Beiträge von Marcus Artorius Menas

    Der Ausdruck auf Avitus' Gesicht war nicht recht eindeutig gewesen. Menas hatte die Luft angehalten, ohne es zu merken, als Avitus nach einer endlos anmutenden Ewigkeit weitersprach. Nun, da er aber seine Unterstützung zusicherte, fiel ihm ein Stein vom Herzen. Zwar wäre er seinen Weg auch gegangen, wenn sein Onkel Mißfallen ausgedrückt hätte, aber mit seinem Wohlwollen war alles einfacher. Menas schloss kurz die Augen und dankte stumm niemand Bestimmtem, leise seinem Onkel. »Danke.«


    Mit spitzen Ohren lauschte er auf das rhythmische Stapfen nagelbeschlagener Stiefel und kam zum gleichen Schluss wie Avitus. Andererseits dachte er nicht wehmütig daran, dass das Haus der Artorier vor gar nicht allzu langer Zeit abgebrannt war. Er fand, es sah nun schöner aus als zuvor, auch wenn es der Familie eine schwere finanzielle Last aufgelegt hatte. An der Seite seines Verwandten begab er sich zu dem Teich, in dem weniger Fische schwammen als zu Anfang der Woche. Vermutlich wieder dieses Katzenvieh, das sich hier ständig herumtrieb. Das Mistvieh hatte Glück. Bald schon würde Menas nicht mehr mit einer Zwille versuchen, das räudige Biest aus dem Fell zu schießen.


    Menas setzte sich zu Avitus und betrachtete ihn von der Seite. Wie er den Apfel nahm, ihn kurz drehte und dann hineinbiss. Er bekam einen Spritzer Saft ab, sagte aber nichts. Wie anders war doch sein Vater im Vergleich zu Avitus! Beinahe kleinbei gegeben hatte er, als Menas selbst für seine Verhältnisse dreist gefordert hatte, dass er endlich nachgab! Avitus gegenüber hätte sich Menas nie so im Ton vergriffen. Avitus war nicht so nachsichtig und weich wie Imperiosus. Dass sein Onkel ihr Verhältnis als auf dem Kriegsfuß stehend bezeichnete, war eigentlich schon Ironie pur, wie Menas auffiel. Aufmerksam hing Menas an den Lippen seines Onkels, als dieser weitersprach. Er nickte ernst und wollte schon versichern, dass er das ganz bestimmt machen würde, als Avitus ihm zuzwinkerte und Menas plötzlich ratlos war, ob er das eben sehr ernst oder nur als Bitte gemeint hatte. Doch Avitus klärte es schnell auf. Erneut nickte Menas, und ein kurzes Lächeln stahl sich auf seine Lippen. »Das werde ich ganz bestimmt machen. Du kannst ohnehin mehr erreichen als Vater. Allein schon, weil du jetzt in Rom stationiert bist.« Jetzt konnte Menas nicht mehr an sich halten. »Wird man dir gestatten, zu Hause zu schlafen? Prätorianer haben doch viele Sonderrechte. Und bekommst du eine eigene Einheit unterstellt? Erzähl mir doch noch einmal von der Schlacht am Chaboras!« Menas hatte sich gänzlich zu Avitus umgewandt und betrachtete ihn nun erwartungsvoll. Ein wenig keimte aber das schlechte Gewissen in Menas. Er runzelte die Stirn und sah ins Wasser hinab, nagte auf der Unterlippe. »Darf ich dich um etwas bitten, Onkel?« fragte er Avitus dann.

    Menas, der sich ein wenig unwohl fühlte, stand eine ganze Weile an Ort und Stelle, betrachtete die Ornamente an der Wand und lauschte dem leisen Rascheln von Stoff. Als er die Hand seiner Mutter auf seiner Schulter spürte, wandte er sich bereitwillig um und sog ihren Duft ein. Eine Mischung aus Rosenduft und herbem Lavendel umgab sie, wie immer, und schlagartig fiel die Anspannung von ihm ab. Jeden anderen hätte er zurecht gewiesen, wenn er ihn so behandelt hätte wie seine Mutter es tat. Er wusste, warum sie ihn so sehr liebte wie sie es tat, doch war er klug genug, es nie zu erwähnen, wenn sie in der Nähe war. Selbst heute noch brach sie dann bisweilen in Tränen aus. Sein Vater war selten so taktvoll wie Menas. Vielleicht lag ihm auch nur nicht so viel daran, seine Ehefrau nicht aufzuwühlen.


