Menas hätte seine Mutter sonst umarmt, wie er es immer tat, wenn sie sich eine Weile nicht gesehen hatten. Aber die Aasgeier in seinem Nacken verhinderten, dass er sich so weit gehen ließ. Auch seine Mutter verzichtete auf eine solche Begrüßung, und das war Menas ganz recht. Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und betrachtete seine Mutter im hellen Sonnenschein. Sie wirkte nicht gerade glücklich, da war dieser bittere Zug um ihre Mundwinkel, den sie manchmal hatte. Und als sie endlich sagte, warum sie hier war, wollte Menas seinen Ohren nicht trauen. »Du gehst?« fasste er die vielen Worte in zweien zusammen und sah sie irritiert an. »Warum?« wollte er wissen. Den besorgten und leicht enttäuschten Unterton bekam er nicht aus der Stimme. Er gab sich allerdings auch keine Mühe, ihn zu vertuschen.
Beiträge von Marcus Artorius Menas
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Irritiert griff Menas sich an den Federbusch und schraubte ihn hastig fester, ohne dabei den Helm abzunehmen. Er hatte Glück insofern, dass der Busch letztendlich in die richtige Richtung wippte, statt ihn zu seiner Schmach auch noch falsch herum festgedreht zu haben. Stumm und mit fliegenden Fingern machte sich der junge Artorius dann an seinem Gürtel und den Riemen zu schaffen, was sich leichter anhört, als es eigentlich war. Wer schon einmal versucht hat, vollständig gewappnet die Rüstriemen an der Seite seines Brustpanzers zu schließen, weiß, wie schwierig dies für einen Neuling ist. Menas schaffte es letztendlich, auch wenn er dabei sich die Haut seines Mittelfingers ritzte. Obwohl es nur ein winziger Kratzer war, blutete es doch, und Menas steckte kurz den Finger in den Mund und saugte daran. Erst währenddessen hatte er ein eindringlicheres Auge für den Vorgesetzten.
Ihm fiel auf, dass er seltsam abwesend wirkte. Etwas war wohl passiert. Menas runzelte die Stirn und vermutete, dass es mit diesem Gespräch zusammen hing, das dieser Peltra...irgendwas mit ihm geführt hatte. Wenn er gewusst hätte, was der Decimus dachte, hätte Menas trocken auflachen müssen. Gerade er, Menas, hatte sich schuldig gemacht, indem er seine Krankheit verschwiegen hatte. Doch daran dachte Menas in diesem Moment nicht. Ohne ein Wort wandte sich der princeps dann um und ging hinein.
Im Fahnenheiligtum roch es leicht modrig, auch wenn man diesen Geruch mit Unmengen Weihrauch zu übertünchen gesucht hatte. Menas verzog nur kurz das Gesicht, was der princeps nicht sehen konnte, dann trat er neben den Decimus. Er salutierte, das sah Menas aus den Augenwinkeln. Überhaupt war ein Ruck durch den Decimer gegangen. Menas straffte sich ebenfalls, und kurz darauf salutierte auch er. Dann trat er vor und räusperte sich. Mit erhobener Schwurhand leistete er den Eid.
»iurant autem milites omnia se strenue facturos quae praeceperit imperator caesar augustus, numquam deserturos militiam nec mortem recusaturos pro romana publica«
Er ließ die Worte ein wenig im Raum stehen, salutierte dann nochmals und trat rückwärts zurück zu seinem direkten Vorgesetzten. Menas brannte darauf, zu erfahren, wie es nun weiter ging, doch ergriff er nicht von selbst das Wort. Magie hing in der Luft, zumindest glaubte er, sie zu spüren.
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Anders als der Mann, der ununterbrochen während des Weges geredet hatte, war Menas recht still gewesen auf dem Weg hierher. Auch jetzt begnügte er sich damit, zuzuhören, statt selbst eine Frage zu stellen. Für ihn hörte sich die ganze Sache nicht unbedingt nach einem Mord an, allerdings waren viele Mörder so geschickt in ihrer Sache, dass es auch gut sein konnte, dass es sich tatsächlich um einen Mord handelte.
