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Beiträge von Ragin
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Original von Decimus Duccius Verus
"Das du Ragin heißt kannst du ruhig sagen, man kann an diesem Namen ja nicht festmachen, ob du Chatte, Ubier, Cherusker oder sonst was bist. Aber wenn sie nach deinem Stamm fragen .." äußerst hoch runzelte der junge Priester die Stirn. Gerne hätte er ihm angeboten, dass er einfach sagen solle er komme von den Ducciern, nur das .. wäre undenkbar. Wie Lando schon richtig gesagt hatte, würden alle Duccier es abstreiten, diesen Mann je gesehen zu haben. Großes Unheil würde über diese Familie kommen, wenn es mit Ragin Schwierigkeiten geben würde. Dennoch hat Loki die Hilfe angeboten und helfen wollte Phelan dem Chatten auch. "In der Regel interessieren sich die Römer nicht für deine Herkunft, wenn du Germane bist reicht ihnen das meist. Wenn dich doch einer fragt, wirst du wohl oder übel einen römerfreundlichgesinnten Stamm nennen müssen, oder du landest im Kerker und wirst das Tageslicht nie wieder erblicken.. gar den Tod finden."
Warum musste er auch ausgerechnet Chatte sein?"Nach Rom wirst du wahrscheinlich müssen mein Lieber .." fuhr er fort "Dort is das Zentrum des Sklavenhandels, Titus Tranquillus leitet dort die Geschäfte, bzw er hat sie in der Hand. Er hat die meisten und .." besten wollte er nicht über die Lippen bringen, das wäre gelogen gewesen ".. zufriedenstellensten Sklaven." Titus war ein Halunke, der die Gebote in die höhe Trieb und seine Ware stark anpreisen ließ, ohne das er wusste, was diese überhaupt für Qualitäten hatte. Das sich Silko mittlerweile auch eingefunden hatte, bemerkte der Blondschopf gar nicht.
"Seine Sklaven sind sehr teuer, ich war einmal bei einer Versteigerung dabei, an die 80.000 Sesterzen hat eine junge Frau gekostet." von soviel Geld konnte der junge Priester nur träumen .. "Germanen gehören wahrlich zu den teureren Sklaven. Die Männer sind sehr begehert als Arbeiter oder Leibwächter, sie sind groß, stark und vor allem mutig, wie du weißt. Die Frauen werden eher für andere Sachen gekauft .. zum Beispiel als Übersetzerin, Kindermädchen, Köchin .. aber auch .." er wollte Ragin nicht verunsichern, aber sowas gab es nunmal und er wollte ihm nichts vormachen "Tänzerin .." mehr wollte er nicht über die Lippen bringen, sowas hatte er auch nicht gesehen, allerdings war es unabdingbar vorstellbar.Ragin verstand. Er senkte den Blick, spürte den Kloß in seinem Hals, aber nickte dann doch. Wenn es überlebenswichtig war, würde er verschweigen, dass er Chatte war. Auch, wenn das seine Ehre tierisch ankratzen würde. Aber noch wichtiger war, dass er seine Frau fand. Damit das Mosaik seiner Erinnerung wieder zu einem Ganzen zusammengefügt werden konnte. Phelans weitere Erklärungen trieben nun auch Ragin die Furchen auf die Stirn. Er würde niemals behaupten, einem anderen Stamm anzugehören. Er würde seine wahre Herkunft verschweigen, aber sie konnten ihn nicht dazu bringen, zu lügen und seinen Stamm zu verleugnen. Ragin schnaufte leise, sagte dazu aber nichts weiter. Er war sich sicher, dass Phelan auch ohne Worte verstand, wie ungeheuerlich die Aussichten Ragin anmuteten. Immerhin war der kleine Wolf selbst auch ein Germane!
Die Aussicht, nach Rom gehen zu müssen, behagte Ragin zwar ganz und gar nicht, aber um seiner Frau Willen und wegen seiner fehlerhaften Erinnerungen müsste er sich dieser Reise wohl oder übel stellen. Sobald er sich ausreichend artikulieren konnte, fügte er in Gedanken hinzu. Sein Blick wurde finster, als Phelan von zufriedenstellenden Sklaven sprach. „Wenn sie auch nur einer angerührt hat mit seinen unheiligen Händen“, grollte er und ballte die Hände zu Fäusten. Er würde versuchen, sich zu zügeln, aber das schloss nicht aus, dass er letztenendes doch eine Rübe zu Brei schlagen würde. Oder einen Körper an einem Haken aufhängen und ausweiden würde. Schnell schob er die düsteren Gedanken beiseite und betrachtete den Mann, der nun im Türrahmen erschienen war. Dunkelbraun war die Haut. Ragin hatte so was noch nie gesehen. Er blinzelte überrascht, beäugte den Fremden dann neugierig. „Heilsa“, sagte er höflich, auch wenn der dunkle Mann ihm ziemlich suspekt erschien.
