Beiträge von Penelope Bantotakis

    Wegen den Vorbereitungen zu den Spielen, die Nikolaos und Cleonymus ausrichten wollten, war die halbe Fachschaft der Musik am Museion in heller Aufregung. Natürlich tauschte man sich unter den Kollegen rege aus, wenngleich auch jeder möglichst wenig von seinen eigenen Plänen und Entdeckungen preisgeben mochte. Immerhin wollte jeder auch gewinnen. Nichts desto trotz waren gerade im Bereich der Theorie dieser Tage die Diskussionen sehr interessant. Und so hatte Penelope auch völlig die Zeit vergessen, während sie einem Kollegen gelauscht hatte, der die Ansicht einer harmonischen Tonabfolge ohne die Regeln der Mathematik vertrat. Es war eine Interessante Vorstellung, die Töne nicht zu berechnen, sondern einfach im Kontext zueinander zu improvisieren. Verrückte Theorie, aber auch interessant. Wer würde sich schon völlig frei improvisierte Musik antun wollen? Und nach welchen Regeln sollte man sie bei mehreren Personen spielen, wenn jeder tat, wonach ihm war?


    Aber irgendwann hatte Penelope doch den stand der Sonne bemerkt, und auch war sie sehr müde mit einem Mal geworden. So langsam wuchs ihr Bauch, und ihr schien, je mehr dieser sich ausbreitete, umso mehr Kraft kostete die Schwangerschaft. Sie wurde immer häufiger müde, konnte sich manchmal mittags hinlegen und wenn sie niemand weckte, würde sie Stunden schlafen. Dazu kam auch noch die Schwere, die sich in den Füßen manchmal ausbreitete, und die Rückenverspannungen, die langsam einsetzten. Alles in allem ungewohnt und beinahe schon schrecklich. Wäre da nicht dieses Gefühl der Glücks, das sie neuerdings durchströmte, wenn das Kind sich bewegte. Noch sah man es nicht, es war noch zu klein, aber doch fühlte Penelope es manchmal wie ein sanftes Kribbeln in ihrem Bauch und wusste, dass es das Kind war. Das war nicht ihr Körper, der sich da meldete, sondern ein neues Leben in ihr, das sie beschützte und beherbergte, bis es groß genug gewachsen war, um selbst zu leben. Es war einfach ein wundervolles Gefühl und jede Müdigkeit, Übelkeit und auch seltsame Gefühlsumschwünge wert.


    So kam sie also müde wieder zuhause an und wurde an der Türe von Isokrates davon unterrichtet, dass sie wohl Gäste hätten. Penelope dankte dem Sklaven, den Timos für die Türe gekauft hatte, und machte sich auf in den garten, wo der Besuch wohl sein sollte. Am Eingang des Gartens blieb sie im Schatten des Säulenumganges stehen und blickte auf das Bild, das sich ihr bot. Aus irgendeinem Grund hatten sie Klinen in den Garten gestellt. Und das bei der Regenzeit! Da war man einmal nicht zuhause, und schon kamen die Männer auf die merkwürdigsten Ideen. Als ob die Steinbänke nicht genug wären, um sich hinzusetzen. Nungut, Besuch war da, aber dennoch. Penelope würde ein ernstes Wörtchen mit den Herren zu reden haben. Während Peret, die Regenzeit, und Schemut, die Zeit der einsetzenden Überschwemmung, war, konnte es jederzeit einen plötzlichen Regenguss geben. Und das Haus war teuer gewesen. Zu teuer, um die Klinen durch Regen kaputtmachen zu lassen. Sie hatten noch Schulden. Männer aber auch!
    Doch dessen nicht genug, hatten sie auch getrunken. Penelopes Blick fiel auf die Amphore, die da im Garten stand, und ein Blick zu ihrem Mann zeigte ihr, dass ein Großteil des Weines in seinem Körper gelandet war. Penelope mochte es nicht, wenn er getrunken hatte, es erinnerte sie zu sehr an ihren Großvater. Zwar war Anthi dann nicht gewalttätig, wie ihr Großvater es häufig dann wurde, aber dennoch mochte sie es nicht. Die dionysischen Freuden erschlossen sich ihr ganz und gar nicht, da hielt sie es lieber mit dem klaren und ziemlich nüchternen Apoll.
    “Chaire“ gab sie sich schließlich zu erkennen, blieb aber weiterhin im Schatten stehen.

