Beiträge von Ánthimos Bantotakis

    Bei den Göttern, was waren denn das für Fragen? Eigentlich dachte Anthi hier würde ihr Wissen in Mathematik, Grammatik, Philosophie und die Dinge die direkt die Polis in Alexandria betrafen überprüft. Vom Sport und dem Kampf mal ganz abgesehen...


    Parther? Das waren doch nur Barbaren, wieso sollte man etwas über die wissen müssen? Wie so fragte er nicht gleich nach den Hochzeitsriten der dunkelhäutigen Barbaren aus dem Süden? Er hatte nicht vor dort jemals hinzugehen, weder zu den Parthern noch zu den anderen Barbaren, und so zuckte er bloß mit seinen breiten Schultern. Penelope sah ebenso überfragt aus wie er.

    Eigentlich stand Anthi immer als erster auf. Er war einfach ein Frühaufsteher, was allerdings die anderen Mitbewohner relativ gut fanden, denn wenn er wach war hatte er auch Hunger und so machte er meist das Frühstück für die Familie. So war er ein wenig überrascht, als er seine Tür öffnete und seinen Bruder vor sich sitzen sah, zumal dieser am Vorabend außer Haus gewesen war. Anthi schloss leise die Tür hinter sich, schließlich wollte er Penelope nicht wecken und trat neben ihn.


    "Na du, bist du aus dem Bett gefallen? Oh schön, du hast Frühstück gemacht."

    Nach der Sitzung bei Nikolaos, in dem der Gymnasiarchos keine Gelegenheit ungenutzt lies Ànthimos zu demütigen, musste der junge Grieche seinen Frust abtrainieren. Während des Unterrichts hatte er die Sticheleien mit einer beinahe stoischen Ruhe ertragen, aber jetzt musste er Luft ablassen, und da war das Stadion die optimale Gelegenheit.


    Nachdem er sich schweigend und verbissen warmgelaufen hatte, schnappte er sich drei Diskus' und schleuderte sie mit voller Wucht und seinem ganzen Frust hoch und weit von sich. Dieser verdammte Wurm!* Die Weite war ihm momentan egal, auch wenn sie beachtlich war. Wenn ich ihn nur in die Finger bekommen könnte! Darauf sammerte er die Wurfscheiben wieder ein und begann von neuem. Elender degenerierter Bürohengst! So ging das eine ganze Weile und seine verbissenheit steigerte sich zusehends so dass bald auch das angestrengte stöhnen hörte, dass so viele Athleten bei großen Anstrengungen von sich gaben.. Opiumhändler!


    *kursiv-Gedanken

    Anthi überlegte kurz. Darüber hatte er schon lange gegrübelt und hatte für sich ein Ergebnis gefunden.


    "Mich würde das Amt des Agoranomos schon reizen. Allerdings werde ich ganz sicher nicht gegen Castor antreten. Er gab mir eine Arbeit und das würde ich als zutiefst undankbar empfinden an seinem Stuhl zu sägen. Wenn er sich also nicht für ein höheres Amt aufstellen lässt, werde ich wohl gegen Cleonymus antreten. Ich kenne ihn zwar noch nicht, und vermag auch nicht zu beurteilen wie gut er seine Arbeit macht. Vielleicht ist er ja ein durchaus kompetenter Mann, aber er ist Ägypter und somit sicher das schwächste Glied in der Kette. Ich meine ein große starker Grieche und Athlet würde nach außen schon gut als Befehlshaber der Stadtwache passen. Letztendlich ist mein Ziel Kosmetes zu werden und daher ist es mir eigentlich egal, welches der niedrigeren Ämter ich begleiten würde, aber wie gesagt: Meine erste Wahl wäre der Posten des Agoranomos."

    "Hier hatte ich halt die richtige Muse. Das ist aber nicht immer der Fall. Und außerdem bin ich ja auch Sportler und mehr ein Hobbykünstler. Du aber bist eine Musikerin durch und durch. Daher würde ich mich nie mit dir vergleichen."
    Und das meinte er so, wie er es sagte.


    "Sicher würde ich das gerne öfter machen. Aber meine Arbeit bei Castor möchte ich nicht aufgeben. Allerdings ist die jetzt nicht so fordernd, dass sich das ausschließen würde. Ich würde dann halt bei entsprechenden Aufträgen arbeiten."

