicht sagen, dass mich diese Überraschung nicht freut – denn das tut sie – aber sie kam doch deutlich unerwartet. Ich nehme an, sollte Rom noch stehen, wird man es dort mit ähnlicher Verblüffung aufnehmen. Die genauen Umstände dieser Wendung wären sicherlich eine sehr interessante Geschichte.“ Axilla wollte nicht direkt danach fragen, wie es kam, das sowohl die Stadtcohorten hier als auch die Classis die Seiten gewechselt hatten. Vielleicht beantworte Massa ihr die implizierte Frage auch so, denn von Cornelius hatte sie dazu bislang keine hinreichende Auskunft erhalten. Und noch immer galt ihre Sorge ihrem Mann und den Dingen, die ihm möglicherweise in Rom aufgrund diesen Sachverhalts zugestoßen sein mochten.

    Vier Cohorten und dann nach links. Axilla ging den Weg entlang und versuchte, dies nicht allzu auffällig zu bewerkstelligen. Was ein vollständig hoffnungsloses Unterfangen darstellte, sie fiel auf wie eine rote Ziege unter weißen Schafen. Und nicht alle Blicke waren derart, dass Axilla sich noch einreden konnte, sich geschmeichelt zu fühlen. Das hinterhergerufene Angebot des Peregrinus eben war ja noch so, dass sie darüber hatte lachen können. Das war ein Spaß gewesen, nichts bedrohliches. Wenngleich natürlich auch nichts, über das sie ernsthaft oder länger hätte nachdenken müssen. Ja, der Mann war an sich ganz süß gewesen, aber sie war ja nicht so eine. Abgesehen davon, dass sie ihren Mann viel zu sehr liebte und respektierte, als dass sie ihm sowas angetan hätte.
    Aber die Blicke, die sie auf dem weg bekam.. die waren beunruhigend. Die sprachen davon, dass ihre Einwilligung nicht unbedingt nötig war. Sahen teilweise hungrig aus. Beängstigend. Axilla war sehr froh, als sie den Weg hinter sich gebracht hatte und dann das kaum zu übersehende Zelt des Präfekten vor sich hatte. Allerdings benötigte sie ja nicht dieses Zelt an sich, sondern das daneben. Und sie hatte keine Ahnung, ob 'daneben' nun links daneben, rechts daneben oder gar dahinter zu finden wäre. Ihr Plan bezüglich der Annahme dieser ominösen Einladung hatte sehr offensichtlich ein paar ganz eklatante Mängel.


    Es half nichts. Axilla wollte hier nicht unschlüssig herumstehen bleiben. Also wandte sie sich einfach nach rechts zu einem Zelt, das wohl groß genug für ein Centurionenzelt war, und hob ganz leicht ihre Stimme an. Mehr als falsch liegen konnte sie da ja nicht. “Centurio Decimus?“ Wenn es das richtige Zelt war, würde er sie wohl gehört aben – sofern er denn da war. Und wenn nicht, würde sie wohl irgendwer gleich hoffentlich zum richtigen Zelt weiterdirigieren.