    “Gut, dann wollen wir hören, auf welche Klänge sie einst gestimmt war und sie erneut stimmen.“
    Immerhin gab es sowas wie einheitliche Grundnoten nicht. Nicht jede Kithara war auf dieselbe Tonleiter gestimmt, es hatten noch nicht einmal alle dieselbe Anzahl an Saiten. Penelopes Harmonia hatte zwölf Saiten und umfasste damit mehr als eine volle Tonleiter. Jede Kithara hatte mindestens fünf Seiten, im Höchstfall jedoch zwölf. Die meisten und gängigsten hatten acht Saiten, so dass man eine volle Tonleiter auf ihnen spielen konnte, ohne mit der Hand die Saiten zu verkürzen um die höheren Töne zu erhalten.
    “Am besten nimmst du das Plektron aus Schildpatt, das klingt dann weicher. Halt es mir Daumen und Zeigefinger, und schlag damit jede Saite einzeln an, beginnend beim höchsten Ton.“
    Immerhin ging die klassische Tonleiter vom höchsten zum tiefsten Ton, Penelope konnte sich noch nicht einmal vorstellen, dass irgendjemand mal Töne als Punkte auf Linien zeichnen würde und diese vom tiefsten zum höchsten Ton als Oktave anordnen würde. Ihre Musik war noch nicht in absoluten Werten bemessen, sondern eher in Relationen zum vorangegangenen Ton und der Abfolge von Volltönen und Halbtönen, daher war es ganz normal, dass nicht jedes Instrument jede Melodie spielen konnte. Auch wenn sich einige Töne als die gängigeren und andere als die weniger gängigeren durchgesetzt hatten. Und wenn sie Nikolaos das Spielen beibringen wollte, sollten sie ihre Instrumente aufeinander abstimmen.
    “Wünscht du nur Unterricht im Spiel oder auch in der Theorie der Musik?“
    Für Penelope gehörte das Wissen um die theoretischen Grundlagen mit dazu, wenn man ernsthaft musizieren wollte. Aber sie wusste ja nicht, ob Nikolaos nicht doch nur seine Spielkünste ein wenig auffrischen wollte und nicht vorhatte, selbst auch zu komponieren und zu verstehen. Er sah zwar aus, als hätte er durchaus Sinn für Mathematik – und immerhin war die Musik Teil dieses Gebietes, wenn auch ein sehr spezieller – aber sie wollte ihn da nicht mit Informationen dann überfüttern. Und da er ihr erster Schüler war, war sie auch noch etwas unsicher, wie sie es am besten beginnen sollte.

    Irgendwie wirkte Nikolaos unsicher, wie Penelope leicht verwundert feststellte. Sie hatte ihn noch nie so schüchtern erlebt wie in diesen Momenten, als er vor ihr saß und sein Instrument unsicher vor sich auf dem Schoß liegen hatte. Sonst war sie eher diejenige, die sich unwohl und ängstlich fühlte, auch wenn sie zu gut gedrillt worden war, das nicht nach außen zu zeigen. Aber Nikolaos war sonst immer so souverän und selbstsicher, dass sie gar nicht geglaubt hätte, er könne wirklich bei irgendetwas schüchtern sein. Schon gar nicht ihr gegenüber, die sich selbst ungefähr so erschreckend wie ein Katzenbaby fand. Es ließ den großen Gymnasiarchos richtig menschlich erscheinen mit einem Mal.
    Sie hingegen fühlte sich hier drinnen vollkommen sicher. Vielleicht manchmal etwas gelangweilt, eben weil sie keine wirklichen Schüler hatte. Auch wenn Nikolaos meinte, sie sei für ihre Kunst berühmt, bislang hatte sich noch niemand zu ihr verirrt. Was auch nicht weiter verwunderlich war, da sie bisher noch nicht von sich Reden gemacht hatte durch besondere Leistungen.


    “Oh, ich bin wahrlich nicht berühmt, werter Nikolaos. Nicht der kleinste Lorbeer schmückt mich, und auch hab ich keine Werke geschrieben, die alle Welt zu singen weiß. Aber ich hoffe, du nimmst auch mit den bescheidenen Möglichkeiten vorlieb, die ich dir trotz meiner unbedeutenden Person bieten möchte.“


    Penelope lächelte freundlich und aufmunternd zu Nikolaos hinüber. Ihr schien es ein wenig, als hätten sie die Rollen getauscht, denn vor wenigen Monaten noch war sie unsicher gewesen und hatte von ihm lernen wollen. Aber sie hoffte, dass sie zwar ebenso lehrreich, aber nicht genauso ehrfurchtgebietend war. Wobei bei näherer Überlegung das vielleicht auch gar nicht schlecht wäre.


    Penelope kam um ihren Schreibtisch herumgelaufen, nachdem sie Harmonia vorsichtig darauf gelegt hatte, um näher bei ihrem Schüler zu sein. Immerhin musste sie vielleicht Hilfestellung leisten. Wobei Nikolaos ja gemeint hatte, er habe bereits in seiner Jugend Stunden erhalten, so dass sie wohl nicht ganz am Anfang beginnen müsste.


    “Und dein Instrument ist gestimmt und du hast ein Plektron?“
    Am besten sie fing einfach mal an, zu fragen, was er dabei hatte, wovon er ihr erzählen konnte. Vielleicht würden sie so in die ungewohnten Rollen leichter hineinkommen, denn Penelope hatte noch nie einen Schüler gehabt.

    Leise zupfte Penelope eine der Melodien von Sappho. In Gedanken sang sie die Verse, die so romantisch anmuteten, während sie nur ganz leise mitsummte.
    Then, as the broad moon rose on high,
    The maidens stood the altar nigh;
    And some in graceful measure
    The well-loved spot danced round,
    With lightsome footsteps treading
    The soft and grassy ground.


    Sie war ganz in Gedanken und gar nicht so richtig bei der Sache, als es plötzlich an der Tür klopfte. Fast erschrocken zuckte sie zusammen und entlockte dabei der Kithara ein paar weniger harmonische Töne, die sie aber sofort mit ihrer Hand auf den dünnen Saiten zum verstummen brachte.


    “Empros!“ ließ sich klar und deutlich vernehmen, und Penelope wartete gebannt, wer hereinkommen würde.
    Als die Türe sich dann öffnete und sie den Gymnasiarchos mit Kithara und Schreibzeug bewaffnet sah, war sie doch fast verwundert. Sie hatte schon angenommen, er hatte sie doch vergessen. Aber so war es natürlich eine besonders freudige Überraschung für die junge Philologe.
    “Nikolaos, welch Freude, dich zu sehen. Wie ich sehe, hast du dein Instrument dabei. Setz dich doch“
    Mit einer Geste auf ihren Stuhl lud Pelo den Gymnasiarchos in ihre Stege. Endlich hatte sie vielleicht doch einen Schüler, obwohl sie jung und eine Frau war. Manchmal lächelte Tyche doch einem Sterblichen zu.

