Er hielt sie für naiv? Axilla legte den Kopf leicht schief und sah sich Silanus genau an, wie er da wie ein Häuflein Elend dasaß und versuchte, ein Problem zu lösen, das eigentlich gar nicht existierte. Corinna kam mit Hiera herein, und Axilla sah sie sich einen Augenblick länger an, ohne jedoch etwas zu kommentieren. Jetzt, wo der ganze Dreck und Filz einmal herunter war, sah das Mädchen richtig hübsch und nett aus. Groß, schlank wie ein Speer, Axilla hätte fast eifersüchtig werden mögen. Wenn Silanus sich viel mit seiner neuen Sklavin allein aufhalten würde, würde sie das vielleicht noch werden.
Aber jetzt musste sie sich erst einmal um den Knoten in Silanus' Gedanken kümmern. “Ich bin weit weniger naiv, als du denkst, Silanus. Ich fände es nur reichlich dumm vom Kaiser, so etwas seinem Volk vorzuenthalten, wo es so sehr nach Rache dürstet.“ Axilla ging zu Silanus hinüber und setzte sich neben ihn. “Und für einen Praetorianerpraefecten wäre es sehr gefährlich, so eine Entscheidung allein zu treffen, ohne den Kaiser zu fragen. Nicht erst ein Praefectus hat wegen Entscheidungen, die zu sehr in die Machtsphäre eines Kaisers eingegriffen haben, ihren Kopf verloren. Und die momentanen Praefecten haben nicht genug Rückhalt im Senat oder im Volk, um so etwas auch gegen den Kaiser durchsetzen zu können, und es zu überleben.“ Axilla zwinkerte Silanus zu. Sie verstand Politik sehr wohl, und wohl auch recht gut. Sie wusste nur nicht, welcher Mann mit dieser Entscheidung ein eigenwilliges Spiel trieb und hoffte, dass Silanus am Ende auf der richtigen Seite herauskam.
Ungefragt rückte sie näher an Silanus, schlang einen Arm um seine Hüfte und kuschelte sich in einer Geste der Vertrautheit an ihn. “Es ist dir schwer gefallen, sie zu töten, weil du ein guter Mensch bist. Und das ist nichts schlechtes, Silanus. In diesen guten Menschen habe ich mich einmal verliebt, und es wäre sehr traurig, wenn dieser Mensch vom Praetorianer Iunius Silanus getötet würde.
Du musst dir um mich keine Sorgen machen. Das hier ist bei weitem nicht das schlimmste, was unsere Familie durchstehen musste. Und je besser ich die Wahrheit kenne, umso besser kann ich mich auf die Gefahren vorbereiten. Und mal ehrlich, schau sie dir doch jetzt mal an.“ Axilla drehte leicht den Kopf, um Hiera noch einmal ansehen zu können. Ja, sie sah wirklich anders aus als zuvor. “Wer würde sie denn jetzt noch erkennen?“