Beiträge von Marcus Artorius Menas

    Das feine Kräuseln um Menas' Lippen war nur kurz sichtbar, dann gab er sich wieder unnahbar. Er kannte diese Sorte Sklaven. Sein Vater hatte auch einmal so einen angeschleppt. Sie selbst und ihr eigenes Schicksal waren ihnen gleich, doch andere konnten sie nicht für ihre Taten bestraft sehen. Menas hatte schnell gelernt, den artorianischen Sklaven dahingehend zu manipulieren, dass er ihm hörig war. Zumindest, bis der Idiot sich vom Dach gestürzt hatte.


    Der Name allerdings ließ Menas die Stirn runzeln. Als Römer, der sein ganzes Leben lang in dieser Stadt verbracht hatte, waren ihm die Namen der bedeutsamsten Männer bekannt. Die Aurelier schienen sich, was die letzten Jahre anbelangte, auf einem aufsteigenden Ast zu befinden. Und wenn die Sklavin den Aurelier meinte, der vor kurzem Quästor gewesen war, ging er besser nicht in die Vollen. Denn abgesehen davon, dass ihm wohl bald die Senatorenwürde angetragen werden würde, war er der Leiter der Staatszeitung. Menas überlegte. Der Sklavin konnte er allerdings auch nicht durchgehen lassen, dass sie ihn besudelt hatte. Nein, ein Gespräch war notwendig. »Aurelius Corvinus, hm? Ich will ihn sprechen«, sagte er und ließ unklar, zu wem. Sacadas, der sich die Wange hielt, schickte mit einem Wink einen Boten aus dem Gefolge fort, während Menas'Blick auf der Sklavin ruhte.

    Menas öffnete den Mund, um etwas zu sagen, sah seinen Vater nur kurz an und schloss ihn dann wieder. Ärger stieg in ihm auf. Hatte er seine Meinung nun urplötzlich geändert? Lag es an Menas' entschlossenem Auftreten? Oder befand er ihn jetzt für alt genug? Menas schnaubte und wandte seinen Blick ab. Er wusste nicht, was er denken sollte. Und ein Empfehlungsschreiben wollte er ihm auch mitgeben! Nicht im Traum würde Menas das annehmen, da käme er sich ja unfähig vor, wenn er als normalet Rekrut mit einer Empfehlung von Papi daherkam, der ganz zufällig auch Soldat war. Nein. Menas sah seinen Vater wieder an, die Spuren der Überraschung nur noch minimal auf seinem Gesicht lesbar. »Es würde mir reichen, wenn du schriftlich erklärst, dass mein Beitritt in die Kohorten deinem Wunsch entspricht«, entgegnete er ein wenig steif und verfluchte insgeheim denjenigen, der sich jemals die Gewalt der Väter ausgedacht hatte. Zwar glaubte Menas nicht, dass er die Erklärung brauchen würde, doch sicher war sicher.

    »Ich denke nicht, dass ich dir eine Antwort schuldig bin, Sklavin. Die deine allerdings steht noch aus. Wie ist es, redest du nun endlich oder muss der arne Sacadas noch einmal leiden, weil du nicht erkennst, wer in diesen Zeiten das Sagen hat?« erwiderte Menas, der Sivs unübersehbar schlechtes Gewissen unlängst bemerkt hatte. Ein Jammer, dass er dieses Blondchen nicht sanktionieren konnte, ohne Gefahr zu laufen, dafür belangt zu werden. Sacadas blickte ausdruckslos auf und zwang sich, Siv nicht anzusehen und stattdessen einen Punkt irgendwo hinter ihr zu fixieren.


    Menas grinste schief, als die Sklavin von Gerechtigkeit sprach. Sklaven verdienten keine Gerechtigkeit. Allenfalls Duldsamkeit, und die auch nur dann, wenn sie sich ihrer Position und ihrer Aufgaben bewusst waren. »Nun?« fragte er. War der Tag bisher doch recht öde gewesen, brachte dieser kleine Zwischenfall doch ein wenig Abwechslung in den tristen Feiertag, um den sich ohnehin kaum jemand zu scheren schien.

