Beiträge von Penelope Bantotakis

    "Wenn du auch noch extra Attentate auf mich verübst, dass wir noch stärker aneinander kleben."
    So langsam hatten sie seine Arme befreit und konnten diese Reste zum Ruhen mit in die Schüssel tun. Penelope musste aber immer wieder lachen, weil sie trotzdem dauernd aneinander hängen blieben.
    "So, der muss jetzt erstmal ein paar Stunden ruhen, bis der Ofen auch so heiß ist, dass wir backen können."
    Penelope wusch sich noch die klebrigen Hände vollends im restlichen Wasser, damit sie nicht wirklich noch an Ánthimos kleben blieb.

    Die Überraschung war gelungen. Auch Penelope musste lachen, während sie sich den klebrigen Teig von der Nase wischte. Bis sie ihn auch von den Fingern wieder gelöst hatte, dauerte es ein wenig. Dann half sie Ánthimos, seine bis zu denn Ellbogen verschmierten Arme vom klebrigen Teig zu befreien.
    "Teig kneten ist gutes Muskeltraining, nicht?" meinte sie vergnügt, während sie halb an ihm festklebte, um ihn zu befreien.

    "Nicht so hastig."
    Penelope versuchte, Ánthimos da ein wenig zu bremsen. So, wie er knetete, staubte ja das Mehl!
    Sie goss immer Schöpfkellenweise etwas Wasser dazu, wenn der Teig sonst zu Trocken zu werden drohte, aber grade genug, dass es Knetbar wurde. Es gab nichts schlimmeres als zu wässrigen Teig.
    "Es wird noch schwerer werden. Da drüben ist noch etwas Mehl. Ja, genau. Und jetzt weiterkneten, bis es glatt ist. Und nicht zu schnell."
    Penelope unterdes ging zu ihrem Ofen. Die Glut war auf ein Minimum heruntergebrannt, und mit ein paar geübten Handgriffen und etwas Brennmaterial entfachte Penelope wieder ein Feuer. Zum Backen musste der Ofen heiß sein, da brauchte sie vernünftiges Feuer. Die getrockneten Fladen* brannten schnell hoch, und Penelope schob sie mit einem Schieber zusammen, damit die Hitze richtig hochkommen konnte.
    "Wie sieht es mit dem Teig aus?", fragte sie nach hinter sich, ohne sich zunächst umzudrehen. Der Teig würde ohnehin noch ein paar Stunden gehen müssen, aber der Ofen würde auch so lange brauchen, um wirklich auf Temperatur zu sein.

    "Wenn ich mir deine Hände so angucke, hatte sie recht."
    Penelope lachte und wartete, bis Anthi fertig war. Dann machte sie ihm vor der Schüssel Platz, damit er anfangen konnte.
    "Gut, dann kräftig alles vermengen und gut kneten, bis es eine gleichmäßige Masse ist. Am besten du knetest vom Rand nach innen, dann geht es am einfachsten und du erwischt das ganze Mehl. Und sag bescheid, wenn der Teig zu schwer wird. Wenn man’s nicht gewohnt ist, geht das ganz schön ins Kreuz."
    Penelope goss ein wenig von dem Wasser ein und gab etwas von dem Salz dazu, so dass Anthi loslegen konnte.

    Penelope lag schon ein Kommentar auf der Zunge. Sie war ja schließlich nur schwanger und nicht krank, und einen Wassereimer schaffte sie grade noch. Der wog ja auch nicht viel, selbst wenn er voll war.
    Sie prüfte die Temperatur des Wassers mit der Hand. Zu kalt durfte es nicht sein, das mochte der Teig nicht. Aber bei dem Brunnen unten war das ein kleineres Problem, das Wasser war handwarm.
    "Willst du lieber kneten oder gießen?"
    Penelope nahm den Sauerteig und goß gut dreiviertel in die Schale mit dem Mehl. Die graue Flüssigkeit sah jetzt schon ziemlich schleimig aus, aber zum Brotbacken brauchte man es einfach. Sonst bekam man keinen vernünftigen Teig hin.
    Fragend sah sie zu Ánthimos hoch. Einer von ihnen würde kneten müssen, während der andere langsam Wasser dazugab, so dass man einen guten Teig erhielt. Bei der Menge an Mehl reichte das sicher für fünf oder sechs große Laibe.

