Beiträge von Prudentia Callista

    Es war der junge Mann, der sich zuerst ein Herz fasst und sie ansprach und sie einlud sich zu setzen. Dankbar lächelte sie und setzte sich in einer fließenden, eleganten Bewegung. "Salve. Und Dankeschön." Sie blickte sich noch einmal um und sprach dann weiter. "Es ist wirklich gut besucht hier, ist das immer so?" Sie blickte ihn interessiert an und stellte verwundert fest, dass er ebenso nervös aussah, wie sie sich fühlte. Anscheinend hatte er bereits einen Becher Wein gehabt und wie auf ein geheimes Stichwort hin stand plötzlich wieder der Sklave neben ihr und reichte ihr den bestellten Vinum. Sie dankte ihm zaghaft und nippte dann an dem Wein, erschreckend stellte sei fest, dass er nicht verdünnt war. Wie sollte sie nur einen ganzen Becher trinken? Sie würde betrunken sein! Sie stellte den Becher erst mal wieder ab, doch der Sklaven war im Getümmel verschwunden und sie konnte ihn nicht zurückrufen. Wie dumm, dass sie daran nicht gedacht hatte! Zu Hause, bei ihrer Mutter, hatte sie immer nur verdünnten Wein bekommen.


    Da sie sich umwandte um den Sklaven vielleicht doch noch zu sehen blieb ihr Blick an ihrem Tischnachbar hängen. "Ich heiße Prudentia Callista, freut mich sehr deine Bekanntschaft zu machen."

    Er zog Schlüsse aus dem was sie gesagt hatte und das Lächeln auf ihrem Gesicht erstarb für einen Moment. Was wollte er damit sagen? Aus anderen gründen? Welchen Gründen denn? Sie blickte ihn an und dann verwirrt zur Seite, er hatte schelmisch gegrinst. Machte er nur einen Witz? Über sie? Callista blickte wieder zu ihm und zwang sich zu einem Lächeln. Er war nett und daran änderte auch ein Witz nicht, den sie nicht verstand.


    Es war das erste Mal, dass sie mit einem jungen Mann redete ohne das ihre Mutter oder jemand, der von ihrer Mutter instruiert worden war. Sie war sich nicht sicher ob sie diese neue Freiheit genoss, denn sie spürte sie zum ersten Mal und es machte sie unsicher. Wenn einem immer gesagt wurde, was man sagen sollte und dann plötzlich für sich selber sprechen sollte, woher wusste man dann, was man sagen konnte? Oder wollte? Callista hätte sich am liebsten aus dem Staub gemacht, aber das ging nicht und verdient hatte er es auch nicht. Woher sollte er auch wissen, dass ihre Mutter strenger mit ihr gewesen war als man gemeinhin mit Vestalinnen? Sie dachte stattdessen einfach an Mantua, ihre Heimat, was ein Zufall!


    "Das ist wirklich erstaunlich, welch eine Fügung." Sie wagte nicht zu fragen wann die Wahl gewesen war, denn sie konnte sich nicht erinnern. Wahrscheinlich hatte ihre Sorge um ihre Mutter es verhindert, dass sie sich um so etwas gekümmert hatte. Aber es war einfach peinlich sowas nicht zu wissen, zumal er gewählt worden war. "Gratulation zu dem Amt." Ihre Antwort war daher einfach nur höflich. Sie wusste nicht genau wie sie das Gespräch am Laufen erhalten sollten und ihre kurzen Antworten waren zwar nicht abweisend gemeint, aber machten es ihm auch nicht unbedingt leichter. Sie sollte ein Gesprächsthema finden, von dem sie beide Ahnung hatten. Mantua war ein guter Vorschlag, sie könnte ihn auch etwas zum Markt fragen oder zu Rom!? "Seit wann bist du in Rom?" fragte sie neugierig.