    Dass es nicht einfach werden würde, den Weg durch das Lager so gänzlich unbehelligt zu finden, war Axilla klar gewesen. Dass sie aber auf diese Art und Weise von der Seite angeredet wurde, war sie nicht mehr gewohnt. Als Kind hatte sie da keine Berührungsängste gehabt, hatte sich abends noch heimlich aus dem Bett geschlichen, um ihrem Vater zu lauschen, wie dieser mit seinen Freunden scherzte. Da waren derbe Sprüche an der Tagesordnung gewesen. So waren Kerle, das gehörte dazu. Aber spätestens, seit Axilla mit Archias einen entfernten Verwandten der kaiserlichen Familie geheiratet hatte und Frau eines Ritters war, hatte sie niemand mehr so angesprochen. Sie war die ehrwürdige Frau eines Ritters, jetzt auch wieder als Frau von Imperiosus, und alle Welt brachte ihr denselben Respekt entgegen wie ihrem Mann. Da war es etwas verwirrend, einen derart flapsigen Spruch abzubekommen. Deshalb konterte sie auch nicht ganz so schnell, wie sie vielleicht gewollt hätte, so dass der Tiro von den Cohortes noch dazwischenkam. Und natürlich nicht klar stellte, was hier los war.
    Und immerhin bekam sie eine sehr genaue Wegbeschreibung. Vier Cohorten den Weg entlang und dann links, das fand sich von allein. Die beiden plauschten kurz miteinander, Axilla hörte nur mit halbem Ohr zu. Sie ärgerte sich ein wenig über ihre fehlende Schlagfertigkeit. Ich hätte ihm etwas gutes kontern sollen. Sowas wie 'Du findest mich also hübsch? Und ich dachte schon, du wirst jetzt eifersüchtig, wenn ich hier mit deinem Freund entlangwandere.' Na gut, vielleicht auch was anderes, ist vielleicht etwas zu frech. Aber etwas schlagfertiges eben! Nur leider fielen ihr auch jetzt nur ansatzweise schlagfertige Erwiderungen ein, und es war so oder so zu spät, wenn es nicht albern wirken sollte.


    Egal. Axilla wusste, wo sie hinmusste, und wollte da auch gerade schon sich heimlich, still und leise hinschleichen, als der andere sie noch einmal ansprach. Wie, was, Seherin? Das hatte hier wohl wirklich die Runde gemacht.
    “Ich weiß nicht, Titus Flavus. Ich habe eine bestimmte Zukunft gesehen und bin hier, um den letzten Willen des wahren Kaisers zu seiner Geltung zu bringen und darauf zu hoffen, dass dies in Zukunft eine Wirkung erzielt. Ist das genug seherische Gabe, um eine Seherin zu sein?“ Axilla fand sich nicht besonders seherisch, aber kryptisch genug antworten konnte sie wohl. Priesterin, Seherin... auf jeden Fall musste sie wohl mächtig Eindruck gemacht haben auf die versammelten Männer. Und das war alles, was sie gewollt hatte. Oder zumindest ein guter Teil dessen, was sie gewollt hatte. Der Rest musste sich erst noch erfüllen, und hoffentlich trog Axilla dieser vage Wunsch nicht. “Und im Moment folgt diese Frau hier einer Eingebung. Die sie vier Cohorten weiter und dann nach links führt. Danke für die Wegbeschreibung.“ Axilla schenkte dem Mann mit der geprellten Nase ihr wunderbarstes Klein-Mädchen, ehe sie dann langsam los in die ihr gewiesene Richtung schlenderte. “Und schaut nicht so auf meinen Hintern, wenn ich gehe“, fiel ihr doch noch eine kokette Erwiderung ein, die sie, ohne sich umzudrehen, vor sich hinflötete und nur still vor sich hingrinste dabei.

    Sim-Off:

    “Du“, nicht „ihr“ ;) Die Römer kennen nur „du“. Das „ihr“ ist erst ab dem Mittelalter.


