Beiträge von Ánthimos Bantotakis

    Kurz nachdem sie nochmal angestoßen hatten, war Timos endlich von der Arbeit gekommen. Ehe Ànthimos etwas sagen konnte, hatte sich Emilia den Strategos auch schon geschnappt und ihm auf jede Backe einen Schmatzer geklatscht. Thimos schaute ganz verdattert, musste dann aber auch grinsen. Emi war definitiv mit ihnen verwandt.


    Dann schwankte sie schnell zu ihrem Zimmer, man sah schon deutlich, dass sie mindestens einen Schluck zu viel getrunken hatte. Sein Bruder ließ sich neben ihm nieder und trank auch einen Schluck vom guten Wein.


    Nun setzte sich Anthi auf und auch er merkte, dass er ein wenig zu viel getrunken hatte. Aber bei ihm war es nicht ganz so schlimm, ihm war nur ein wenig schwummerig.


    "Ich hab vorhin fast genauso doof geschaut wie du, als sie plötzlich vor mir stand. Aber was für ein Wein! Tante Dyonysia versteht wirklich was davon. Wir dachten wir heben dir und Pelo auch einen Schluck auf."

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    "Ach du bist jung. Dich trifft keine Schuld. Außerdem wage ich zu bezweifeln, dass du dich mit unserem Geld auskennst."


    Ihre Probleme sollten sich von selbst lösen? Der Junge war gut! Nicht immer kam einem jemand zur Hilfe, der so dumm war wie Neanthes, dachte er sarkastisch. Er selbst war aber sicher der größte Idiot von Alexandria, wenn nicht gar von ganz Aegyptus, also konnten sie darauf sicher nicht hoffen.


    "Ja genau, vielleicht schenkt uns jemand das Geld, oder Pison wird von einem noch übleren Kerl um die Ecke gebracht. Nein Catu, so viel Glück werden wir nicht haben und darum werde ich sicher zu Tyche beten. Wir müssen das alleine schaffen. Und du überanstrengst dich nicht, sonst war noch alles umsonst! Also werde ich das machen. Ich treibe schon irgendwie das Geld auf, auch wenn ich keine Ahnung habe wie."


    Das wäre es jetzt noch: Catubodus würde losgehen und arbeiten um die Schulden zu bezahlen und stirbt dann an seinen Wunden. Alles wäre für die Katz gewesen. Neanthes legte sich auf sein Bett und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Er musste nachdenken, aber momentan war sein Kopf nur mit Selbstmitleit und Leere gefüllt...

    "Was sollen sie denn sagen? Du weißt ganz genau, dass die Braut oft schon eine Weile vorher bei ihrem Bräutigam wohnt. Und du kannst mir nicht erzählen, dass du gedacht hast wir kuscheln nur seitdem wir ein Bett teilen? Ich bitte dich! Du brauchst gar nicht mit dem Finger auf mich zu zeigen. Nur durch Tyches Segen haben wir jetzt kein Familienobehaupt das eine Rhomäerin geschwängert hat! Also was willst du denn? Wir waren ja schon verlobt und sind das auch schon lange genug ohne das sich jemand was denken sollte. Und wenn schon?"


    Anthi redete sich gerade in Rage. Wieso sollte er ihm nicht mehr vertrauen können? Hatte er ihn jemals angelogen? Nicht das er wüsste. Denn als er das erste mal mit Penelope geschlafen hatte, waren sie für ihn schon verlobt gewesen.


    "Die Leute auf der Straße...schick sie zu mir! Ich habe dich niemals angelogen! Es war ein Fehler dir nichts zu sagen, aber es war ganz gewiss kein Fehler mit ihr zu schlafen!"


    Sein Gesicht und seine Stimme wurden schlagartig weicher.


    "Ich werde Vater, Timos. Ich werde ein Kind haben, ein kleines süßes Kind. Daran kann nichts falsch sein. Du solltest dich mit uns freuen. Freu dich, dass du Onkel wirst. Es tut mir wirklich leid, dass wir dir nichts gesagt haben."

