Beiträge von Ánthimos Bantotakis

    Sie machte sich immer mehr Sorgen, natürlich völlig zu Unrecht.
    "Du bist ja putzig. Was denkst du wohl passiert mit mir, wenn ich zu einem richtigen Wettkampf gehe und das nicht vorher so ernst wie möglich trainiert habe? Natürlich kämpfen wir nicht bis zum Allerletzten, aber ein ordentliches Training muss schon sein. Aber keine Angst, normalerweise gibt es da nur ein paar blaue Flecke und sonst nichts."


    Pelo war ja lustig. Vielleicht sollten sie sich noch gepolsterte Handschuhe oder so etwas anziehen! Manchmal kamen Frauen auf Ideen...

    "Sein Name ist Lysimachus, und er ist ein Dardaner. Er ist ein großer ungehobelter Klotz, aber ein netter. Er sieht nicht nur aus wie ein Bär, er ist auch sehr stark. Allerdings ist er unbeweglich und viel zu schwer. Dafür hat er einfach zu viel Fett am Körper. Ich denke sobald er merkt, dass er keine Chance gegen mich hat, werde ich ihn wohl dafür bezahlen müssen, dass er mit mir kämpft." Anthi zuckte mit den Schultern. Beim Sport war Bescheidenheit keine seiner Tugenden.
    "Außerdem sieht er aus als hätte er schon einige Male zu oft Schläge ins Gesicht bekommen. Mal schauen, ich denke mit ihm werde ich häuptsächlich Faustkampf und Pankration üben. Wenn er davon genug hat, werden wir wohl ringen."


    Dann erinnerte sich an Pelos letzte Frage.


    "Vorsichtig? Pelo, ich weis was ich tue. Der Andere muss vorsichtig sein, denn die Vorsichtigen verlieren bei diesen Sportarten. Mit Angst und Vorsicht kann man nicht gewinnen. Aber vertrau mir, ich bekomme selten etwas ab und vermag mein Gesicht schon zu schützen, wenn es dir darum geht."


    Er lächelte ihr aufmunternd zu. Er war es gewohnt zu gewinnen, und da kannte sein Selbstvertrauen beinahe keine Grenzen.

    Anthi meldete sich. Wenn er sich bei einem Gott auskannte dann war es Herakles. Schon als kleiner Junge wollte er diesem nacheifern und sein wertvollster Besitz war dem Sohn des Zeus gewidmet.


    Also meldete er sich. Da sich sonst keiner meldete, er ging davon aus dass Pelo und Timos ihm den Vortritt ließen, kam er auch dran.


    "Das Gymnasion ist Herakles und Hermes geweiht. Herakles und Hermes unterscheiden sich dergestalt, dass Herakles eine sterbliche Mutter hatte und somit nicht von Anfang an ein Gott war, im Gegensatz zu Hermes der zu den zwölf großen Olympischen Göttern gehört. Herakles hingegen zählt man zu den vergötterten Halbgöttern wie Thimótheos schon völlig richtig ausgeführt hat."


    Anthi holte kurz Luft.


    "Die Taten des Herakles waren groß an der Zahl, doch erzählt man sich meist seine zwölf wichtigsten Taten. Diese waren die Erlegung des Nemëischen Löwen, den er erwürgte, die Tötung der neunköpfigen Hydra, die er in zwei Teile schlug, das Einfangen der Kerynitischen Hirschkuh, des Kretischen Stiers und des Erymanthischen Ebers, dem Ausmisten der Rinderställe des Augias, wofür er die Flüsse Alpheios und Peneios umleitete, das Ausrotten der Stymphalischen Vögel, die er mit zwei vergifteten Pfeilen tötete, die Zähmung der menschenfressenden Pferde des Diomedes, das Herbeischaffung des Wehrgehänges der Amazonenkönigin Hippolyte, der Raub der Rinderherde des Riesen Geryon, das Pflücken der goldenen Äpfel der Hesperiden und zu guterletzt das Heraufbringen des Kerberos an die Oberwelt, nachdem er ihn niedergerungen hatte."
    Das alles erzählte er mit geschlossenen Augen, denn während er das sagte dachte er an seinen Vater der ihm diese Geschichten bestimmt einige hundert Male erzählt hatte.


