Vodafonis saß der jungen Herrin schräg gegenüber und blickte mehr oder weniger freundlich in die Runde, bevr sie dann wieder zu der immer kleiner werdenden Stadt blickte. So komisch das auch war, aber Rom wurde tatsächlich kleiner, wenn man sich von ihr entfernte, die ewige Stadt, diese riesige Metropole. Callista blickte auch zurück, aber nur kurz. Für sie war Rom anscheinend nur eine Zwischenstation gewesen, auch wenn immerhin die Aussicht bestand, dass sie zurückkehrte. Aber das war nur unter gewissen Umständen möglich und Callista wußte nicht, ob sie sich diese wünschte. Eine Scheidung wäre ein solcher Fall oder aber, dass sie eine Witwe würde, wo sie dann auf jeden Fall zu ihrer Familie zurückkehren würde. Nur lag Callista an beiden Dingen nicht wirklich viel, eine Scheidung bedeutete nämlich, dass etwas so fürchterlich falsch lief, dass Marsus sie nicht mehr haben wollte. Darauf wollte es die Prudentia aber keinesfalls ankommen lassen. Es dritte und erfreulichere Möglichkeit, warum sie Rom wiedersehen würde, wäre, wenn Marsus ein Amt anstrebte, dass seine Anwesenheit in der Hauptstadt erforderte. Dann wäre es sicherlich möglich, dass sie ihren Onkel, ihre Tante und auch Thalna traf. Hatten die Duccier eigentlich ein Anwesen in Rom? Sie glaubte fast nicht, die Familie schien sich ja sehr an ihre Heimat zu klammern.
Germanien! Callista seufzte und dachte zurück an die Erzählungen ihres Onkels, von Vespa, Valerian und Eburnus und alles fügte sich zu einem doch recht ansehnlichen Bild zusammen. Alle schwärmten vom germanischen Frühling und Callista war froh, dass sie noch für eine Weile vom Schnee verschont bleiben würde. Nicht, dass sie prinzipiell etws dagegen gehabt hätte, aber gleich meterhoch? Ob Marsus Schnee mochte? Vielleicht war er ihn auch so gewöhnt, dass er ihn nicht mehr störte. Es war ja schließlich etwas ganz anderes, wenn man in einer solchen Region geboren und aufgewachsen war. Apropo geboren, war Marsus das in Mogontiacum? Und lebten seine Eltern noch? Das alles hätte sie auch Eburnus fragen können, wenn sie nur damals schon gewußt hätte, dass er der große Bruder ihres Ehemannes war. Doch Balbus war erst ein paar Tage danach mit der Sprache rausgerückt.
Callista löste ihren Blick nun endgültig von Rom und schaute stattdessen in den Wagen, zu ihrer Begleitung. Da war Tiberiana Crista mit ihrer Nanta, die ihre Herrin nicht aus den Augen ließ. Und natürlich Tiberianus Cato, der Verlobte der Schneiderin, der allerdings sehr still war. Und dann war da noch Laris, ebenso still. Callista fragte sich insgeheim, wer dieser Junge war und warum er dabei war. Ob er das Kind der beiden war? Vom Alter her würde es bei Crista sicherlich passen, vielleicht war sie bereits verheiratet gewesen? Hatte sie nicht erwähnt, dass sie mal Sklavin gewesen war? Konnte das Kind denn dann von Cato sein? Natürlich war die junge Frau mit den rotbraunen Haaren viel zu schüchtern und pietätsvoll, um ihre Fragen auch zu stellen, aber sie dachte einen Moment darüber nach. Sie hoffte die Stille würde bald gebrochen und jemand würde ein Gespräch anfangen, denn sie hatte keine Lust zehn Tage nur rumzusitzen. Dafür hatte sie die drei nun auch nicht mitgenommen.