Beiträge von Lucius Eprius Seleucus

    "Einen Überfall? Wurden die Täter in diesem Zusammenhang schon gefasst?"


    Die Verteilung der Sicherheitsleute beim Warentransport befand Seleucus selbst als ausreichend und auch die Kostenerhöhung bei mehr Bedarf an Wachen hielt er für richtig. Lediglich die Überwachung des Hafens durch zwei Wachen traf beim Eprianer auf Unbehagen.


    "Zwei Wachen für den gesamten Hafen? Das erscheint mir etwas wenig. Meiner Meinung nach sollten mindestens vier bis fünf Wachen dazukommen."

    Seleucus hatte sich unter die Leute gemischt, um nicht unnötig Aufsehen zu erregen. Das würde er allerdings vermutlich sowieso nicht, denn er war gekleidet wie jeder andere Bürger Ostias auch. Mit verschränkten Armen überblickte er den Tempelplatz und lauschte den Worten des Duumvirs, den er in Folge seiner Ankunft in Ostia bereits kennen gelernt hatte. Die Einweihung selbst war für ihn nicht von großer Bedeutung, denn Seleucus betete nicht zu Merkur, sondern zu Hermes.

    Auch wenn Seleucus das Verhalten des Hafenverwalters auf keinen Fall gefiel, schenkte er diesem zunächst keine Beachtung. Später würde schon noch klar werden, dass er als Praepositus keineswegs der Hafenverwaltung unterstellt war, geschweige denn Rechenschaft ablegen musste. Sein Vorgesetzter war die Provinzverwaltung, allen voran der Praefectus Viatorum.


    "Da ich als Praepositus zusammen mit den Vigilien für die Sicherheit in der Stadt sorge, bin ich hier um mich über die aktuelle Hafensituation aufklären zu lassen. Sicherlich ist dieser der Ort in Ostia, an dem sich die meisten Verbrecher und Wegelagerer aufhalten. Inwieweit sorgt ihr bereits für die Sicherheit der Warentransporte?"

    Lucius hatte sich als erster in sein Cubiculum zurückgezogen, um noch etwaige Arbeiten zu erledigen. Eine davon war der Brief an seinen Sohn, auch wenn er nicht wusste, wo genau er sich in Ägypten aufhielt. Er musste ihm einfach schreiben, um sich besser und wieder einigermaßen angemessen ihm gegenüber zu fühlen. Die Begrüßung 'Geliebter Sohn' fiel ihm nicht schwer, auch wenn Seleucus nicht wusste wie Gaius die Worte aufnehmen würde. Auf jeden Fall musste sich der Vater zuvor entschuldigen, denn er war es, der seinen Sohn nach seiner Rückkehr unliebsam und distanziert aufgenommen hatte und einen Streit mit dessen Mutter, seiner geliebten Frau, begonnen hatte. Er hatte Gaius keine andere Möglichkeit gegeben, als die Familie hinter sich zu lassen und seinen eigenen Weg zu gehen. Auch wenn der Eprianer nicht erwartete, dass sein Sohn umgehend zu ihm zurückkehren würde, nach Rom, wollte er versuchen den Streit zu schlichten und die Differenzen beizulegen.


    Lucius setzte gerade die letzten Worte seines Briefes auf, als es an der Tür klopfte.


    "Herein!", hallte es von innen nach außen, woraufhin Thalia, seine Frau eintrat. Lucius starrte zunächst einige Sekunden zum Eingang, ehe er Worte finden konnte. Immerhin hatten sie sich seit dem Vorfall in Argos noch immer nicht richtig ausgesprochen.


    Thalia


    "Ich glaube wir müssen reden, Thalia. Es...tut mir Leid. Ich habe falsch reagiert, obwohl es nicht deine Schuld war."
    "Bei mir brauchst du dich nicht zu entschuldigen, Seleukos. Entschuldige dich bei deinem Sohn, denn du auf wiederwärtige Weise verstoßen hast. Zu Unrecht."


    Auch wenn Lucius die Formulierung als sehr hart empfand, musste er seiner Frau Recht geben.


    "Ich...weiß. Ich habe bereits einen Brief an ihn aufgesetzt. Hat er dir gesagt, wo er sich genau aufhält?"
    "Ja...das hat er."


    Es folgte ein Moment des Schweigens, in dem Thalia den Brief an Gaius entgegennahm und überflog.


    "Er hat mir gesagt, dass er in einer Legion Roms dienen möchte."
    "Mein Sohn? In der Legion?"


