Beiträge von Penelope Bantotakis

    Umsäumt von einem Säulengang liegt der Garten zentral im hinteren Teil des Hauses. Ein kleiner Teich mit Seerosen verspricht Ruhe, und einige Pflanzen spenden wohltuenden Schatten. In einer Ecke des Gartens zieht eine Statue aus weißem Marmor die Aufmerksamkeit auf sich. Ein Satyr sitzt auf einem Stein. Hinter ihm wächst ein Weinstock, der aufgrund der ägyptischen Hitze aber eher spärliche Früchte trägt. Er hat seine Syrinx halb zum Mund erhoben, aber in seiner Haltung ist nicht klar erkennbar, ob er sie zum Mund führt oder gerade absetzt. Der Blick des jungen Mannes mit den angedeuteten Ziegenhörnern ist wie verzaubert auf die andere Ecke des Gartens gerichtet.
    Dort steht neben dem Teich fast schon verborgen zwischen einem Farn und einem Blumenbusch eine weitere Statue. Ein junges Mädchen steht in fast tänzerischer Bewegung da und betrachtet verzückt sein Spiegelbild im Teich. Im Haar trägt sie Seerosen, wie sie auch im Wasser zu finden sind. Unschwer ist zu erkennen, dass es eine Nymphe sein soll.
    Mehrere Steinbänke laden zum Verweilen ein und sind geschickt so angeordnet, dass egal zu welcher Tageszeit immer mehrere von ihnen im Schatten der Pflanzen liegen.

    Beide Bantotakis-Brüder waren in dem Amt, das sie haben wollten! Penelope war ja so glücklich und freute sich ehrlich, sowohl für Timotheos, als auch natürlich für Ánthimos. Ihre Augen strahlten, als sie zu ihm herüber sah, als Nikolaos das Ergebnis verkündete. Doch nicht allzu lange konnte sie ihn so ansehen, immerhin waren sie hier an einem öffentlichen Platz und sie beide nicht verheiratet.
    Auch wurde ihre Aufmerksamkeit schnell wieder vom Gymnasiarchos gefangen, als dieser erneut auf den Brief zu sprechen kam und dabei so eindringlich in ihre Richtung sah. Am liebsten wäre Penelope gewesen, das wäre vergessen worden, dann müsste sie jetzt nicht erneut vor all den Leuten reden. Aber vorhin war sie, obwohl der Antrag für den Brief von einem anderen kam, so etwas wie die Redeführerin für die Sache gewesen. Und sie sollte ja auch den Brief schreiben, so es einen zu schrieben galt. Also würde sie jetzt wohl oder übel auch ihre Argumentation fortführen und vor der Ekklesia sprechen müssen.
    Sie erhob sich also und strich dabei einmal kurz ihr Gewand glatt.
    “Wenn ich sprechen darf?“ fragte sie so also laut hörbar und wartete, bis sie das Wort erhielt. Daraufhin trat sie wieder einen Schritt nach vorne, damit sie besser gesehen wurde, und begann wieder mit klarer und sicherer Sängerstimme zu sprechen.
    “Gewiss wäre es gut und recht, dem Eparchos in einem Brief noch einmal unsere Dankbarkeit auszudrücken über seine weise und gerechte Entscheidung. Unsere Verehrung für ihn und natürlich den göttlichen Basileus kann man nicht oft genug zum Ausdruck bringen, denn Worte können es ohnehin wohl kaum fassen.
    Allerdings könnte solch ein Brief auch falsch aufgefasst werden. Immerhin zweifeln wir nicht an dem Wort des Eparchos und wollen ihn nicht noch einmal an dieses… bedauerliche Missverständnis erinnern. Er kennt ja dank unseres ehrenwerten Gymnasiarchos, der uns auch dank der weisen Entscheidung dieser Versammlung eine weitere Pyrtanie erhalten bleibt, unsere Befürchtungen und Ängste. Auch zweifelt niemand an seinen Worten, dass er solcherlei Handeln unterbinden wird.
    Daher denke ich, dass ein Brief vielleicht überflüssig wäre, erinnert er doch nur an ein Unglück. Ich denke, unsere Dankbarkeit und Freundschaft können wir vielleicht auf andere Weise besser zum Ausdruck bringen. Daher halte ich diesen Brief für irrelevant.“

    Sollte die Ekklesia anderes wollen, würde sie sich selbstverständlich dem beugen und sogar, wie vorhin vorgeschlagen, den Brief selbst schreiben. Allerdings wollte sie wirklich nicht, dass der Eparchos das ganze noch in den falschen Hals bekäme. Und Nikolaos hatte ja bereits mit ihm gesprochen, da wäre es in dieser leicht angespannten Situation vielleicht wirklich besser, erst einmal abzuwarten. Das zumindest war ihre Ansicht.