    Eigentlich hatte Axilla nicht damit gerechnet, dass der Mann sich vorstellen würde. Immerhin waren hier mehrere tausend Leute, und auch wenn Axilla vielen begegnen würde, sie würde ganz sicher nicht mit allen reden, oder sich allen einzeln vorstellen. Oder sich all deren Namen merken (oder es auch nur wollen). Sie hatte nicht damit gerechnet, mit auch nur irgendeinem zu reden, abgesehen von dem einen oder anderen Offizier oder dem Kaiser. Leute von Stand eben, die hauptsächlich höflich sein wollten.
    Aber so hatte sie zumindest wieder etwas erfahren. Die Stadtcohorten standen also auf Seiten von Cornelius Palma. Wie sonst kam ein Tiro, also noch nicht einmal ein 'fertiger' Cohortler war, hier her in dieses Lager? Kurz überschlugen sich bei dieser Information Axillas Gedanken. Salinator war jahrelang an der Spitze der Stadtcohorten gewesen, hatte nur loyale Leute in Spitzenpositionen eingesetzt. Unter anderem den Iulius als Tribun, trotz dessen nur mäßigen sonstigen Verdiensten. Es war kaum vorstellbar, dass die Cohortes Urbanae in ihrer Gesamtheit übergelaufen sein konnten?
    Aber vielleicht hatten die niedrigeren Ränge die Situation erkannt und die vesculariustreue Führung einfach abgeschafft. Bei dieser Vorstellung wurde Axilla kurz etwas übel, denn auch ihr Mann gehörte da wohl dazu und war in seiner Stellung als Procurator wohl mit am meisten gefährdet. Wenn die Cohortes innerhalb der Stadt aufständisch geworden waren, ohne Vorwarnung... Axilla durfte nicht darüber nachdenken, sonst würde sie sich noch auf dem Weg übergeben müssen.
    “Ich bin die Ehefrau des Procurator a libellis, Iunia Axilla.“ Zugegebenermaßen eine etwas knappe Vorstellung, aber ausreichend. Axilla hatte in den letzten Jahren absolut nichts von der Gens Domitia gehört oder wusste auch nur einen ihrer Verdienste zu nennen. Gut, der verrückte Kaiser Nero war auch Domitius gewesen, aber da schloss Axilla mal rigoros jegliche Verwandtschaft aus. Sonst wäre der Mann neben ihr garantiert zumindest Tribun und nicht einfacher Tiro. Vielleicht irgendeine sehr unbekannte Nebenlinie. Oder jemand, der sich nach den berühmteren Namensträgern irgendwann benannt hatte, um an deren Ruhm anzuknüpfen.


    Sie kamen an eine Wegkreuzung, und mit einem fragenden Fingerzeig deutete Axilla in eine Richtung, um so stumm zu fragen, ob es dort entlang eher in Richtung Classis oder eher zu... welche Truppen auch immer in diese Richtung weiter lagern mochten, ging.

    Aha, also ging es wohl genau in die andere Richtung. Axilla sah den ihr gewiesenen Weg entlang und musste nicht lange überlegen, ob sie denn das Angebot annehmen sollte. “Danke, wenn du mich begleiten möchtest, wäre das sehr zuvorkommend.“ Wenn der... was war der Soldat überhaupt? Legionär? Auxiliar? Axilla hatte keine Ahnung. Wenn der Mann also wusste, wohin sie gehen musste, um zu dem Decimer zu gelangen, nachdem dieser sie schon so generös eingeladen hatte, dann war es das praktischste, sich den weg einfach zeigen zu lassen. Sonst würde sie an jeder zweiten Ecke doch wieder anhalten und erneut nach dem Weg fragen müssen.


    Axilla also ging gemächlichen Schrittes in die Richtung los, die der Unbekannte ihr gewiesen hatte, und wartete, dass er zu ihr dabei aufschloss. Natürlich wahrte sie zu ihm einen sittlichen Abstand und hakte sich nicht etwa unter. Immerhin war das hier kein Schlendern durch den Park mit einem alten Bekannten, und wie schon zuvor bei der Auswahl ihres Schlafplatzes wollte sie mitnichten ein wie auch immer geartetes schlechtes Licht auf ihren Ehemann werfen. Zumindest kein schlechteres, als sich angesichts ihrer Kleidungsauswahl als unumgänglich erwies.
    Allerdings konnte Axilla ihren Begleiter jetzt nicht mit Schweigen strafen, nachdem dieser sie netterweise begleitete. (Auch wenn kurz die Möglichkeit durch ihre Gedankenwelt huschte, dass er dafür abgestellt worden sein könnte, sie zu bewachen. Immerhin schien er durchaus sehr an ihr interessiert gewesen zu sein, was sie peripher mitbekommen hatte. Aber vielleicht lag das auch an ihren nackten Unterschenkeln.) Also begann Axilla mit der hohen Kunst der unverfänglichen und doch situationsbezogenen Fragen. Wobei das Wetter dabei mal ausfiel, das war selbst ihr dann doch zu unverfänglich. “Es ist sehr nett, dass du mich begleitest. Ich hoffe, ich halte dich nicht von deinem Dienst ab? Oder vom Essen?“