    "Du willst mit mir kochen?"
    Penelope schaute zu ihm hoch mit einem Gesichtsausdruck, der zwischen freudig, neugierig und fragend schwankte. Das war nun wirklich Frauenarbeit, in guten Haushalten sogar Sklavenarbeit, und er wollte ihr dabei helfen? Irgendwie war das niedlich.
    "Nun, wenn du magst. Aber es wird ziemlich klebrig, ich warne dich."
    Penelope holte die große Holzschüssel, in der sie schon die grob gemahlenen Körner – Mehl mochte sie dazu nicht sagen – hatte. Vorsichtig stellte sie das Ding auf den Tisch und holte den Tonkrug mit dem Sauerteig, den sie regelmäßig fütterte.
    "So, jetzt brauchen wir nur noch etwas warmes Wasser und ein bisschen Salz, dann kann es losgehen. Und irgendwann brauchen wir eine vernünftige Mühle, mit unserer krieg ich die Körner nicht besser vermahlen."
    Wenn Anthi ihr helfen wollte, konnte er ja etwas Wasser holen. Und beim Kneten waren starke Hände sicherlich von Vorteil. Jeder, der einmal einen schweren Teig mit Händen geknetet hatte, wusste das.

    Er klang so ernst, wie er das sagte, und Penelope musste dabei ein bisschen lachen. Sie fand es sehr süß, wie er es sagte.
    "Wir sollten vielleicht eine kleine Pause machen, in der ich ein wenig für dich koche, wovon die anderen dann mitessen dürfen."
    Wieder musste sie lachen. Sie legte Harmonia vorsichtig ab und stand auf. Ihre Wachstafeln und die Schriftrolle waren schnell zusammengeräumt und Penelope verstaute sie in Anthis Zimmer, um Platz zum Kochen zu haben.
    "Ich habe heute Morgen Getreide gekauft und auch schon gemahlen. Wenn du dich traust, darfst du heute selbstgebackenes Brot von mir kosten. Aber ich warne dich lieber schon mal vor: Mein Großvater fand es jedes Mal scheußlich."

    Sanft lächelte ihm zu, und da er von seiner Staffelei nun weggetreten war, setzte sie sich auch wieder vernünftig hin. So auf nur einer Pobacke zu sitzen mit dem Gewicht der Kithara auf einer Seite war ganz schön anstrengend.
    "Du musst dich nicht entschuldigen. Diene Eifersucht sagt mir, dass du mich für begehrenswert hältst. So begehrenswert, dass ich sogar deinen Brüdern noch den Kopf verdrehen könnte."
    Sanft streichelte Penelope über seine Wange.
    "Aber du musst dir da wirklich keine Sorgen machen. Ich wundere mich ja, dass Timos immer noch einverstanden ist mit unserer Hochzeit, nachdem er gegessen hat, was ich so koche."
    Ein kleines Lachen erhellte die düstere Stimmung, die sich ausgebreitet hatte.

    Mit ihrem Mann durfte sie solche Scherze wohl nicht machen. Er war ja richtig wütend! Penelope schaute eine Weile einfach nur fragend zu ihm herüber, in der Hoffnung, dass das es schon bessern würde.
    "Das sehen wir ja, wenn es soweit ist. Da wird es sicher eine Möglichkeit geben."
    Sie hoffte, dass dies sein Gemüt wieder beruhigte. Er war ja richtig eifersüchtig. Aber irgendwie zeigte das Penelope auch, dass er sich um sie sorgte und sie sehr begehrte.

    Ahja? Penelope sah zu Ánthimos herüber und zog leicht eine Augenbraue nach oben.
    "Ich erinnere dich daran, wenn wir zum sportlichen Teil der Ephebia kommen, und deine Brüder daneben stehen."
    Das war jetzt eine gemeine Bemerkung, sie wusste das. Aber wenn er sie vorhin ein wenig mit Urgulania eifersüchtig gemacht hatte, durfte sie das jetzt auch. Auch wenn sie genauso wenig etwas mit seinen Brüdern anfangen würde wie er mit der Rhomäerin.