    Das Musikstück wehrte sich. Anders konnte man es nicht sagen. Penelope wurde ja selten wütend, aber sie war kurz davor, die Wachstafel gegen die Wand zu schleudern. Heute war sie unruhig, und das war nicht gut, um Musik zu schreiben. Aber sie wollte dieses Stück unbedingt fertig bekommen! Der Anfang war so wunderbar gewesen, als würden die acht Noten der Tonleiter nur darauf warten, von ihr in unterschiedlichsten Reihenfolgen aufgeschrieben zu werden. Und dann plötzlich war es weg!
    Und jetzt saß sie schon seit bestimmt einer Stunde vor dem Stück, spielte es wieder, wieder und wieder, und kam nicht weiter. Das war doch zum verrückt werden!


    Da war Penelope geradezu froh, als es an ihrer Tür klopfte. Hoffentlich jemand, der ein lösbares Problem für sie hatte. Denn sonst würde sie früher oder später doch noch einer Wachstafel das Fliegen beibringen.
    “Intra!“ klang es daher hell und klar durch die Tür, als die vermaledeite Tafel beiseite geschoben wurde und Penelope sich bequem an ihren Schreibtisch setzte, um zu sehen, wer denn da gleich hereinkäme.

    Ein wenig verwunderte es den jungen Burschen schon, dass er zwei Einladungen am selben Haus abzugeben hatte. Aber er beschwerte sich sicher nicht, bekam er doch für jede Einladung, die er sicher dem Ianitor in die Hand drückte, eine Drachme. Leicht verdientes Geld also. Auch wenn der römische Soldat, der ihn durch Basileia begleiten musste, nicht so begeistert aussah wie der Junge.


    Also drückte der Knabe dem Ianitor zwei Briefe in die Hand, ehe er sich wieder auf den Weg machte.


    Einladung


    Hiermit möchten wir dich, Iunia Urgulania, recht herzlich zu unserer Hochzeit einladen. Sie findet am ersten Tag des Gamelión/ANTE DIEM IV ID IAN DCCCLIX A.U.C. (10.1.2009/106 n.Chr.) in der megaro Bantotakia statt. Das ist das frühere Haus des Kitharisten Philolaos im Broucheion. Die Zeremonie wird der ehrenwerte Priester Geórgios Krateidos leiten. Diese wird nach der offiziellen Eheschließung durch den Eponminatographos stattfinden, welche im engsten Familienkreis begangen wird. Für Speis und Trank wird ausreichend gesorgt sein.
    Wir würden uns sehr über dein Erscheinen freuen, natürlich sind auch Begleiter recht herzlich eingeladen.


    Voller Freude
    Penelope und Ànthimos Bantotakis.

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    Einladung


    Hiermit möchten wir dich, Iunia Axilla, recht herzlich zu unserer Hochzeit einladen. Sie findet am ersten Tag des Gamelión/ANTE DIEM IV ID IAN DCCCLIX A.U.C. (10.1.2009/106 n.Chr.) in der megaro Bantotakia statt. Das ist das frühere Haus des Kitharisten Philolaos im Broucheion. Die Zeremonie wird der ehrenwerte Priester Geórgios Krateidos leiten. Diese wird nach der offiziellen Eheschließung durch den Eponminatographos stattfinden, welche im engsten Familienkreis begangen wird. Für Speis und Trank wird ausreichend gesorgt sein.
    Wir würden uns sehr über dein Erscheinen freuen, natürlich sind auch Begleiter recht herzlich eingeladen.


    Voller Freude
    Penelope und Ànthimos Bantotakis.