    “Sappho lebte die meiste Zeit unter Frauen und hatte ein Kind.“
    Mehr als diesen mürrischen Kommentar gab Philolaos nicht ab. Es hatte wohl wenig Sinn, sich mit dem Priester zu streiten, denn wenn er es tat, würde es sicherlich laut werden. Und für heute hatte der alte Griesgram beschlossen, ruhig und besonnen zu sein und die Feiernden eben feiern zu lassen. Diese grässliche ägyptische Hexe mit ihren fünf Blagen hatte geschworen, sie würde ihn sonst verfluchen und ihm die Haut gerben. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.
    Und was wusste der Priester schon? Für wirkliche Werke musste man leiden, und zwar nicht zu knapp. Nur aus Leid wuchs Leidenschaft, und aus Leidenschaft und Sehnsucht wurden wahrhaft große Lieder geboren. Nicht diese fröhlichen kleinen Melodien, die ins eine Ohr hineinflossen und zum anderen wieder heraus, sondern die, die das Publikum zu Tränen rührten! Aber was unterhielt er sich darüber mit diesem Mann? Philolaos schüttelte nur mürrisch den Kopf und trank noch mehr Wein. Wenigstens der war im Überfluss vorhanden.


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    Im Gegensatz zu ihrem Großvater war Penelope sehr glücklich. Sie hielt sich dicht bei Ánthimos und genoss es, so in seiner Nähe sein zu dürfen. Auch wenn es vielleicht auch so etwas zu nahe war für die Öffentlichkeit, eine Spur zu vertraut und zu verliebt, nichts würde sie davon abhalten können.
    Nikolaos hielt fast schon eine Rede auf das Brautpaar. Bei den Worten, die er an sie richtete, bemühte sie sich, das Kompliment ruhig und sittsam anzuhören, aber ein klein wenig Wangenrot schlich sich doch in ihr Gesicht dabei. Daran würde sie noch zu arbeiten haben, wenn sie eines Tages als Musikerin wirklich auftreten wollte. Normalerweise hatte sie sich da auch sehr gut im Griff, nur heute war alles ein wenig anders. Heute musste sie nicht perfekt sein für alle Leute, heute war der Tag perfekt für sie. Und im Gegensatz zu ihrer üblichen Zurückhaltung, die sie in Gesellschaft anderer an den tag legte, strahlte sie heute freudig übers ganze Gesicht. Nicht einmal die kleinen Stiche zwischen Nikolaos und Anthi bemerkte sie wirklich, sondern freute sich stattdessen, dass die beiden sich miteinander unterhielten.
    Die Rhomäer aber waren etwas stiller. Offenbar waren sie diese Art von Opfer nicht gewohnt, denn ihre waren doch ein wenig anders. Nicht, dass Penelope davon Ahnung hatte, sie hatte es sich nur sagen lassen. Aber nicht einmal das störte sie.
    “Bestimmt werden die Götter das, Nikolaos. Ich danke dir für deine Worte, und es ehrt uns sehr, dass so viele unserer edlen Pyrtanen die Zeit gefunden haben, hierher zu kommen.“

    Ob sie schon mal eine Verletzung an ihm gesehen hatte? Natürlich! Jede Menge Leute hatten sein blaues Auge beim Essen von Iunia Urgulania bewundern können.
    “Was war denn mit dem blauen Auge, wo du – wenn ich mich an den Wortlaut noch recht erinnere – kurz unaufmerksam warst? Und dann eine Woche lang ganz blau im Gesicht warst?“
    Hah! Festgenagelt, das konnte er keinesfalls widerlegen! Auch wenn das das einzige war, was mal passiert ist, aber immerhin konnte er sich nicht herausreden, es sei noch nie etwas passiert.


    “Und deine Pflicht ist es zuallererst, mein Mann und Vater unseres Kindes dann zu sein, und danach erst Bürger der Polis.“
    Fast ein wenig beleidigt verschränkte Penelope die Arme vor der Brust. Sie mochte den Gedanken, dass ihm etwas zustoßen konnte, ganz und gar nicht. Vor allem in den letzten Tagen war sie von einer inneren Unruhe und schlimmen Gedanken geradezu verfolgt. Ständig machte sie sich Sorgen, was wäre, wenn Anthi etwas passieren würde. Was dann aus dem Kind werden würde, und dem Haus und allem. Auf dem Papier war es ja Timos’ Haus, auch wenn Penelopes Gefühl da ein anderes war. Aber das Gefühl zählte ja nicht. Und sie hatte keine Ahnung, ob sie bleiben dürfte, wenn Anthi wirklich verunglücken würde, oder ob sie und ihr Großvater dann nicht ganz schnell wieder in Rhakotis waren. Nicht, dass sie Timos das so unterstellen wollte, aber sie war sich eben nicht sicher. Und im Moment sehnte sie sich nach Sicherheit jedweder Art.
    “Wenn du dich verletzt, hörst du auf! Das versprichst du mir! Nicht nur, wenn du dich so verletzt, dass du ohnehin nicht mehr weiterkommen kannst, sondern wenn du dich richtig verletzt, hörst du auf. Blaue Flecke und sowas, meinetwegen, aber ich will dir nicht drei Tage später diverse Fäden ziehen müssen. Auch wenn da die verrückten Rhomäer mitmachen, du musst sie ja nicht überall schlagen, nur damit ein Grieche gewinnt.“
    Penelope machte sich wirklich ernsthaft Sorgen, daher war sie auch nicht ganz so ruhig, wie sie es eigentlich gewollt hätte. Männer! Wenn das Kind auf der Welt war, war Penelope auf alles vorbereitet, soviel war sicher. Schlimmer als ihr Großvater, Anthi und seine zwei Brüder konnte das auch nicht werden.