Menas folgte Sulla und dem Rediviver, sah sich ganz genau im Raum um. Unter den hochgelegten Beinen des Regiamannes lagen Bücher, ein Fuß war heruntergerutscht und hatte den Bücherturm leicht abknicken lassen. Er betrachtete die Leiche, dann den Schreibtisch. Ein halbvolles Glas Wasser stand dort neben einer leeren Karaffe, die ihrerseits in einer Pfütze stand. Menas versank im Tatort. Er hörte den anderen gar nicht mehr zu. Fragte sich, was wohl passiert sein mochte. Der Stuhl war umgefallen, das war vermutlich das Poltern, das der andere Mann gehört hatte. Der Artorius nagte auf seiner Unterlippe. Keine Würgemerkmale, kein Blut, kein Wasser mehr in der Karaffe, eine nasse Leiche. »Sie haben ihn nass gemacht«, sagte Menas plötzlich und wandte sich zu der Leiche um, deren Kleider am Körper klebten. »Er ist nass, so nass wird man doch nicht bei einer rituellen Waschung. Vielleicht hat er gebrannt? Aber hier ist nirgendwo eine Lampe.« Suchend sah er sich um, konnte aber nur eine knorztrockene Öllampe oben im Regal finden.
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Die bestandenen Kurse müssen auch noch eingetragen werden.
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Menas stand zwischen einigen anderen Soldaten Wache. Es war nicht das erste Mal, und es sollte auch bei weitem nicht das letzte Mal sein. »Sphäre«, half er Sosimus gerade leicht gelangweilt auf die Sprünge und verlagerte den Stand ein wenig. »Sphäre reimt sich auf Ähre.« Dann kam ein Mann hinzu, der ziemlich aufgeregt erschien. Menas dachte sich zunächst nichts dabei, war dann jedoch hellwach, als der Kerl etwas von einem Mord erzählte. Sosimus schien sein Gedicht vergessen zu haben und befragte nun den Besucher. Menas hörte aufmerksam zu - jedwede Ablenkung vom Wachestehen war unter den Soldaten gern gesehen.
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Die Augen offen zu halten, war kein sonderlich schwieriger Befehl. Unter Berücksichtigung dessen allerdings, dass Menas nicht geübt ihm aufspüren von Spuren war, war es kaum verwunderlich, dass er nichts fand, das von bedeutung war. Am Rand einer Pfütze waren zwar Fußspuren zu sehen, aber die halfen nicht weiter. Aus den Augenwinkeln verfolgte er verstohlen die Fortschritte des anderen, des Redivivers, der zur Hälfte in einem Abfluss verschwunden war, und ärgerte sich, als dieser kund tat, einen Beutel gefunden zu haben. Derweil schien an anderer Stelle ein Streit zu entbrennen, und der princeps prior stand mittendrin. Das musste wohl die Frau sein, die den Toten gefunden hatte. Menas hörte auf, nach etwas zu suchen, das er ohnehin nicht fand, und konzentrierte sich mehr auf das Gespräch. Was die andere sagte, die sich eben einmischte, schien ins Bild zu passen. Das klang für Menas dann mehr nach einem politischen Mord und nicht nach einem, der auf Habgier abzielte. Aber dann hätte man ohnehin weder Ring noch Beutel noch andere Dinge von Wert hier oder am Toten selbst gefunden.