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    Ein junger Brusche, der sich an diesem Tag ein paar Drachmen dazuverdiente, überbrachte einen unscheinbaren, kleinen Brief. Er musste heute noch mehr Briefe hier in der Basileia abgeben, aber die Begleitung durch die römische Wache störte ihn dabei nicht besonders. So leicht verdiente sich das tägliche Brot sonst nicht, und so oft kam er auch nicht nach Basileia.


    Also übergab er an der Türe die Einladung, wie es ihm aufgetragen wurde, und machte sich dann auch schon weiter auf den Weg.



    Einladung


    Hiermit möchten wir dich, Nikolaos Kerykes, recht herzlich zu unserer Hochzeit einladen. Sie findet am ersten Tag des Gamelión/ANTE DIEM IV ID IAN DCCCLIX A.U.C. (10.1.2009/106 n.Chr.) in der megaro Bantotakia statt. Das ist das frühere Haus des Kitharisten Philolaos im Broucheion. Die Zeremonie wird der ehrenwerte Priester Geórgios Krateidos leiten. Diese wird nach der offiziellen Eheschließung durch den Eponminatographos stattfinden, welche im engsten Familienkreis begangen wird. Für Speis und Trank wird ausreichend gesorgt sein.
    Wir würden uns sehr über dein Erscheinen freuen, natürlich sind auch Begleiter recht herzlich eingeladen.


    Voller Freude
    Penelope und Ànthimos Bantotakis.

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    Die erste Abstimmung, an der Penelope Teilnehmen konnte! Das war aufregend, und mit leuchtenden Augen sah sie kurz zu Ánthimos hinüber. Als sein Name genannt wurde stimmte sie selbstverständlich für ihn. Auch bei Timos gab es da gar keine Frage, und auch Urgulania erhielt ihre Stimme. Cleonymus hatte ihr zwar nie etwas getan und als Strategos war er auch gut gewesen, aber im Grunde genommen war der Ägypter ihr egal, daher enthielt sie sich. Und auch bei Nikolaos schwieg sie mit einem Blick auf ihren Mann. Sie wusste, er mochte ihn nicht, und sie wollte nicht schon wieder mit ihm streiten. Auch wenn sie fand, dass der Keryke die Polis ganz hervorragend vertrat, aber sie glaubte auch nicht, dass dieser an einer einzelnen Stimme scheitern könnte. Hier gab es genug, die für ihn stimmten und sogar einige, die lauthals losjohlten.


    Sim-Off:

    Ánthimos als Agoranomos: :dafuer:
    Timótheos als Strategos: :dafuer:
    Urgulania als Exegetes: :dafuer:

    “Achja? Seltsam, bei mir hat sie noch gesagt, dass ich alles machen darf, was auch immer ich machen möchte. Ich bin schließlich schwanger und nicht krank.“
    Ein kleiner, herausfordernder und fast schmollender Unterton lag in Penelopes Stimme. Sie mochte ja, wenn Ànthimos so fürsorglich war, aber so langsam strapazierte er damit auch ihre Nerven. Am liebsten würde er sie wohl in Watte einpacken und in einen leeren Raum stellen, damit sie sich auch an nichts stoßen konnte. Aber sie hatte einen Haushalt zu führen, da konnte sie nicht nur faul rumsitzen und zuschauen, wie andere ihre Arbeit erledigten. Das war nicht richtig.
    Bevor sich ihr Liebster aber noch um Kopf und Kragen reden würde, fuhr sie lieber mit seiner Frage fort. Denn das ganze Essen schlecht werden lassen, nachdem er es gekauft hatte, war ja auch nicht gut.
    “Also, alles ess ich sicher nicht. Aber um die Honigkuchen wäre es doch wirklich schade, wenn die verderben würden, nicht?“
    Der Kater wurde wieder auf den Boden gesetzt, was dieser mit einem verwunderten Miau zur Kenntnis nahm. Penelope setzte sich nun wieder richtig an den Tisch und griff nach einem der Küchlein. Obwohl ihr eben noch so schlecht gewesen war, war es jetzt beinahe, als wäre nichts gewesen. Sie nahm also das süße Gebäck und roch einmal kurz daran. Es war wirklich herrlich süß und frisch, so wie sie es mochte. Sie nahm einen kleinen Bissen. Diese Dinger gehörten verboten, die waren fast schon zu gut.
    Einem plötzlichen Gefühl folgend nahm Penelope dazu ein Stückchen von dem Trockenfleisch. Das war im Vergleich dazu hart und fast unerträglich salzig, aber aus einem perfiden Grund schmeckte es geradezu grandios. Schwangerschaft war doch was schreckliches. Kein Wunder, dass ihr dauernd schlecht wurde in letzter Zeit.

