Die Schlächter nahmen nun ihre Positionen ein neben den Rindern - drei weiße, gekalkte und mit Eisenspänen eingeriebene Ochsen für Iuppiter, drei rote, mit Kupferspäne eingeriebene Stiere für Mars und drei weiße Kühe für Fortuna, deren Hufe und Hörner allesamt überzogen waren mit einer dünnen Schicht aus Gold. Auch die infulae, vittae und dorsule* waren nicht nur aus farbiger Wolle geflochten und gewebt, sondern gleichsam mit Kupferfäden durchzogen, dass sie bei jeder trägen Bewegung der Tiere im Licht der aufsteigenden Sonne schimmerten.
Duilius Verus trat vor die Tiere hin, besprengte mit einem Pinsel aus schwarzfarbenem Ochsenschwanzhaar deren Häupter, reinigte sich selbst die Hände in einer Schüssel voll warmen Wasser und trocknete sie mit dem mallium latum. Schlussendlich übergab er die Rinder, die traditionelle Spruchformeln dabei murmelnd, in den Besitz der jeweiligen Gottheit, indem er die mola salsa ihnen zwischen die Hörner strich. Reihum folgte sodann die symbolische Entkleidung der Tiere, bei welchen ihnen auch der Schmuck entfernt wurde, ehedem der Pontifex die Tiere zur Opferung freigab.
"Iupiter Optimus Maximus, höchster aller Götter, diese Ochsen seien Dir gegeben aus freien Stücken, großer Herrscher, Dein Wohlwollen und Deine Gunst zu erbitten für die treuen Streiter des Imperium Romanum, Deinen gerechten Zorn aber und Deine gerechte Strafe für alle Verräter Roms!"
Auf das agone? folgte das age!, dreimalig, dass einer nach dem anderen Ochsen durch die Opferaxt fiel, eine Kehle nach der anderen durch das Beil durchtrennt wurde.
"Mars Pater, größter aller Krieger, diese Stiere seien Dir gegeben aus freien Stücken, großer Kämpfer, Deine Stärke und Deinen Mut zu erbitten für die treuen Streiter des Imperium Romanum, Deinen grenzenlosen Zorn aber und Deine vernichtende Schläge für alle Verräter Roms!"
Auch die roten Stiere hauchten ihr Leben in wenigen Augenblicken aus, schwer krachten ihre Leiber auf den Boden, tief rotfarben floss das Blut in den Grund des Campus Martius.
"Fortuna Omnium, große Wächterin über das Schicksal, diese Kühe seien Dir gegeben aus freien Stücken, erhabene Göttin, Dein Glück und Deinen Sieg zu erbitten für die treuen Streiter des Imperium Romanum, Deine Wirren aber und Deine Niederlage für alle Verräter Roms!"
Die Kühe folgten zuletzt, ein wenig unruhig bereits durch das Geschehen um sie herum, doch längstens nicht derart gegenwärtig, um ihrem Schicksal entkommen zu können.
Sorgsam schnitten die Schlächter den Rindern die Bäuche auf, holten die Innereien daraus hervor und verteilten sie auf die bereitgehaltenen paterae, welche sodann dem Pontifex pro magistro wurden vorgelegt.
Nichts war Duilius Verus anzusehen, keine Regung verriet seine Gedanken beim Anblick der vitalia, denn nicht alle Organe waren derart markellos wie sie es für einen solchen Anlass sollten sein. Eine Leber war fleckig, eine andere knotig und hart, ein Herz kränklich verfärbt. Doch Duilius war nicht so einfältig, an die Vorhersage von Opfer zu glauben - er hatte bereits zu viele Ergebnisse bei Opferungen selbst verfälscht - nicht immer zum Wohle des Staates oder viabler Männer, sondern zumeist zum Wohle seines eigenen Geldbeutels oder zur Mehrung seines Einflusses, wiewohl stets ohne dass irgendwelche Götter ihn hätten gestraft.
Auch Decimus Serapio hatte zu Genüge dafür Sorge getragen, dass das Opfer erfolgreich beschlossen wurde, so dass der Pontifex schlussendlich lauthals verkündete:
"Litatio! Litatio! Die Götter sind euch gewogen, tapfere Soldaten Roms, denn die Götter streiten an der Seite des einzig wahren Kaisers, die Götter streiten an eurer Seite, gewähren euch ihren Schutz und ihre Stärke im Kampf gegen die Verräter des Imperium Romanum!"
Noch ehe irgendwer das Opfer in Zweifel würde ziehen können wurden die vitalia dem Feuer übergeben, welches sie in die Gefilde der Götter überführte. Die Leiber der Rinder würden zerlegt werden und der Trossküche übergeben, denn auch wenn die neun Tiere kaum ausreichten, um der gesamten Menge an Soldaten ein Stück Fleisch zu bieten, so würde doch jeder am Abend glauben können, dass gerade sein Stück der Ration ein Teil eines der gesegneten Opfertiere war.
MFG