    “Ich wusste es!“, entfuhr es Penelope in der Tonlage, die eine Frau anschlug, wenn sie ihren Mann bei irgendwas ertappt hatte. Wär ja auch zu schön gewesen, wenn er wirklich nur Bogenschießen gemacht hätte! Und dann auch noch Pankration und Faustkampf! Als wäre eins von beidem nicht schon schlimm genug alleine!
    Sie stand wieder auf und verschränkte leicht die Arme. Plötzlich gefiel ihr die Idee mit dem Wettkampf schon viel, viel weniger. Dabei war er doch eben erst Agoranomos geworden, und Pelo hatte ein wenig gehofft, dass er dadurch etwas mehr Rücksicht auf seine körperliche Unversehrtheit nehmen wollte.
    “Kannst du nicht wenigstens eins von beidem weglassen? Ich meine, Faustkampf und Pankration, beides? Wenn sich die Regeln da nicht geändert haben, wirst du doch bei einem schon genug verbeult, da musst du doch nicht bei jedem mitmachen, damit du dir unbedingt was brichst?“
    Der musische Wettkampf war vollkommen vergessen. Wie könnte sie überhaupt nur daran denken, was zu singen, während ihr Mann sich nach allen Regeln der Kunst mit anderen schlug und prügelte? Nein, diese Aussicht gefiel ihr ganz und gar nicht.

    Er hatte ihr schon einmal von seinem Bogen erzählt, und sie verstand ihn da völlig. Ihr ging es nicht anders, wenn sie Harmonia in Händen hielt. Auch wenn ihr Großvater noch sehr lebendig und griesgrämig war, erinnerte sie das Instrument doch an eine Zeit, in der er wie ein Gott für sie gewesen war, wenn er gespielt hatte. Sie empfand sich immer ein wenig als unrechtmäßige Besitzerin der Kithara, denn sie war gewiss nicht so begnadet wie er. Ihm hatten die Schüler beinahe die Haustüre eingerannt, um bei ihm lernen zu dürfen, bei ihr war das etwas anders. Zwar hatten sowohl Nikolaos Kerykes als auch Iunia Urgulania gemeint, sie würden sich für Stunden interessieren, aber bislang war daraus nichts geworden. Die meiste Zeit schrieb sie für sich neue Stücke oder tauschte sich mit Kollegen über die verschiedenen Harmonien der Tonleitern aus.
    Bei den Worten „Wettkampf“ und „Gymnasion“ wurde sie aber hellhörig. Aber es beruhigte sie, dass er mit dem Bogen trainierte und nicht anfing, Pankration zu üben. Zwar akzeptierte Penelope seine Leidenschaft für diese Sportart, aber das hieß nicht, dass sie nicht trotzdem jedes Mal riesige Angst hatte, wenn er das mit diesem Dardaner übte.
    “Ich hab am Museion noch gar nichts davon gehört. Aber das kommt dann sicher noch, wenn sie auch musische Wettkämpfe machen wollen. Weißt du dazu schon etwas genaueres?“
    Zwar glaubte Penelope nicht, dass sie so etwas gewinnen konnte, aber es wäre schon ein kleiner Traum, wenn sie ihre Kunstfertigkeit dort unter Beweis stellen könnte. So etwas wie kleine, delphische Spiele, von denen sie immer geträumt hatte. Ihr Großvater hatte den Lorbeer des Apollo mit soviel Stolz immer getragen und der Stadt damit soviel Ehre eingebracht. Es wäre schon ein Traum, wenn sie ihm da eines Tages folgen könnte.
    “Und beim Sport willst du dann Bogenschießen? Machen sie auch Wettläufe und sowas?“
    So ganz traute Pelo dem Braten noch nicht, dass er wirklich nur diesen doch recht ungefährlichen Sport machen würde.

    Vom Hof aus hörte Penelope das Sirren der Bogensehne und das laute Plock, als der Pfeil sein Ziel traf. Verwirrt ließ sie den Eimer mit Wasser stehen, den sie eben holen wollte, und trat durch die Tür, die zum Garten führte. Im Schatten des kleinen Säulenumgangs vor dem eigentlichen Garten blieb sie stehen und betrachtete etwas skeptisch, wie ihr Mann mit dem Bogen hantierte. Nicht, dass sie etwas gegen Sport oder das Bogenschießen an sich hatte, und auch nicht unbedingt, dass sie nicht wollte, dass er es zuhause übte. Immerhin war es ja ein großes Glück, wenn man einen wehrhaften Mann hatte. Aber warum er es ausgerechnet heute machte, und dann auch noch fast neben dem Satyrn, das war ihr doch ein kleines Rätsel.
    “Wenn du die Statue triffst, gibt’s kein Abendbrot“, meinte sie also leicht neckend und näherte sich lächelnd ihrem Mann. Er sah schon sehr stattlich aus, so mit dem großen Bogen. Fast ein Odysseus, schoss es ihr durch den Kopf. Sein Bogen war auch bestimmt nicht weniger stattlich als die berühmte Akilina. Nur mit dem Zielen musste er noch ein wenig üben, wenn sich Penelope so die Zielscheibe ansah.
    “Und, gibt es einen besonderen Grund, warum du den Bogen ausgepackt hast?“
    Sie setzte sich auf eine der Steinbänke in den Schatten und sah ihm einfach zu. Da er so viel beim Arbeiten war und sie selbst auch so viel im Museion, hatte sie in letzter Zeit wenig Gelegenheit gehabt, einfach nur bei ihm zu sitzen und ihm zuzusehen. Wenn er dann mal Iatros war, würde das besser werden, hoffte sie. Sie sah ihm gerne zu.