    Jetzt musste Penelope lachen.
    “Ja, Tigris würde dir da sicher voll und ganz zustimmen. Aber der hat sich vorhin schon was erbettelt, das muss auch mal gut sein. Sonst wird der uns noch verwöhnt und fängt gar keine Mäuse mehr.
    Ach, das hab ich dir ja noch gar nicht erzählt, heute Mittag hat er eine tote Ratte angeschleppt. Ich bezweifel zwar, dass er die selber getötet hat, das Vieh war halb so groß wie er selber. Aber er hat sie präsentiert, als hätte er den Typhon erschlagen.“

    Jetzt stand Penelope doch auf und streichelte den Kater, der daraufhin ganz dezent sein Köpfchen reckte und sich streicheln ließ. Schließlich stand er sogar auf, damit sie auch in angemessener Art und Weise seinen Rücken kraulen konnte. Aber Penelope wollte sich nicht so bücken und nahm die Katze kurzerhand hoch. Mit dem sich anfangs wehrenden, sich dann aber doch schnell ergebenden Bündel Katze setzte sie sich in einiger Entfernung zum Essen mit dem Kater hin und kraulte ihn ausgiebig an den Ohren.
    “So, aber zum Mahlen noch mal zurückzukommen: Das kann ich selber machen. Du musst mir nur helfen, das Ding zusammenzubauen. Das Mahlen ist ja dann kein Problem, dann kann ich nebenher auch schon schön den Teig ansetzen und den Ofen vorheizen, dann geht das mit dem Backen auch schnell. Wenn du nur das Korn vielleicht von der Arbeit gleich mit heimbringst, das wär wirklich lieb, Schatz. Ich hab zwar noch genug zum Backen da, aber du weißt ja, ich hab gern etwas Vorrat. Falls mal was ausgeht.“
    Die Jahre in Rhakotis hatten sie den Luxus, den ein kleines Säckchen Korn und ein paar Amphoren mit Öl oder eingelegtem Obst bedeuteten, deutlich gelehrt. Penelope fühlte sich mit so ein paar Dingen im Haus so ungemein sicher, das sie es wirklich gern hatte.

    “Ich kann auch Brot und Dattelkuchen beides morgen backen. Dann musst du nur wieder Korn kaufen und mir dann die Mühle zusammensetzen helfen. Der Mahlstein ist doch ganz schön schwer, und Inhapy meinte, ich soll vermeiden, so schwer zu heben. Ich würd ja auch schon gemahlenes Korn kaufen, aber das fertige Mehl ist mir nicht fein genug. Und wer weiß, was die da alles reinvermahlen.“
    Penelope war jetzt zwar nicht so etepetete, dass sie eine mitvermahlene Maus gleich als so ekelig empfand, dass sie das Mehl nicht mehr verwenden würde. Aber so wusste sie wenigstens ganz genau, was in ihrem Brot war, und irgendwie war ihr das momentan noch wichtiger als früher. Und da sie sah, wie ihr Brot allen schmeckte, sah sie sich in ihrer Art natürlich auch bestätigt.
    Der Kater kam plötzlich, als wäre er nie weggewesen, um die Ecke geschlendert und setzte sich in einiger Entfernung – gerade außerhalb der Reichweite etwaiger Arme, die ihn bequem im Sitzen erreichen könnten, selbstverständlich – hin. Erwartungsvoll schaute er zu seinen beiden Menschen über die Schulter und wartete auffallend unauffällig darauf, dass sie den samtpfotigen Herrscher der Wohnung bemerken und standesgemäß begrüßen würden.
    “Ich glaube, der riecht auch, wenn es Essen gibt“, meinte Penelope kopfschüttelnd, lächelte zu ihrer Straßengrabenmischung aber hinüber. Sie liebte den Mausefänger.