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Die zwölfte Stunde war bereits geblasen worden. Menas hatte sich verspätet, wenn es auch nur wenige Minuten waren. Es fing gut an, dachte er bei sich, der princeps prior musste bereits warten, und er würde sicher nicht begeistert sein, dass Menas zu spät kam. Leise in der Rüstung scheppernd, kam der Artorier beim Fahnenheiligtum an. Wie erwartet, war der Decimus bereits anwesend. Menas, der seine Rüstung weitestgehend korrekt, aber viel zu locker angelegt hatte, schöpfte Atem. »Entschuldige die Verspätung, princeps prior«, sagte er. Die crista auf seinem Helm wippte hämisch, zwei der Riemen des Brustpanzers auf der rechten Seite waren in der Hast verdreht geschlossen worden und das cingulum militare saß schief auf Menas' Hüften, gladius und pugio waren allerdings richtig befestigt.
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Sein Tagesablauf hatte sich grundlegend geändert. Er schien nur noch aus Übungen, Sport und Ausbesserungen an der Rüstung zu bestehen, gelegentlich unterbrochen von kurzen Latrinengängen und dem Essenfassen. Menas war geschlaucht, hätte es aber selbst unter Folter nicht gestanden. Sein Einstand bei den Kameraden hatte sich als schwierig erwiesen, denn er war jemand, der sich aus Blödeleien zurückhielt und lieber sein eigenes Süppchen kochte, was sich als schwierig erwies. Bald war er damit zum Außenseiter geworden in seinem contubernium, demjenigen, den man leicht vergaß oder übersah, weil man es wollte. Menas hatte in Kürze seinen Ruf weg, der Miesepeter der kleinen Truppe innerhalb der vierten Zenturie der ersten Kohorte zu sein. Was er von dem Rediviver halten sollte, wusste er noch nicht.
In jenem Moment saßen sie beieinander und polierten ihre Rüstungen. Neben dem gleichförmigen Geräusch des Polierens waren die derben Scherze seiner Mitsoldaten zu hören. Menas saß allein auf seinem Bett und schwieg. Als der Soldat eintrat, blickten alle auf, und Menas blinzelte verwundert, als man ihm Besuch ankündigte. Er legte das Polierzeug beiseite und stand auf, um dem Soldaten zu folgen. Die anderen steckten nach wenigen Schritten den Kopf aus der Tür und sahen hinterher.
Als Menas aus der Unterkunft trat, hob er überrascht die Brauen. Jeden hätte er erwartet, doch nicht sie. »Mutter?« fragte er vollkommen überrascht. Hinter ihm kicherte es. Muttersöhnchen, konnte er jemanden wispern hören, abfällige Bemerkungen darüber, dass Menas Besuch von seiner Mami bekam. Er ignorierte es und gab sich Mühe, nicht vor Scham im Erdreich zu versinken. Er trat näher heran, gewandet in eine normale Soldatentunika, und musterte sie kritisch. Sie wäre nicht hier, wenn es nicht wichtig wäre, so viel war ihm bewusst. »Was ist passiert?« fragte er daher sogleich, einen gewissen alarmierten Unterton in der Stimme.
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Zitat
Original von Faustus Decimus Serapio
(...)Eine Kiste am Ende des Ganges. Menas nickte. Er würde früher oder später noch herausfinden, wo man Fett und Poliermittel bekam, um die Kiste wieder aufzufüllen. Der pricenps prior beobachtete Menas einen Moment, beantwortete dann seine weiteren Fragen. Cafo, zwei Stuben weiter, signifer und Geldauszahler. Erneut nickte Menas. Zwar war sein Gedächtnis gut, doch argwöhnte er bereits, er würde über kurz oder lang die Hälfte dessen vergessen, was der Decimer ihm alles gezeigt und gesagt hatte. Dann blieb zu hoffen, dass seine Kameraden hilfreich waren, oder aber, er würde sich blamieren.