    Er hatte allen ernstes eine verzupfte Sklavin gekauft, die kein Koine sprach, damit sie Kindermädchen werden konnte? Sofort schlug Penelopes immer größer werdender Mutterinstinkt Alarm. Wer sagte denn, dass die Sklavin das konnte? Besonders mütterlich sah sie ja nicht grade aus. Und sie war ja auch keine Griechin, sondern aus einem Land, von dem Penelope noch nie etwas gehört hatte. Wo war denn Britannien bitteschön? Und dann fragte er, ob sie sich freuen würde?
    Penelope sah ihren Mann etwas konsterniert an. Dann blinzelte sie zweimal und sah noch einmal an ihm vorbei zu der Sklavin. Wieder wanderte ihr Blick zurück zu Ánthimos, den sie jetzt fast schon streng ansah. Hatte er grade eben ernsthaft gesagt, dass sie immer schwangerer werden würde? Und daher Hilfe brauchte, weil sie allein ihre Pflichten als Hausfrau nicht mehr wahrnehmen konnte? Oh, der Herr hatte aber Glück, dass sie im Andron und nicht in der Kouzina waren. Dort wäre sicher eine Teigwalze in greifbarer Nähe gewesen.
    “Was meinst du damit, dass ich mehr Hilfe im Haushalt brauche? Sag bloß, irgendwas ist nicht zu deiner vollsten Zufriedenheit? Schmeckt dir mein Essen nicht, ist es das? Ich weiß, als Agoranomos kommst du an hunderten Marktständen vorbei, wo du eine Vielzahl neuer Gerichte probieren kannst. Du musst mir nur sagen, was du willst, dann koch ich das auch. Die Rezepte besorg ich mir schon.“
    Meckerte er einfach an ihren Kochkünsten herum! Oder war es eine andere Pflicht, die sie nicht mehr zu seiner Zufriedenheit erledigte? Wieder traf ihr Blick die Sklavin. Sie war jung, hübsch, und so hell. Und so schlank, während Pelo langsam aber sicher einen Bauch bekam. Noch war es kaum mehr als eine sanfte Wölbung, aber schon bald würde sie aufgehen und aussehen wie eine Elefantenkuh. Und Inhapy hatte auch schon gemeint, dass sie nur noch so lange könnten, bis sich das Kind richtig bewegte, und sie danach vorerst einmal aufhören müssten. Schon jetzt fühlte Penelope ab und an so etwas wie ein Kribbeln in ihrem Leib und wusste einfach, dass das ihr Kind war. Bald würden es richtige Bewegungen sein, und dann war es vorbei mit Doktorspielchen im Ehebett. Aber dass er dafür eine Sklavin holen würde? Sie sah ihn noch einmal an, diesmal sehr eindringlich. Nein, das würde er ihr nicht antun. Er hatte es geschworen, bei ihrer Hochzeit! Er würde das bestimmt nicht tun.
    Ein bisschen Restangst blieb aber trotzdem.


    Sie besah sich die Sklavin noch einmal.
    “Und sie spricht kein Wort Koine, so dass wir immer Latein reden müssen?“
    Penelope konnte zwar auch sehr gut Latein, aber sie mochte die Sprache der Rhomäer wie überhaupt die Rhomäer nicht besonders. Die Legionäre machten ihr nach wie vor Angst, wenn sie in ihren Patroullien durch die Stadt liefen. Allein beim gedanken daran schüttelte es sie kurz.
    Sie besah sich die Sklavin, die Fesseln und die Abschürfungen. Und vor allem den Dreck, den sie an all dem hatte. Der Sklavenhändler musste ein Idiot sein, dass er seine Ware so hatte verkommen lassen. Kein Wunder, dass Anthi sie für einen günstigen Preis bekommen hatte. Sie wandte sich also in Latein an die Sklavin.
    “Ich bin Penelope Bantotakis“, der neue Nachname klang noch etwas ungewohnt in ihren Ohren, “und deine neue Herrin. Als erstes müssen wir dich waschen und dann bekommst du saubere Kleider.
    Anthi? Nimmst du ihr dann die Fesseln ab und holst noch ein paar Eimer Wasser vom Hof ins Bad?“

    Ihr Mann sollte sich ruhig nützlich machen bei der Sache, da sie ja wohl zu schwach war für solche Arbeit. Sie grummelte innerlich immer noch darüber. Und so wie die Sklavin aussah, sollte sie heute lieber noch nicht arbeiten.
    “Hast du noch Fragen?“
    Penelope hatte einige Fragen noch, aber die würde sie in einer ruhigen Minute wohl Anthi stellen und nicht hier und jetzt gleich.

