Wegen den Vorbereitungen zu den Spielen, die Nikolaos und Cleonymus ausrichten wollten, war die halbe Fachschaft der Musik am Museion in heller Aufregung. Natürlich tauschte man sich unter den Kollegen rege aus, wenngleich auch jeder möglichst wenig von seinen eigenen Plänen und Entdeckungen preisgeben mochte. Immerhin wollte jeder auch gewinnen. Nichts desto trotz waren gerade im Bereich der Theorie dieser Tage die Diskussionen sehr interessant. Und so hatte Penelope auch völlig die Zeit vergessen, während sie einem Kollegen gelauscht hatte, der die Ansicht einer harmonischen Tonabfolge ohne die Regeln der Mathematik vertrat. Es war eine Interessante Vorstellung, die Töne nicht zu berechnen, sondern einfach im Kontext zueinander zu improvisieren. Verrückte Theorie, aber auch interessant. Wer würde sich schon völlig frei improvisierte Musik antun wollen? Und nach welchen Regeln sollte man sie bei mehreren Personen spielen, wenn jeder tat, wonach ihm war?
Aber irgendwann hatte Penelope doch den stand der Sonne bemerkt, und auch war sie sehr müde mit einem Mal geworden. So langsam wuchs ihr Bauch, und ihr schien, je mehr dieser sich ausbreitete, umso mehr Kraft kostete die Schwangerschaft. Sie wurde immer häufiger müde, konnte sich manchmal mittags hinlegen und wenn sie niemand weckte, würde sie Stunden schlafen. Dazu kam auch noch die Schwere, die sich in den Füßen manchmal ausbreitete, und die Rückenverspannungen, die langsam einsetzten. Alles in allem ungewohnt und beinahe schon schrecklich. Wäre da nicht dieses Gefühl der Glücks, das sie neuerdings durchströmte, wenn das Kind sich bewegte. Noch sah man es nicht, es war noch zu klein, aber doch fühlte Penelope es manchmal wie ein sanftes Kribbeln in ihrem Bauch und wusste, dass es das Kind war. Das war nicht ihr Körper, der sich da meldete, sondern ein neues Leben in ihr, das sie beschützte und beherbergte, bis es groß genug gewachsen war, um selbst zu leben. Es war einfach ein wundervolles Gefühl und jede Müdigkeit, Übelkeit und auch seltsame Gefühlsumschwünge wert.
So kam sie also müde wieder zuhause an und wurde an der Türe von Isokrates davon unterrichtet, dass sie wohl Gäste hätten. Penelope dankte dem Sklaven, den Timos für die Türe gekauft hatte, und machte sich auf in den garten, wo der Besuch wohl sein sollte. Am Eingang des Gartens blieb sie im Schatten des Säulenumganges stehen und blickte auf das Bild, das sich ihr bot. Aus irgendeinem Grund hatten sie Klinen in den Garten gestellt. Und das bei der Regenzeit! Da war man einmal nicht zuhause, und schon kamen die Männer auf die merkwürdigsten Ideen. Als ob die Steinbänke nicht genug wären, um sich hinzusetzen. Nungut, Besuch war da, aber dennoch. Penelope würde ein ernstes Wörtchen mit den Herren zu reden haben. Während Peret, die Regenzeit, und Schemut, die Zeit der einsetzenden Überschwemmung, war, konnte es jederzeit einen plötzlichen Regenguss geben. Und das Haus war teuer gewesen. Zu teuer, um die Klinen durch Regen kaputtmachen zu lassen. Sie hatten noch Schulden. Männer aber auch!
Doch dessen nicht genug, hatten sie auch getrunken. Penelopes Blick fiel auf die Amphore, die da im Garten stand, und ein Blick zu ihrem Mann zeigte ihr, dass ein Großteil des Weines in seinem Körper gelandet war. Penelope mochte es nicht, wenn er getrunken hatte, es erinnerte sie zu sehr an ihren Großvater. Zwar war Anthi dann nicht gewalttätig, wie ihr Großvater es häufig dann wurde, aber dennoch mochte sie es nicht. Die dionysischen Freuden erschlossen sich ihr ganz und gar nicht, da hielt sie es lieber mit dem klaren und ziemlich nüchternen Apoll.
“Chaire“ gab sie sich schließlich zu erkennen, blieb aber weiterhin im Schatten stehen.