„Achtzigtausend Sesterzen? Sesterzen sind die Münzen, nicht?“ fragte er nach. Gesehen hatte er diese seltsame Währung noch nie. Bei ihm wurde immer noch getauscht, Milch gegen Gerste, ein Pferd gegen sechs Ziegen. Klimpergeld hatte keinen Wert für Ragin. Er fand es entsetzlich, dass Menschen als Sklaven gegen unnützes Brimborium getauscht wurden. Als Phelan aufzählte, wofür ein Römer einen Germanen so kaufte, verfinsterte sich Ragins Gesicht ein wenig. Und als er dann davon sprach, dass man Germaninnen als Tänzerinnen kaufte, hatte sich eine sehr steile Falte auf Ragins Stirn gebildet. Er konnte sich sehr gut vorstellen, was Phelan eigentlich hatte sagen wollen. Düster sah er ihn an. „Ihr…Besitzer wird sich wünschen, sie nie gekauft zu haben, wenn ich herausfinde, dass er sie zum Tanzen gezwungen hat“, prophezeite er.
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Ragin nickte. Er teilte Landos Meinung. Wobei er sich auch noch ein wenig schwer tat, sich in diesem Haus wohlzufühlen. Nicht der Gastfreundschaft wegen, sondern aufgrund der Bauart. Aber er würde sich schon daran gewöhnen, dachte er bei sich. Und es wäre auch nicht für lange. Zumindest redete er sich das halbherzig ein, schließlich wollte er Landos Sippe nicht auf der Tasche liegen und schnellstmöglich Siv wiederfinden. Nur… Wer wusste schon, wann dieser Sklaventreiber hierher kam?
Lando ahnte vermutlich nicht, wie dankbar Ragin wirklich für das Angebot war, das er ihm kurz darauf machte. Ragins Mundwinkel zuckten nach oben. „Das ist gut. Das werde ich gern tun. Die Hros wäre mir lieber. Ich kann auch recht gut mit Pferden umgehen“, bestätigte er sogleich das gemachte Angebot. Er würde sich nicht allzu nutzlos und schmarotzerhaft vorkommen, wenn er für Brot und Bett arbeitete. Und er hoffte, dass er unterdessen die Römersprache lernen konnte, zumindest ein wenig. Ragin blickte auf und sah Lando an. „Wenn es sonst noch etwas gibt, das ich tun oder bei dem ich helfen kann, zögere bitte nicht, es mich wissen zu lassen. Ich schulde dir und den Deinen großen Dank für eure Hilfe. Das geht weit über die Gastfreundschaft heraus.“ Ragin war sich darüber selbstverständlich im Klaren. Er hob einen Mundwinkel. „Wo finde ich eure Hros?“ Er hatte zwar langgestreckte Stallungen in der Nähe gesehen, aber das bedeutete schließlich nicht, dass das die Stallungen der Duccier waren.
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Original von Ragin
Ich muss mich erstmal abmelden, bei mir geht es gerade turbolent zu. Mal sehen, wie lange noch.Hat sich nun hoffentlich erledigt. Entschuldigt die Wartezeit!
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Ich muss mich erstmal abmelden, bei mir geht es gerade turbolent zu. Mal sehen, wie lange noch.