    Ànthimos meinte zuerst er hätte sich verhört. Er schnellte nach oben, ohne sich Gedanken zu machen, wo er gerade war und haute sich seinen Kopf gleich an einem Holzbalken des Käfigs an.


    "Verdammt" zischte er ärgerlich. Das würde wohl eine Beule geben. Konnte man solche Käfige nicht in agoranomosgerechter Höhe bauen? Kurz überlegte er ob er Menas daraus einen Strick drehen konnte, verwarf das aber dann doch wieder schnell.


    "Wie deine Schwester? Bist du dir da ganz sicher?" flüsterte er ihr ebenfalls zu. Das wäre ja ungeheuerlich! Aber was war dann zu tun? Er wollte ja nicht, dass seine Cousine, denn genau das war sie ja dann, weiterhin eine Sklavin blieb oder auch nur als Sklavin behandelt wurde.


    Er setzte eine ernste Miene auf, als hätte ihm Emilia gerde etwas gesagt, was es zu beanstanden gab. "Ich verstehe, zeig mir das mal genauer" sagte er dann laut und deutlich. Menas und zwei seiner Gehilfen wollten sogleich herbeieilen um zu sehen welches Problem die Scriba da offenbar gefunden hatte, doch eine herrische Handbewegung von Anthi ließ sie in ihrer Bewegung erstarren. Dann folgte er seiner Cousine zu ihrer Schwester.

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    Der Iatros nahm das Teblett entgegen. Er sah das Catu wütend war. Normalerweie hätte er ihn jetzt beruhigt, aber da er selbst ja auch angeschlagen war, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, wurde er nun auch ein wenig wütend, aber hauptsächlich verzweifel.


    "Das hätte die Schulden fast ganz beglichen. Und jetzt kann ich mit dieser Pfuscherei hier, die die Leute in Rhakotis Medizin nennen, gerde mal ein wenig mehr als die Zinsen bezahlen. Wenn ich ihm nur ein wenig was in harter Währung zurückzahlen könnte, wenn du verstehst was ich meine. Aber was soll ich nur machen? Du bist dafür zu jung und noch zu schwach und ich bin ein Iatros. Da sind mir die Hände gebunden. Wenn ich mich jetzt nicht mal mehr an den Hippokratischen Eid halten würde, könnte ich mir gleich einen Strick nehmen."


    Er stelte das Essen wieder weg und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Was war nur aus ihm geworden? Eben war er noch ein hoffnungsvoller Iatros gewesen, und jetzt war er ein verschuldeter Wunderheiler und überlegte seinem Gläubiger Gewalt anzutun. Wenn sein Vater das wüsste, würde dieser sicher einen Schierlingsbecher trinken...

    Auch Ànthimos war auf den billigeren Wein umgestiegen und nahm davon einen Schluck. Er wollte auch noch etwas für die anderen aufheben, denn diesen Genuss solte jeder einmal geschmeckt haben. Mittlerweile hatte sich der Grieche auch sichtlich entspannt und seine haarlosen Waden waren nun ebenso zu sehen, wie er da auf der Cline lag. Dass er Emilias Beine sehen könnte störte ihn nun auch nicht mehr. Eigentlich war er schon immer sehr ungezwungen mit dem weiblichen Geschlecht umgegangen, und nur Penelopes schwangerschaftsbedingte Eifersucht hatten ihn da ein wenig vorsichtiger werden lassen. Aber sie war ja jetzt nicht da, Emi war seine Cousine und sowieso konnte nichts passieren, denn ein Ànthimos Bantotakis wurde nicht verführt, sondern er verführte wenn er das wollte und das war nicht der Fall, also war alles in Ordnung, selbst wenn sie halbnackt hier herumspringen würde. Nur Penelope konnte er nicht widerstehen, da war er sich sicher.