    Sein Herz machte einen Sprung. Es gefiel ihr wirklich.


    "Aber Schatz, weis heißt hier ob ich dich so sehe? Ich zeichen nur was da ist. Und so siehst du nunmal aus. Ich meine klar, wenn ich jemanden malen muss, der hässlich ist, dann würde ich ihn ein wenig schöner machen, zum Beispiel ein Doppelkinn oder sowas kaschieren, aber hier hab ich alles so gezeichnet, wie ich es gesehen habe. Ich hoffe du hast gesehen, dass ich den Chiton geändert habe und deinen neuen schönen Chition gemalt habe. das Blau so hinzubekommen, dass es wie Seide leuchtet war ganz schön schwer."


    Jetzt war Anthi richtig stolz auf sich. Von einer Künstlerin gelobt zu werden, ließ ihn glatt noch zwei cm wachsen, auch wenn er mit dieser das Bett teilte und sie daher wohl nicht ganz unvoreingenommen war.

    "Natürlich, ich hab das Bild ja für dich gemalt. Da müssen wir auf niemanden warten. Ich bestehe sogar darauf, dass du es zuerst siehst." Anthi ging in ihr Zimmer und holte die verhüllte Staffelei. Er hatte ein Tuch über das Bild gehängt, als er sicher war, dass es getrocknet war. Nun stellte er die Staffelei vor Penelope auf. "Und, bist du bereit?"

    Sah er da in Penelopes Gesicht ein wenig Eifersucht? Irgendwie freute sich Anthi darüber.
    "Ich hab dir doch vorhin gesagt, dass ich gestern Essen an ein paar Kinder verschenkt habe. Sie waren wegen der Puanepsia hier und haben Gaben erbeten und dafür einen Segen über das Haus gesprochen. Du hast ja sicher den Ölbaumzweig über der Tür gesehen. Auf jeden Fall haben sie gerade gekloppft, als ich am malen war. Und du wirst es vielleicht noch nicht wissen, aber ich verteile normalerweise fast ebensoviel Farbe auf mir wie auf dem Bild. Ich habe da ein besonderes Talent dafür.", Anthi grinste gequält. "Auf jeden Fall war da ein Mädchen dabei, dass mich gefragt hat, ob ich einen Farbtopf gefallen bin. Sie hat mir dann die Farbe aus dem Gesicht gewischt, und ich hab ihr dafür etwas Honig gegeben. Nun lange Rede kurzer Sinn: Sie wollte dann gerne das Bild sehen, dass ich von meiner Frau male und ich hab ihr gesagt, dass ich noch nicht fertig sei, aber dass sie gerne morgen noch einmal vorbeikommen könne um es sich dann anzuschauen. jetzt bin ich mal gespannt, ob sie nachher vorbei kommt. Die war ja so süß, ich hätte sie am Liebsten gleich adoptiert. Seitdem ich weis, dass du schwanger bist, achte ich viel mehr auf Kinder als früher. Ich freu mich ja schon so darauf Vater zu werden."

    Aber Anthi wollte Penelope ganz sicher nicht los lassen. Er schaute ihr lieber in die Augen. "Ich hab dein Bild endlich fertig. Wenn du magst, dann darfst du dir es jetzt anschauen. Aber irgendwie hab ich dich gerade viel zu gerne im Arm, um dich jetzt einfach loszulassen und das Gemälde zu holen."


    Er drückte sie noch einmal innig.

    "Übrigens kommt später vielleicht noch eine andere junge Dame, die sich das Bild ebenfalls gerne anschauen würde."


    Anthi ließ Penelope los, um jetzt dann doch endlich das bild zu holen.

    Nun von ihrer Frage war er jetzt völlig geplättet? Was sollte denn daran nicht in Ordnung sein, wenn die Frau die er liebte viel Geld verdiente? Das war doch wunderbar!



    "Ja doch, das ist wundervoll. Mit so viel Geld hatte ich eigentlich erst in einigen Jahren gerechnet. Also ich hab damit keine Probleme, wenn du keine damit hast, dass dein Geliebter zwar ein ruhmreicher, aber trotzdem armer Athlet ist."
    Er grinste breit.

    "Aber da du mir so eine tolle Überraschung gemacht hast, hab ich jetzt auch noch eine für dich, wenn du magst."