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Es war Lando, und bei seiner Bemerkung sah Ragin ihn erst verdutzt an, griff sich dann an den Bart und begann zu grinsen. „Dann gibt es hier also tatsächlich einen Thingplatz?“ fragte er statt einer spaßigen Erwiderung halbernst zurück. „Nicht schlecht für eine Römerstadt.“
Ragin kniff augenblicklich die Augen zusammen, als Lando die ominöse Nachricht erwähnte. Natürlich dachte er dabei sofort an Siv. Aber schon beim nächsten Satz entspannte er sich wieder ein wenig. Ragin unterdrückte ein Seufzen. „Dieser…Titus Trank….“ Beim Gespräch mit Phelan am vergangenen Abend hatte er gut aufgepasst, doch der Name war schwer zu merken, wenn man nichts hatte, was man damit in Verbindung bringen konnte. Kein Gesicht und keine Ähnlichkeit im Wort. Als Lando geendet hatte, schwieg Ragin vorerst. Im würde ohnehin keine andere Wahl bleiben, als der Sippe der Duccier zu vertrauen – Ragin konnte die Römersprache nicht sprechen. Er fuhr sich durch den frisch gestutzten Bart, sah zu Boden und dann wieder zu Lando hin. Es war ein Grashalm. „Wenn es…keine Umstände macht, würde ich gern auf diesen Mann warten“, erwiderte er.
/ersten Absatz vergessen einzufügen...
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Ragin stand vor dem Spiegel und sah sich an. Er hatte sich den Bart gestutzt. Das ließ ihn nun nicht mehr so wild und vertrauensunwürdig aussehen. Er wirkte zivilisierter. Wenn er es jetzt noch schaffte, ein wenig freundlicher aus der Wäsche zu schauen, wirkte er nicht mehr wie ein grimmiger Römerfeind, sondern wie der nette Germane von nebenan. Ragin zog seinem Spiegelbild eine grollende Grimasse und zuckte überrascht zusammen, als es klopfte. „Ja?“ fragte er.
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Ragin vergaß sogar, von seinem Met zu trinken, während er Phelan zuhörte. Er versuchte, sich alles einzuprägen, was zunächst gar nicht so schwierig erschien. Allerdings warfen sich schon bald die ersten Fragen auf. Beachtlich fand er nach wie vor, dass die Römer ihre Städte mit Straßen besser passierbar machten. Im Winter würde der Boden dadurch nicht aufweichen und so wurde es schwer, mit einem Karren im Morast stehen zu bleiben. Aber das war eine Sache, von der er bereits vorher gewusst hatte. In seiner Sippe hatte es einmal eine Diskussion gegeben, ob man ihnen das nicht abkupfern und gleichtun sollte, doch war der Vorschlag alsbald verworfen worden. Es brachte kaum etwas, Straßen anzulegen, wenn man alle paar Jahrzehnte an einen neuen Ort zog, oder nur im Winter sich manchmal eine Straße wünschte, weil man vielleicht tatsächlich mit seinem Karren feststeckte. Jahrzehntelang hatte es auch ohne Römerstraßen geklappt. Ragin erinnerte sich, dass er damals auch dagegen gestimmt hatte. Nicht, weil er den Nutzen dahinter nicht erkannt hatte, sondern weil die Römer diese Idee zuerst gehabt hatten. Wie er hatten es viele andere aus seiner Sippe ebenfalls gesehen.
„Was soll ich sagen, wenn sie danach fragen?“ fragte er Phelan. Natürlich gefiel es Ragin nicht sonderlich, so zu tun, als sei er kein Chatte. Es zu verschweigen, wäre immerhin nicht gelogen. Doch öffentlich zu leugnen, Chatte zu sein, selbst wenn man danach explizit gefragt wurde…das konnte er nicht tun. Es wäre ehrlos und feige, auch wenn es sicherlich bedeuten würde, dass man ihn nicht gleich aufknüpfte. Vielleicht würde er Glück haben und Römer treffen, die nichts über die freien Völker Germaniens wussten. Aber darauf konnte er sich auch nicht verlassen. „Ich hoffe, dass ich nie in dieses Rom muss, wenn es so riesig ist, wie du sagst.“ Für Ragin war ja Mogontiacum schon zum Verirren groß. Kein Wunder, sein Dorf bestand aus – inzwischen nur noch - einundvierzig Leuten, von denen er jeden Einzelnen kannte.