    Menas hob einen Mundwinkel und lächelte flüchtig, dann löste er sich in einer fließenden Bewegung von ihr und steuerte das halbhohe Fenster an. Direkt davor wandte er sich um und sah Casca an, die im roten Licht der Abenddämmerung nicht so reif aussah, wie sie war. Für Menas würde seine Mutter stets eine Schönheit bleiben. Auch mit grauem Haar und faltiger Haut wäre sie noch bewundernswert. »Vater hat es erlaubt«, sagte er nun mit von Stolz geschwängerter Stimme. »Endlich! Ich werde gleich morgen aufbrechen und mich einschreiben.« Menas breitete die Arme aus und strahlte seine Mutter an. Sie würde es wohl kaum gut heißen, doch er wäre ja nicht aus der Welt. »Ich gehe zu den Stadtkohorten. Dann kann ich dich immer besuchen«, beeilte er sich, zu sagen.

    »Es ist mir vollkommen egal!« schnauzte Menas den Sklaven an, der ihm beteuerte, dass seine Mutter derzeit nicht gesellschaftsfähig war. Er hatte sie schon ungeschminkt gesehen, da hatte dieser Germane noch wie ein Wilder auf einem Baum gehockt! Der Sklave protestierte nur noch kurz, dann schob Menas ihn einfach unsanft zur Seite und trat in die Gemächer seiner Mutter ein. Sie empfing ihn stets gern, warum also sollte ihn scheren, ob sie gut gekleidet und fein bemalt war? Dass sie jedoch nur ein dünnes Leibchen trug, verwirrte ihn, und schnell senkte er den Blick und wandte sich mit dem Rücken zu ihr. »Mutter.« Unterschwellig war diesem einen Wort Liebe zu entnehmen, und definitiv etwas wie Scham. Trotz ihres Alters war Casca noch eine der schönsten Frauen Roms, das fand zumindest ihr Sohn. »Ich habe Neuigkeiten«, fuhr er fort.

    Menas ließ die Arme wieder sinken und machte ein enttäuschtes Gesicht, als der Soldat erklärte, dass Sacadas nicht mitkommen konnte. Gleichzeitig keimte Panik in ihm. Was, wenn er wieder einen Anfall bekam? Sacadas wusste, wie man ihn ruhighalten musste. Andererseits... Es wäre wohl ohnehin nur eine Frage der Zeit, bis die Lüge herauskommen würde, dass Menas frei von Krankheiten war. Dieser Makel haftete ihm an, seit er denken konnte, und das Zittern brach sich in den unmöglichsten Situationen Bahn. Menas' Brauen zogen sich zusammen, während eine unschöne Pause entstand. Es machte ihm nichts aus, wenn er niedere Arbeiten verrichten musste, das gehörte nun einmal dazu zum Soldatenleben. Sacadas starrte derweil ratlos vor sich hin.


    »Ich nehme an, Ausnahmen werden nicht gemacht? Auch wenn ich für seine Verpflegung aufkomme und schwöre, alle Arbeiten selbständig zu erledigen, die mir aufgetragen werden?« fragte er zerknirscht. Diese Mission schien ihm schneller zu scheitern, als ihm lieb war. »Er wäre wirklich nur für, hm, Notfälle in der Nähe. Und selbstverständlich würde er auch anderen helfen, falls, hm, das nötig werden sollte.« Menas begann zu schwitzen. Er redete sich um Kopf und Kragen, dabei war doch eigentlich schon von vorn herein klar, wie dies hier ausgehen würde.

    »Es ist umso leichter zu glauben, wenn du dir vor Augen führst, Onkel, dass ich ganz allein hier war, während ihr anderen im Krieg für den Kaiser gekämpft habt«, erwiderte Menas ein wenig bissig vielleicht. Und ganz stimmte es ja auch nicht. Seine Mutter war schließlich hier zugegen gewesen, doch abgesehen von ihr hatte kaum jemand Menas' Kurzweil zu zerstreuen vermocht.