    Ohne es jetzt genau zu wissen (vielleicht wissen die Chefs da mehr :D) könnte ich mir denken, dass es damit was zu tun hat:
    "Im Rahmen der gesellschaftlichen Stabilisierung, die Augustus anstrebte, schuf er jedoch mit dem ordo senatorius einen neuen Stand oberhalb des ordo equester, indem er Gesetze erließ, die nicht nur für die eigentlichen Senatoren selbst, sondern auch ihre Ehefrauen, Kinder und Enkel galten. Ihnen wurde es - wie auch den Senatoren selbst - gestattet, den latus clavus (breiten Purpurstreifen) auf der Tunika und die roten Schuhe der Senatoren zu tragen, sowie die vordersten Reihen in Theatern einzunehmen. Dafür galt auch für sie alle die Beschränkung, keine Schauspieler oder deren Kinder zu heiraten. Damit wurde der Senatorenstand erblich - soweit die Familie weiterhin fähig war, den Census von einer Million Sesterzen aufzubringen." (Steht bei uns im Wiki zum ordo senatorius. Und "erblich" schließt ja für meine Begriffe ein, dass der ursprüngliche Erwerber des Ordo tot ist (und damit keine Patria Potestas mehr ausübt). Steht dann vielleicht etwas verwirrend im Tabularium drin. Hast du vielleicht den genauen Link, dann muss man die Stelle nicht erst suchen?)

    Sim-Off:

    Ich fang hier mal einen weiteren Handlungsstrang für abends im Lager an


    Nachdem sie das Lager zur Nacht aufgeschlagen hatten, hatte sich Axilla in ihrem Reisewagen erst einmal häuslich eingerichtet. Nun, viel einzurichten gab es nicht, sie hatte nur sehr wenig Gepäck, und wie alle Wägen war auch dieser nicht unbedingt groß oder komfortabel. Immerhin war er gepolstert, so dass Axilla trotz der beengten Möglichkeiten wohl bequemer nächtigen würde als die gesamten Wochen davor. Und wohl auch weit wärmer und windgeschützter.
    Axilla zog sich also in dem Wagen etwas um, wenngleich die Männertuniken, die sie für die Reise mitgenommen hatte, auch nicht gänzlich der Etikette wohl entsprachen. Aber dennoch war es besser, wie ein Mann in blauer Wolltunika durch ein Lager voller Männer zu gehen, als in einer viel zu dünnen Untertunika aus weißem Leinen. Auch zog sie ihre hohen Calcei wieder an. Ihre Haare flocht sie nur einfach zu einem Zopf, den sie mittels einer beinernen Haarnadel am Hinterkopf zu einem einfachen Knoten feststeckte, wobei sich eine Haarsträhne beharrlich geweigert hatte, sich mit einfangen zu lassen und etwas neckisch an ihrem Gesicht entlang herunterfiel. Eine dicke, braune Paenula um die Schultern gelegt trat sie dann auch schon wieder ins Freie.


    Inzwischen wurde es langsam schon dunkel. Kochfeuer waren hier und da entzündet worden, die Zelte der Männer standen soweit schon. Axilla ließ ihren Blick über das gesamte Areal des Lagers einmal schweifen und atmete tief durch. Gedanken an ihren Vater drängten sich auf. Wie oft er wohl so einen Anblick in seinem Leben gesehen haben mochte? Er war viel im Lager gewesen, mehr als daheim in jedem Fall. Und er war auch gerne Soldat gewesen.
    In diesem Augenblick, als die Sonne alles in abendliches Gold tauchte, fühlte sich Axilla ihrem Vater mit einem Mal unglaublich nah. Fast, als wäre er hier bei ihr. Und auf eine unbeschreibliche Art, die sie selber nicht hätte in Worte oder auch nur Gedanken fassen können, gab es ihr Ruhe und Frieden.