    "Das ist eine gute Frage. Und genau die zeigt mir, wie gut sie und ich zusammenpassen" meinte er fröhlich, "Ja ihr ist schon seit einer Weile schlecht, aber wirklich übellaunig ist sie nicht. Vielleicht ein wenig leicht erregbar, aber das ist ganz normal hat mir ihre Hebamme gesagt. Dann nehm ich sie einfach in den Arm oder geb ihr einen Kuss, dann geht das schon. Schließlich trägt sie unser Kind unter ihrem Herzen und hat so eine große Verantwortung, da muss man ihr das zugestehen. Ansonsten ist sie eigentlich ein sehr stiller Mensch, fast schon scheu. Am Anfang war das noch schlimmer, aber ich habe sie da ein paar mal etwas angestoßen. Aber ruhig ist sie immernoch, das ist halt ihre Natur. Außer wenn sie an der Kithara spielt, dann ist sie völlig anders. Sie spielt und singt dann so wunderschön, dass man denken könnte eine der Musen hätte ihren Platz eingenommen. Und einmal hat sie sich in der Volksversammlung zu Wort gemeldet und einen Griechen namens Marcus Achilleos in Grund und Boden geredet. Da wär mir vor Stolz beinahe das Herz aus der Brust gesprungen. Ansonsten hat sie sich immer toll um mich und meine Brüder gekümmert was die Hausarbeit und das Kochen anging. Ich musste sie beinahe zwingen jetzt etwas weniger zu machen. Sie dachte doch wirklich, ich hätte unsere Sklavin gekauft, weil mir ihr essen nicht schmecken würde. Von allen Geschenken, die uns die Götter hier haben zuteil werden lassen, ist sie mit Abstand das wertvollste, dessen bin ich mir sicher.


    Seine Augen strahlten, als er von seiner Frau erzählte. Manchmal lag er Nachts einfach wach negen ihr, beobachtete sie wie sie friedlich schlief und dankte den Göttern für sein Glück.

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    Neanthes' dunkle Miene verfinsterte sich noch einmal deutlich. Zum einen wurde ihm nun sein schmerzender Magen wieder bewusst, den er Pison zu verdanken hatte. Damit er wisse, was passiere, wenn er die nächste Rate mit den gestiegenen Zinsen nicht rechtzeitig begleichen würde. Dazu hatte ihm eine hässliche alte Vettel, deren Mann früher ein Waffenschmied gewesen war, erzählt dass ihn dieser Sohn eines Hundes, auch noch bei der Anrechnen von Catubodus Schwert auf die Schulden übers Ohr gehauen hatte. Das Schwert des Kelten war mindestens das fünffache wert gewesen, was ihm dieser Haslabschneider berechnet hatte.


    "Schön, dass es dir besser geht, aber du musst vorsichtig sein. Nur weil die Wunde zu ist, heißt das noch nicht, dass innen auch alles schon verheilt ist. Du musst dich noch eine Weile schonen!"


    Als Arzt hatte man die Pflicht für seine Patienten zu entscheiden, schätzte man selbst die eigene Gesundheit meist viel zu gut ein.


    "Aber du hast Recht heut ist kein guter Tag. Zum einen war Pison vorhin da und hat mir gezeigt, dass ich besser meine Raten pünktlich zahlen sollte." Er hielt sich kurz den Bauch als er sich auf das andere Bett setzte und verzog dabei das Gesicht vor Schmerzen.
    "Und dann habe ich auch noch herausgefunden, dass er mir für dein Schwert viel zu wenig gegeben hat. Es tut mir leid, ich habe von so etwas einfach keine Ahnung. Ich bin Iatros und kein Kämpfer."


    Niedergeschlagen zuckte er mit den Schultern. Eigentlich war er noch nicht einmal das...

    Ànthimos versteckte seine Ablehnung dieses Vorgehens hinter einem hämischen Grinsen. Due Rhomäer mussten ja wirklich furchtbare Angst vor den Prytanen der Polis haben. Waren sie doch alle gedungene Schläger und Meuchelmörder. Eigentlich war das nicht Anthis Art, aber wie hire mit den WÜrdenträgern der Polis umgesprungen wurde war einfach unwürdig. So ließ er die Untersuchung stumm über sich ergehen, doch man sah an seinem Gesicht und seiner Körperhaltung, was er davon hielt. Dann folgte er den anderen stumm in die Regia.