    Im Musikzimmer hatte Penelope gerade versucht, zu arbeiten. Ihr Kater Tigris hatte ihr dabei Gesellschaft geleistet und sich in Katzenmanier einfach auf ihren Schoß zwischen sie und die Kithara gelegt und war sofort schnurrend eingeschlafen. Das hatte natürlich jegliche ernsthafte Arbeit erschwert. So hatte sie mehr nur ein wenig leichte, leise Musik gespielt, als plötzlich ihr Name quer durchs Haus gerufen wurde. Darüber würde sie mit ihrem Göttergatten noch reden müssen. Man schrie doch nicht einfach durchs Haus!
    Der Kater war auch aufgewacht und machte sich mit einem brummelnden Hüpfer von ihrem Schoß. Penelope legte ihr Instrument beiseite und machte sich auf, die Überraschung zu begutachten. Sie wusste, Ánthimos liebte es, sie zu überraschen. Er freute sich dabei immer fast noch mehr als sie selbst. Vor allem in letzter Zeit hatte er eine diebische Freude daran.


    So kam die Herrin des Hauses – als einziges weibliches Wesen durfte sie sich so wohl bezeichnen – heraus und ins Andron. Erst lächelte sie Anthi freudig zu, doch dann stockte ihr Schritt und sie schaute etwas skeptisch drein. Da saß auf einer Kline eine etwas verzupft aussehende, bleiche Frau mit Fesseln an den Händen. Etwas misstrauisch begutachtete Penelope das Mädchen, das Ánthimos hereingebracht hatte. Warum war es denn so gefesselt?
    Es dauerte einen Augenblick, bis die Erkenntnis durchdrang, dass Anthi wohl eine Sklavin gekauft hatte. Das war eine Überraschung, aber anders als bei dem Haus oder auch den Giraffen freute es Penelope nicht so übermäßig. Sie hatten zwar darüber geredet, einen Sklaven vielleicht fürs Haus zu kaufen, aber sie hatte dabei sicher nicht an eine junge… hübsche… helle Frau gedacht. Die Frau war eindeutig exotisch für ägyptische Verhältnisse.
    “Anthi?“ fragte sie also nur mit einem etwas unsicheren Blick, der zwischen der Frau und ihrem Mann hin und herwanderte.

    Die Küche befindet sich traditionell im hintersten Teil des Gebäudes. Neben dem großen Tisch zum Anrichten und einem kleinen Esstisch, der für die Sklaven und Angestellten gedacht ist, befindet sich hier noch ein Regal mit den Töpfen und Schüsseln. An der Decke ist ein Holzgestell angebracht, von dem dünne Hanfseile herunterhängen, so dass man so Kräuter in Bündeln trocknen kann. Ein großes Fenster gibt den Blick auf den Hinterhof mit dem eigentlichen Ofen frei. In der Küche selbst ist nur eine kleine Feuerstelle für die Tage im Jahr, wenn es draußen doch zu unruhiges Wetter hat, um zu kochen.
    Die Küche besitzt insgesamt 3 Türen. Die erste führt ins Haus zum Triclinium und Andron. Die zweite Tür führt in die kleine Speisekammer, in deren Dunkelheit verschiedene Amphoren mit Vorräten gefüllt sind. Die dritte Tür schließlich führt hinaus auf den kleinen Hof mit dem hauseigenen Brunnen und dem Ofen. Der große, gemauerte Ofen steht weit genug vom Haus entfernt, damit das Feuer nicht versehentlich überspringen kann und ist groß genug, ein ganzes Festmahl auf einmal zuzubereiten. Befeuert wird er wie in Alexandria üblich mit getrockneten Fladen, die in einem Korb daneben meist schon bereit stehen.
    Ein kleines Gemüsebeet für die nötigsten Kräuter und Pflanzen sowie ein kleiner Verschlag für Gänse und Hühner schließlich runden den gesamten Kochbereich ab.

    Dem Trinkspruch konnte sich Philolaos nur halb anschließen. Seiner Enkelin wünschte er Glück, aber diesem Mann, der sie ihm geraubt hatte, eher weniger. Der hatte seine Enkelin entführt, und kurz darauf war sein Opiumlieferant verschwunden und hatte sich zurückgezogen. Philolaos glaubte nicht an Zufälle. Und zu allem Überfluss hatte er dieser grässlichen, ägyptischen Hexe namens Inhapy auch noch Geld in den rachen geworfen, damit sie sich um ihn kümmerte. Garstiges Weibsbild war das!
    “Möge Tyche ihnen wohlgesonnen sein, jaja.“
    Er konnte eben nicht ganz aus seiner Haut, und bei den Göttern, er hatte auch das Recht, so zu sein. Er hatte es sich durch viele, viele Jahre verdient, in denen er nur für die Kunst gelebt hatte. Er war der beste gewesen, ein Perfektionist in diesem Bereich, und Schüler hatten ihn angebettelt, bei ihm lernen zu dürfen. Da durfte er jetzt auch mal grummelig sein, wenn ihm sein größter Schatz einfach so gestohlen wurde.
    “Sag mir, Freund, hast du sie je spielen hören? Meine Penelope, mein ich.“
    Philolaos nahm einen tiefen Schluck von dem Wein. Er hatte lange keinen Wein mehr gehabt, viel zu lange. Es tat gut, wie er warm und weich die Kehle hinabfloss. Seine blinden Augen richteten sich auf die helle Stelle, wo er die Stimme seiner Enkelin zwischen den vielen anderen Geräuschen ausmachen konnte.
    “Sie war noch klein, als ich sie aufgenommen habe, ein kleiner, halbverhungerter Wurm. Meine schöne Tochter hat noch mal geheiratet und konnt sie nicht gebrauchen.“
    Noch ein Schluck Wein, diesmal noch größer. Der Becher war danach leer und musste nachgefüllt werden. Es war nicht leicht für Philolaos, sie gehen zu lassen.
    “Sie ist eine perfekte Spielerin. Sie ist besser, als ich war, wenn sie sich bemüht und anstrengt. Und jetzt? Sie liebt diesen Mann und wird mit ihm Kinder kriegen und das alles wieder vergessen. Sie hätte eine Sappho werden können, aber sie liebt ihn. Furchtbares Gefühl, ungebührlich. Hast du das Gelübde gehört? Liebe hat in einer vernünftigen Ehe nichts zu suchen. Eine Verschwendung von Talent.“
    Warum er einem Fremden gegenüber so deutliche Worte sprach, wusste er nicht. Wahrscheinlich stieg ihm der Wein ein wenig zu Kopf, aber das musste auch mal gesagt werden. Philolaos grauste es schon davor, wie hier zehn Urenkel herumtoben würden und seine Enkelin, sein Meisterwerk, wenn man so wollte, einfach in Vergessenheit geraten würde.