    "Entschuldige bitte verehrter Gymnasiarchos, dass ich so viel über Herakles erzählt habe. Ich bin mir aber sicher, dass es über Hermes nicht weniger zu berichten gibt."


    Dabei schaute er kurz zu Pelo, denn über Hermes konnte sie sicher stundenlang erzählen, und dann zum Gymnsasiarchos.

    "Wenn wir es bei einem schaffen würde das der Familie schon sehr helfen. Aber das wird schon. Uns geht es zum Glück ja gut genug, damit wir anderen helfen können."


    Jetzt war noch ein Thema offen, bei dem er stark schwankte ob er Penelope davon berichten sollte oder nicht.


    "Und ich hab endlich einen Trainigspartner für die Schwerathletik gefunden. Ach sieh mal dort drüben gibt es was zu essen. Hast du auch solchen Hunger wie ich?" Der letzte Satz war ein erbärmlicher und zum Scheitern verurteileter Versuch dieses Thema gleich zu überspringen. Obwohl Anthi natürlich wirklich Hunger hatte...wie immer eigentlich.

    "Gute Arbeit? Wenn sie anständig lernen können sie vielleicht mal als Scriba arbeiten und deutlich mehr Geld verdienen. Ob das mit den beiden älteren Jungs noch was wird, weis ich nicht, aber dem kleinen Nebtabi können wir sicher zu einer guten Zukunft verhelfen."


    Er hatte auch in diesem Alter angefangen Lesen und Schreiben zu lernen.

    "Ich hab ihr das Geld einfach angeboten. Natürlich sollst du von ihr die beste Behandlung bekommen. Ich weis zwar dass du die auch so bekommen hättest, aber ich möchte Inhapy ja nicht ausnutzen. Von daher halte ich es nur für richtig ihr Geld zu geben. Ich hab auch gleich gesagt, dass ich da nicht mit mir diskutieren lasse."


    Wahrscheinlich hatte es Anthi am Meisten gewundert, dass sie nicht mehr lange diskutiert hatte. Aber er war halt ein stattlicher Grieche und kein kleiner Ägypter wie Inhapys Mann, den man einfach so umkommandieren konnte. Daran musste es wohl gelegen haben.


    "Ich kümmer mich gerne um die beiden älteren Jungs. Dann werde ich ihnen die Geschichten von Herakles und Milon von Kroton beibringen."

    "Ja das war gar nicht so einfach. Aber als ich sie überzeugt habe, dass ich keine Hebamme werden will, ging es ganz schnell. Außerdem habe ich mit ihr ausgemacht, dass ich ihr 10 Drachmen die Woche bezahle. Einmal natürlich für deine Behandlung und damit sie mich etwas lehrt. Sie hat mir auch schon beigebracht wie man Schürfwunden richtig säubert. Außerdem hab ich Inhapy überredet, dass ihre Jungs zweimal pro Woche zu uns kommen und bei uns lesen und schreiben lernen. Ich weis aber auch gar nicht mehr so genau wie wir darauf gekommen sind." Jetzt war er auf Pelos Reaktion gespannt. Schließlich mochte sie Inhapys Kinder und deshalb würde sie sich darüber sicher sehr freuen. Das war auch einer der Hauptgründe für sein Angebot an die Ägypterin gewesen.

    Pelo war verdutzt aber nicht schockiert-das war doch schonmal was.
    "Nein, ich möchte keine Hebamme werden. Aber Inhapy weis viel über den Körper, über Pflanzen und Heilmittel. Ich meine bei platzwunden und sowas kenne ich mich ja aus, die sind bei der Schwerathletik an der Tagesordnung. Zum Glück aber meist nur bei meinen Gegnern." Er lächelte ihr aufmunternd zu. "Und den Körper und die Muskeln kenne ich ja auch sehr gut. Wenn du magst kann ich dir nachher mal alle Muskeln genau zeigen die ich so habe." Er drückte sie an sich und gluckste dabei vergnüngt.