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    Neanthes von Ankyra, war einstmals der Spross einer bekannten Arztfamilie gewesen, aber nun war er nicht mehr als einer der vielen Wunderheiler und Zahnreißer wie es so viele in Rhakotis gab. Er lief die Treppe hinauf zu seinem momentanen Patienten, aber sein Gesicht war verdunkelt. Gerade war er wieder dagewesen und hatte ihn in die Mangel genommen. Er war ein finsterer Geselle, namens Pison, dem Neanthes eine nicht geringe Menge Geld schuldete. Es war wohl der größte Fehler seines noch relativ jungen Lebens gewesen, sich von ihm Geld zu leihen. Aber was hätte er den tun sollen? Er fühlte sich dem Hippokratischen Eid verpflichtet, auch wenn er noch kein ganzer Iatros war. Er, der Sohn des Dimitrios von Ankyra war nach Alexandria gereist um dort seine letzten Ausbildungsschritte zum Iatros zu absolvieren. Nicht, dass er nicht schon praktizieren könnte, er hatte jahrelang seinem Vater über die Schulter geschaut und ihm assistiert, aber die Iatroi des Museions waren nun mal die besten und geachtetsten der ganzen Welt.


    Auf einmal war er einfach da gelegen. Genau neben dem Karawanenweg war dieser kleine, blonde, junge Mann gelegen und hatte eine schwere Wunde und mehrere kleine gehabt. Alle liefen an ihm vorbei, doch Neanthes hatte das nicht gekonnt. So hatte er sich seiner angenommen und auf dem staubigen Boden behandelt. Doch es war klar, selbst verarztet würde er hier sterben, wenn er ihn einfach liegen ließ. So hatte er einen Karawanenführer bezahlt, den Kerl mitzunehmen. Die Reise dauerte noch Wochen, und der Mann, er war ein Kelte und hieß Catubodus wie sich später dann herausstellte, erwachte nur ab und an mal kurz aus seinem fiebrigen Schlaf. Die tiefe Wunde an seiner Schulter hatte sich trotz seiner Behandlung böse entzündet, und die wackelige Reise tat ihr übriges um seinen Zustand weiter zu verschlimmern.


    Der Weg war lang und Mühsam gewesen aber irgendwann kamen sie dann doch endlich in Alexandria an. Catus Zustand war weiterhin schlecht, und es wäre das klügste gewesen ihn sofort ins Museion zu bringen, doch das traute sich Neanthes nicht. Er konnte schließlich nicht einem Patienten mit brandigen Wunden im Museion auftauchen. Sofort wäre man dort von seiner Unfähigkeit überzeugt gewesen! Also nahm er sich mit seinem restlichen Geld ein Zimmer in einer Taberna in Rhakotis um dort erst seinen Patienten zu heilen und anschließend dann ans Museion zu gehen. Doch aus den angedachten Tagen waren mehrere Monate geworden, denn Catus Wunden entzündeten sich immer wieder und ihr Geld war schnell aufgebraucht. Und als der Kelte dann langsam wieder zu Kräften kam, hatte Neanthes sich einen zu großen Schuldenberg angehäuft um ans Museion zu gehen. Ein Iatros hatte ehrbar zu sein und da passte es einfach nicht Schulden bei einem finsteren Gesellen in Rhakotis zu haben. Lieber würde er für immer verschwunden bleiben, als seinem Vater diese Schmach zu bescheren. Und nun praktizierte er halt hier in einem Hinterzimmer einer schmierigen Spelunke im Armenviertel Alexandrias.


    Vorsichtig öffnete er die Tür. Catubodus saß auf dem Bett. Neantes trug ihm nichts nach, nein er hatte ihm sogar Latein und Koine beigebracht. Er war ein guter Mann, der einfach Pech gehabt hatte und damit war er dem Spross der Arztfamilie wohl ähnlicher als jeder andere hier in diesem Haus. "Wie geht es dir?" stellte er die obligatorische Frage und stellte das Tablett mit einem Kruge sauren Weins und hartem Brot ab.