    Er bekam „den Blick“ auf seine Bemerkung mit der Lava. Da machte man sich Sorgen und er kam gleich mit dem nächsten. Aber gut, dann konnte die Zunge so schlimm nicht verbrannt sein.
    “Ich weiß auch nicht, warum man mit sowas Essen sollte. Ich meine, dafür gibt es doch auch Löffel? Und ich finde es ein wenig befremdlich, wenn man von seinen eigenen Fingern nichts Essen will. Ich meine, man sollte sie sowieso vorher und hinterher waschen. Das sah für mich fast so aus, als würde er sich davor ekeln. Sehr merkwürdig auf jeden Fall. Ein Kyniker wird aus dem nie.“
    Penelope konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie Marcus Achilleos wohl in einem Fass leben würde. Wenn er schon sein Essen nicht selbst anfassen wollte, war ihm noch mehr Bedürfnislosigkeit wahrscheinlich zu heruntergekommen. Aber das sollte ja nicht ihre Sorge sein. Sie würde bei der Hochzeit auf jeden Fall das Essen so planen, dass man es gut mit den Fingern essen konnte.
    Doch dann holte er sie mit seinem kindlichen Eifer wieder in die Gegenwart zurück. Es tat ihr ja fast schon Leid, dass sie eigentlich nur Brot und keine Kuchen backen wollte.
    “Nun, eigentlich wollte ich nur wieder Brot für die folgende Woche backen. Aber ich könnte auch ein paar Dattelkuchen backen, wo du schon Datteln mitgebracht hast.“
    Das wäre zwar nicht ganz so süß wie Honigkuchen, aber sie war ja auch kein Honigbäcker. Und es ging bedeutend schneller und hielt sich länger.

    “Was du nicht sagst, Schatz.“
    Jetzt musste auch Penelope lachen und den Kopf dabei leicht schütteln. Männer! Dabei blubberte und brodelte das alles noch vor sich hin. Das war sicher sogar so heiß, dass er gar nichts von dem fisch schmecken konnte, weil es ihm die Zunge verbrannt hatte. Alles andere würde sie schwer wundern.
    “Aber die kleinen Untaten strafen die Götter gerne sofort.“ Neckisch zwinkerte sie ihm zu und stand dann auf, um den langen Holzlöffel zur Hand zu nehmen. Sie rührte ein wenig im Topf, vorsichtig, damit der Fisch eben nicht zerfiel. Aber sie wollte schauen, ob das Gemüse auch alles gut durchgegart war und nirgends anklebte, und ob das Wasser gut verkocht war. Soße war zwar etwas sehr leckeres, aber unpraktisch zum Essen mit den Fingern. Und sie kannte ihre drei Dreckspatzen nun schon gut genug, um zu wissen, dass weniger Soße weniger Flecken bedeutete.
    “Du kannst dir ja, wenn du so Hunger hast, ein wenig Brot nehmen und Soße tunken? Das ist ohnehin das letzte und wird schon wieder ein wenig hart, da ist Soße grade gut. Ich muss morgen wieder backen. Also, sofern du schon wieder was schmeckst, Spatz. Hast du dir arg die Zunge verbrannt?“
    So langsam war die Sorge doch wieder größer als die Schadenfreude. Sie wollte ja nicht, dass er sich weh tat.