    Philolaos sah nichts von dem regen Interesse im Gesichts des Priesters, er bemerkte nur so am Rande, dass sich jemand in seine Nähe setzte, weil ein etwas größerer Schatten sich vor die üblichen Schatten des Gartens schob. Seine blinden Augen richteten sich trübe in die Richtung der Stimme, die ihn angesprochen hatte. In seinen Händen hielt er einen Weinbecher, den er leicht hin und her drehte.
    War er denn der Virtuose, der die Musen zum Weinen bringen konnte? Das letzte mal, dass er das mit Fug und Recht hatte behaupten können, war über fünf Jahre her. Jetzt waren seine Finger alt, seine Augen blind, und auch seine Ohren hörten nicht mehr ganz so gut. Außer die Spielfehler, die eine der Lautenspielerinnen immer machte, vermaledeite Dilletanten. Sein Schwiegerenkel hatte sich wohl keine vernünftige Musik leisten können? Es ärgerte ihn, früher hätte er selbst noch gespielt und alle Gäste wären verzückt gewesen. Jetzt wusste er nicht einmal, wer da mit ihm redete.
    “So nannte man mich einmal, vor langer Zeit. Damals war Penelope noch ein kleines Kind, und jetzt? Die Zeit verfliegt.“
    Und umso älter man wurde, umso schneller schien es zu werden. War als Kind ein Jahr noch eine Ewigkeit, war es jetzt kaum mehr als ein Wimpernschlag. Noch ein paar solcher Wimpernschläge, und es würde gar keinen Philolaos mehr geben.
    “Aber einer der Lautenspielerinnen bringt auch bald eine Muse zum weinen…“ fügte er etwas grummelig hinzu. War ja nicht auszuhalten, wie sie die schöne Melodie verunstaltete, indem sie jeden vierten Ton zu hoch spielte. Auch wenn es den anderen Gästen nicht aufzufallen schien, die schienen sich prächtig zu utnerhalten.

    Der Bissen vom blutigen Herzen des Lamms war zwar sehr nahe an Penelopes Ekelschwelle, aber sie hatte ja gewusst, was auf sie zukam. Tapfer nahm sie den Bissen und schluckte ihn runter. Der bleierne Geschmack des Blutes war zwar beinahe übermächtig, aber sie stand ruhig wie eine Marmorstatue da. Es auszuspucken oder gar zu erbrechen wäre ein extrem schlechtes Omen gewesen, und Penelope würde also eher daran ersticken, als den Bissen wieder von sich zu geben. Aber ihr in letzter Zeit sonst so rebellischer Magen hatte dieses Mal ein Einsehen und verhielt sich den Umständen entsprechend ruhig.
    Aufgeregt wartete Pelo, bis der Priester und die Priesterin den Segen der Götter für ihre Verbindung ausgesprochen hatten. Jetzt war sie verheiratet, mit allem drum und dran. Jetzt konnte die Feier beginnen, und nachdem sie den Brautzug um die Nachbarschaft im Anschluss daran gemacht hatten, waren sie und Ánthimos für die Augen aller Welt ganz öffentlich verheiratet. Das Brautpaar drehte sich zu den Zeugen um, damit diese es als solches begrüßen konnten.


    “Dann lasst das Fest beginnen!“ rief Philolaos von seinem Platz aus. Er hatte es sich schon auf einer Liege bequem gemacht. Fiel dem alten Mann doch gar nicht ein, hier den freudigen Brautvater zu spielen. Er würde die weitere Gästebetreuung nur zu gern etwas abgeben und sich hier einfach dem Wein und dem Essen etwas widmen.


    Penelope nickte kurz in die Richtung eines Sklaven, den sie sich geliehen hatte und der wohl schon wartete, wann sie denn auftragen konnten. Sofort verschwand der Bursche in Richtung der Küche, und fast sofort danach kamen auch schon die reichlich beladenen Platten herbeigetragen. Da fand sich bestes Gemüse, teils süß glasiert, teils feurig gewürzt, frisches Obst, duftendes Brot, noch warm vom Backen. Schafskäse wurde aufgetragen, teils pur und salzig, teils scharf angemacht. Dazu jede Menge Fleisch von dem gebratenen Ochsen, fein aufgeschnitten in handgerechte Stücke, dazu verschiedene Soßen und Tunken. Alles wurde so auf Platten im Garten verteilt, dass alle Gäste an jede der kleinen Köstlichkeiten gut herankamen.
    Die Musik spielte wieder auf, und die Flöten ließen eine tirilierende, fröhliche Melodie erklingen, in die die Lauten begleitend einfielen. Penelope lächelte und hakte sich bei ihrem Mann ein, denn jetzt durfte sie das so offen vor allen endlich machen, und sie war so glücklich darüber.