    Der Sklavenhändler sprach ihn von der Seite er an. Er kannte diesen eklhaften Wurm. Er hieß Menas und war ein Dakischer Sklavenhänder. Und zwar einer von der üblen Sorte, die ihre Sklaven nicht einmal wie Tiere behandelten. Aber er hatte sich bisher hier auf dem Markt nichts, aber auch gar nichts zu schulden kommen lassen, und so waren dem Agoranomos leider die Hände gebunden. Nur allzu gerne hätte er ihm die Betriebserlaubnus entzogen und ihn anschließend für eine Runde Pankration mit ins Museion genommen.


    "Menas. Ob ich Interesse an deinen Sklaven habe? Wenn ich geprügelte und geschunde Kreaturen möchte, hole ich mir einen Hund aus Rhakohis" ätzte der Agoranomos. "Ich bin mal wieder hier um mir deine Praktiken anzuschauen und deine Sklaven zu überprüfen. Die letzte Prüfung ist schon eine Weile her und ich will doch mal schauen, ob deine Sklaven das sind, was sie scheinen. Aber wenn es so wie sonst auch ist, hast du ja nichts zu befürchten. Darf ich vorstellen, dass ist Emilia Bantotakis, meine neue Scriba, sie wird mir helfen." Seiner Stimme war anzuhören, dass er nur zu gerne etwas finden würde um diesen Menschenschinder von seinem Markt zu bekommen.


    "Emilia, schau nach der Griechin. Achte darauf, ob sie noch andere, überschminkte Wunden oder sonstige Verschönerungen hat. Ich schau mir die Germanin genau an."


    Er nickte dem Sklavenhändler ernst zu und öffnete dann den Käfig mit der Germanin. Sie sah alles andere als gut aus und sofort bereute Ànthimos nicht seine Arzttasche dabei zu haben um ihre helfen zu können.

    Auch Anthis Miene verdunkelte sich. Er hasste sowas, doch in diesem Fall ging es ihm nicht anders als den Sklaven: Ihm waren die Hände gebunden! Die Sklaven waren der Besitz der Sklavenhändler und die konnten mit ihrem Eigentum tun und machen was sie wollten. Ob das nun Anthi und Emi gefiel oder nicht. Und bei einem da war sich der Grieche auch im Klaren, nämlich dass er nicht jeden Sklaven aus Mitleid würde kaufen können. Das hatte er bei Eilean getan, aber das war eine Ausnahme gewesen.


    "Leider nicht. Vor dem Gesetz zählen die Sklaven nicht als Menschen, sondern als Gegenstände. Und mit denen kann numal jeder tun und lassen was er will, solange er damit niemanden sonst schadet. Und ich könnte nur was machen, wenn er ihre Wunden nachher versucht zu vertuschen. Ob uns das jetzt gefällt, spielt da leider keine Rolle. Als ich Eilean damal gekauft habe, sah sie auch ganz schlecht aus. Das war mit der Hauptgrund, warum ich sie mitgenommen habe, auch wenn sie kein Koiné spricht."

    "Die Prytanen werden immer für ein Jahr von der Volksversammlung gewählt. Und schlimme vergehen? Nun wir haben einmal eine manipulierte Goldwaage gefunden und da sie offenbar schon eine Weile so war und wir einige Beschwerden hatten konnte ihn nur sein voller Geldbeutel davor retten eine Hand zu verlieren. Er hat die Leute entschädigt, dann hat er eine große Strafe bezahlt und seit dem habe ich ihn hier nicht mehr gesehen. Ich bin sicher, dass ich da auch von der guten Arbeit meiner Vorgänger profitiere. Die meisten schwarzen Schafe machen einen großen Bogen um Alexandria oder verkaufen ihre Waren nicht auf dem Markt. Vor gar nicht allzu langer Zeit hat der früherer Strategos Cleonymus einen Schwarzmarkt ausgehoben aber gerade in Rhakotis oder dem Delta ist das nicht so einfach."


    Rhakotis lag Anthi noch deutlich mehr am Herzen als das Delta. In keinem Stadtteil war er bisher seltener gewesen.