    Menas, der bereits wieder halb desinteressiert den Hals reckte, um sich das Treiben um ihn herum genauer zu beschauen, achtete nicht weiter auf Sacadas. Er war es gewohnt, dass seine Befehle ausgeführt und seine Wünsche erfüllt wurden, ehe er sie geäußert hatte. Mit dieser Sklavin hatte er nicht gerechnet, oder eher nicht mit ihrer Starrsinnigkeit. So war er ehrlich überrascht, als sich plötzlich dunkelrote Flecken auf seiner dunkelroten Tunika bildeten. Er blickte darauf hinab, hob dann den Blick und erkannte, woher der Wein stammte, noch ehe der Becher über den unebenen Boden polterte. Voller Ärger ballte er seine Fäuste, ignorierte den entschuldigenden Blick Sacadas' und verpasste diesem mit einer fließenden Rückwärtsbewegung seiner Hand eine schallende Ohrfeige. Sacadas duckte sich nach dem Schlag, erwiderte jedoch nichts, und zog sich nur zwei Schritte zurück. Menas massierte sich inzwischen seine Hand und musterte finster die Sklavin. »Dir ist klar, dass ich ihn nur wegen dir gestraft habe?« fragte er nüchtern. »Dein Herr wird meine Gewänder ersetzen. Nenne mir seinen Namen.« Mehr Forderung als Bitte, das sprach auch aus seinen Augen. Menas war nicht so dumm, das Eigentum eines Fremden zu beschädigen.

    Doch Menas war nicht gewillt, das Angebot anzunehmen. Er griff nach dem Becher, den die Sklavin bereitgestellt hatte, setzte ihn an und trank langsam zwei Züge des vermischten Weines. Als er den Becher wieder absetzte, fuhr er sich mit dem Handrücken über den Mund und sah zu seinem Vater auf. »Ich habe nicht die Absicht, in der Prima zu dienen. Nicht, nachdem mein eigener Vater mir unmissverständlich deutlich gemacht hat, dass es nicht erwünscht ist«, entgegnete Menas. Über seine körperliche Verfassung machte er sich nur insofern Gedanken, dass es katastrophal wäre, würde er bei den Prüfungen seines Vaters unter den Blicken zahlreicher Soldaten der Krankheit anheim fallen. Während die anderen im Krieg für das Reich fochten, hatte Menas ausreichend Zeit gehabt, seine Muskeln aufzubauen. Dennoch blieb er jetzt sitzen. »Ich möchte den Stadtkohorten beitreten. Das kannst du mir nicht verbieten, Vater. Rom wird wohl kaum jemals einem Krieg entgegensehen«, bemerkte er trocken und verschränkte die Arme vor der Brust.

    Spätenstens jetzt, so rechnete Menas sich aus, würde die Sklavin doch beiseite springen und ihn mit demütig gesenktem Haupte passieren lassen. Doch erneut kam es anders als erwartet, denn die Germanin holte zum verbalen Schlag aus und erwärmte Menas' Misslaunigkeit damit noch weiter. »So ein dreistes Ding ist mir ja noch nie unter gekommen«, sagte er zu Sacadas gewandt, als sei die Sklavin gar nicht anwesend. Der Grieche wusste, worauf diese Unterhaltung abzielte. »Sie ist wohl eine Nordfrau, Herr. Barbarisches Volk ohne Sinn und Verstand«, entgegnete er und warf Siv einen flüchtigen, entschuldigenden Blick zu. »Das sehe ich. Ich will wissen, wem sie gehört, damit ich mich beschweren kann. Vielleicht züchtigt ihr Herr sie dann angemessen. Verdient hätte sie es zweifelsohne. Finde heraus, wessen Eigentum es ist«, erwiderte Menas und verschränkte die Arme vor der Brust. Sacadas hob einen Mundwinkel und machte einen Schritt auf Siv zu. Ihm war sichtlich unwohl.

    In Menas' Augen war Unerfahrenheit kein Grund für mangelnde Höflichkeit, doch da sein Vater das scheinbar anders sah, schwieg er dazu und ließ das Thema ruhen. Als sein Vater jedoch den alten Streit wieder aufgriff, schürzte Menas die Lippen und versuchte, seinen neu aufkeimenden Ärger zu unterdrücken, was ihm allerdings kaum gelang. Er wollte die Augen verdrehen, laut auffahren, widersprechen, doch alles, was er tat, war eine ungeduldige Geste zu machen und versuchen, möglichst unbeeindruckt vom strengen Blick seines Vaters zu wirken.


    »Du weißt genau, dass ich nicht zu jung war, damals!« entgegnete er inbrünstig. »Immer drehst du dir alles so, wie es dir passt, nicht wahr? Damals war es mein Alter, heute sind es die Gefallenen. Aber in jedem Krieg gibt es Opfer, Vater. Ich hätte genauso gut an einer Lungenentzündung hier krepieren können, und du hättest auch nichts tun können, um das zu verhindern!« Menas war inzwischen ausfgesprungen, sein Gesicht war gerötet. Er war aufgebracht. Sacadas beobachtete alles aufmerksam. Und dann war da natürlich noch die Krankheit. Für alle jenseits der Familie nicht existent, verschwiegen und verleugnet, hätte sie womöglich zu Problemen geführt, wäre Menas schon damals dem Militär beigetreten. Jetzt schnaubte er herablassend. »Willst du mir ewig versagen, dem Reich zu dienen?« ereiferte er sich.