Ragin rümpfte die Nase, als Phelan von diesen Sklavenmärkten erzählte. Natürlich, manche Germanen hatten ebenfalls Sklaven. Aber das vermied man, wo man konnte, und wenn man es nicht tat, behandelte man die Sklaven nicht wie Dreck und immer noch besser als Tiere. In seinem Dorf lebten zwei Sklaven, und eine von ihnen hatte nach ein paar Monaten ihren Herrn geheiratet. Ragin blinzelte. Phelan sprach so, als würde man sich einen germanischen Sklaven wie ein exotisches Tier halten. “Warum sind Germanen teuer?“ fragte er Phelan. „So ein Sklavenhändler muss ein reicher Mann sein, wenn er sich nimmt, was ihm nicht gehört und nichts kostet und dann bei den Römern einen Reibach macht“, überlegte er. So hatte er das noch nie gesehen. Er überlegte, rang sich aber schließlich dazu durch, die Frage zu stellen, auch wenn sich alles in ihm gegen die Formulierung sträubte. „Was kostet einer von uns? Ein Germane? Sind Frauen teuerer als Männer?“
„Wie sieht es mit der Bewachung aus? Haben alle Römerstädte eine Mauer und ein Tor mit vielen Wachen? Sie müssen doch ein System dahinter haben… Und wie käme ich in ein Haus, um da zu fragen? Ich meine, was müsste ich sagen? Und wie sage ich es überhaupt? Ich kann kein Latein.“ Ragin schüttelte frustriert den Kopf und ließ die Schultern ein wenig hängen. „Dauert es lange, ihre Sprache zu lernen? Kannst du es mir beibringen? Und meinst du, ich sollte besser sagen, dass ich anders heiße?“ Fragen über Fragen hatte Ragin. Und er hatte noch nicht einmal ein Viertel von ihnen gestellt.
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„Danke, Ragin“, sagte Ragin, auch wenn er sich keine Hoffnungen machte, dass der freundliche Namensvetter sie finden würde. Es würde schon schwer genug sein, eine Nadel im Heuhaufen zu suchen. Noch schwerer war es, wenn man nicht wusste, wie genau diese Nadel würde aussehen, noch wo sich der Heuhaufen würde befinden. Und Ragin hatte gehört, dass viele Römer ihren Sklaven einen anderen Namen gaben. Einen, der römischer klang.
„Bis morgen, Witjon“, verabschiedete sich auch Ragin. Dann waren sie allein, Phelan und er. Noch ein Schluck Met rann seine Kehle hinab. Was er wissen wollte, hatte der Junge ihn gefragt. Ragin runzelte die Stirn. Im Grunde wusste er nichts. Doch wo fing man an, wenn man sein Wissen aufbessern wollte? „Du warst in der Großen Stadt, sagst du?“ Ragin verkniff sich ein Warum. Was zählte, war, dass er dort gewesen war. „Sehen alle Römerstädte gleich aus? Und was machen sie mit ihren Sklaven? Wohnen sie im gleichen Haus?“ Ragin sah Phelan ein wenig verloren an. „Ich weiß nichts, Phelan. Ich weiß nicht einmal, was ich wissen sollte, um sie zu finden.“
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Für 1x Schmuck brauchst du 1x Gold. Das kannst du da sehen.
Und wenn du deinen Betrieb aufgibst, ist das Geld futsch. Wenn du ihn verkaufst, musst du das im Spiel machen. Vielleicht bekommst du dann die Investition zurück, wenn es jemanden gibt, der dir den Laden abkaufen will. -
Eine Diele knarrte leise, als Ragin von der Treppe trat. Suchend blickte er sich um. Die Stimmen waren verklungen. Es war jetzt ganz still im Haus. Die Sonne stand noch nicht ganz über dem Horizont. Ragin lenkte seine Schritte dorthin, wo er den Garten vermutete, und stand plötzlich in der Küche. Auf dem Herd blubberte etwas vor sich hin, aber niemand war dort. Ragin wandte sich um und ging zurück. Dann fand er die Tür zum Garten.
Mit dem ersten Schritt aus dem Haus heraus fühlte er sich freier. Der Garten war nicht streng symmetrisch geordnet. Nicht römisch. Ihm gefiel das. Er blinzelte in die aufgehende Sonne. Da war jemand, dort hinten. Ragin ging auf die Gestalt zu, die auf einem Stein saß. Verwundert blickte er den großen Opferfelsen an. Er hätte nicht vermutet, in einer Römerstadt eine solche Stätte zu finden. Dann erkannte er Lando. „Heilsa, Lando. Einen guten Morgen wünsche ich dir“, sagte er höflich und blieb einige Schritte vor dem Stein stehen, auf dem sein Gegenüber saß.