    Als sein Onkel plötzlich stehen blieb, wandte sich Menas zu ihm um und betrachtete ihn. Er war alles andere als begeistert. Wie Mutter. Aber die war nie begeistert, wann immer er den Wunsch äußerte, irgendetwas tun zu wollen, was im Entferntesten mit dem Militär zu tun hatte. »Ja.« Menas legte den Kopf schräg und musterte seinen Onkel, der nun versuchte, sich herauszuwinden, dies dann aber aufgab. »Ja, ich weiß«, erwiderte er ein wenig müde und sah an Avitus vorbei starr und stur auf eine Säule. Die folgenden Worte prallten an ihm ab wie Wasser von kostbarem Glas. »Und du meinst, ich soll das machen, wozu er nicht im Stande ist?« Menas runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Ich wollte immer in die Prima eintreten, du weißt das. Aber jetzt, wo ich es endlich darf, reizt es mich gar nicht mehr. Ich würde ständig unter Vater stehen, und darauf kann ich verzichten. Mutter will, dass ich in ihrer Nähe bleibe. Also wohin soll ich gehen? Es bleibt der ehrlose Posten eines Vigilen oder die Kohorten. Für die Prätorianer bin ich schließlich noch nicht gut genug, das weiß ich selbst.« Menas holte Luft und versuchte, sich wieder zu beruhigen. Mehr schlecht als recht gelang ihm das. »Ach, Onkel. Ich möchte einfach wie du sein.« Und nicht wie sein Vater, dachte Menas und seufzte. »Und es steht auch gar nicht fest, dass Vater in absehbarer Zeit Ritter wird. Oder dass ich es werde. Und wer würde schon einen Tribun haben wollen, der keine Erfahrung in einer Einheit gemacht hat?« Menas jedenfalls würde so jemanden nicht zum Vorgesetzten haben wollen. Das wäre ja, als würde man einen Fuchs zum Gänsehüten abkommandieren.

    Nach außen hin unbeteiligt, war Menas doch im Innern verwundert, dass ein Patrizier - und dies war augenscheinlich einer, wie er nach einem Blick auf dessen Kleidung und Halbmond am Knöchel erkannte - keinen Sklaven zu haben schien, der sofort einsprang oder gleich für seinen Herrn zahlte. Amüsiert schürzte er die Lippen, kaum dass der andere den Händler recht unpatrizisch anfauchte, doch eine steile Falte bildete sich bei dessen nächsten Worten. Die Patrizier verarmten zusehends, das war bekannt, wurde jedoch nur selten laut ausgesprochen. Selbstverständlich versuchten die Familien patrizischer Herkunft stets, etwas anderes glaubhaft zu versichern. Mit nur einem sehr geringen zynischen Unterton entgegnete Menas daher: »Oh, natürlich. Nie habe ich etwas anderes vermutet.« Er lächelte matt und öffnete dann seine Türe, um ein Stück Apfel mit Zuckerkruste herauszuziehen. Während er es beäugte, richtete er erneut das Wort an den Unbekannten. »Gern geschehen, Aurelius«, sagte er und schob sich dann den Apfel in den Mund. »Artorius Menas«, fügte er lässig an, nachdem er gekaut hatte. »Neffe von Artorius Avitus, dem Tribun der Prätorianer.« Mit seinem Vater schmückte er sich nicht gern, dann schon eher mit seinem Onkel. Menas musterte den Aurelier durchdringend und erinnerte sich an die Begebenheit auf der Fortunafeier. »Du bist mit Corvinus von den Aureliern verwandt?«

    Zitat

    Original von Faustus Decimus Serapio
    Schritte näherten sich. "Tja, entschuldige, da ruft schon wieder die Pflicht", bemerkte Cuspius und unterbrach widerstrebend den netten Plausch, um sich den Neuankömmlingen zuzuwenden.


    "Ah, Frischfleisch", murmelte Cuspius leise in seinen graumelierten Bart, und musterte den jungen Römer dessen Motivation förmlich ins Auge sprang, mit Wohlwollen. Auf die Begleiter konnte er sich allerdings keinen rechten Reim machen.
    "Salve Tiro. Na, da bist du hier richtig. Bereit Dich für 20 Jahre zu verpflichten und unverheiratet, ja? Dann mal die Arme ausstrecken."
    Schon trat sein Kollege vor, um Artorius Menas routiniert nach Waffen abzuklopfen.