    Eine gute Seite hatte das ganze: Das Sodbrennen hatte aufgehört. Penelope trank ein Glas von dem ägyptischen Bier, das ihr Inhapy extra mitgegeben hatte. Die Hebamme hatte gemeint, das sei besser für sie und das Kind, weil von dem Wasser in den Stadtbrunnen oder gar dem Fluss so viele Leute krank würden, vor allem um diese Jahreszeit. Wenn die nächste Überschwemmung eingesetzt hatte, sollte das wohl besser werden, aber bis dahin sollte sie lieber dünnes Bier trinken. Also tat Penelope, wie ihr geheißen wurde, auch wenn sie an sich das Zeug gar nicht so sehr mochte. Aber krank werden konnte sie sich im Moment nicht leisten. Und das Bier war wirklich so dünn, dass man davon nicht betrunken werden konnte. Und es war allemal besser als der Gallegeschmack-
    “hmmhmm“ meinte Penelope etwas erschöpft nickend, als Anthi aufzählte, was er alles eingekauft hatte. Dann schenkte sie sie ihm ein liebevolles und aufmunterndes Lächeln. Er sorgte sich so rührend um sie, vor allem, wenn es ihr in letzter Zeit immer mal wieder übel wurde. “Das ist lieb von dir, danke.“
    Sie beugte sich ein wenig vor, um in den Ofen schauen zu können. Der Tontopf zischte und blubberte, das Wasser war zu einer dicken Brühe verkocht und durch die feinen Poren des Tontopfes großenteils verdampft.
    “Gib mir mal die Topflappen, ich glaube, den Fisch kann man auch herausnehmen. Sonst wird der uns noch schwarz. Der ist so heiß, der gart so durch. Dürfte auch nicht mehr lange dauern. Ich kann ja mal schauen, ob er schon zerfällt.“
    Wenn ein Fisch bei leichtem Druck zu zerfallen begann, dann war er gut durch. Nur war das jetzt noch viel zu heiß, um es zu essen. Höchstens vielleicht mit einem Löffel, aber die Finger würde man sich daran jetzt verbrennen. Also mussten sie ohnehin noch ein wenig warten.

    Penelope musste lächeln und widmete sich wieder dem Fisch, nachdem Ánthimos die Türe hinter sich geschlossen hatte. Er war einfach ein lieber Kerl.
    Sie nahm also den Fisch fein säuberlich aus und wunderte sich nicht, als sie plötzlich etwas Pelziges um die Beine streichen fühlte. Ihr Stubentiger wusste scheinbar immer ganz genau, wann sie kochte, und kam dann quer durch die ganze Stadt zur Not gehechtet in der Hoffnung, es könnte etwas von der Arbeitsfläche für ihn fallen. Sein tiefes, sonores Schnurren lag in der Luft, und „rein zufällig“ fiel Penelope das runter, was sie eben ausgenommen hatte. Sofort stürzte sich das Katerchen, das nach den drei Monaten schon ein richtig hagerer Bursche geworden war, auf die Reste und schlang sie gierig schmatzend herunter. „Rein zufällig“ fiel auch noch ein bisschen Fleisch vom Fisch herunter, als Penelope die Flossen etwas großzügiger abschnitt. Als dann aber weitergepraunzt und gemaunzt wurde, fiel nichts mehr herunter, und mit stolz erhobenem Schwanz zog ein Pascha von dannen.
    Penelope indes rieb den Fisch mit Kräutern und Salz gut ein und fachte das Kochfeuer im Ofen an. Sie holte den Tontopf heraus und füllte ihn mit Wasser, damit er gleich nicht zersprang. Darin legte sie das Gemüse, die Möhren und Zwiebeln, alles schön in gefällige Stücke geschnitten, und zuoberst den Fisch. Schließlich wanderte alles auf die grade Steinfläche neben dem Feuer, und Penelope legte noch ein paar getrocknete Fladen nach, damit es auch schön heiß brannte und alles gut durchkochen würde. Sie wollte schließlich keinen halbrohen Fisch essen.
    Schließlich setzte sie sich auf den Stuhl. Jetzt konnte sie ohnehin nur warten, bis Anthi wieder zurückkam oder der Fisch etwas Aufmerksamkeit brauchte. Langsam entfaltete sich der Duft nach gekochtem Essen, und Penelope, die eben noch so hungrig war, fühlte sich plötzlich ganz elend. Ihr war gar nicht mehr nach Essen. So überhaupt auch gar kein bisschen. Ihr war richtiggehend schlecht. Und sie hatte plötzlich Sodbrennen. Hoffentlich kaufte Ánthimos nun nicht so viel ein, sie hatte jetzt das Gefühl, keinen Bissen runter zu bekommen.