    Sim-Off:

    Ihr solltet nun alle auch Angebote in der WiSim haben. Wenn ich wen vergessen hab, bitte melden

    Das Wasser kitzelte auf der Haut, als der Priester es langsam über ihre Hände tropfen ließ. Penelope bemühte sich, nicht zu zucken. Nicht, dass das noch als schlechtes Zeichen galt. Nachdem sie und die Gäste dann gereinigt waren, leitete der Priester das Opfer ein. Als er und die Priesterin die Gottheiten anriefen, bekam Pelo eine Gänsehaut, die sich den ganzen Rücken hinunterzog. Jetzt galt es, jetzt würden sie heiraten, mit den Göttern als zeugen. Sie war aufgeregt, als sie den Worten ihres Mannes lauschte. Bei seinem Gelübde musste sie kurz lächeln, auch wenn sie sich vorgenommen hatte, bei der Zeremonie ernst zu bleiben. Er schwor bei den Göttern, nie eine andere Frau zu wollen? Das war mehr als ungewöhnlich, aber Penelope fand es unheimlich süß von ihm. Da konnte sie nicht anders, als zu lächeln. Es verschwand auch nicht, als sie ihrerseits dann die Worte sprach, die sie an Ánthimos binden würden. Dabei nahm sie ebenfalls die drei Gottheiten hinzu, bei denen er geschworen hatte. Wenn sie schon von ihm herbeigerufen worden waren, dann wollte sie sie natürlich nicht verärgern, indem sie sie nicht ebenso erwähnte.
    “Bei Zeus und Hera, bei Poseidon, Aphrodite und Pan, knüpfe ich das Band mit Ánthimos, Sohn des Kyriákos. Ich schwöre, dir eine gute Ehefrau zu sein, hier vor diesen Zeugen. Ich will dir gehorchen und dich ehren, wie es dir als meinem Ehemann geziemt. Ich will keinem anderen Mann gehören, und meine Kinder sollen deine Kinder sein. Wo du bist, will auch ich sein. Unser Band soll halten, bis wir in den Hades eingehen. Mögen die Götter dies bezeugen und mich strafen, sollte ich meinen Schwur brechen.“
    Entgegen ihrer sonstigen Ruhe in der Stimme hatte sie bei diesem schwur tatsächlich ganz leicht gezittert. Penelope fühlte sich so aufgeregt und gleichzeitig so glücklich, dass sie es auch mit noch so viel Übung nicht aus ihrer Stimme hätte bekommen können.

    “Ah, da bist du ja. Na dann sei mal nicht so schüchtern, Junge.“
    Philolaos wollte noch eine weitere Spitze anfügen, aber bekam von Penelope unauffällig einen Ellbogen leicht in die Seite, worauf er stoppte. Die junge Braut versuchte, sich absolut nichts anmerken zu lassen und hoffte einfach, dass niemand diese kleine Stichelei wirklich mitbekam. Ihre Gäste sollten sich ja amüsieren, da half es nichts, dass Philolaos ihren Mann nicht leiden mochte.
    Sie lächelte stattdessen etwas schüchtern in die Runde, und dann offener und freudiger, als sie sich Anthi so ansah. Auch er war in Rot und Weiß gekleidet, wie sie. Auch wenn sie fand, dass er weitaus prächtiger aussah, allein schon wegen seiner Statur. Bis eben noch hatte sie ziemliche Angst gehabt, aber als sie ihn jetzt so sah, wie er dastand und sie gleich heiraten würde, war die Nervosität plötzlich wie weggeblasen. Es war einfach richtig, und endlich konnten sie der Welt und all ihren Freunden auch zeigen, dass sie wirklich ein Paar waren. Jetzt musste er sie nur noch abholen, und sie konnten mit der Zeremonie beginnen. Auch wenn Penelope in dem ganzen Durcheinander den Priester, der das Opfer vornehmen würde, noch nicht entdeckt hatte.

    Am andron vorbei, wo Penelope einen kurzen, neugierigen Blick auf die Geschenke werfen konnte, waren sie auch schnell beim Eingang zum Garten. Sie blieben noch kurz im Schatten stehen. Penelope beugte sich kurz zu ihrem Großvater leicht herunter, sagte ihm, wer alles gekommen war und wo diejenigen standen, und wo Tische standen. Weder sie noch er wollten, dass er die ganze Zeit an ihrem Arm blieb, aber sie wollte ihn nicht der Blöße preisgeben, dass er irgendwo in seiner Blindheit dagegen lief.
    Nach dieser kleinen Vorbereitung schließlich betrat sie an der Seite von Philolaos den Garten. Sie wollte gerne noch ein wenig stehenbleiben, denn sie war ordentlich nervös, aber ihr Großvater zog sie zielsicher mit sich noch ein paar Schritte mehr in den Garten. Mit einer Stimme, die zwar schon ihre Kraft verloren hatte und vom Alter gezeichnet war, der man aber immer noch die jahrelange Übung der Stimmbänder anhören konnte, setzte er zur Begrüßung der Gäste an.


    “Chairete, liebe Gäste. Es freut mich, dass ihr so zahlreich erschienen seid, um mit uns zu feiern und Zeuge zu sein, wie meine Penelope heiratet. Wo ist denn der Bräutigam, der mir meine Enkelin entführt?“
    Sehen konnte er ihn ohnehin nicht, aber dennoch bewegte er leicht den Kopf, als würde er sich umsehen.


    Penelope schaute ebenfalls. Hoffentlich war Ánthimos da und ihr Timing stimmte. Ansonsten könnte das hier nun potentiell peinlich werden. Und Penelope war so schon reichlich nervös.