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Ragin lag auf dem weichen Bett und starrte an die Decke. Es war spät in der Nacht, aber schlafen konnte er nicht. Zu aufgewühlt waren seine Gedanken. Zu viel hatte er am heutigen Tage gesehen und erlebt. Zu viel erfahren, als dass er nun einfach so einschlafen konnte. Schon bald würde die Sonne aufgehen. Er wollte an der Zeremonie im Garten teilnehmen. Nicht nur, weil es sich so gehörte, sondern auch, weil er Phelan mochte. Und die anderen. Er und der kleine Wolf hatten gestern noch lange geredet.
Schließlich schlief er doch ein. Es war vielmehr ein Wegdämmern, gefolgt von einer Art Schwebezustand. Als sich der erste Lichtstreif am Horizont zeigte, schlug Ragin die Augen auf. Er fühlte sich wie gerädert. Aber er stand dennoch beinahe augenblicklich auf. Müßiggang war nichts für ihn. Und er hatte versprochen, dass er kommen würde. Unten im Haus waren leise Stimmen zu hören und Schritte. Ragin lächelte. Das fühlte sich gut an. Irgendwann würde er in seinem Haus so aufwachen. Und dann würden es seine Kinder sein, die trappelten und scherzten. Nicht Fremde, die ihn aufgenommen hatten.
Ragin trat an die Schüssel und goss ein wenig Wasser hinein. Er wusch sich ein wenig. Das Tuch, mit dem er sich trocknete, war weich. Alles hier schien davon zu zeugen, wie gut es der Ducciersippe ging. Und das unter Römern. Ragin wunderte sich immer noch darüber. Er überlegte. Dann zog er sich an und flocht sich Perlen in den Bart. Wie er es verstanden hatte, war heute ein großer Tag für Phelan. Das rechtfertigte die Zierde allemal. Sein Blick fiel auf den Dolch. Verglichen mit denen, die er am gestrigen Abend gesehen hatte, wirkte seiner wie ein schartiges Metzgermesser. Ragin konnte nicht umhin, sich ein wenig zu schämen. Dennoch fädelte er die Scheide auf den Gürtel und zog ihn straff. Dann ging er hinunter.
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Dass Lando versicherte, er würde ihnen nicht zur Last fallen, beruhigte Ragin in dieser Hinsicht nur wenig. Dennoch nickte er ihm dankend zu, bis es an der Zeit war, Phelan einen erstaunten Blick zuzuwerfen. Eine Art Priesterweihe gab es doch nicht in seinem Volk, zumindest nannte man es auch nicht so. Phelan musste also römischer Priester geworden sein. „Meinen Glückwunsch“, sagte Ragin. „Ich werde gern kommen, Morgen früh“, fuhr er dann an Lando und die anderen gewandt fort. „Natürlich. Und danke für die Gastfreundschaft“, fügte er an, als Lando sich erhob und dann den Raum verließ.
Nun war er mit Witjon, Phelan und dem anderen Ragin allein. Ihm wurde ein Gästezimmer angeboten. Ragin überlegte erneut, dass dieses Haus wohl sehr groß sein musste. Von außen hatte es bereits riesig gewirkt. „Danke. Ich bin noch gar nicht so müde. Aber ich habe eine Bitte. Draußen steht noch mein Pferd…“ Genaugenommen war es nicht viel mehr als grober Ackergaul. Aber er hatte ihn hergetragen, und er hatte deswegen ein warmes Plätzchen verdient, fand Ragin. „Kann sich jemand um ihn kümmern? Oder mir zeigen, wohin ich ihn bringen kann?“ fragte er in die Runde.
Allgemeine Aufbruchstimmung machte sich breit. Nur Phelan schien noch Zeit zu haben. Ragin lächelte ihn an. „Ich würde sehr gern noch etwas bleiben und mit dir reden“, erwiderte Ragin dem Jungen erfreut. Da stand auch sein Namensvetter auf. Ragin sah zu ihm auf.
„Siv“, sagte er. „Meine Frau heißt Siv.“
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Im Grunde hatte Ragin nicht erwartet, dass jemand ihm Mut machte, wenn er es denn wirklich ehrlich meinte. Die Römer hatten schon viel Schaden angerichtet unter seinesgleichen. Zu viel, als dass er noch gutgläubig dem Schicksal seiner Frau entgegenblicken konnte. Aber wenn sie noch lebte, würde er sie finden. Und dass Lando so offen war, machte ihn zwar keinen Mut in Hinblick auf das, was seinem Weib widerfahren war, aber es stählte seine Entschlossenheit. Wann war je ein waschechter Germane zurückgeschreckt vor einem Feind, der ihm die Frau geraubt hatte?