    "Du hast recht, ich halte mich da besser raus. Wird sicherer sein." Dann fiel ihm ein, dass er ihm noch gar nichts von seinen anderen Plänen wegen des Studiums am Museion erzählt hatte.


    "Ich wollte dir noch etwas erzählen, aber du wirst mich sicher für verrückt halten...ich möchte am Museion ein Studium der Medizin beginnen. Und damit ich da nicht ganz ohne Wissen hingehe wird mir Inhapy einiges beibringen."

    Da fiel Anthi ein Stein vom Herzen. Agoranomos war nunmal genau das Amt, das ihm so zusagte und Castors Unterstützung war ihm sehr wichtig.


    "Das freut mich sehr das du mir den Posten zutraust. Dir geht es aber hoffentlich gut, und es sind persönliche und keine gesundheitlichen Gründe die dich dazu veranlassen nichtmehr anzutreten. Aber ich muss gestehen, dass ich bei sowas noch sehr unerfahren bin. Ich hoffe du kannst mir ein paar Hinweise geben, wie ich die Wähler für mich einnehmen kann."

    Jetzt war Ànthimos zwar ein wenig erstaunt, aber durchaus positiv.


    "Natürlich darfst du uns zum Essen einladen. Was ist denn das für eine Frage? Allerdings nur, wenn du uns danach auch einen Besuch abstattest. Allerdings werde ich da nicht kochen, denn dass kann ich leider überhaupt nicht. Unter uns: Wenn ich koche rollt es einem die Fußnägel hoch. Natürlich würde ich das nie zugeben, aber wenn niemand kocht, dann gehe ich immer essen. Da hat mein streben nach Perfektion ein jähes Ende gefunden."


    Auch Anthi lachte nun.

    "Danke." Anthi setzte sich. "Ich denke so wie ich dich kennengelernt habe ist es auch in deinem Sinne, wenn ich gleich zur Sache komme. Ich habe meine Ephebia bald hinter mir und demnächst stehen wieder Wahlen an. Ich würde mich gerne für das Amt des Agoranomos zur Wahl stellen. Ich habe jetzt eine Weile unter dir gearbeitet und würde mir das Amt durchaus zutrauen. Allerdings werde ich nicht gegen dich antreten. Ich bin dir für die Chance die du mir gegeben hast sehr dankbar, und es würde mir zutiefst wiederstreben dir so in den Rücken zu fallen. Wenn du also weiter Agoranomos bleiben möchtest, werde ich davon absehen. Daher wollte ich dich fragen, ob du weiter Agoranomos bleiben möchtest, oder ob du vielleicht ein höheres Amt anstrebst. Entschuldige bitte, wenn ich dich damit jetzt so einfach überfalle."


    Ànthimos war ein wenig nervös, weil er nicht so genau wusste, was er jetzt zu erwarten hatte. Aber normal war Castor ein Mann klarer Worte, der eben solche auch respektierte.

    Schwungvoll trat Anthi ein und nickte seinem Chef freundlich zu.


    "Chaire. Da heute nicht viel zu tun ist, wollte ich dich fragen ob zu ein bischen Zeit für mich hast. Ich würde gerne etwas mit dir besprechen, wenn du nichts dagegen hast."


    Ànthimos stellte sich hinter den Stuhl auf dem normal die Gäste des Agoranomos platz nahmen. Noch setzte er sich nicht. Er wusste dass sein gegenüber ihm wohlgesonnen war, trotzdem lies er es natürlich nicht an Respekt mangeln.

    Irgendwie schien ihn jeder gleich für einen großen Künstler zu halten. Aber das war eines der wenigen Gebiete bei dem Anthi wirklich bescheiden war. Schließlich gab es sicher genug Menschen, die sowas als Hauptbeschäftigung machten und Anthi zeichnete eigentlich eher weil es ihm Freude machte.