    Er schien eine Abneigung zu hegen, wie Callista beobachten konnte, denn er begann sogleich zu schimpfen und Callista fand diesen minimalen Ausbruch irgendwie sympathisch. In ihrer Vergangenheit war es für sie nicht nötig gewesen sich über Politik den Kopf zu zerbrechen oder Dinge wie, seine Meinung gekonnt auszudrücken ohne sie wirklich Preis zu geben. Da war es erfrischend, dass auch Tiberius offen war und seine Abneigung kund tat. Solche Dinge machten einen Menschen interessant und individuell, im Gegensatz von der maskenhaften Glattheit, die vielen Anderen zu eigenen war. Erstaunlicherweise vor allen in den höheren Gesellschaften, so fern Callista denn schon die Möglichkeit gehabt hatte diese kennenzulernen.


    Sie nickte und grinste ihn dann an. "Ist das so offensichtlich?" Selbst wenn sie nicht aus Mantua kam hätte sie ja jemand sein können, der nicht oft vor die Tür kam. Doch sie war sogar beides, wobei ihn letzteres nicht zu interessieren hatte. "Ich komme aus Mantua und bin erst vor kurzem angereist." Sie verschwieg den Grund für ihre Reise, denn sie wollte keinem Fremden von ihrer Mutter erzählen und sie wollte ihre Bekanntschaft auch nicht mit einem schlimmen Ereignis beschatten.

    Wortlos folgte sie der Sklavin, die sie schnellen Schrittes durch das Haus führte und sie dabei neben dem Atrium, dass sie ja schon kannte, auch die Küche und den Hof zu Gesicht bekam. Sie wäre gerne hier und da stehen geblieben um sich alles etwas besser ansehen zu können, doch Vodafonis schien nicht sehr zögerlich zu sein. Daher beeilte sich Callista um mit ihr Schritt zu halten und verschob einen genaueren Erkundungsgang, den es in jedem Falle geben würde, auf später oder auch den folgenden Tag. Es gab eine Treppe hinunter zum Erdgeschoss und sie folgte der schwarzhaarigen Sklavin und fand sich in einem Teil des Hauses wieder, der ganz eindeutig nicht zum Rest des Haues passte. Es war beinahe üppig verziert und somit ein starker Kontrast, Callista besah sich fasziniert die Mosaike und Gemälde an den Wänden. Dem Thema entsprechend hatte man natürlich zumeist Dinge gemalt, die etwas mit Wasser zu tun hatten und die vorherrschenden Farben ebenso danach gewählt. Es war wunderschön und Callista grinste Vodafonis an, die jedoch völlig unbeeindruckt blieb. Ganz im Gegenteil, sie forderte Callista auf sich auszuziehen und diese blickte für einen Moment skeptisch. Doch dann tat sie wie geheißen, sie wusste natürlich was von ihr erwartet wurde, aber es war doch etwas beklemmend. Leider hatte auf der Reise ihre Körperpflege gelitten und sie brauchte dringend eine Rasur. Ob sie Vodafonis fragen sollte? Tiberius hatte ja gesagt, dass sie bei ihr in guten Händen wäre.


    Mit einigen schnellen Handgriffen waren die Halterungen an ihrem Kleid gelöst und es rutschte über ihren jungen Körper herab, weiße Haut und feine Sommersprossen auf den Schultern und dem Dekolleté freigebend. Callista nahm das Handtuch von der Sklavin entgegen, es machte ihr kaum etwas aus völlig nackt zu sein. Vodafonis war eben eine Frau und daher empfand sie es nicht als schlimm und die Sklavin machte auch keineswegs den Eindruck sich darum auch nur im Geringsten zu kümmern. "Bitte geb mir auch eine Rasur." Verlangte sie bereits etwas forscher und wartete dann darauf, dass man sie einen Raum weiter führen würde.