    "Du bist ja auch ein Sportler. Wenn ich plötzlich da richtig trainieren sollte, würdest du sicher auch Dinge finden, die für dich ganz natürlich sind, bei denen ich mich aber schwer tue."
    Penelope seufzte leicht bei der Erwähnung von ihrem Großvater und Ashur. "Ich hoffe, du hast recht. Wenn diese Wohnung dafür auch ein bisschen klein wäre."
    Sie vermisste ihren Großvater, sie hatte ihn nun schon so lange nicht mehr gesehen. Seit er sie verprügelt hatte, um genau zu sein. Wusste er, dass sie ihm deswegen nicht böse war? Sie hoffte es, sie wollte nicht, dass er deswegen auch noch litt.

    Penelope lächelte und nickte, was sie aber sogleich mit einem erschrockenen Gesicht wieder abbrach. Sie sollte sich ja nicht bewegen, hatte sie fast vergessen.
    "Ach weißt du, wenn du dein Leben lang nichts anderes machst als Musik zu spielen, dann träumst du irgendwann sogar Melodien. Und wenn mir mein Großvater nur eine Wachstafel mit Noten vorgesetzt hat, damit ich es spiele, musste ich ja wissen, wie es sich richtig anhören muss. Er war da wirklich immer sehr streng, lange Zeit zum Einüben hatte ich nicht. Da lernt man dann schnell, sich Melodien vorzustellen."
    Beim Erzählen war ihre Stimme etwas trauriger geworden. Ja, ihre Kindheit war bestimmt nicht so verspielt und losgelöst gewesen wie bei so manch anderem, aber auch nicht so hart wie bei den Kindern eines Bauern oder Arbeiters. Und ihr Großvater damals war einfach nur groß gewesen, in jeder Beziehung. Sie erinnerte sich daran, wie sie ehrfürchtig seinen Lektionen gelauscht hatte und versucht hatte, es ihm recht zu machen. Natürlich war es nie gut genug, aber Penelope hatte es immer versucht.


    Sie lächelte einmal kurz traurig zu Ánthimos hinüber.
    "Ja, lange ist es her."

    "Na, ich weiß ja nichtmal, wie man überhaupt etwas malt. Aber wenn du dir jetzt etwas vorstellst, könntest du das nicht malen, ohne es zu sehen? Ich kann nur sagen, wie es bei mir mit der Musik ist. Ich höre sie schon in meinem Kopf, ehe ich sie aufschreibe und dann nachspiele. Das klingt vielleicht ein bisschen verrückt, aber ich spiele es eigentlich nur noch einmal, um nachzuprüfen, ob es sich auch wirklich so anhört wie in meinen Gedanken."


    Bezüglich seiner Phantasie bekam Ánthimos nur ein mindestens ebenso anzügliches Grinsen zurück, gepaart mit einem kleinen Zwinkern. Penelope liebte es, ihn so ein wenig zu necken.

    "Du sagst doch, ich seh süß aus, wenn ich mich anstrenge? Du müsstest dich erstmal sehen."
    Jetzt konnte sich Penelope ein kleines Lachen nicht mehr verkneifen. Er sah mit seiner Zunge aber auch zu ulkig aus.
    "Und wieso geht das nicht, einfach so drauf loszumalen? Ich meine, wenn ich einfach so vor mich hinspiele und nichts bestimmtes damit ausdrücken will, warum geht das nicht bei Bildern?"
    Sie konnte sich ein Bild, das nur aus wilden Farben bestand, zwar nicht vorstellen, aber wenn das Ergebnis hinterher hübsch war?
    "Und du hast eine ziemlich gute Phantasie. Oder zumindest bist du sehr einfallsreich, wenn ich so die letzten Wochen zurückdenke."

