Als Sisenna von der Kaiserin erzählte, weiteten sich Sofians Augen. Er schien seine Müdigkeit für den Moment überwunden zu haben und auch Sisenna fühlte sich wieder etwas frischer. Immer, wenn sie an Serena dachte, ging es ihr gut. Sie empfand die Freundschaft mit der Kaiserin als etwas sehr Kostbares, vielleicht sogar Einzigartiges.
Als sie anschließend von ihren Betrieben berichtete, veränderte sich jedoch Sofians Gesichtsausdruck. Sie mühte sich nicht, den tieferen Grund dafür zu erkennen. Ihr reichte, dass er sehr gerne ihre Tiere sehen würde, was sie mit einem dankbaren Lächeln quittierte, bevor sie wieder ernst wurde, denn Sofian begab sich auf ihre Höhe und sie wusste, welches Thema er anschneiden würde. Sie selbst hatte ihn ja gefragt.
Durch seine veränderte Körperhaltung stand ihr mit einem Schlag der Marktbesuch wieder vor Augen. Auch dort hatte sich Sofian zu ihr heruntergebeugt. All das, was sie eben noch erfolgreich verdrängt hatte, wusste sie plötzlich wieder. Seine Familie lebte noch, trotzdem musste etwas passiert sein. Die Erklärung folgte prompt und sie hörte sich nicht gut an. Mit bösen Männern verband Sisenna sofort die Gehilfen des Händlers, die Sofian boxten. Sie erlebte erneut die Angst wie beim Sklavenmarkt.
"So böse, wie die Männer auf dem Markt?", fragte sie wispernd.
Doch dann fiel ihr ein, dass die ihr nichts antun konnten, schon gar nicht hier in der Villa, also kehrte der Mut umgehend zurück. Außerdem hatte sie Sofian versprochen, ihm zu helfen oder es wenigstens zu versuchen.
"Dann werden wir diese Männer anzeigen, gleich morgen." Für sie das Normalste der Welt. Sie würde sich von Marco den Weg zu den Stadtsoldaten zeigen lassen und zweifelte nicht daran, vorgelassen zu werden. Eine Claudia wies niemand ab, das wurde ihr von Kindesbeine eingetrichtert. "Wir baden, essen, schlafen, essen und dann gehen wir los." Sie nickte, als wollte sie einen optischen Punkt hinter diese Aussage setzen.
"Es wird alles gut, versprochen." Sie erkannte die Sorge und Angst in Sofians Augen und gab dem Bedürfnis nach, ihn zu beruhigen. Sie griff nach dem Ende einer seiner Haarsträhnen und drehte die Haare zwischen Daumen und Zeigefinger. Eine kindliche Geste des Tröstens, als Mutter würde sie es besser beherrschen.
"Wenn du schnell badest, können wir schnell essen und bald schlafen. So geht es schneller, bis wir losgehen." Nun allerdings stand schon wieder das Problem im Raum, wie sie sich weiter verhalten sollte. Sie musste sich um ihn kümmern, das hatte Sassia gesagt, aber nicht erklärt, bis wohin. Sisenna versuchte es mit einer Ausrede.
"Mein Onkel sagt immer, man darf nicht mit vollem Bauch ins Wasser, nicht nach dem Trinken von Wein und auch nicht, wenn man müde ist. Du schläfst jetzt nicht im Wasser ein, richtig?" Ihr Zeigefinger, der gerade noch die Haarsträhne zwirbelte, erhob sich mahnend. "Ich setze mich dort drüben auf die Bank", sie zeigte auf ein Gebilde aus Marmor, "und drehe mich um. Wenn du aufhörst zu planschen, dann sehe ich dich an." Ob Sofian dies als Drohung verstand, wusste sie nicht, aber SIE würde alles versuchen, dass IHR niemand beim Baden zusah, schon gar kein Mann.