    Tiberius, wie ihr Onkel, sie lächelte. "Man nennt mich Prudentia Callista."
    Weitere Teile seines Namens sagten ihr natürlich nichts und seine Gen war ihr unbekannt. Sie blickte ihm für eine Sekunde in die braunen Augen, dann blickte sie sich neugierig um. Es war das erste Mal, dass sie nach ihrer Ankunft das Haus ihrer Verwandten verlassen hatte und die riesige Stadt war wirklich beeindruckend. Das Zentrum des römischen Reiches und jetzt lebte sie hier. Sie straffte ihre Schultern und wich einem Paar aus, das schnurgerade auf sie zukam. Etwas entrüstet blickte sie diesem Hinterher, doch es kam keine Reaktion und so ging sie weiterhin neben Tiberius her. "Ist das immer so?" fragte sie ihn ein wenig entnervt.

    Callista ließ sich von ihrem Onkel bereitwillig versichern, dass ihre Wünsche keinen großen Aufwand bedeuten würden und beobachtete, wie die Sklavin heran geschritten kam. Auch sie machte einen freundlichen Eindruck, allerdings war sie weniger euphorisch wie der ägyptische Diener. Aber immerhin wusste Callista nun ihren Namen und sie prägte ihn sich still ein. Es war immer hilfreich zu wissen, wie ein Sklave hieß, auch wenn es andere geben mochten die sich diese Mühe nicht machten. Callista nickte ihr freundlich zur Begrüßung zu und hörte dann Tiberius zu, der seine Anweisungen an die Sklavin weiterreichte. Er klang dabei nicht übermäßig herrisch und hatte einen eher neutralen Ton angeschlagen, er ging also sorgsam mit seinem Besitz um, wie Callista erfreut feststellte. Als sich ihr ungleich älterer Onkel wieder an sie wandte blickte die junge Prudentia zu ihm auf und ihr sanftes Lächeln erhellte ihr zartes Gesicht. Sie nickte auch ihm zu und bedanke sich noch einmal. Dann sah sie zur Sklavin, die sie immer noch fragend anschaute und dann wieder zu ihrem Onkel, der ebenso rätselnd da stand. Sie musste etwas sagen! Schüchtern seufzte sie sanft und wandte sich dann an die Sklavin. Es war seltsam, so ganz allein unter Fremden und auch wenn es nur eine Sklavin war, so vermisste sie ihre aus Mantua. Wie es ihnen wohl nach dem Verkauf ergangen war?


    "Zuerst das Bad bitte. Und wenn es geht, könnte ich eine Massage bekommen?" Sie blickte fragend zu der Sklavin. Nach der langen Reise war ihr ganzer Körper angespannt, aber gerade der Nacken war es, der ihr die meisten Schmerzen bereitete. Ein ausgiebiges Bad und dazu eine Massage, das wäre nun wirklich ein Luxus, den sie sich nur ungern entgehen lassen würde. Sie wußte selbst, dass ihre Stimme wenig herrisch war und daher straffte sie ihre Haltung. Sie war immerhin eine Prudentia und keine Landpomeranze, auch wenn sie sich gerade so fühlte.

    "Ja, das wäre wunderbar." Sie sah an ihm vorbei zu der Menschenmenge, die sich angesammelt hatte und es sah wirklich nicht so aus, als käme sie da in den nächsten Minuten durch. Sie wunderte sich, was diesen Auflauf verursacht hatte, aber sie konnte nichts erkennen und zuckte daher nur leicht mit den Schultern. Sie sah von Tiberius zu ihrem Sklaven, dessen undeutbarer Blick auf ihre Füße gerichtet war und zu seinem Sklaven, den er dabei hatte. Drei Männer, sie biss sich auf die Unterlippe. Andererseits, es war heller Tag, sie war mitten auf den Straßen unterwegs. Sie lächelte Tiberius wieder zu und nickte leicht.


    "Ich bin auf dem Weg zum Marktplatz und es wäre mir eine große Hilfe, wenn du mir den Weg zeigen könntest. Ich kenne mich in Rom nicht besonders gut aus."