    Kurz überlegte Penelope, schüttelte dann aber den Kopf.
    “Ach, nein, die Honigkuchen reichen erstmal. Du sollst ja schnell wieder herkommen, damit wir vielleicht doch noch die Decken ein wenig zerwühlen können“
    Sie schenkte ihm einen schelmischen Blick und machte sich dann schon auf in die Küche. Als er an ihr vorbeikam, um hinauszugehen, fiel ihr aber doch noch in plötzlichem Heißhunger etwas ein.
    “Also, fall da aber zufällig ein Händler grade in der Nähe ist, der diese römischen Würste verkauft, kannst du davon vielleicht eine mitbringen. Oder Ziegenkäse, wenn da zufällig grade ein Händler ist.“
    Als Anthi dann schon fast bei der Türe war, warf sie ihm ein “Oh, Trauben wären auch was feines. Also, wenn du zufällig an welchen vorbeiläufst. Oder Dörrobst.“ hinterher. Als er es dann schließlich bis zur Türe geschafft hatte, hielt sie ihn mit einem “Anthi?“ noch einmal kurz auf. Sie legte den Fisch, den sie gerade ausnahm, beiseite.
    “Ich liebe dich.“ Er war wirklich süß, dass er es mit ihren Heißhungerattacken grade aushielt.

    Penelope überlegte kurz und war versucht, ihn loszuschicken. Aber er hatte heute auch einen anstrengenden Tag gehabt, er sollte jetzt auch mal zur Ruhe kommen. Sie konnte ihn ja nicht durch die halbe Stadt hetzen, nur weil sie Hunger hatte und nicht wusste, worauf. Außerdem gab es ja noch soviel für die Hochzeit zu planen!
    “Neinnein, ich würde sagen, du holst nur schnell die Honigkuchen, und ich mach solange schon mal den Fisch mit ein wenig Gemüse. Und wenn du wieder da bist, können wir anfangen, ein wenig mehr unsere Hochzeit zu planen. Ich meine, das muss doch vorbereitet sein! Die ganzen Nachbarn müssen wir natürlich auch einladen, wir brauchen ja auch schließlich den Hof unten. Und bestimmt fällt mir bis nachher noch ein, was wir bis jetzt alles vergessen haben.“
    Sie gab Anthi noch einmal einen dicken Kuss und drückte ihn dabei fast aufs Bett zurück. Dann sprang sie aber voller Elan und Tatendrang auf und sah sich im Zimmer noch mal um. Ja, das mit der Farbe musste auf jeden Fall auch vor der Hochzeit dann fertig werden. Und wenn sie selbst zu dem Farbmischer gehen und Farben bestellen musste.
    “Und das mit den Farben hier müssen wir auch noch genauer durchsprechen. Meinst du, ich darf auch Timos Zimmer streichen?“ Irgendwie war Penelope grade vollkommen vom Nestbau gefangen.

    Er würde alles holen, was ihnen fehlte? Das war ja so süß! Er bekam gleich einen Kuss auf seine Nase, als sie überlegte.
    “Nein, Honigkuchen haben wir grade keinen da, aber der Bäcker unten an der Ecke backt ganz guten. Aber irgendwie hab ich auch Lust auf was salziges. Meinst du, man bekommt schon gutes Trockenfleisch? Das wär fast noch besser als Fisch. Vielleicht mit ein paar Datteln oder sowas…. Ja, das könnte lecker sein. Oder doch lieber Fisch, den hab ich heute Morgen gekauft. Der muss ja dann gemacht werden, sonst kriegt der noch einen Stich von der Hitze. Hmmm, irgendwas….“
    Penelope hatte auch keine Ahnung, worauf sie Hunger hatte. Einerseits sollte es salzig sein, dann aber auch wieder süß und auf gar keinen Fall bitter. Vielleicht ein bisschen was mit Gemüse? Wobei ihr keines einfiel, was passen könnte.
    “…ach, ich weiß auch nicht. Ich muss demnächst mal auf dem Markt schauen, ob es noch was gibt, was ich nicht kenne. Denn irgendwie hab ich auf sowas mal Lust. Meinst du, es gibt Früchte, die süß und salzig sind?“