    "Ach ich glaube wir gehen erstmal noch auf den Sklavenmarkt und anschließend fangen wir mit ein paar Kontrollen an. Bisher habe ich noch keine neuen Händler gesehen, die ich nicht schon kenne. Ich schaffe mir immer erst gerne einen kleinen Überblick, damit mir nicht ein dicker Fisch durchs Netz geht. Da hinten ist der Sklavenmarkt."


    Zielsicher steuerte er sich und seine Kousine in die richtige Richtung.

    Ànthimos freute sich über ihren Wissensdurst. Endlich mal jemand, den die Arbeit wirklich interessierte und der nicht nur stupide notierte.



    "Nein, das kann ich natürlich nicht alleine machen. Wir haben noch einige andere Kontrolleure, die ich dann koordiniere. Bei mir laufen also alle Fäden zusammen. Aber ich gehe so oft wie möglich selbst nach draußen und mache auch so viel wie möglich selbst. Ich finde als Agoranomos muss man ein Gefühl für den Markt haben und um das zu bekommen, muss man so oft wie möglich dort sein. Mein Vorgänger hat mir da viel beigebracht, aber es gab auch schon Agoranomoi die ihre Schreibstube nie verlassen haben."


    Seut seinem ersten Tag als Scriba war er über jede Minute froh, die er nicht in seiner Stege verbringen musste.



    "Die Qualität der Lebensmittel ist ganz wichtig. Wie du vielleicht weißt, hängen vile Krankheiten auch damit zusammen was wir essen. Und wenn dann fauliges Obst und dergleichen mit Farbe wieder frisch gemacht wird, muss das unterbunden werden. Jeder neue händler muss zu mir kommen und dort eine Betriebserlaubnis beantragen. Normal wird ihm diese auch erteilt, wenn er nicht schon negativ aufgefallen ist. Und wenn er dann die Standarts nicht erfüllt, nehme ich ihm die Betriebserlaubnis wieder weg, wenn es sein muss mit Gewalt. Die Strafen für vergehen hängen natürlich stark davon ab, was begangen wurde. Aber für die schweren Strafen ist dann die Stadtwache zuständig. Die wird dann eingeschaltet, wenn sich die Händler weigern zu bezahlen, oder die Vergehen größer als üblich sind, aber das kommt selten vor. Lieber bringen wir Drachmen in die Kassen der Stadt als körperliche Strafen zu vollziehen."


    Zum Glück hatte er noch keine wirklich schlimmen Strafen aussprechen müssen. Ob das daran lag, dass er ein guter Agoranomos war, oder gerade eben nicht, das sollte sein Nachfolger eines Tages entscheiden.



    "Bei den Sklaven gibt es selten Probleme. Außer vielleicht dass verletzungen vertuscht werden. Aber seltsamerweise achten die Leute besser auf die Sklaven die sie kaufen, als auf die Lebensmittel die sie essen. Bisher ist noch nie jemand zu mir gekommen, der sich über minderwertige Sklaven beschwert hat. Aber für die Getreidelieferungen nach Rom ist der Euthenarchios zuständig. Deswegen muss ich das Getreide nicht kontrollieren, weil wir da eng zusammen arbeiten und er mich auf winderwertige Ware hinweisen würde."

    Die Luft des Xenai Agorai roch anders als die Luft auf anderen Märkten. Es lag immer ein hauch von Exotik in der Luft. Waren aus allen römischen Provinzen und aus noch ferneren ländern wurden hier angeboten und alleine die verschiedenen Gewürze sorgten für ein unglaubliches Geruchsbouquet, dass wohl einmalig auf der Welt war. Aber auch das Angebot an Früchten und Speisen war beinahe unendlich und Anthi hatte hier schon so viele verschiedene Nahrungsmittel gekostet, dass er von den meisten die Namen schon wieder vergessen hatte. Jeder Tag war eine Abwechslung und genau deswegen mochte Anthi das Amt des Agoranomos so gerne.