    Eine Weile stand sie so, beobachtete das Treiben. Eigentlich hätte sie wohl Hunger haben sollen, aber sie hatte keinen. Und sie wusste auch gar nicht, wohin sie hätte gehen sollen, um etwas zu essen. Vielleicht würde der Kaiser sie später einladen, zumindest bestand da durchaus die nicht allzu kleine Chance. Aber im Moment wusste sie noch von nichts und war daher auch sehr frei, zu tun, was immer sie mochte.
    Also beobachtete sie zunächst einmal nur, genoss die Geschäftigkeit und Ordnung, mit der alles hier geschah, und das sichere Gefühl, das sich bei diesem Anblick langsam einstellte. Erst nach einer ganzen Weile erinnerte sie sich an einen Beschluss, den sie eher am Tag getroffen hatte. Neben dem Zelt des Präfekten der Classis... Axilla sah sich um, und hatte nicht wirklcih eine Ahnung, wo sie war. Oder wie Lager aufgebaut waren, die sich aus mehreren Teilen zusammen setzten. Normalerweise hätte sie einfach die via principalis oder die via praetoria des Lagers gesucht und wäre die solang entlanggelaufen, bis sie zum Zelt des Präfekten gekommen wäre. Aber hier gab es jetzt mehrere Legionen, mehrere Präfekten, und Axilla hatte keine Ahnung, ob diese nun alle einen zentralen Knotenpunkt für alle ihre Zelte hatten, oder ob diese nach Legionen und Truppen getrennt ihre Lager aufschlugen. Mit solchen Feinheiten hatte sie sich nie auseinandergesetzt.


    Aber es half alles nichts, sie ging einfach einmal in eine Richtung los und suchte irgend etwas, das vielleicht nach Classis aussah. Wobei das auch schwer auszumachen war, ob es sich bei den Soldaten nun um Legionäre, Auxiliare oder eben Einheiten der Classis handelte, wenn alle ähnliche Rüstungen trugen, oder im Moment hauptsächlich Tuniken.
    “Entschuldigt bitte, ich suche das Zelt des Präfekten der Classis“, fragte sie unbekannterweise einfach irgendeinen Soldaten, als ihr aufging, dass sie sich mit ihrer Methode sonst dumm und dämlich suchen würde, ohne auch nur annähernd etwas zu finden.


    Sim-Off:

    Wer sich angesprochen fühlen will, darf gerne

    Schweigsam ritt Axilla weiter, nachdem der Kaiser sie verlassen hatte. Vielleicht hätte sie mit den umstehenden Soldaten das ein oder andere Gespräch anfangen können, aber ihr war auch gerade nicht unbedingt nach reden. Und irgendwie hätte sie die Vorstellung seltsam gefunden, jetzt hier ihre Maske der Fröhlichkeit aufzulegen und ungezwungen über seichte Themen ohne tieferen Sinn zu reden. Also ließ sie das Pferd schweigend weitertrotten und hing ihren Gedanken nach, die sich mehr und mehr um ihre Familie drehten. Sie wusste nicht, ob Imperiosus noch lebte, und sie versuchte verzweifelt, nicht daran zu denken. Sie betete, dass Atticus und Largus beide in Sicherheit waren. Ihr Mann würde sicherlich dafür sorge getragen haben, dass deren beider Aufenthaltsort geheim blieb. Also würden die Belagerer nicht wissen, wo sie nach den beiden suchen sollten, und sie wären in Sicherheit. Vielleicht auch war Salvia Pulchra mit ihnen zu Consular Purgitius gegangen, der sich hoffentlich ihrer Söhne angenommen hatte. Zwar hatte er damals, als Axilla ihn darum gebeten, ja angebettelt hatte, abgelehnt, sie aufzunehmen. Aber die Situation jetzt war eine andere. Sie glaubte – musste daran glauben – dass sie sich in dem Mann nicht so getäuscht hatte und er nicht zwei Kinder für seinen persönlichen Profit opfern würde. Er war selbst auch Vater. Er würde Axilla verstehen, und er würde wissen, dass er auch in der umgekehrten Situation hätte sein können. Wenn er sich das nur eine Sekunde vorzustellen vermochte und ihre Angst und ihren Schmerz nachvollziehen konnte, würde er sich um ihre Kinder sicherlich kümmern.