    Menas' Stimmungshoch blieb unverändert. An einem anderen Tag hätte er vermutlich missbilligend geschaut. Immerhin war er kein Anfänger mehr. Nun, zumindest hielt er sich nicht für einen solchen. Die Jahre über, die die Prima im Krieg verbracht und er zu Hause versauert war, hatte er sich darauf vorbereitet, seinem Vater frisch und kräftig entgegenzutreten und nach dem Beitritt zu einer Truppe zu verlangen. Wenn er es recht bedachte, hatte sein Vater, zum Leidwesen seiner Mutter, viel zu leicht nachgegeben. So schwelte die unterschwellige Wut in Menas weiterhin. Dem Soldaten aber nickte er freundlich zu. Er verkörperte schließlich das, was Menas einst werden wollte. Und doch sollte das Legionärsdasein nur eine Etappe auf seiner Reise darstellen.


    »Sowohl als auch, Herr«, entgegnete er schwungvoll und ließ es bereitwillig zu, dass man ihn nach Waffen abtastete. Als die Wache dies getan hatte, deutete Menas auf sein kleines Gefolge. »Ihr geht. Sacadas, du kommst mit mir. Es ist ihm doch gestattet?« fragte er den Wächter.

    Schweigend und unangenehm ruhte der Blick der Sklavin auf Menas, der sie nach wie vor ansah, als unterscheide sie lediglich die Fähigkeit zu sprechen vom Dreck unter seinen Nägeln. »Er wird nach mir schicken?« echote er wenig begeistert. Seiner Ansicht nach stand dieser Aurelier in seiner Schuld. Er hatte dieses Weib schließlich auf die Öffentlichkeit losgelassen. Er warf der Sklavin einen entsprechenden Blick zu und nippte dabei an dem süßlich-herben Wein in seinem Becher. An den meisten Ständen wurde er heute unverdünnt ausgeschenkt, angeblich zu Ehren der Fortuna, aber Menas argwöhnte, dass man auf diese Weise nur mehr Trunkene hatte, und damit auch leichter Geld in den Kassen.


    »Ich habe eine weitaus befriedigendere Idee. Cynaegeirus wird dich begleiten. Wie sonst könnte ich sichergehen, dass du auch Wort hältst? Solchen wie dir kann man schließlich nicht trauen. Sag deinem Herrn, ich werde ihn morgen früh aufsuchen.« Menas hielt es nicht für nötig, darauf hinzuweisen, dass er eine Entschädigung verlangte. Er ging davon aus, dass ein Patrizier wusste, wenn man besser nachgab als zu feilschen. Menas hob die Hand, und Cynaegeirus trat vor. Ein hagerer Sklave mittleren Alters mit einer Hakennase. »Sorge dafür, dass das Sklavenweib tut, was ich wünsche«, sagte er, und der Alte verbeugte sich tief vor dem Jungen. »Ja, mein Herr.« Schon wandte Menas sich ab, um sich dem Festtagstreiben zuzuwenden, nachdem er sich umgeziogen haben würde.

    »Amme, Schafskäse, Post, Altäre...« Menas schüttelte den Kopf und schürzte die Lippen. »Als ob man für einen Altar bis nach Mantua reisen würde.« Er stand vor den Aushängen und las jene, die zu oberst festgemacht waren und sofort ins Auge fielen. Als er es müde wurde, seinen Blick über schlechte Handschriften und unproportionale Bilder schweifen zu lassen, wandte er sich ab und betrachtete stattdessen die Leute, die hier vorbeischritten.