    Sie blickte an der großen Gestalt vor sich hoch und bemerkte, dass der Mann vor ihr ungefähr in ihrem Alter sein musste. Wahrscheinlich etwas älter und von Haltung und Kleidung nach war er ein Bürger. Er hatte braunes Haar und braune Augen und ein nettes Lächeln, so dass Callista etwas ihrer Angst verlor. Sie wusste, wie naiv das war und dass man Menschen nicht nach ihrem Äußeren beurteilen sollte, doch obwohl sie das wusste, handelte sie nicht danach. Die zurückgezogenen Erziehung ihrer Mutter hatte eben auch Nachteile und einer davon war, dass Callista in vielen Dingen noch unwissend war und viel zu gutgläubig. Sie fasst sich ein Herz und reagierte auf seine Begrüßung.


    "Salve. Es tut mir schrecklich leid, ich hab nicht aufgepasst, Entschuldigung für die Umstände." Sie lächelte ihm zu und war ein wenig Stolz, ihre Antwort so klar und ohne Unsicherheit vorgebracht zu haben. Das war für sie schon einmal eine nicht gerade kleine Leistung und vor allem bei einem Fremden.

    Nachdem Callista den ganzen Tag damit verbracht hatte in der Stadt herumzulaufen und sich dem Müßiggang hinzugeben war sie müde und auch ein wenig ausgelaugt, dennoch wollte sie noch nicht nach Hause. Es war einfach zu herrlich durch die wundervolle Metropole zu streifen und sich die vielen Menschen anzusehen, die ihrem Tagewerk nachgingen oder auch einfach nur spazierten, so wie sie. Dann entdeckte sie an einer Häuserecke das Schild der Taverna Apicia und sie blieb stehen. Sollte sie es wagen und dort hinein gehen? Sie war noch nie in ihrem Leben in einer Taverna gewesen, ihre Mutter hatte da strenge Ansichten gehabt und immer genug Sklaven die einen eventuellen Fehltritt beobachtet hätten. Doch hier kannte man sie noch nicht und gegen einen unschuldigen Becher Vinum konnte wohl niemand etwas einwenden. Oder? Callista biss sich auf die Unterlippe, dachte noch einen Moment nach, doch ihre Neugier siegte und somit betrat sie die Taverna. Der Rauch und die Lautstärke irritierten sie und sie blickte sich nervös um. Einige Menschen schauten sie an und sie wäre am liebsten sofort wieder umgedreht. Doch dann ging sie langsam in Richtung des Wirtes, die vielen Menschen beobachtend, die zusammen saßen und lachten und redeten und eine schöne Zeit hatten. Was ihr Onkel wohl dachte, wenn er wusste, dass sie hier war?


    Ein Sklave kam zu ihr und fragte sie über die Lautstärke der anderen Anwesenden hinweg, was sie wünschte und sie blickte ihn für einen Moment ratlos an. Sie sagte daraufhin, sie wollte nur einen Platz und einen Becher Wein und er sah sich um. Leider war die Taverna recht voll und kein Tisch mehr frei, daher wies er ihn an einen, wo bereits jemand saß. Er entschuldigte sich vielmals und verschwand dann ihren Wein zu holen. Callista, etwas überrascht mitten im Raum stehend ging die wenigen Schritte bis zu dem Schritt und besah sich den jungen Mann, der dort saß. Er sah ungefährlich aus und daher beschloss sie sich zu setzen. Er war blond und blauäugig, wenn sie das im dämmrigen Licht richtig erkannte und außerdem war er gut gekleidet, er war auch etwas älter als sie. Sie nickte ihm freundlich zu, nicht sicher wie sie sich nun weiterhin zu verhalten hatte. Daher wartete sie einfach nur auf ihren Wein und besah sich die anderen Anwesenden.