    Irgendwann kam ein Tribun herbei, um ihr die Entscheidung des Kaisers bezüglich ihres Nachtlagers mitzuteilen. Oder ihr die Wahl zu lassen, in einem Reisewagen zu schlafen (was vermutlich unbequem war), oder im Zelt eines Tribunen (was ganz sicher ihrem Ruf sehr abträglich war). Axilla lächelte also den Überbringer dieser Botschaft leicht an und versuchte, dankbar dabei auszusehen. “Auch wenn das Angebot von Tribun Acilius sehr großzügig ist, wäre denke ich der Reisewagen die bessere Wahl. Richte sowohl ihm als auch dem Kaiser bitte meinen Dank aus, falls ich nicht selbst Gelegenheit dazu habe, diesen auszudrücken.“
    Natürlich gab es da nicht großartig etwas zu überlegen. Würde sie auch nur einen Fuß in das Zelt von irgendjemandem setzen, würden sich die Gerüchte wie ein Lauffeuer verbreiten, dass sie mit diesem Jemand eine Affäre hätte. Und Axilla würde ihrem Mann das auf keinen Fall antun, dass seine Frau auch nur den Hauch eines Zweifels auf seine Ehre fallen ließ. Sofern er denn noch lebte.

    Die Prätorianer sind bei der Legio II gelandet, also wären dort eher deine ANsprechpartner, nicht bei der Legio I. Außer, Antoninus ist aus <Grund hier einfügen> nicht bei seinen Kameraden.

    Kurz überlegte Axilla, ob sie die Namen ihrer Söhne bei dieser Gelegenheit sagen sollte und das eine implizierte frage war. Aber Palma hatte recht, er kannte weder ihren Aufenthaltsort, noch ihre Namen, und in der Anonymität hatten sie definitiv ein Stück weit mehr Sicherheit. Denn so nett der Cornelier auch erschien – und er erschien Axilla durchaus nett, auch wenn sie sich darüber vor Anspannung nicht so Gedanken machen wollte – Axilla wollte nicht das Risiko eingehen, dass dies doch nur sein Politikerlächeln war und entgegen all seiner Worte ihre Kinder sehr wohl in Gefahr. Solange er nicht mehr wusste, als dass sie in Ostia waren – oder vielleicht auch in Rom bei Senator Purgitius, wenn Salvia Pulchra dies für sicherer befunden hatte und der Consular zugestimmt hatte – waren sie sicherer.
    Als der Cornelier dann aber nach ihrem Mann noch expliziter fragte, musste sich Axilla doch noch einmal schwer zusammenreißen. Sie wollte nicht weinen. Nicht vor so vielen Kerlen. Als Frau war es zwar nicht ganz so schlimm, wie es bei Männern gewesen wäre. Ihrem Geschlecht sagte man Schwäche und Gefühlsduselei nach, manchmal erwartete man sogar übertriebenes Verhalten. Bei Beerdigungen gehörte es schon zum guten Ton, sich die Haare zu raufen und die Wangen aufzukratzen und dergleichen. Aber Axilla wollte sich solche Schwäche nicht leisten. So hatte ihr Vater sie nicht erzogen, dass sie wie ein kleines Mädchen bei jeder Kleinigkeit losheulte. Sie war stark. Sie hatte diese ganze Reise hierher geschafft, da klappte sie jetzt nicht bei einer einfachen Frage dann zusammen. Nicht vor so viel Publikum.
    Dennoch musste sie kurz schlucken und sich leicht räuspern, ehe sie zu einer Antwort fähig war. “Ich weiß nicht, ob Pompeius Imperiosus in Rom ist. Oder ob er noch lebt. Vor meiner Abreise wurde Rom belagert, und die Truppen in Rom waren definitiv zu wenige, um die Urbs Aeterna lange dagegen zu halten. Ich nehme an, dass Rom auf die eine oder andere Art und Weise erobert sein wird, wenn du eintriffst.
    Bevor ich abreiste, war mein Mann noch in Rom. Aber ich habe keine Nachricht von ihm, noch nicht einmal einen Traum oder eine Ahnung, was mit ihm geschehen ist.“
    Wahrscheinlich ist er tot.... Allein der Gedanke riss eine tiefe Wunde in Axillas Seele. Zu Beginn ihrer Ehe hätte sie das nicht für möglich gehalten, dass es jemals so sein würde, aber sie liebte ihren Ehemann. Aufrichtig. Und sie wollte sich nicht vorstellen, dass er vielleicht von einem wütenden Mob zerrissen wurde, oder bei der Erstürmung des Palastes im Eifer des Gefechtes erschlagen worden sei. Oder dass die Casa Pompeia niedergebrannt worden war. Oder die Casa Iunia. Axilla hatte so schreckliche Angst vor all diesen Möglichkeiten, dass sie sich weigerte, auch nur eine Sekunde daran zu denken.
    “Wenn er... noch lebt“ und die Worte kamen nur sehr schwer von ihren Lippen, “Wird er sicherlich sehr erleichtert sein, mich in Sicherheit zu wissen. Und ganz sicherlich all das bestätigen, was ich dir gesagt habe. Aber auch, wenn er...“ Axilla konnte es nicht sagen. Sie konnte es nicht einmal denken. “... werde ich mein Wort halten, Cornelius, und all das, was ich weiß, der Welt auch offenbar machen. Und ich hoffe, dir dann meine Söhne vorstellen zu dürfen. Denn sie sind weit besser als ich, und es wird ihnen gewiss eine Ehre sein, Rom zu dienen, wenn sie alt genug dafür sind.“

