Die Aufzählung der Speisen interessierte Sisenna sehr. Brot mochte sie auch. Bei Fisch verzog sie etwas das Gesicht, weil er nicht zu ihren Leibspeisen gehörte, aber sie aß ihn trotzdem immer auf.
"Ist deine Schwester eine Köchin?" Einen anderen Haushalt als diesen kannte Sisenna nicht und wer kochen konnte, gehörte zumindest hier zum Personal.
Als die Sprache auf Innereien kam, musste Sisenna überlegen. Sie kannte den Begriff nicht. Wenn Sklaven servierten und auf eine Frage hin erklärten, was in den jeweiligen Schüsseln lag, dann sagten sie Herz oder Leber, aber niemals Innereien. "Ich glaube, Innereien mag ich auch nicht. Die werden bei uns bestimmt erst gar nicht gekauft!" Das Wort klang auch ekelig, fand sie. Flugs ging es weiter zum nächsten Thema. "So eine Brotschüssel möchte ich auch einmal haben." Dann jedoch hörte sie von Sofians Weinvorliebe und das fand sie nicht schön. Sie presste die Lippen aufeinander und setze einen anklagenden Blick auf. Was fanden Erwachsene denn an Wein nur so schön? Er roch wie schlecht gewordener Saft und als sie einmal heimlich nippte, fand sie, er schmeckte auch nach verdorbenem Saft. Sie musste sich schütteln und spuckte unzählige Male aus. Trotzdem blieb der üble Geschmack.
Sofians Honigvorliebe zauberte wieder ein Lächeln auf ihr Gesicht. "Ja, der ist sooo lecker! Es gibt ihn ganz dünn und dann wieder wie Creme, aber ich mal ihn am liebsten, wenn winzige Stückchen drin sind. Sie sehen aus wie Eiskristalle, sind aber aus Honig. Welche Sorte magst du am liebsten?"
Während der Zeit, wo Sofian überlegte, antwortete Sisenna auf seine Nachfrage, ob es etwas gäbe, was sie nicht gern essen mochte.
"Jaa", sagte sie voller Inbrunst. "Ich mag kein Fleisch. Egal, wie lange ich kaue, es wird immer mehr. Alle sagen immer, unser Fleisch ist saftig, aber Saft finde ich darin nie. Ich kann es nicht schlucken und wenn doch mal, dann rutschst es nicht. Ich will gar niemals mehr Fleisch essen müssen!" Es klang wie eine Kampfansage, wobei Sofian die falsche Adresse darstellte.
Ein Klopfen unterbrach die Unterhaltung. Sisenna schaute wie Sofian zur Tür, dann trafen sich ihre Blicke wieder. "Unser Essen!", frohlockte sie und ließ in Vorfreude ihre Bettunterlage federn. Sie wollte gerade ansetzen und 'Herein' rufen, als die Tür schon aufging und Sassia an Stelle des Essens eintrat. Cara stand allerdings im Hintergrund. Und noch bevor Sisenna ihre Nichte zum gemeinsamen Mahl einladen konnte, begann Sassia ihre Rede.
Zu Wort kam Sisenna erst einmal nicht, aber sie schüttelte den Kopf, als Sassia fragte, ob Sofian auf einem Strohsack neben ihrem Bett schlafen solle. Beim Vorschlag, Sofian in die Culina zu schicken, bekam Sisenna große Augen.
"Aber er findet doch den Weg gar nicht", erwiderte sie. Immerhin waren sie heute nur bis zum Bad gekommen. Wenn es nach ihr ginge, würde sie auch am liebsten zusammen mit Sofian essen und zwar jetzt. Andererseits machte Sassia immer alles richtig, sie wusste alles und hatte auch immer Recht. "Bekommt er denn dort auch gutes Essen? Und eigentlich wollte ich, dass er dort schläft." Sie zeigte auf die Wand und meinte das Zimmer dahinter. Es stand leer, das wusste sie.