    Jetzt staunte Anthi aber wirklich nicht schlecht. So viel Geld auf einmal...und Penelope hatte es verdient...in einer Woche!


    "Das ganze Geld, für eine Woche Arbeit...soviel verdient ja ein Kosmetes! Bei den Göttern, was hab ich mir da nur für eine wundervolle Frau an Land gezogen? Sie ist nicht nur hübsch, klug und eine tolle Partnerin, sie verdient auch noch mehr als ein normaler Mann zu träumen gewagt hätte." Anthi war wirklich baff und blickte ungläubig zwischen ihr und dem Haufen Geld hin und her.

    Erst schaute er erstaunt, aber dann lachte Anthi laut los: "Der war gut Schatz! Beinahe hättest du mich auch gehabt!" 200 Sesterzen waren so viel Geld, dass Anthi eher an eine Retourkutsche glaubte als dass sie das ernst gemeint haben könnte.

    "Entschuldige diesen bösen Scherz. Das war gemein von mir, ich gebe es zu. Aber ich könnte dir einen Kuss als Wiedergutmachung anbieten, wenn du von so einem Schuft wie mir überhaupt noch einen möchtest.", antwortete er gespielt schuldbewusst. "Und das mit dem Essen ist gar kein Problem, ich hab gestern eingekauft. Zwar hab ich einen Teil davon an ein paar Kinder verschenkt, aber es ist noch mehr als genug da. Aber ich kann dich verstehen: Wenn man das erste Mal ein bisschen Geld verdient, ist das wirklich ein tolles Erlebnis. Wieviel bekommst du denn?"


    Das würde Penelope sicher einen gehörigen Auftrieb geben, wenn sie jetzt wusste, dass ihre Dienste bares Geld wert waren. Sicher würde sie so 20-30 Drachmen verdienen...

    Nun, da sie ihm seine Überraschung sabotiert hatte, wollte er sich einen kleinen Spaß mit ihr erlauben. Also versuchte er ein richtig böses Gesicht zu machen und meine: "Aha, und weil die Dame jetzt Geld verdient, meint sie sie muss nicht mehr kochen?" Nach ein paar Sekunden konnte er das böse Gesicht aber nicht mehr aufrecht erhalten und ein breites Grinsen bemächtigte sich seiner.


    Pelo schaute so verdutzt, dass ihm sein Spaß fast schon wieder leid tat...

    Da sie heute einige Betriebsprüfungen machen mussten, kam Anthi etwas später nach Hause als sonst.


    Er freute sich wie ein König, denn sein Bild von Penelope war endlich fertig und nachher würde er es ihr zeigen. Am Besten stellte er es gleich hin, und wenn sie dann heimkam würde sie es gleich sehen. Sein Plan löste sich natürlich in Rauch auf, als er die Tür ihrer Wohnung öffnete und Penelope schon am Tisch saß. Sie schien aufgeregt zu sein-ob sie wohl gespickt hatte?


    "Hallo Schatz! Endschuldige, dass ich so spät komme, aber wir hatten heute sehr viel Arbeit." Natürlich ging er gleich zu ihr hin, denn er wollte ja schließlich einen Begrüßungskuss haben. Auf dem Weg fiel ihm auf, dass niemand gekocht hatte: Dann würde es heute wohl eben nur Brot geben...

    Sie beide große Künstler? Nein! Einzig Penelope war eine große Künstlerin, auch wenn sie es selber nicht glaubte.


    "Nur meine Frau ist eine wirkliche Künstlerin, und ich habe den Eparchos leider noch nicht kennen gelernt."


    Als die kleine weggezerrt wurde, stand Anthi ebenfalls auf. "Ja, komm morgen ruhig vorbei wenn du möchtest. Wenn ich nicht da bin, sag einfach dass du zu Ànthimos möchtest, dann kannst du auf mich warten.", rief er der Kleinen hinterher und winkte ihr zum Abschied. Als die Kinder aus seinem Sichtfeld verschwunden waren, ging Anthi zurück in ihre Wohnung und setzte seine letzten finalen Striche auf das Bild-fertig. Es ist ein tolles Bild geworden, stellte er zufrieden fest. Penelope würde sich sicher freuen. Aber erstmal würde es noch bis morgen trocknen müssen.