    "Ich bin am Überlegen in Zukunft einige Bilder zu verkaufen. Vielleicht mache ich ein Geschäft auf. Allerdings bin ich wohl eher ein begabter Laie als ein wirklicher Vollblutkünstler. Ich meine sicherlich gibt es viele Leute deren Lebensinhalt das Zeichnen ist, und ich würde nie behaupten mich mit denen messen zu können. Allerdings hast du schon recht, denn ich bin sehr pingelig was meine Bilder betrifft. Da bin ich schon wie beim Sport. Aber nur so kann man sich mit den Besten messen."

    Da rannte Inhapy offene Türen ein. Anthi achtete schon immer sehr genau was er aß. Das musste er auch als Athlet, schließlich merkte man nur allzu schnell das manche Speisen einen brutal bestraften, wenn man am nächsten Tag trainierte.


    "Da hast du recht. Das hab ich an mir auch schon gemerkt. Muss ich bei Pelo auf irgendwas achten. Braucht sie eine besondere Ernährung jetzt wo sie für zwei isst? Ich weis ja was ich essen muss um gesund und stark zu bleiben."

    Heute war wieder mal wenig los in den Arbeitsräumen des Agoranomos. Normalerweise gefiel das Ànthimos gar nicht, denn dann kam schnell Langeweile auf. Aber heute kam ihm das sehr gelegen, denn er wollte mit Mithridates Castor sprechen. Bis zu den Wahlen war es nicht mahr lange, seine Ephebia endete demnächst und Anthi wollte gerne ein Amt in Alexandria übernehmen. Am Liebsten würde er eben das des Agoranomos ausfüllen, aber es hatte sich nichts daran geändert, dass er auf gar keinen Fall gegen seinen jetzigen Arbeitgeber antreten würde. Er hatte viel von ihm gelernt, verdankte ihm einiges und mochte die Aufgaben, die dieses Amt stellte. Man hatte viel Umgang mit Menschen und war eigentlich täglich auf den Märkten der Stadt unterwegs. Und als Scriba des amtierenden Agoranomos hatte er bei der Wahl sicher gute Chancen.


    Das ging ihm alles nochmal durch den Kopf, als er an M.C.s Tür klopfte.

    Das war für Anthi wohl kein Problem. Ruhig konnte er gut bleiben. jemand der leicht in Panik geriet, würde beim Pankration wohl schnell den Kürzeren ziehen.


    "Ruhe bewahren, ist klar. Damit habe ich kein Problem. Wenn du häufig jemandem im Kampf gegenüber stehst, dann lässt du dich von so etwas nicht aus der Ruhe bringen. Ich denke man sollte dem Patienten zeigen, dass man immer alles unter Kontrolle hat."

    Zwiebeln und Honig? Das hörte sich eher nach einer ägyptischen Zwiebelsuppe an. Ob er das Pelo und seinen Brüdern mal als Frühstück vorsetzen sollte? Bei dem Gedanken musste er breit grinsen. Doch das verging ihm schnell, denn durch die dämpfe der Zwiebel begannen seine Augen zu tränen. Trotdem hörte er Inhapy aufmerksam zu.


    "Gut, Zwiebeln zum Reinigen und Honig zum verkleben. Funktionier das auch ohne Wasser? Also wenn der Patient nicht gerade ein kleines Mädchen ist."


    Immer wieder musste er sich über seine Augen wischen, weil ihm die Tränen die Sicht nahmen.

    Der große Grieche folgte Inhapy ins Haus. Leider hatte er nicht seine Wachstafel dabei. Er würde sich das wohl bis später merken müssen um es aufzuzeichnen. Aber das sollte ja kein Problem sein.



    Das schrille Weinen der kleinen schmerzte in Anthis Ohren. Das war ja furchtbar! Aber sein Mitleid ergriff schnell die Oberhand. Und so blickte er hilflos zu Inhapy. Er selber würde sich wohl die Wunde mit Wasser auswaschen. Eventuell würde er noch etwas Salz hinzugeben. Sein Vater hatte es immer so gemacht und dann gesagt: Je mehr es brennt, desto besser heilt es!


    "Ich würde die Wunde mit Salzwasser auswaschen. Zur Not würde es wohl auch normales Wasser tun. Dann sollte sie sich nit entzünden. Sie scheint ja ziemlich oberflächlich zu sein."