»Ich werde da sein, princeps prior«, erwiderte Menas und nickte erneut. Dann warf er einen Blick auf die diversen Rüstungsteile auf seinem Bett. Eine Stunde klang nach viel Zeit, doch ob er es bis dahin wirklich schaffte, nicht nur die Rüstung zu polieren, sondern auch, sie richtig anzuziehen? Er würde sich Mühe geben. Nachdem er dem Decimer nochmals versuchert hatte, dass alles in bester Ordnung sein würde, der Vorgesetzte die Kammer verlassen und die Tür geschlossen hatte, setzte sich Menas auf sein Bett und sortierte erst einmal die Teile nach Material. Was geputzt werden musste, kam auf die rechte Seite, der Rest nach links. Dann suchte er sich in der besagten Kiste die Dinge zusammen, die er brauchte, und begann damit, die recht fleckige Rüstung auf Vordermann zu bringen. Viel Zeiz blieb ihm letztendlich nicht mehr, und die zwölfte Stunde wurde bereits geblasen, als er hastig die Unterkunft verließ und sich leicht scheppernd auf den Weg machte.
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»Ich bestelle ihr gern schöne Grüße von dir«, bot Menas an, dem der leicht melancholische Unterton in der Stimme Avitus' nicht entgangen war. »Vielleicht kommt sie uns ja bald wieder besuchen.« Ein wenig halbherzig hatte der junge Artorius diesen versteckten Wunsch vorgebracht. Er glaubte nicht recht daran, dass Medeia ihren ägyptischen Traum aufgeben würde, und wenn es nur wenige Wochen waren, die sie für einen Besuch würde erübrigen müssen. Medeia war da schon immer etwas eigen gewesen.
Als Avitus nun auf die Briefe zu sprechen gekommen war, erhob sich Menas. »Dann lasse ich dich besser allein. Du schreibst mir doch auch? Während der Grundausbildung darf ich euch ja nicht besuchen.« Menas lächelte Avitus noch einmal zu und nahm sich dann einen Apfel aus der Schale, die die Sklavin vorhin gebracht hatte. Er warf ihn einmal hoch, fing ihn wieder auf und biss dann hinein, während er Avitus allein ließ.
Sim-Off: In Ordnung, danke.
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Da hatte Menas also seinen Ausbilder bereits kennegelernt. Avitus hatte gesagt, dass er den Mann hassen würde, der diese Aufgabe übernahm. Bisher konnte sich Menas das nicht vorstellen, ihm kam der Decimus bestimmt, aber freundlich vor. Was vermutlich aber auch nur daran lag, dass er heute seinen ersten Tag hier hatte und ein Frischling war.
Es folgte eine kurze Einweisung, die aber doch detailliert genug war, dass Menas sich am Ende selbst zutraute, alles anzulegen. Er überlegte, ob er damit anfangen sollte, wenn der princeps prior noch im Raum war, entschied sich aber dagegen. Schließlich hatte er keine Ahnung, ob das schon als anzüglich gelten mochte oder nicht, und lieber mochte er Beine gemacht bekommen, weil er zu langsam war, als den priceps am ersten Tag gleich zu verärgern. Ein Soldat trat ein, richtete dem Decimus eine Nachricht aus und verschwand dann wieder. Anschließend zeigte der Decimus Menas, wie er den Helmbusch an eben diesem befestigte. Das alles sah leichter aus, als es vermutlich war. »Danke, princeps prior«, sagte Menas. »Ja: Wo bekomme ich Fett und Nägel? Und ein Tuch zum Polieren?« Bisher hatte er das nämlich nicht parat. »Wirst du mitkommen ins sacellum, princeps prior?« Natürlich fragte Menas das nicht, weil er nicht allein gehen wollte, sondern weil er nicht wusste, wo das Fahnenheiligtum sich überhaupt befand und ob jemand dabei sein musste, der bezeugen konnte, dass er seinen Eid geleistet hatte.
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Es sollte Senatoren geben, die keine Schuhe trugen? Das konnte sich Menas nun überhaupt nicht vorstellen. Er sagte nichts dazu. Und sein zweiter Gedanke wurde auch viel eher gewürdigt, was er mit keimendem Stolz in der Brust bemerkte. Schnell aber blickte er entsetzt drein, als er sah, dass der Legionsarzt den Toten so mir nichts, dir nichts anfasste. Es war schon schlimm genug, hier in der Nähe des Leichnams zu stehen, die erzürnten Geister des Gemeuchelten um sich herum, doch was der Segier sort tat, erschien Menas einfach lebensmüde. Er ging sicherheitshalber nochmals drei Schritte zurück.