    Er war niemand, der weinte. Zumindest nicht vor anderen, erst recht nicht in der Öffentlichkeit und schon gar nicht vor Avitus. Dennoch erschien es Menas, als bräche die unversehrte Anwesenheit nach der langen, kriegsbedingten Abwesenheit irgendetwas Bahn, doch er rettete sich gerade eben noch so in eine Art verunglücktes Schulterzucken mit zerknirschtem Gesichtsausdruck. »Ich bin froh, dass du wieder da bist«, sagte er. Insgeheim fragte er sich, ob es klug wäre, ihn auf Severus anzusprechen, doch die Gedanken hinkten in diesem Moment dem Mundwerk hinterher, das bereits den Satz angefangen hatte. »Wegen Cnaeus, das...das tut mir....wirklich leid«, platze er also heraus und machte sich darauf gefasst, eine Schelte zu kassieren. Oder aber ernste Worte mit einem Hauch von Bitterkeit.

    Immerhin wirkte sie nicht so, als hätte sie eine Krankheit oder irgendwelches Ungeziefer an sich, wie Menas bemerkte. Es wäre wohl nicht vom Wohlwollen Fortunas auszugehen gewesen, wenn er sich auf ihrem Fest etwas Ansteckendes zugezogen hätte, nur weil er eine Unfreie berührte.


    Menas erwartete, dass die Blonde zur Seite sprang und sich entschuldigte, was sie aber nicht tat. Statt seiner Vorstellung zu entsprechend, schleuderte sie ihm derbes Latein entgegen, gepaart mit einer Alkoholwolke, aus der Menas billigen Rotwein herausroch. Angewidert verzog er das Gesicht. Vor einer Sklavin musste er sich schließlich keine Blöße geben. Einmal mehr überzeugte er sich davon, dass sie einigermaßen sauber war, dann griff er nach ihrem Handgelenk. »Kleines Miststück, leg dich nicht mit mir an, das wird dir sonst leid tun«, erwiderte er kühl, drückte noch einmal fest zu und ließ sie dann los, um sich die Hand abzuwischen. »Wem gehörst du?« verlangte er zu wissen. Ihr mussten inzwischen auch seine Begleiter aufgefallen sein, die die Szenerie mit Interesse verfolgten, aber keine Anstalten machten, einzugreifen.

    Der Weg wurde schweigend zurückgelegt, ganz so, wie Menas auch das Büro seines Vaters betrat und sich umsah. Nur kurz ließ er den Blick über ihm lieblos platziert erscheinenden Objekten schweifen, dann fixierte er den Stuhl und setzte sich. Nur wenige Male zuvor war er im Arbeitsraum seines Vaters gewesen, als er noch klein gewesen war, öfters. Doch seitdem die Rede vom Krieg gegen die Parther gewesen war, den er, zum Bleiben verurteilt, nicht hatte miterleben dürfen, war er nicht mehr hier gewesen.


    Sein Rufname, der so unfamiliär und unpersönlich war, klang ihm wie ein Peitschenhieb in den Ohren. Geringfügig schlossen sich die Hände fester um die Lehnen des Stuhles, und nur Sacadas, der seinen Herrn besser kannte als jeder andere, wusste dieses Zeichen zu deuten. »Darf ein Sohn seinen Vater nicht besuchen?« stellte er eine Gegenfrage, die ihm locker von der Zunge ging. »Halb Rom spricht von den Taten der Legionen. Ich dachte mir: Warum zuhören, wenn ich alles aus erster Hand erfahren kann?« Menas hielt einen Moment inne und fügte dann mit geschlitzten Augen hinzu: »Hätte ich es mit eigenen Augen gesehen, müsste ich nicht fragen.«

    Menas interessierte nicht im geringsten, was irgendjemand von diesen Soldaten hielt, die hier Wachs standen. Seiner Meinung nach waren sie fehl am Platze. Er trug nichts am Leibe, was ihn als Plebejer auswies, und so hätte er ebensogut ein Senatorensohn oder Patrizier sein können, und jedem von beiden wäre es wohl gehörig gegen den Strich gegangen, so heruntergeputzt zu werden, nur weil man sich nicht von seinem Leibsklaven trennen wollte. Und wer tat dies schon? Waren Sklaven nicht dazu da, dass man sie stets und überall in Anspruch nehmen konnte? Und wer wäre wohl so töricht, in ein voll besetztes Kastell eine Waffe einzuschmuggeln, um jemanden zu töten? Da konnte man sich wohl genauso gut selbst ans Kreuz schlagen.