    Kleine, große, dicke, dünne, alte, junge - von jeder Sorte war etwas dabei. Menas seufzte und glitt zwischen die Menschen. Sein Ziel war ein wahllos herausgepickter Stand. Ihm war sterbenslangweilig zumute, er war auf der Suche nach etwas Abwechslung. Missmutig schob er sich zwischen den Leuten hindurch und gelangte schließlich an einen Stand mit Naschwerk. Aus einer Laune heraus orderte er für sich eine Tüte gemischte, kandierte Früchte und wollte gerade zahlen, als die Person neben ihm genau ein Quadrans fehlte, um sich zu kaufen, was ausgesucht worden war. Sonst weder edel- noch großmütig, legte Menas eine solche Bronzemünze vor der Person auf den Tresen und zahlte dann seine eigene Tüte. Er tat zwar so, als achtete er nicht auf die Reaktion, doch in Wahrheit interessierte sie ihn durchaus.



    Sim-Off:

    Wem auch immer die Münze gefehlt hat, er oder sie ist herzlich eingeladen, sich dazuzuschreiben.

    Sim-Off:

    Ich grabe das Thema mal aus, wenn du gestattest? :)


    Was gab es Besseres, als einen heißen Tag in kühlem Wasser zu verbringen? Sei einer halben Stunde bereits saß Menas in dem nicht allzu gut besuchten Becken, hatte träge die Augen geschlossen und lauschte dem leisen Gurgeln des Wassers, das, von Bewegungen angetrieben, über den Rand trat. Ab und an vollführte er absichtlich eine Geste, die eine Welle verursachte. Dann schwoll das Plätschern kurz an und verebbte wieder. Dies hier würde wohl das letzte Bad in den Thermen sein für einige Zeit.


    Menas seufzte zufrieden und produzierte erneut eine kleine Welle. Unaufhaltsam rollte sie an die Ränder des Beckens und bis zur Treppe hin. Das Wasser klang nun anders: Es schwappte jemandem um die Füße, und Menas öffnete ein Auge, um zu sehen, wer da kam. Sonst bewegte er sich nicht.

    Das Hochgefühl, das sich in Menas breit gemacht hatte, war beinahe schon als widernatürlich zu bezeichnen. Nach außen hin wie eh und je aalglatt, war sein Innerstes aufgewühlt. Freude, Stolz und Ehrgefühl purzelten wild durcheinander, als er, gefolgt von seinem Leibsklaven Sacadas und zwei weiteren Sklaven das Kastell der Stadtkohorten erreichte. Sacadas wollte bereits vortreten, da hielt Menas ihn mit einem Blick zurück und sprach die Wache selbst an, zur Verblüffung seines kleinen Gefolges. »Salve, Soldat. Mein Name ist Marcus Artorius Menas, und ich bin hier, um mich den Stadtkohorten anzuschließen«, sagte er schwungvoll und mit erhobenem Haupt.



    Sim-Off:

    Da ich noch nicht weiß, inwiefern Avitus meinen Beitritt beeinflussen kann und möchte (Rekrut oder doch schon höher), ich aber gern schon mal mit dem Spielen beginnen würde, wäre es mir sehr recht, wenn es vorab vielleicht zu einem kleinen Gespräch kommen würde, ehe es ans Eingemachte geht. Vielleicht hat ja jemand Lust. :)

    Menas beachtete die Sklavin kaum weiter. Er war verstimmt, da die feuchten Weinflecken unangenehm auf der Haut waren, denn bis dahin waren sie inzwischen durchgeweicht. Er wollte von dem Wein kosten, den man lautstark allerorts anpries, und sich unter die anderen mischen, um vielleicht den ein oder anderen interessanten Menschen kennezulernen. Doch nun steckte er mit dieser Sklavin fest, die, wie Menas bemerkte, als er ihr einen flüchtigen Blick zuwarf, neuerlich Blitze aus den Augen verteilte, wie es Jupiter Ehre bereitet hätte. Abfällig schürzte er die Lippen, als sie zum wiederholten Male fragte, warum er seine Ungehaltenheit an Sacadas ausgelassen hatte. Dummes Ding, sie verstand wohl kaum, dass er schließlich dafür da war, ihm das Leben angenehm zu machen. Deswegen existierte er überhaupt. Und es wäre ihm ein Leichtes gewesen, sich schützend vor seinen Herrn zu stellen, wenn er nicht grundlos in der Umgebung herumgeträumt hätte. Menas jedenfalls war es leid, dass diese Sklavin eine Rechenschaft verlangte, und so ignorierte er sie einfach. Statt also das Wort an sie zu richten, trug er einem seiner Begleiter auf, guten Wein zu organisieren, und eifrig strebte der junge Mann davon.