Endlich kam ein Priester und begann damit, die Geister zu besänftigen. Derweil hatte man plötzlich doch einen Wappenring gefunden. Der Zenturio deutete mit dem Kopf auf den Ring in der Hand des Sergius und stellte Menas und seinem Kumpanen eine Frage. Menas war schneller. Er nahm den Ring, drehte ihn dicht vor dem Gesicht und sah darauf hinunter. So recht erkennen mochte er nicht, was sich um das deutlich sichtbare O in der Mitte herum befand. War es ein Delfin? Eine stilisierte Landkarte? Menas schürzte die Lippen. »Ein O... Steht vielleicht für die Orelia. Oder die Octavia.« Menas zuckte mit den Schultern und reichte den Ring an den Redivivus weiter. »Wenn du mich fragst, vermute ich eher einen Octavius, Zenturio. Die Orelia ist nicht gerade für viele Senatoren in ihren Reihen bekannt.« Die Familie der Orelier hatte sich eher dem Handel verschrieben und im spanischen Bereich ein großes Konsortium ausgebaut. In Rom selbst traf man höchst selten auf einen Orelius.
Spritzer von geweihtem Wasser trafen Menas. Er schloss kurz die Augen, um ein knappes Gebet zu Ehren des Toten am Boden zu denken. Einige Soldaten taten es ihm gleich. Doch dann war er wieder vollauf aufmerksam.
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Der bullige Kerl stand plötzlich still und sah erschrocken in Richtung des Decimers, den er wohl nicht erwartet hatte. Ein wenig kleinlaut entgegnete er »Jawohl, princeps prior«, und hob den Brustpanzer samt der hinausgefallenen Dinge wieder auf, um sie zurück auf seine Pritsche zu legen. »Warum habt ihr mir nicht gesagt, dass der princeps da ist?« nörgelte er leise herum, und einer seinder Kameraden zuckte mit den Schultern. »Du warst so...beschäftigt.« Woraufhin alle lachten außer Rupus.
Den rat erwiderte Menas mit einem Nicken. Es sagte auch jeder etwas anderes. Der Kerl beim Waffenlager hatte ihm geraten, alles in den Brustpanzer zu stecken. Aber das Schild erschien ihm doch sinniger, wenn er darüber nachdachte. Während der Decimer die Tafel studierte, wartete Menas und musterte ihn unauffällig. Wie ein kriegserprobter Veteran sah er ja nicht gerade aus, aber das konnte schließlich auch täuschen. Menas runzelte die Stirn, als der Decimus auf seinen Vater zu sprechen kam. Er entschloss sich, nichts dazu zu sagen. Viel lieber wäre er auf Avitus angesprochen worden. Aber wenigstens kam er nicht in die Verlegenheit, erklären zu müssen, warum er bei den Kohorten anfing und nicht in der Ersten.
Menas folgte dem princeps prior zu Rupus, der ihm missmutig dabei zusah, wie er seine Sachen vom Bett nahm, dann folgte der Artorier seinem Vorgesetzten zum contubernium Nummer neun, wo niemand anwesend war. Er packte das volle scutum auf das Bett, das ihm der Decimus wies, und prägte sich Namen und Information gut ein. »Verstanden, princeps prior«, erwiderte er. Von diesem Flavier hatte er schon gehört. Es war wohl eher untypisch, dass ein Patrizier nur Zenturio war. »Wer wird mein Ausbilder sein?« Dass er darauf zugeben musste, keine Ahnung zu haben, ärgerte Menas, doch was blieb ihm anderes übrig? »Nein, princeps prior«, sagte er also. Er würde Ewigkeiten brauchen, um das ganze Zeug richtig anzulegen, wenn er sich nicht helfen oder zumindest erklären ließ, wie was gehörte. Dann reichte ihm der Decimus eine Tafel. Menas sah nur flüchtig darauf hinab. Er konnte sich viele Dinge merken und machte sich keine Sorgen, dass er den Eid nicht würde auswendig können, sobald er das alles angelegt hatte, was auf seinem Bett lag, auch wenn es viel erschien.