„Ich habe gehört, sie behandeln sie wie Tiere. Manchmal schlimmer noch“, erwiderte Ragin und sah betreten zu Boden. Er würde jedem Römer eigenhändig das Gemächt herausreißen, wenn er seiner Frau auch nur zu nahe gekommen war! In den Stunden des langen Rittes hierher hatte Ragin sich ausgemalt, wie er sie finden und befreien würde. Natürlich war das Wunschdenken, ohne Widerstand an das zu kommen, was man begehrte, wenn der Feind es besaß – und das im wahrsten Sinne des Wortes – doch hieß das noch lange nicht, dass er sich so schnell geschlagen geben würde. Ganz abgesehen davon, dass diese Angelegenheit auch eine Sache der Ehre war, und ehrlos wollte er sich nicht nennen lassen. „Ich danke dir für die offenen Worte“, entgegnete Ragin ehrlich.
Im nächsten Moment schon bot Lando seine Hilfe an. Ragin stieß einen tiefen Seufzer aus und schloss für einen kurzen Moment erleichtert die Augen. „Ich stehe tief in der Schuld deiner Sippe. Du glaubst gar nicht, wie erleichtert ich bin. Vielen Dank.“ Aufrichtig blickte er zunächst Lando an, ließ den Blick jedoch dann über die übrigen Anwesenden schweifen. „Sollte ich je etwas tun, das dich oder deine Sippe gefährdet, möge augenblicklich Hel mich holen“, sagte er. „Ich, hm, würde mich gern nützlich machen, wenn es etwas gibt, bei dem ich helfen kann. Ich möchte euch nicht zur Last fallen“, wiederholte er.
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Hatte Ragin eben noch dankbar gelächelt, als auch Lando ihn noch einmal willkommen hieß, so verblasste das Lächeln, als er die Worte seiner Verwandten noch einmal mit weitaus mehr Nachdruck wiederholte. Nachdenklich sah Ragin den Mann an, nickte dann. „Danke für den Rat. Ich werde mich daran halten.“ Und das würde er, immerhin brachte es weder ihm noch seinem Weib etwas, wenn er ans Kreuz geschlagen von den Raben zerrissen wurde.
Was Lando Ragin dann erzählte, war neu von ihm. Alles, was der Dorfälteste über Lando gewusst hatte, hatte Ragin bereits offenbart. Scheinbar waren die römischen Priester umgänglicher als andere Römer, zog er für sich sein Resümee. Er nahm sich dennoch vor, Landos Worte zu beherzigen und niemandem zu trauen, von Landos Familie vielleicht abgesehen. Als er gefragt wurde, was geschehen war, musste Ragin erst einmal schlucken. Es war besser, wenn er vorn anfing. Ganz von vorn. Schnell benetzte er seine Lippen noch einmal mit einem Schluck Met.
„Ich muss etwas weiter ausholen, aber ich werde mich kurz fassen“, sagte er. „Ich war mit einigen Leuten aus meiner Sippe im Wald, wir sind einer Rotwildfährte gefolgt. Einer von uns hat geschossen, das Reh aber verfehlt und stattdessen die Brust eines Römers getroffen. Keine Ahnung, wie die da plötzlich hingekommen sind. Es gab einen Kampf. Alle starben bis auf mich und einen weiteren. Ihn haben sie mitgenommen, bei mir haben sie wohl gedacht, dass ich tot sei. Ich war ohnmächtig, glaube ich. Ein Mann namens Markward hat mich gefunden und meine Wunden versorgt. Ich habe mich an nichts mehr erinnern können. Ich erinnere mich auch jetzt nicht an alles, was davor passiert ist“, gestand Ragin und rieb sich an der Schläfe, wo unter dem Haar eine stattliche Narbe verborgen war. „Hab wohl eins auf den Kopf bekommen. Nach sechs Monden habe ich jemanden beim Jagen getroffen. Sie wussten, wer ich war. Wer ich bin. Ich bin mitgegangen, sie waren aus meiner Sippe. Alles war noch da, mein Dorf, mein Haus, meine Verwandten. Aber meine Frau nicht. Sie erzählten mir, dass sie und ein paar andere eine befreundete Sippe besuchen gehen wollten, aber da kamen sie nie an. Vier Tote hat man gefunden, aber sie war nicht unter ihnen. Es müssen Römer gewesen sein. Es waren wohl viele Abdrücke von beschlagenen Hufen zu finden.“ Ragin schluckte. Sein Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an. „Ich will sie wieder haben.“