    Der Artorier reckte ein ums andere Mal den Hals, erblickte hier den Zipfel einer Senatorentoga und dort die kunstvoll frisierte Haarpracht einer Konkubine, die einladend mit dem Hinterteil wackelte. Doch solchen Frauen mochte Menas nichts abgewinnen, er bevorzugte ordentliche Damen. Solche, die frei von Krankheit und Makel waren, und derer gab es nicht viele in Rom. Bald fing sein Blick einen Senator im Gespräch auf, und er befragte seinen nomenclator, der ihm zuverlässig mitteilte, dass es sich um Purgitius Macer handelte. Menas hatte schon einiges von diesem Senator gehört und schätzte, was er geleistet hatte. Ein Räuspern ließ ihn den Kopf wenden, und dort stand der Sklave, den er ausgesandt hatte, nach dem Aurelier zu forschen. Noch ganz außer Atem, schnappte er nach Luft, doch Menas gebot ihm ungeduldig, sofort zu sprechen. »Er... er ist... nicht zu Hause... mein Herr. Sondern... wohl auf dem... dem Fest hier«, presste er hervor und keuchte dabei. Menas' Lippen kräuselten sich in Missfallen. Langsam wandte er sich zu der Sklavin um. »Was, denkst du, soll ich nun mit dir tun?« fragte er von oben herab.

    Means hob irritiert die Brauen und machte ein abfälliges Geräusch. »Lass das Dneken besser bleiben, Sklavin. Es kommt nichts dabei heraus«, riet er ihr, und seine Begleiter grinsten. Menas beschäftigte sich allerdings nicht weiter mit der Sklavin, sondern suchte den Blick des wachhabenden Soldaten. Er hob die Hand und deutete auf den, der ihm vorhin die Scherereien verursacht hatte. »Und du, Soldat, erinnerst dich besser an mein Gesicht.« Er ließ die Hand sinken, drehte unsanft sein Tier herum und gab ihm die Fersen. »Ha!« spornte er es an und verließ das Kastell. Seine Begleiter folgten ihm dichtauf.

    Menas hielt auf dem Weg zum Tor hin die Augen offen. Rings um ihn herum schritt das Lagerleben voran. Feuer wurden geschürt, man lachte und fluchte. Das Hämmern eines Schmiedehammers durchbrach in regelmäßigen Abständen die sonst recht angenehme Atosphäre.


    Als sie am Tor angelangt waren, richtete die Sklavin das Wort an ihn. Er ging an ihr vorbei, doch während er sich die Zügel seines Pferdes reichen ließ, gestattete er ihr, zu sprechen. »Sprich, Weib.« Menas saß derweil auf, und Sacadas tat es ihm gleich. Deutlich ungeduldig sah er auf die blonde Sklavin herunter.

    Die Situation war eigen, und Menas war die Stille unangenehm, die sich kurz ausbreitete, als sie beide dort voreinander standen. Zum Abschied sagte er nichts weiter, sondern nickte nur noch einmal. Er gab seinem Sklaven einen Wink, und dieser folgte ihm heinaus, während er selbst der Sklavin seines Vaters folgte. Was er in einsamen Nachtstunden mit der Blonden anstellte, wollte er sich lieber nicht ausmalen. Andererseits waren Sklaven minderwertig, und da war es wohl kein Wunder, dass man sie für die Zwecke benutzte, die einem gerade in den Sinn kommen mochten.

    Menas lächelte schief, als Avitus ihm die Hand auf seine Schulter legte. Onkel Avitus war wirklich jemand, zu dem man aufblicken konnte. Ganz anders als sein eigener Vater. Auch, wenn er sich damals enthalten hatte, was Menas' Wunsch anging, dem Militär beizutreten. Und jetzt war Avitus Tribun der Prätorianer!