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Der Soldat Pontius nickte knapp, nahm sein Schild auf und sonderte sich ein wenig von der Truppe ab. Er hatte bereits zweimal dafür gesorgt, dass bei einem Verbrechen keine Schaulustigen die Untersuchungen störten, daher war er routiniert und wirkte äußerlich ruhig. Menas sah ihm kurz zu und ging dann an Bavius vorbei, der hastig dem princeps prior Decimus zunickte und schon loslaufen wollte, als ihm einfiel, dass er seinen Schild nicht einfach so stehen lassen konnte. Er drehte um, schob sich an Menas vorbei und hob seinen Schild an. Erst dann lief er los. Ihm sah Menas nicht hinterher, der arme Kerl würde alles verpassen.
Er selbst brauchte ein Weilchen länger, bis er vorn bei Zenturio Flavius angekommen war, denn sein Platz war weiter hinten gewesen als der Rediviver. Menas hörte eben noch die letzten Worte des Kameraden, stellte sein Schild mit einem Klacken auf dem Pflaster ab und musterte die Leiche dann. Ihm wurde schlecht. Zugleich fand er es faszinierend, wie klebrig und dunkel das Blut wirkte, nun, da es geronnen war. Und all die Fliegen... Glücklicherweise war dieser Mord nicht im Hochsommer passiert, denn sonst würde es sehr wahrscheinlich noch schlimmer stinken als jetzt. Menas schluckte die bittere Galle herunter, die sich unter seiner Zunge gesammelt hatte, und sah sich den Toten näher an. »Zenturio, das kann kein Senator sein. Er trägt die roten Sandalen nicht, und wäre ein Senator nicht mit seinem Gefolge unterwegs gewesen?« Die reichen Schnösel wagten sich doch nie allein auf die Straße. Und wenn er ein Gefolge gehabt hätte, so hätte man doch die Kohorten eher verständigt und nicht darauf gewartet, dass sie selbst den Toten fanden. Die Kleidung sagte allerdings auch nicht so viel aus über einen Mord, denn schließlich konnten auch Senatoren sich anders kleiden als für eine Senatssitzung. Dennoch, das Argument mit der Gefolgschaft war nicht zu verachten, fand Menas.
Derweil tauchte ganz hinten am Ende des Trupps der Rekrut Bavius wieder auf. Er war ganz außer Atem und kam keuchend und außer Stande zu sprechen bei dem Decimer an, der ihn losgeschickt hatte. »prin....ceps pri...or De...cimus«, keuchte er und schnappte vornüber gebeugt nach Luft. »Ich... ich hab einen gefunden, einen....Priester.« Immerhin war der Tempel der Venus und Roma ganz in der Nähe. »Ist schon...unterwegs.«
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Marcus Artorius Menas
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Menas packte einfach das ganze andere Zeug zusammen, obwohl er teilweise weder eine Ahnung hatte, wie man es nannte oder wo man es anzog oder wofür man es verwendete. Dann griff er nach dem Griffel und unterzeichnete mit seinem Namen unter der Liste. Er hatte keine Ahnung, ob auch wirklich alle Sachen dabei waren, für die er eben unterschrieben hatte, und er konnte nur hoffen, dass man ihm später sagen und zeigen würde, was er da alles bekommen hatte, wenn man es hier schon nicht tat. »Bis dann«, sagte er zum Abschied, dann war er hinaus.