    Wie schandhaft war nur sein Verhalten gewesen. Er hatte seinen Sohn verstoßen, der nun Rom und seiner Familie auf ehrenhafte Art und Weise diente. Seleucus musste es wieder gut machen.


    "Ich...werde den Brief morgen abschicken. Ich hoffe er verzeiht mir."
    "Das hoffe ich auch, Seleukos."


    Thalia gab ihrem Ehemann einen Kuss auf die Backe, ehe sie sich ins Bett fallen ließ. Wenige Minuten später folgte ihr der Mann.

    Der Praepositus trat ein und sah sich einem recht jungen Mitarbeiter der Hafenverwaltung gegenüber.


    "Salve. Mein Name ist Lucius Eprius Seleucus und ich bin der neue Praepositus Stationarium von Ostia. Ich bin hier, um mich mit einem Zuständigen über die Sicherheit am hiesigen Hafen zu unterhalten."

    Der Tag der Ankunft seiner Familie aus Griechenland war also gekommen. Zum einen war er froh, dass er endlich familiäre Unterstützung in Rom erhalten würde, zum anderen, dass er es rechtzeitig geschafft hatte, alle Vorbereitungen zu treffen. Der Eprianer wusste, dass er seiner Frau und nicht zuletzt seinem Sohn Unrecht getan hatte, indem er falsch reagiert und diesen nahezu verscheucht hatte. Gaius war nun in Ägypten, fernab von Rom und seinem Vater. Über 20 Jahre hatte Seleucus seinen Sohn nicht zu Augen bekommen, als er in Germanien bei der Ala stationiert war. Aber dennoch lag es in der derzeitigen Situation nicht fern, dass er sich auch viele weitere Monate oder sogar Jahre nicht seiner Anwesenheit erfreuen können würde. Ein schmerzliches Gefühl für einen Vater, der seinen Sohn vermeintlich im Stich gelassen oder sogar hintergangen hatte. Es war Lucius klar, dass er den ersten Schritt zur Versöhnung machen musste.


    Nachdem die Familie gespeist und Dionysos für Speis und Trank geopfert hatte, begann der Abend im Beisammensein auszuklingen. Lucius selbst hatte sich mittlerweile mit zwei anderen, älteren Männern in den kleinen Hortus der Casa zurückgezogen, um die Frauen einerseits mit ihrem oft ungeschulten Gerede alleine zu lassen und andererseits etwaige Dinge mit engen Vertrauten zu besprechen. Da Seleucus' Vater bereits früh zu Hades gegangen war, handelte es sich bei den beiden Männern um seine Onkel, Nereus und Orestes. Orestes war der Vater von Eprius Alexander, der vor etlichen Jahren als erster das Bürgerrecht für die Familie der Eprianer gewann.


    Nereus und Orestes


    "Dein Vater wäre stolz auf dich, Seleukos. Du hast dir und deiner Familie alle Ehre gemacht, wie du es dir vor Jahren geschworen hast, als du nach Germanien gezogen bist."
    "Ich danke dir für die lobenden Worte, Nereus. Doch nicht nur ich soll heute geehrt werden. Alexandros, mein Cousin, dein Sohn Orestes, hatte bereits vor mir diesen schweren aber durchaus ehrenhaften Schritt gewagt. Und er war erfolgreich."
    "Alexandros...ja, er war ein guter Sohn. Doch er musste zuletzt mit dem Leben bezahlen. Ich hoffe, dass es dir, Seleukos, nicht so ergehen wird wie meinem einzigen Sohn", erwiderte Orestes betrübt.
    "Möge das Reich des Hades Alexandros nach allen Riten wohlbehalten aufgenommen haben."


    Es folgte ein Moment des Stillschweigens und Gedenkens. Auch Seleucus ging der Tod seines Cousins nahe, auch wenn er schon Jahre zurücklag. Er fühlte mit Orestes mit, der ihm in jungen Jahren stets ein guter Freund und Helfer war. Lucius hoffte, dass er nun wieder, da die Familie endlich wieder versammelt war, eine gute Beziehung zu ihm aufbauen können würde.


    "Was wirst du nun tun, Seleukos?", eröffnete Nereus daraufhin erneut das Gespräch.
    "Ich konnte bereits eine Arbeitsstelle finden und arbeite derzeit für die Provinz in Ostia. Ich werde versuchen Kontakte hier in Rom und in den Umlanden zu knüpfen, um so vielleicht noch trotz meines Alters einen kleinen Aufstieg zu erfahren."
    "Wir selbst sind zu alt, Sohn, um Rom zu dienen. Zu viele Jahre haben wir das bereits getan. Dennoch werden wir versuchen dir und unserer Familie einen guten Ruf zu hinterlassen.", entgegnete Orestes. Auch wenn seine Generation eine Generation war, die die römische Herrschaft über die griechischen Landen zumindest duldete, kam der Stolz und die Erinnerung an vergangene Tage nicht selten in ihm und Nereus hoch. Auch Seleucus beklagte oft die Misstände dieser Herrschaft, doch letztendlich musste man dies seiner Meinung nach akzeptieren, um ein gutes Leben führen zu können.
    "Natürlich, Orestes. Ich bin mir sicher, dass ihr das tun werdet."