    Eifrig folgte Menas seinem Onkel. Ihm war bewusst, dass er mit seiner Frage ein wenig von der Trübsal ablenken wollte. Da aber Menas ohnehin gern über dieses Thema sprach, machte es ihm nichts aus. So nickte er also. »Als ihr im Krieg wart? Es war sterbenslangweilig in Rom, Onkel. Manchmal wünschte ich mir, die Götter würden einen Blitz in die Stadt schicken, damit das Leben etwas spannender wird.« Er zuckte mit den Schultern. Während der Abwesenheit des Großteils seiner Familie hatte er eine Menge Zeit mit seiner Mutter verbracht und damit, einige Sklaven zu trietzen und sich Späße mit ihnen zu erlauben. Oft hatte er auch Übungen gemacht, um seinen Körper zu formen. Darüber hinaus war nichts weiter Weltbewegendes geschehen, und dies war auch der Grund, aus dem Menas nur so darauf brannte, endlich etwas anderes tun zu können als nur herumzusitzen. »Ich bin gestern Abend aus Mantua zurückgekommen. Man sagte mir, dass du fort seist, so habe ich nur Vater besucht und ihn gebeten, mich nun endlich etwas tun zu lassen«, fuhr Menas fort. »Er hat mir erlaubt, den Stadtkohorten beizutreten. Ich will mich morgen dort einschreiben.« Als Rekrut, das war zumindest so geplant. Menas wusste schließlich nicht, was sein Onkel darüber dachte.

    Ausdruckslos verfolgte Menas, wie sein Vater einen Bogen Pergament herbeizog und begann, darauf zu schreiben. Was dort stand, war ihm letztendlich gleich, solange es nur bedeutete, dass er endlich nicht mehr untätig zu Hause sitzen musste. Ein wenig verwunderte es ihn allerdings, dass sein Vater nichts auf seine Weigerung entgegnete, doch auf der anderen Seite war es doch nichts Neues.


    Den gesiegelten Brief reichte ihm sein Vater dann, zusammen mit einem Kommentar, der Menas' Lippen zum Schürzen brachte. Als ob er das Siegel brechen und wie ein kleiner Junge spicken würde! Menas schluckte seinen Groll herunter und überlegte, in welchem Gasthaus er für die Nacht absteigen sollte. Zwei Drittel seiner Gefolgschaft standen noch vor dem Kastell, und er selbst hatte nicht vor, in selbigem zu nächtigen. Irgendwo in Mantua würde sich schon etwas finden lassen, sagte er sich. Die Blöße, seinen Vater zu fragen, wollte er sich nicht geben. Und was er weiterhin sagen sollte, kam ihm ebenfalls nicht in den Sinn.


    So griff er nach dem Brief, besah ihn sich einen Moment und gab ihn dann Sacadas, der ihn wegsteckte. »Dann werde ich mich nun schnellstmöglich wieder auf den Heimweg machen«, sagte er und erhob sich. »Mögest du gesund bleiben.« Menas konnte sich nicht zu etwas Liebevollerem bewegen, ebenso wenig, wie er seinen Dank ausdrückte.

    Sacadas vermied es auch weiterhin, Siv anzusehen. Im Grunde wusste er, dass sie nichts dafür konnte, was geschehen war. Andererseits wäre es nicht passiert, wenn sie gleich die weiße Flagge gehisst hätte. Er wusste nicht, wie er sie angesehen hätte, hätte er nun aufgesehen.


    Menas zeigte sich unterdessen leicht gelangweilt. Er beabsichtigte nicht, eine große Diskussion mit einer Sklavin anzufangen, die seiner Meinung nach Schuld am Geschehen trug. Zudem war er verstimmt, da er in diesem durchnässten Zustand nicht länger an den Festivitäten teilnehmen konnte. Zumindest einen Becher Wein hatte er noch trinken wollen. Als die Sklavin nun erneut ihre Zunge nicht im Zaum halten konnte, schnaubte er und sah sie von oben herab an. »Mir war danach«, sagte er leichthin und machte eine beiläufige Geste. »Er hat dafür Sorge zu tragen, dass mir nichts geschieht. Wein auf kostbarem Stoff würde ich nicht als nichts bezeichnen. Du etwa?« Abfällig sah er sie an. Eine Antwort erwartete er nicht. In Gedanken war er bereits im Gespräch mit ihrem Herrn. Was sollte er als Entschädigung verlangen? Nachdenklich runzelte er die Stirn.