    Normalerweise wäre Anthi wohl in die Luft gegangen, aber gerade der letzte Satz machte die Provokation nur allzu offensichtlich. Und weil der Gymnasiarchos das so offensichtlich wollte, blieb Anthi total ruhig. Es war genau die Ruhe, die sich seiner bemächtigte, bevor er einen Kampf in der Schwerathletik bestritt. Mochte Nikolaos auch denken, dass der junge Grieche ein gehobelter Klotz war, so war er das doch ganz und gar nicht. Außerdem fühlte er sich diesem mächtigen Mann überlegen, obwohl dazu momentan gar kein Grund bestand, schließlich war er nur ein kleiner Scriba, und Nikolaos war einer der mächtigsten Männer Alexandrias... Aber Anthis Selbstvertrauen und sein Narzissmus waren ein Panzer, den die Giftpfeile dieses Mannes nicht durchdringen konnten.


    Nein, Anthi wurde nicht wütend, vielmehr lächelte er. Penelope hatte ihrem Kollegen die Stirn geboten und so war er einfach nur Stolz auf seine zukünftige Frau.

    "Nein, ist er nicht." Die Antwort kam kurz und gepresst. Das Penelope für ihn in die Presche gesprungen war, ärgerte ihn nicht, auch wenn er die Antwort gewusst hätte. Was ihn ärgerte war allerdings, dass der Gymnasiarchos offenbar einen Narren daran gefressen hatte ihn mit ständigen Fragen zu quälen.
    Der Neid den dieser kleine, schwächliche Gnom ihm gegenüber empfand, war offensichtlich. Wahrscheinlich würde dieses Bürschchen nicht einmal einen Stadionlauf überleben, von anderen sportlichen Aktivitäten ganz zu schweigen. Oder aber er hatte herausgefunden, dass Ànthimos für seinen Konkurenten Mithridates Castor arbeitete.


    Aber diese Erkenntnis beruhigte Anthi sofort, denn dass ein Gymnasiarchos versuchte sich auf Kosten eines Schülers zu profilieren machte ihn nur allzu menschlich und weniger überlebensgroß also noch vor einigen Minuten. So beschloss der junge Grieche das Ganze weiter gleichmütig zu ertragen-schließlich war er ansonsten völlig zufrieden und er war sich sicher in einigen Jahren nicht mehr zu diesem kränklichen Männlein aufschauen zu müssen.


    Hoffentlich war Nikolaos auch für die körperliche Ertüchtigung der Schüler zuständig...

    Der Vergleich der Polis mit einer Latrine missfiel Anthi zutiefst, und das sah man ihm auch an. Aber dem würde er es zeigen und so antwortete er sofort: "Natürlich gibt es auch die Bürger die sich für die etwaigen Ämter der Polis zur Verfügng stellen. Dies ist ebenso ein Dienst an der Polis, denn die viele Arbeit eines solchen Postens wird meist nur unzureichend vergütet. Da es häufig mehrere Kandidaten für jeden Posten gibt, liegt es den Wählern mit ihren Stimmen den geeignetsten unter ihnen zu wählen. Natürlich dürfen sich nur Leute aufstellen lassen, die die Ephebia bestanden haben und somit Bürger der Polis sind. Jeder Bürger der Polis kann sich für ein Amt der ersten Stufe aufstellen lassen. Um allerdings ein Amt der zweiten Stufe zu besetzten muss man vorher eines der ersten Stufe begleitet haben."


    Jetzt war er gespannt welches Haar der Gymnasiarchos dieses Mal finden würde. Aber Anthi war fest entschlossen zu zeigen, dass ihre Mutter sie gut gelehrt hatte.

    Zum Glück saß Nikolaos mit dem Rücken zu Anthi, denn seine Worte ließen Anthi sofort die Zornesröte ins Gesicht schießen. Was dieser reiche Schnösel mit seiner zukünftigen Frau bei sich daheim machen wollte konnte sich Anthi schon denken. Er atmete dreimal tief durch-ruhig Blut. Zwar beruhigte er sich wieder und es gelang ihm eine gleichgültige Miene aufzusetzen, aber eines wusste er nun mehr denn je: Er konnte den Gynasiarchos nicht leiden!


    Ganz im Gegensatz zu Penelope, die sich wand wie ein Wurm an der Angel, um den Privatbesuchen bei Nikolaos zu entgehen. Da wurde es Anthi wieder warm ums Herz: Pelo würde ihn ganz sicher nicht betrügen.