    Callista war jetzt drei Tage in der Stadt und heute wollte sie sich daran machen etwas für sich einzukaufen. Sie besaß kein großes eigenes Vermögen, doch hatte ihre Mutter ihr einige Dinge vermacht und somit war sie nicht mittellos. Für heute hatte sie sich vorgenommen die Stadt ein wenig zu erkunden und Einkäufe zu erledigen, allen voran modische Kleidung und vielleicht auch etwas Schmuck. Sie wollte sich gerne besser in das Bild einfügen, welches Rom und ihre neue Verwandtschaft ihr präsentierte und somit zeigen, wie dankbar sie war. Und auffallen war für das schüchterne Mädchen oder besser die junge Frau, nicht gerade erfreulich. Daher war sie in Begleitung eines Sklaven auf dem Weg zum Mercatus Urbis, dem Marktviertel. Da sie sich nicht verlaufen wollte, schritt sie neben ihrem Sklaven, der ihr mit sanftem Fingerzeig sagte, wann sie abzubiegen hatte. Callista selbst war zu sehr damit beschäftigt die Eindrücke der Stadt in sich aufzunehmen, die Lautstärke, die vielen verschiedenen Menschen, die Betriebsamkeit. In Mantua war sie nur äußerst selten auf einem Markt gewesen und sie betete still, dass sie sich gut halten würde, wenn sie erst mal etwas einkaufen wollte. Natürlich hätte sie auch einfach jemanden losschicken können, aber es war zu verlockend es selbst zu tun. Und da war ja auch noch der Sklave, der auf sie aufpasste, was sollte also geschehen!?


    So kam es dann auch wie es kommen musste, sie passte nicht auf und während sie nach links sah, in eine Häusergasse hinein, spürte sie plötzlich etwas großes, dass ihren Weg versperrte. Verwirrt blickte sie nach vorne und wurde sich bewusst, dass sie gerade auf den Rücken eines jungen Mannes stierte, in den sie hineingelaufen war. Nein, wie peinlich! Callista biss sich auf die Unterlippe und ihr Herz schlug schneller, vor Nervosität griff sie in ihr Kleid, ganz so als müsste sie sich daran festhalten. Sie warf einen vorwurfsvollen Blick zum Sklaven, der das Missgeschick nicht verhindert hatte und wartete dann, dass sich ihr Gegenüber umdrehte. Sie würde sich entschuldigen und dann bloß weg!

    Er war sehr freundlich zu ihr und Callistas Lächeln wurde breiter. Er würde aufregend werden, all die anderen kennenzulernen und vor allem seine Frau. Wie viel sie von ihr lernen konnte! Anscheinend war er schon öfter gereist, denn er verstand sehr gut, wonach sie sich nun am meisten sehnte. Ein Zimmer, ein Bad, ein gutes Essen und die Welt sah gleich viel besser aus. Ein privates Bad im Keller war wirklich Luxus, Luxus den sie bisher nicht genossen hatte und sie nickte freudig.


    "Ja, sehr gerne. Alles drei." Sie lächelte und wurde endlich etwas herzlicher und die Nervosität verschwand und sie begann bereits sich heimisch zu fühlen. Er schien sich ehrlich zu freuen und das machte viel für sie aus. "Ein Bad wäre jetzt genau das richtige und gegen etwas zu Essen habe ich nichts einzuwenden, aber es muss nichts aufwendiges sein. Ich will niemandem Umstände bereiten."