    Es folgte ein kleiner, schweigsamer Gang durch den Hortus und zurück zum Inneren der Casa, ehe sich Seleucus von seinen Verwandten verabschiedete. Er hatte noch zu tun und würde deshalb schon früher sein Cubiculum aufsuchen, während der Rest der Familie noch zusammensaß, um die Ankunft zu feiern.

    Gaius nickte zufrieden.


    "Ich danke dir für die Informationen, Duumvir. Ich beabsichtigte sowieso, die Hafenverwaltung zu einem späteren Zeitpunkt aufzusuchen. Wenn es dennoch etwas gibt, das auffällig wäre, wäre es hilfreich wenn du es mir zügig melden würdest."


    Der Grieche wartete kurz ab, ehe er fortfuhr.


    "Gibt es sonst noch etwas von deiner Seite?"

    Natürlich sollte auch für die Sicherheit bei der Einweihung gesorgt werden, weswegen der Praepositus Stationarium sich unter die Leute gemischt hatte. Als Unterstützung hatte er einige der städtischen Vigiles zur Seite, die sich ebenfalls unter den Zuschauern befanden. Man kannte ja die Halunken jeglichen Gefährlichtsgrades, die von Diebstahl bis Mord von nichts zurückschreckten. Auf jeden Fall war die Einweihung des Merkurtempels für Seleucus ein guter Moment, um erste praktische Erfahrung in seinem neuen Posten zu sammeln.


    Immer noch wartete Lucius vergeblich auf eine Antwort des jungen Duumvirs. Vielleicht hatte die militärische Präsenz und das direkte Auftreten des Griechen den Octavier etwas eingeschüchtert. Oder dieser suchte gerade nur vergebens nach Worten, die Seleucus die Lage schnell und prägnant erklären würden.

    Beim Offcium angekommen wurde Lucius zum Duumvir eingelassen. Angesichts der athletischen Figur und der leichten Rüstung, hätte man auch erwarten können, dass Seleucus noch immer dem Militär angehörte. Dem war allerdings nicht so.


    "Salve, Duumvir", grüßte der Eprianer mit gewohntem, militärischen Ton.


    "Ich bin Praepositus Stationarium Lucius Eprius Seleucus und werde in Ostia zukünftig vor allem für die Sicherheit zuständig sein. Ich habe dich aufgesucht, um alles relevante über die Stadt in Erfahrung zu bringen."


    Lucius musste feststellen, dass der Duumvir vor ihm noch recht jung war.

    Zitat

    Original von Narrator Italiae
    "Beides ist sicher gut, aber beides ist erst der zweite Schritt." Stattdessen erklärte der Curator Rei Publicae seinem neuen Mitarbeiter erst einmal, wo die Statio lag, die er nun zu besetzen hatte. "Danach kannst du dich dann mit den örtlichen Amtsträgern bekannt machen."


    "Gut. Ich werde morgen nach Ostia aufbrechen um dort meine Arbeit aufzunehmen. Sicherlich werde ich mich bei dir melden, sollte es etwas wichtiges geben. Ich danke dir für deine Zeit, Curator."


    Lucius erhob sich und verabschiedete sich. Er sollte das Officium des Curator Rei Publicae heute also doch nicht arbeitslos verlassen.

    Zitat

    Original von Narrator Italiae
    "Gut, dann sollten wir es also mal versuchen. Du bist hiermit eingestellt als Praepositius Stationarium in Ostia. Ich lasse dir ein entsprechendes Dokument ausstellen. Du weiß, wo du dich dann dort zu melden hast?"


    "Ich denke bei der Stadtverwaltung. Des Weiteren könnte ich mich auch bei der Hafenverwaltung ankündigen."


    Fragend blickte der neue Praepositus in die Richtung des Curators.

    Nun hatte er es also geschafft. Sicher, ein paar Etagen tiefer, doch was nicht ist konnte ja noch werden. Er jedenfalls war fest entschlossen den Curator erst einmal als Praepositus von seinem Können zu überzeugen.


    "Sehr wohl, ehrenwerter Curator."