    Und so war ihm auch die Abwechslung willkommen, dass ihn heute Emi bei seiner Inspektion begleitete. Sie war in die Agora gekommen und dort hatte er sie mit einer Wachstafel und einem Griffel ausgestattet und sie hatte ihn begleitet. Sein hauptscriba hatte ganz schon doof geschaut, als der Agoranomos mit dem hübschen lockenkopf abgerauscht war. natürlich hatte er seine Schreiber nicht darüber aufgeklärt wer sie war und nur knapp gesagt, dass er heute ohne sie auf den Markt gehen würde. Doch Bedauern darüber hatte er in deren Augen nicht sehen können. Faules Pack!


    Nun lief er also mit seiner Kousine über den Markt und erfreute sich über ihr Staunen über das reichhaltige Angebot. Dass da keine Frau wiederstehen konnte, hatte er sich ja fast gedacht, und Emilia blühte noch einmal richtig auf. Auch die Masse an Menschen war natürlich beeindruckend. Nubier, Numidier und andere dunkelhäutige Barbaren aus dem Süden, Nomaden aus dem Osten, Parther, Syrier, Skythen, Dardaner, Daker, Illyrer, Perser, Thraker, Ägypter, natürlich Griechen und Römer, aber selbst hellhäutige Händler die wohl aus Germanien oder Gallien stammten, waren zu sehen. Normalerweise hätte Anthi die vielen Völker niemals auseinanderhalten können, aber da er die meisten Händler kannte, wusste er auch wo sie herkamen.


    Nachdem er sie sich hatte umschauen und sich ein wenig an den Troubel hatte gewöhnen lassen, wurde er aber wieder geschäftiger.


    "Nun ich bin dafür da, die Märkte zu überwachen. Also schaue ich zum einen, ob die Waren der Händler die richtige Qualität haben und ob die Waagen der Händler auch stimmen. Zudem ist es meine Aufgabe zu schauen, dass niemand Waren verkauft der das nicht darf. Es dürfen nämlich nur Händler verkaufen, die eine entsprechende Erlaubnis dazu haben. Eigentlich wird das immer wieder versucht, aber die Meisten werden von uns entdeckt und dürfen dann ihren Obulus an die Stadtkasse entrichten. Und wenn sie das nicht machen, dann dürfen sie die Stadtwache kennen lernen."

    Emilia schien den Wein offenbar gewohnt zu sein Wein zu trinken, denn sie trank ihn fast wie Anthi sonst Wasser. Aber der Wein war auch zu gut. Da konnte der vielgepriesene Faelener-Wein nicht mithalten, da war er sich sicher. Und wo sie gerade beim Mithalten waren, wollte er natürlich auch nicht gegenüber seiner Kousine schwächeln und nahm ebenfalls nochmal ein kräftigen Schluck.



    "Darauf freu ich mich. Wirklich mit meinen Scribae bin ich nicht zufrieden. Kaum können sie mal ein paar Stunden nicht auf ihren Hintern sitzen, machen sie ein Gesicht als müssten sie Essig trinken. Weißt du, ich war der jüngste und der neueste Scriba des alten Agoranomos und ich wurde sein Nachfolger. Die anderen verdienen lieber ihre 20-30 Sesterzen und haben keine Verantwortung. Ich war jeden Tag biegierig darauf auf den Markt zu kommen, damit ich nicht im Schreibzimmer einstaube. Und Fragen sind immer gut, denn sie zeigen dass man interessiert ist."


    Er zwinkerte ihr ebenfalls zu und begann dann schwärmerisch von Pelo zu erzählen. Seine Zunge war auch vom Wein etwas gelöst worden.


    "Sie hat richtig schöne Haare. Ganz schwarz, voll und leicht gewellt. Aber das sieht man leider nur selten, weil sie die Haare meist hochsteckt. Ich find das sehr schade, denn dann sieht sie immer so ernst aus. Andererseits sieht man dann ihren schönen schlanken Hals besser, aber ich mag es lieber wenn sie die Haare offen hat. Wobei ich es so ja als Einziger zu sehen bekomme was das ganze auch wieder reizvoll macht. Du hast auch sehr schöne Haare. Solche Locken sieht man selten."