    Erleichtert sah Callista, dass es ihm nicht unangenehm war Onkel genannt zu werden und sie zupfte erleichtert an ihrem Kleid. Sein Lächeln war warm und freundlich und es nahm ihr etwas von der Unruhe, die sie noch zuvor gespürt hatte. Auch seine Stimme war freundlich, zwar eindeutig männlich und rau, aber nicht streng. Streng war etwas, dass sie ihrer Mutter zugeschrieben hatte und ihrer schneidenden Stimme. Die Stimme die am Ende nur mehr ein Röcheln gewesen war, egal wie viele Ärzte sich um sie gekümmert hatten. Balbus verhinderte, dass sie mehr Zeit hatte darüber nachzudenken, denn er stand auf und kam auf sie zu. Er breitete seine Arme auf und Callista überbrückte die wenigen Zentimeter zwischen ihnen und umarmte ihn herzlich. Er roch gut, nach Duftölen und sie wunderte sich, ob sie vielleicht schlecht roch. Sie hatte keine Zeit gehabt sich zu waschen und sie hatte den ganzen Tag in der Kutsche gesessen. Daher löste sie die Umarmung schnell wieder und lächelte ihn an. Erst jetzt fiel ihr auf, dass noch zwei Personen anwesend waren und sie sah sich schüchtern um. Wenn der Raum hier von Balbus eingerichtet worden war, dann lies das viel auf seinen Charakter schließen und Callista konnte sich hier sicher wohlfühlen.


    "Ja, ich bin Callista." Bestätigte sie völlig unnötigerweise. "Ich freue mich auch, Balbus, und bin dir sehr dankbar, dass du mich aufnimmst." Sie brauchte nicht zu erwähnen, warum sie eine neue Heimat brauchte, denn er war von ihrer Mutter höchstselbst informiert worden. Außerdem war der Schmerz noch zu frisch um darüber zu reden.

    Callista folgte dem dunkelhäutigen Mann vor ihr und ließ sich von ihm durchs Haus führen. Es war geräumig und schlichter gehalten, als Callista sich ausgemalt hatte. Sie war allerdings nicht enttäuscht, sondern fand es beruhigend. Hätte sie hier einen Stadtpalast vorgefunden wäre sie nur noch nervöser geworden. Sie nahm das Tuch ab, dass ihre Schultern gewärmte hatte und konnte es nicht unterbinden, sich neugierig umzusehen. Dann gelangten sie zum Tablinum und der Diener, der sich ihr nicht vorgestellt hatte, winkte sie herein. Er selbst betrat den Raum nicht und schloss die Tür hinter ihr. Für eine Sekunde wünschte sie, er wäre dabei gewesen, auch wenn er ein Fremder war. Aber nun musste sie die Vorstellung alleine in Angriff nehmen und sie konnte nur hoffen, dass sie diesmal nicht wieder so zögerlich war. Das Tablinum war geschmackvoll eingerichtet und ihr Blick schwang augenblicklich zu Balbus, der in einem ausladenden Stuhl saß. Es war das erste Mal, dass sie ihrem Onkel begegnete und sie lächelte schüchtern und kam näher zu ihm. Er war älter als sie, aber nicht alt und er hatte kurze Haare, sehr kurze Haare.


    "Guten Abend Onkel." Sagte sie nur und hoffte er war nicht böse über die familiäre Bezeichnung, vielleicht erwartete er eine formvollendete Vorstellung? Sollte sie sagen, wer sie war? Nein, wahrscheinlich wusste er es auch so. Man hatte ihr gesagt, dass sie ihrer Mutter ähnlich war, aber sie wusste nicht ob Balbus und sie sich jemals begegnet waren. Ach, wenn ihre Mutter nur die Kraft gehabt hätte mit ihr hierhin zu reisen, früher, nach dem Tod ihres Vaters. Sie lächelte immer noch und trat schließlich zu ihm.

    Die Tür wurde rasch geöffnet und Callista beäugte den Mann, der sie fragend ansah. Er war ein Ägypter, das sah man direkt, aber er sah soviel kleiner aus als man Ägypter gemeinhin einschätzte. Er sah freundlich aus und nicht so einschüchternd und Callista lächelte ihm zu. Es mochte andere geben, die Sklaven schnippisch behandelten und sogar gewalttätig reagierten, doch Callista hatte die meiste Zeit ihres Lebens mit Sklaven verbracht und war zu dem Schluss gekommen, dass sie auch nur Menschen waren. Die meisten jedenfalls, denn ihre Mutter hatte mit Argusaugen darüber gewacht wer in die Nähe ihrer Tochter kam.