    Kurz huschte ein sehr gequältes Lächeln über Axillas Züge. Drohte ihren Kindern von Salinator eine Gefahr? Vermutlich nicht, aber wer konnte das so genau sagen? Es gab sehr viele Menschen in ihrem Umfeld, die wegen Salinator gestorben waren.
    “Meine Cousine hat vor Jahren versucht, gegen einen seiner Günstlinge Klage einzureichen. Die Klage wurde durch Vescularius, der damals noch Praefectus Urbi war, abgeschmettert, und meine Cousine kurze Zeit später tot auf der Treppe zum Tempel der Tyche in Alexandria gefunden. Mein erster Mann war Caius Aelius Archias, der wie sein Vetter Aelius Quarto ein erklärter Gegner von Vescularius war. Er war der lebenslustigste Mann, den ich je kannte, und dennoch stürzte er sich angeblich vom tarpejischen Felsen, und Vescularius beschlagnahmte sein gesamtes Vermögen – mein Erbe – wegen einer angeblichen Beleidigung gegen seine Person, von der aber wohl sonst niemand jemals etwas mitbekommen hatte. Geschweige denn, dass es dazu ein Verfahren gegeben hätte.“ Und als ich hingegangen bin, um das Erbe zu erbetteln, hat er mich vergewaltigt... Axilla blickte nach unten auf den Hals des Pferdes, ließ sich von dem ruhigen Gang kurz durchschaukeln und atmete durch.
    “Mein Mann ist Klient von Vescularius. In seiner Position am Kaiserhof war das auch sicherer. Niemand stieg in den Senat oder in der Kanzlei auf, ohne sich in der einen oder anderen Weise an ihn zu binden.“
    Axilla blickte wieder zu Palma hinüber, blickte ihm fest in die Augen. “Also sag mir, Cornelius, droht meinen Kindern eine Gefahr von dir? Sie sind Kinder eines Klienten von Vescularius, eines hohen Beamten seines Reiches. Und sie lieben ihren Vater.“