    Ànthimos trank einen kräftigen Schluck von dem dunklen Rotwein. Er war stark und süß und nicht so unangenehm herb wie manch anderer Wein. Sanft rann er seine Kehle hinab und brachte eine leichte Wärme in seinen Magen.



    "Das ist wirklich ein vortrefflicher Wein. Deine Mutter wird ihrem Namen wirklich vollauf gerecht, ich bin begeistert. Aber dann machen wir das doch so. Wenn du dich ein wenig bei uns eingelebt hast kommst du einfach mit mir in die Agora und dann auf den Markt. Wenn es dir dann gefällt, kannst du gleich bei mir anfangen. Und wenn nicht finden wir was anderes für dich."


    Er nahm nochmal einen tiefen Schluck und goss gleich nochmal nach. Eigentlich trank er nie viel- na gut nie stimmte nicht so ganz, seitdem er damals mit prudentius Scipio ordentlich gebechert hatte- aber es war doch viel seltener als bei seine beiden Brüder.

    "Sehr schön. Du kannst ja erstmal reinscheuen und dann entscheiden. Vielleicht findest du es ja auch spannender den Strategos bei der Jagd auf Verbrecher zu begleiten, als fast jeden Tag auf den Markt zu gehen."


    Wenn er so richtig darüber nachdachte, war das wohl eher ein Argument für ihn als Agoranomos, denn jeder wusste wie sehr die meisten Frauen Märkte liebten. Dann schaute Anthi aber nicht schlecht, als Emilíia ihm eine Flasche Wein in die Hand drückte und ihm sagte was darin war, und das es ein Geschenk für ihn sei.


    "Wein ist nie verkehrt. Man schlaäft besser wenn man Wein getrunken hat. Milon von Kroton hat schließlich jeden Tag 10 Liter Wein getrunken, und war einer der größten Athleten aller Zeiten. Und was wäre ich für ein Gastgeber, wenn ich ein solches Geschenk nicht annehmen würde? Dann bekomme ich wohl nicht nur Ärger mit dir und deiner Mutter, sondern auch nich mit Dionysos."


    Wein in einer Glasflasche war schon was besonderes. Zumal der selbstgemachte Wein von Tante Dionysia ja schon beinahe eine Legende war. Nun fiel ihm auch das erste Mal auf, wie passend eigentlich der Name war. Sein Onkel war schon en sehr kluger Mann gewesen, diese Frau zu heiraten. Und wenn es stimmte was Emi über ihre Kochkünste sagte, dann hätten sie jetzt drei hervorragende Köchinnen im Haus. Die Götter meinten es wirklich beinahe zu gut mit ihnen. Nachdem die Flasche entkorkt war, schenkte er ihnen beiden einen Becher voll ein.


    "Dann lass uns anstoßen, auf deine Ankunft und eine gute Zukunft in Alexandria!" Bevor er aber dann mit ihr anstieß, vergoss er einen kleinen Schluck, damit seine Worte auch bei den Göttern Anklang finden würden.

    "Natürlich, das ist eine gute Idee. Ich denke mal sie müssten auch bald kommen. Genau kann man das nie sagen, aber ich bin ja auch nur da, weil ich vorhin einen Patienten hier behandelt habe. Aber komm, ich zeig dir alles."


    Er legte seine Hand sanft auf ihren Rücken und führte sie durch das ganze Haus. Das Tablinum und das Triclinum hatte sie ja schon gesehen. Also zeigte er ihr zuerst den Hof mit dem Gatter für das Kalb, anschließend gingen sie durch den Garten ins Musikzimmer um ihr dann sein Behandlungszimmer und das Bad zu zeigen. Zu letzt war das Obergeschoss mit den vielen Schlafzimmern dran und dem Ausblick auf den Garten dran.


    Als sie den Rundgang beendet hatten, wollte Emilia sich noch waschen und umkleiden. Also zeigte ihr Anthi ihr zukünftiges Zimmer und wartete so lange einfach im perystilon. Als sie damit dann fertig war, beschlossen die beiden im Garten weiter zu warten, wo es zu dieser Tageszeit besonders angenehm war.