    "Salve! Ich bin Prudentia Callista und …" Ja, und was eigentlich? … ziehe hier ein? … bin deine neue Herrin? … möchte mit dem Hausherrn sprechen? Callista biss sich zögernd auf die Lippe, eine für sie typische Reaktion, doch sie musste den Satz doch irgendwie beenden. "Tiberius Prudetius Balbus ist über mein Kommen informiert. Ich bin seine Nichte." Den letzten Satz fügte sie nur zur Sicherheit an, nicht nur, damit direkt klar war, wer sie war und man sie demnach behandeln würde, sondern einfach nur, damit der Sklave die Dringlichkeit verstand und keinen Fehler begang.

    Callista stieg etwas steif aus der Reisekutsche aus und streckte ihre müden Glieder für einen kleinen Moment, dann sah sie sich das Haus an, vor dem sie stand. Es sah nicht so prunkvoll aus, wie sie erwartet hätte, es fügte sich tatsächlich gut in die Straße ein, auf der es stand. Der Gedanke, dass dies nun ihr neues zu Hause sein würde ließ sie schaudern. Sie hatte von ihrer Mutter nicht viele Informationen zu ihren Verwandten erfahren können, nur die grundlegendsten wie deren Namen und Familienverhältnisse. Sie wusste auch, dass ihre Familie eigentlich aus Griechenland stammte und nur ein Teil von ihnen in Rom lebte. Sie waren eigentlich Händler gewesen und erst ihr Großvater war erfolgreicher gewesen, er hatte es sogar bis zum Consul geschafft. Eine beachtliche Leistung, wie sie fand und wahrscheinlich auch die Menschen die das Attentat auf ihn geplant und durchgeführt hatten. Sie hoffte, dass der Brief den sie noch in Mantua geschrieben hatte den Hausherrn erreicht hatte, denn sie hatte sich für heute angekündigt. Die Reise hierhin war lang und ermüdend gewesen, fast vier Tage in einer Reisekutsche. Ihr Nacken tat weh und sie hatte schlecht geschlafen, das erste Stück der Reise weil sie so traurig war, das letzte Stück der Reise, weil sie immer aufgeregter wurde. Jetzt war sie angekommen und die Aufregung wurde immer größer. Ein neues Leben wartete nur darauf, von ihr gelebt zu werden, neue Menschen, eine neue Stadt. Was man wohl für sie bereit hielt?


    Die Luft in Rom war abends bereits kühler, als sie angenommen hatte und sie begutachtete interessiert die anderen Personen, die an ihr vorbei gingen. Einige sahen sie neugierig an, doch sie ignorierte es erst mal. Sollte sie bereits anfangen die Leute zu grüßen? Und wenn ja, welche? Rom war so unendlich groß, wer sollte sich da all die Namen und Gesichter der wichtigen Personen merken können? Sie stellte auf jedenfalls fest, dass ihre Kleidung etwas ländlicher war und sie würde wohl einige Erledigungen dahingehend machen müssen, um mit der Mode zu gehen. Aber man musste ihr auch zugestehen, dass sie auf der eigentlichen Reise sich nicht um Mode gekümmert hatten sondern stattdessen viel über Rom gelesen hatte. Mit einem Seitenblick registrierte sie wie einige Sklaven ihre Habseligkeiten abluden und nickte ihnen zu. Dann wagte sie sich endlich vor zum Vestibulum und klopfte nach einem kurzen Zögern an, doch sie war sich nicht sicher ob man sie gehört hatte. Daher klopfte sei gleich noch einmal, aber etwas fester.

    Ich würde mich gerne anmelden und habe im Vorfeld schon einige Dinge klären können;


    Stand Plebeisch
    Familie Prudentia
    Name Prudentia Callista
    Wohnort Roma


    Ich hoffe ich hab alles richtig aufgeschrieben ;)
    Bis dahin