    Der Artorier verzog keine Miene, während Sacadas absaß und einem der zum Warten verdammten Sklaven die Obhut über sein Pferd überließ. Einen Schritt hinter ihm folgte Sacadas seinem Herrn, der beunruhigend still war, und das nach all der Zeit, in der sich Vater und Sohn nicht gesehen hatten.

    Zitat

    Original von Siv


    Die kleine Gruppe um Menas herum schob sich durch die kleinen Ansammlungen von Menschen. Hier und dort blieb der Artorier stehen, besah sich einen Stand genauer oder betrachtete ein Mädchen etwas ausgiebiger. Als er sich nahe eines Glücksrades wieder in Bewegung setzte, um eine der zahlreichen Brücken zu überqueren, stand ihm jemand im Weg. Er wandte sich um und wollte sich schon entschuldigen, als das helle Haar und die schlichte Kleidung ihm verriet, dass er es mit einer Sklavin zu tun hatte. »Heda, kannst du nicht besser aufpassen?« herrschte er sie unwirsch an.

    Menas blickte den Wachsoldaten überrascht an, verzog dann geringschätzig das Gesicht und ignorierte den Dorftrottel. Was wusste er schon? Wie wenig er nachdachte, bewies auch sein nächster Befehl, den Zenturio zu holen. Welcher Offizier ließ sich schon von einem Legionät herumkommandieren? Menas hätte seinen ganzen Geldbeutel gewettet, dass sein Vater nicht so tief gesunken war, dass er herbei kam, nur weil so einer wie der dort nach ihm schicken ließ. Die Pferde stampften ungeduldig.


    Umso ungläubiger registrierte er, dass sein Vater tatsächlich herbekam wie ein Hund, den man zum Essen gerufen hatte. Menas schürzte die Lippen, sagte jedoch nichts weiter. Zumal sein Vater ohnehin sein Bestes tat, um ihn vorerst zu ignorieren. »Der freche Bengel kann dafür sorgen, dass du in den nächsten Jahren die Latrinen putzen darfst. An deiner Stelle würde ich mir also gut überlegen, wen ich hier als Bengel bezeichne«, entgegnete er kühl und berechnend.


    »Vater. Sei mir gegrüßt Gibst du dich des Öfteren mit solcherlei Schwachköpfen ab?« sagte Menas und blickte von seinem Pferd hinab auf Imperiosus. »Ein Wunder, dass die Sonne ihm noch nicht das letzte bisschen Hirn herausgebrannt hat.« Menas stieg ab, und einer seiner Begleiter ergriff die Zügel seines Pferdes. Die Wachsoldaten beachtete er nicht weiter, als Menas zu seinem Vater ging. Eine Umarmung allerdings blieb aus.


    Menas hatte Avitus seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Vor dem Krieg hatte er sich bei ihm darüber beklagt, dass sein Vater ihn nicht mitgehen lassen wollte. Das war die letzte Begebenheit gewesen, zu der sie Zeit gehabt hatten, zu sprechen. Viel war in der Zwischenzeit geschehen. Menas war reifer geworden und hatte noch einmal ein gutes Stück an Höhe und Muskeln zugelegt, sodass man ihn mit seinen neunzehn Jahren nun durchaus als Mann bezeichnen konnte. Er hatte von Severus gehört, wusste jedoch nichts Genaues. Auf der Schwelle nach draußen in den überdachten Gang blieb er stehen. Was sollte er sagen?


    Eine Bewegung vor ihm riss ihn aus den Gedanken. Er trat ins laue Abendlicht hinaus und ging auf Avitus zu. Unwillkürlich beschleunigte er seine Schritte, bis er dem so viel älteren Mann schließlich beinahe in die Arme stolperte. »Onkel!« nuschelte er in dessen Kleidung. Er hatte ihn immer Onkel genannt, obwohl er nicht der Bruder seines Vaters war. In Ermangelung tröstender Worte blieb Menas schließlich einfach stehen, nachdem er sich gelöst und wieder ein angemessenes Stück entfernt hatte, und sah Avitus an.