    Penelope war bislang still im Hintergrund gestanden und hatte Timos den Vortritt gelassen. Die Frage nach dem Vater war aber auch an sie gerichtet gewesen, und nachdem Timos sie nun beantwortet hatte, kam auch sie einen Schritt nach vorne und antwortete dem Gymnasiarchos.
    "Und mein Vater war der Architektos Demosthenes. Er war Bürger dieser Polis, verstarb allerdings, als ich noch sehr klein war. Aufgewachsen bin ich beim Vater meiner Mutter, Philolaos, ebenfalls Bürger dieser Polis."
    Sie hoffte, damit war die Frage ausreichend beantwortet, und trat wieder einen Schritt zurück, um Thimótheos die weitere Gesprächsführung zu überlassen.

    "Macht nichts. Meine Lieder kriegst du ja auch erst zu hören, wenn sie fertig sind."
    Penelope schaute zu Anthi herüber und musste sich wirklich sehr beherrschen, still sitzen zu bleiben. Er schaute so süß aus, wenn er sich konzentrierte. Sie konnte ihm beim Denken geradezu zuschauen. Aber das Grinsen in ihrem Gesicht wurde doch immer breiter.

    "Allerdings. Ich glaube, das wäre so ziemlich das schlimmste, was passieren könnte. Aber ich hoffe einfach, dass dein Bruder das auch so sieht."
    Penelope rückte kurz auf dem Stuhl ein wenig herum, um besseres Gleichgewicht zu finden. Die Kithara begann so langsam, schwer zu werden. Wenn sie damit spielte, merkte Penelope das nicht. Aber jetzt, wo sie sie einfach nur hielt und sich nicht bewegte, war das um einiges schwieriger. Jetzt wurde ihr das Gewicht erstmal so richtig bewusst.
    "Darf ich nachher eigentlich mal schauen, was du zeichnest, oder erst, wenn du fertig bist?"
    Penelope mochte es nicht, wenn sie schon etwas vorspielen sollte, mit dem sie noch nicht fertig war und das noch nicht perfekt war. Deshalb fragte sie, wie Ánthimos es hielt mit seinen Bildern.

    Bei dem Wort "hübsch" hob sich ganz kurz eine von Penelopes Augenbrauen, aber nur eine Sekunde lang. Eigentlich war sie nicht eifersüchtig, aber trotzdem war das ein bisschen seltsam zu hören für sie.
    "Na, ich hoffe auch, dass Thimótheos genug Verstand hat, nicht mit beiden Cousinen etwas anzufangen. Das wäre dann doch etwas arg risikofreudig."
    Penelope lag das Wort "dumm" auf der Zunge, aber sie sprach es nicht aus.

    "Ich wäre schon mit der einfachsten Wolle zufrieden. Wenn wir beide zusammen sind, trag ich es vermutlich ohnehin nicht allzu lange."
    Penelope warf ihrem Mann einen sehr neckischen Blick zu und musste dann lachen. Es stimmte zwar vermutlich, was sie sagte, aber es war trotzdem lustig.
    "Und welchen Eindruck hat sie sonst noch so auf dich gemacht? Die Eutheniarche mein ich jetzt. Ich finde es sehr ungewöhnlich, eine Rhomäerin als Pyrtane zu haben. Das ist irgendwie… seltsam."
    Sie wollte ja nicht sagen, dass es falsch sei, und der Eutheniarchos war ja ohnehin ein Posten, der fast mehr Rom diente als der Polis. Aber dennoch war das zumindest so außergewöhnlich für Penelope, dass es erwähnenswert war.

    Wenn er sich mit ihr nett unterhalten hatte, dann wusste Urgulania wohl nichts von Axilla und Timos. Gut, sehr gut, eine Sorge weniger.
    "Ja, aber können wir uns das leisten? Die Rhomäer sind ja doch meistens etwas… verwöhnter mit Kleidung, und teure Seide kann ich mir sicher nicht anziehen."
    Penelope sah an sich herunter, auf den alten, verblassten Chiton.
    "Wobei ein neuer Chiton schon etwas schönes wäre. Ich hatte schon Ewigkeiten keinen neuen mehr. Macht der Schneider denn auch griechische Sachen? Römische Kleidung muss nicht unbedingt sein."
    Die Römer packten sich hier in Alexandria immer ein, als hätten sie angst, es könnte gleich anfangen, zu schneien. Obwohl Penelope in ihrem ganzen Leben noch keinen Schnee gesehen hatte.