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Menas nickte seinem Vorgesetzten zu und wollte schon etwas erwidern, als der Decimus ihn darauf hinwies, dass er sich demnächst militärisch richtig zu melden hatte. Daran hätte er gleich denken können. Er war schließlich nun Rekrut. »Jawohl, princeps prior Decimus.« Ob er auch salutieren sollte? Besser nicht, so mitten im Gespräch war das wohl eher hinderlich als nützlich. Menas musterte den Decimer. So alt sah er noch nicht aus. Und schon die rechte Hand des Zenturio? Vermutlich war das einer der Kriegshelden, die die Karriereleiter nur so hochgefallen waren. Menas dachte wieder an den Streit mit seinem Vater zurück. Wenn Imperiosus ihm damals erlaubt hätte, mitzugehen, dann wären der Decimer und er jetzt sicher Kameraden, oder Menas wäre schon längst ein Zenturio....
»Ja, princeps prior. Ich hab sie dort hinten abge...« »Eeeeeeeeeeey! Wer hat hier sein ganzes Gerümpel auf mein Bett geladen, hä?« Menas wandte sich um und sah einen bulligen Kerl, der soeben den fremden Brustpanzer von seinem Bett fegte. das fing wahrhaftig gut an, dachte er sich. »Naja, das ist mein Gerümpel, princeps prior. Und die Tafel habe ich hier«, wandte sich Menas wieder an den Decimus und reichte ihm nun die Tafel, auf der auch verzeichnet war, dass er bei der Rüst- und Waffenkammer gewesen war. Hinten verhörte der Bullige gerade seine Kameraden in greifbarer Nähe.
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Menas ließ seinen Blick über die am Boden liegende Ausrüstung schweifen und nahm dann den Brustpanzer an sich. Er war schwer, doch nicht so schwer, wie er erwartet hatte. Ein wenig ungelenk, denn schließlich hatte er keine Übung darin, legte er ihn an und schloss nur zwei der Schnallen. Das reichte zum Probieren. »Passt«, verkündete er und schälte sich wieder aus der Rüstung.
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Menas wandte den Kopf, als es plötzlich ein lautes Getöse gab. Der Soldat hinter dem Tresen fuhr herum und erkundigte sich nach seinem Kameraden, dann kam er zurück und wandte sich an Menas. »Ja, so ist es«, sagte er und deutete mit einem Nicken auf die Tafel, die er eben auf den Tisch gelegt hatte. »Ich soll mich hier melden.« Dann folgte er dem anderen, der bereits vorausging.
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»Hm«, machte Menas und zuckte mit den Schultern. Sollte es irgendwann nötig werden, würde er diese Möglichkeit in Betracht ziehen. Und was Sacadas anging... Menas würde damit ein Weilchen warten, vielleicht, bis der Zenturio schon ein Stück auf ihn hielt. Dann wäre es vermutlich leichter, um so etwas zu bitten.
Begierig sah Menas Avitus an, machte aber ein enttäuschtes Gesicht, als Avitus verneinte. Schon so lange war kein Brief mehr angekommen. Allmählich hegte auch Menas Zweifel ob Medeias Gesundheitszustand. Von ihrem Ehemann hatte er nichts gehört. Sonst hätte er sich vermutlich mehr gesorgt als es jetzt der Fall war. »Ja«, sagte Menas knapp als Antwort auf beide Aussagen, und machte ein betroffenes Gesicht. »Ich wollte ihr noch einmal schreiben, ehe ich zu den Kohorten gehe.« Nicht, dass das etwas an der Situation geändert hätte. Aber Menas würde sich etwas besser fühlen. Er erinnerte sich noch gut an Medeia. Sie war eine Frau von dem Kaliber gewesen, das er mochte. So jemanden hätte er mit Freuden geheiratet. Medeia war schon immer anders gewesen als die anderen. Direkter, energischer, unverblümter. Sowas mochte Menas. Und deswegen vermisste er sie. Und Medeia hatte einen Hang zur Exklusivität gehabt. Wenn er nur an das Weinfest dachte, damals... Er seufzte. »Und, was wirst du jetzt noch tun?« fragte er Avitus.