    Es dauerte nicht lange, da dauerte es Menas zu lange, und er stand auf und begann damit, im Raum auf und ab zu gehen. Doch bald nachdem er sich erhoben hatte, betrat sein Schatten Sacadas wieder die Gemächer des jungen Artorius. »Er hat Zeit, dich zu empfangen, Herr. Im Peristyl.« Menas' Kopf ruckte herum und er funkelte Sacadas an. Kein Wort kam über seine Lippen, und er trat einfach an der Seite des Sklaven vorbei und verschwand mit wehenden Gewändern in Richtung Säulengang.

    Menas wandte den Kopf und sah diesen Soldaten an. »Deinen Namen«, verlangte er. Das war aber auch schon alles, was er sagte. Immerhin war sein Vater Zenturio. Er würde sich schon entsprechend um die Herrschaften dort kümmern, wenn sie ihn nicht mit seinem Schatten passieren ließen. Immerhin war Sacadas von Kindsbeinen an sein Vertrauter gewesen, der einzige, dem er beinahe alles anvertraute, was ihn beschäftigte. Und er musste auch zugegen sein, wenn das Zittern* Menas wieder überkam, denn nur er wusste, wie man ihn ruhig halten musste, bis der Krampf vorüber war.



    *Epileptische Anfälle

    Von alledem unberührt, saß Menas auf seinem Tier und wartete. Einzig das Zucken seiner Mundwinkel verriet, was er von dem Gehabe der Wache hielt. Sacadas tauschte nur einen kurzen Blick mit seinem Herrn und wusste, dass er nun besser schwieg. »Mein Sklave wird mich begleiten. Die anderen werden warten. Wir sind unbewaffnet«, sagte Menas, und es klang nicht wie eine Bitte, sondern eher wie eine Feststellung oder gar wie ein Befehl. Daraufhin schwieg er wieder und musterte scheinbar geringschätzig die Umgebung.

    Tief über den Rücken des Schimmels namens Haliaetos gebeugt fegte Menas dahin. An seiner Seite der nicht weniger schnelle Sacadas auf seinem Pferd. Sie beide wurden begleitet von drei weiteren Sklaven, deren Namen Menas sich nicht die Mühe gemacht hatte zu merken. Sie waren für seine Sicherheit verantwortlich, nicht mehr.


    Sie waren nur noch ein wenig vom Tor entfernt, da zügelte der Artorier sein Tier allmählich, bis es in einen langsamen Trab fiel und schließlich stehen blieb. Menas besah sich die Wachsoldaten und gab Sacadas einen Wink, der sein eigenes, braunes Tier daraufhin zwei Schritt weiter nach vorn machen ließ. »Salvete. Dies ist Marcus Menas von den Artoriern. Er wünscht, zu Zenturio Artorius Imperiosus geleitet zu werden«, sagte Sacadas und deutete dabei auf Menas, der unterdessen keine Miene verzog.

    »Wie? Was? Nicht fertig? Wie lange dauert das denn noch?« nörgelte Menas und seufzte tief. »Was ist denn so schwer daran, Haliaetos fertig zu machen?« Sacadas sah seinen Herren zerknirscht an und zuckte mit den Schultern. »Die Küche muss noch Proviant packen, Herr. Nur noch ein wenig Geduld.« Der junge Artorier winkte ab und drehte sich schmollend auf dem Bett herum, auf dem er lag. Wenn es nach ihm gegangen wäre, so wäre er schon längst nach Mantua aufgebrochen. Noch bevor die Truppen wieder zurück gewesen wären. Haliaetos, das Pferd, das er vor drei Jahren selbst zugeritten hatte, hätte ihn schnell zu seinem Vater getragen. Nicht umsonst trug er den Namen Seeadler.


    »Dein Großcousin Lucius Avitus ist übrigens eingetroffen«, bemerkte Sacadas nun in die schwer lastende Stille hinein. Menas' Kopf ruckte herum. Mit glühenden Augen fixierte er den Sklaven. »Was?« »Gestern schon. Er ist zum Tribun der Prätorianer befördert worden.« Menas' Augen wurden groß, als er Sacadas anstarrte. »Und wieso sagt mir das keiner?« maulte er, kaum dass er seine Überraschung abgeschüttelt hatte. Ein wenig nahm er ja auch Avitus kurmm, dass er nicht mal einen Brief geschrieben hatte. Menas wühlte sich vom Bett hoch und fuhr sich durchs Haar. »Kann ich ihn so besuchen? Wie sehe ich aus?« »Angemessen, Herr. Ich will sehen, ob er zugegen ist.« Menas ließ sich wieder sinken und winkte ab. »Tu das«, sagte er und stellte sich darauf ein, zu warten. Eine Sache, die er gar nicht gern tat.