    Eine Weile schaute Penelope einfach zu ihm herunter, wie er dalag und grübelte und versuchte, einen Sinn in dem ganzen zu sehen. Sie musste dabei lächeln. Er war so von Grund auf ehrlich, im wahrsten Sinne des Wortes. Seine Ehre war wirklich ohne Makel, sie glaubte fast, er könne dagegen gar nicht verstoßen. Selbst, dass sie unverheiratet noch waren, befleckte diese nicht, nein, fast erhöhte seine ihr entgegengebrachte Liebe und Zärtlichkeit diese noch. Im Zeitalter der Helden wäre er wohl gewiss einer von ihnen gewesen, und sie würde heute Lieder singen von ihm. Wobei diese erlauchte Gesellschaft deutlich unehrenhafter manches Mal gehandelt hatte, wenn man den Sagen glauben schenken durfte.
    “Denk nicht zuviel darüber nach. Es ist eine politische Entscheidung von Marcus, denn auch wenn er sich sträubt, er ist Politiker. Zwar einer mit sehr seltsamen Ansichten, aber nichts desto trotz Politiker. Und jetzt zerwühl das Bett nicht so, hilf mir lieber ein wenig kochen. Irgendwie habe ich heute einen Heißhunger auf Fisch. Oder Honigkuchen. Ich kann mich irgendwie nicht entscheiden. Was meinst du? Geht wohl beides zusammen?“

    Eigentlich hätte sich Penelope auch das denken können. Sie hatte auch nichts anderes erwartet. Dennoch wäre es ihr lieber gewesen, er hätte das einmal so hingenommen und würde da nun nichts weiter unternehmen. Aber das wäre wohl nicht ihr Mann gewesen.
    “Ich möchte nur nicht, dass du enttäuscht bist, wenn er es ablehnt. Du solltest da nicht versuchen, ihn irgendwie zu drängen. Du kannst ihm ja, wenn du unbedingt möchtest, eine Einladung schreiben. Aber dann solltest du ihm die Entscheidung überlassen, ob er kommen mag oder nicht.“
    Ihr armer, sanftmütiger Riese. Er lief hier ja beinahe Furchen in die Dielen. Sie merkte ganz deutlich, dass ihm die Situation nicht passte. Dafür war er wohl einfach zu ehrlich.

    Die Reaktion hätte Penelope sich schon denken können. So war er halt nun mal, von Grund auf ehrlich. Sie atmete einmal tief durch und setzte sich dann auf die Bettkante.
    “Nun, ganz Unrecht hat er nicht. Es wäre vom politischen Standpunkt aus wahrscheinlich besser, nichts mit ihm zu tun zu haben. Ich meine, er stößt mit seinen Meinungen halt schon gerne Leute vor den Kopf, und könnte sich da viele Feinde machen. Und du weißt ja, wie manche Menschen sind. Wenn du nicht auf ihrer Seite bist, bist du ihr feind, und wenn so jemand Marcus zum Feind hat, könnte es schwer sein. Und du weißt, ich halte mich gerne aus Ärger heraus.“
    Wenn es nicht gerade um Grundsatzdiskussionen wie die Sicherheit oder die Freiheit der Polis ging. Da konnte Penelope schon zur Löwin werden.
    “Ich weiß, sowas widerstrebt dir. Du bist da einfach ehrlich und aufrichtig. Aber ich meine, wenn Marcus selber sagt, er möchte das von seiner Seite aus nicht? Ich weiß nicht, was du da tun willst?“

    Gut, das Mit Axilla schien Ánthimos nicht so schwer zu nehmen wie Penelope. Mochte vielleicht auch daran liegen, dass er ein Mann war und insgesamt von sehr ausgeglichenen Natur. Aber genau das liebte sie ja so an ihm. Dass er den ägyptischen Heiler einladen wollte war für Penelope in Ordnung, seinen Trainingspartner mussten sie wohl auch einladen. Obwohl Penelope den wohl wegen so manchem blauen Fleck schief anschauen würde. Vielleicht.
    “Nun, bevor du Marcus Achilleos einplanst, solltest du vielleicht seinen Brief lesen. Ich glaube nicht, dass er kommen wird.“
    Jetzt nahm sie selbst den Brief in die Hand und übergab ihn Ánthimos. Dass sie den Mann für verrückt hielt war dabei erstmal nebensächlich. Natürlich würde sie ihn auch einladen, wenn Ánthimos das unbedingt wollte, aber sie war auch nicht unbedingt traurig, dass er nicht kam. Seine Einstellungen waren teilweise doch sehr weltfremd, fand Pelo.