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Eine neue Stimme veranlasste Ragin dazu, aufzusehen. Dort stand ein weiterer Mann, insgesamt waren es nun vier. Eines würde sich wohl nicht ändern, dachte Ragin leicht amüsiert, auch wenn man unter Römern lebte. Germanen waren gesellig, und wenn ein Gast im Haus war, sprach sich das schnell herum. Kaum dass der Neuankömmling offenbarte, wer er war, erhob sich Ragin wieder und grüßte Lando entsprechend. „“Wenn sich jemand entschuldigen muss, bin ich es, gab er zurück und stellte sich im Anschluss daran ein weiteres Mal selbst vor. „Ich bin Ragin Selmarsson vom Stamm der Chatten und aus der Sippe des Nandrad. Es tut mir leid, dass ich hier hereinplatze, aber ich hoffe, dass du mir helfen kannst.“ Ragin setzte sich wieder. „Meine Frau ist verschwunden und ich glaube, nein, ich weiß, dass die Römer sie haben. Ich möchte sie suchen und zurückholen, aber ich kenne die Sitten der Römer nicht gut genug. Und ich kann ihre Sprache nicht. Von dir heißt es, du seist einst verwundet zu den Römern gelangt und sie hätten dich aufgenommen wie einen der ihren.“ Ragin fuhr sich über die Lippen. „Kannst du mir helfen, Lando Landulfsson?“
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So etwas hatte sich Ragin schon gedacht, als die Reiter am Tor an ihm vorbeigezogen waren. Das waren nicht gerade günstige Aussichten, wie er sich gestehen musste. Aber für seine Frau würde er da durch gehen. Sie war der letzte Anker seiner Welt. Unter seinesgleichen hatte er sich unwohl gefühlt, weil ihm die Vertrautheit gefehlt hatte. Bei seiner Frau musste es anders sein. Ganz bestimmt! Sie war doch seine Frau. Bei ihr würde er das Gefühl haben, wieder zu Hause zu sein. Das war so. Es musste so sein.
Ragin schwieg zu der gut gemeinten Ermahnung. Was hätte er auch erwidern sollen? Er würde den Römern einfach verschweigen, dass er Chatte war. Sicherlich konnten sie die verschiedenen Dialekte ohnehin nicht auseinanderhalten. Für sie waren die freien Germanen schließlich allesamt Barbaren. Zumindest glaubte Ragin das. Da kam auch schon der andere. Phelan hieß er. Ragin fand, dass der Name passte. Der Junge machte einen netten Eindruck. Er gab Ragin einen Becher, dann stießen sie an. Warum er allerdings etwas von dem Met auf den Boden goss, war Ragin schleierhaft. Vielleicht war das eine römische Sitte, überlegte er. Dann nahm er sich ein Stück Brot, brach es und kaute auf einem Bissen herum. Es war unhöflich, die Gastfreundschaft zurückzuweisen, auch wenn man so aufgeregt war wie Ragin und daher kaum Hunger verspürte. „Ich hoffe, ich störe euch nicht. Ich möchte nicht zur Last fallen. Wenn Lando nicht da ist, kann ich auch später wiederkommen“, bot er an, auch wenn er nicht wusste, wohin er so lange gehen sollte. „Darf ich euch etwas fragen?“ fragte er plötzlich. „Warum lebt ihr hier?“ Denn das war eine Frage, die Ragin sehr interessierte. Warum ein Germane freiwillig seine Freiheit aufgab, um unter Römern zu leben. Denn Ragin glaubte, dass die Sippe der Duccier nicht die gleichen Rechte besaß wie ein vollwertiger Römer.
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Dankbar, wie Ragin war, bemerkte er die Nüchternheit in Witjons Stimme nicht. Er lächelte ihm zu. „Ich möchte nicht direkt, dass er mir hilft, sie wiederzufinden. Das kann ich nicht verlangen. Weißt du, ich kann die Römersprache nicht sprechen. Ich weiß nichts von ihrer Lebensweise. Deswegen hatte ich gehofft, dass Lando mir etwas über sie erzählen kann. Über die Römer. Damit ich vielleicht meine Frau finden kann.“ Ragin überlegte. Er war sich sicher, dass sie eine Sklavin geworden war. Anders konnte es gar nicht sein. Sonst hätte man doch ihre Leiche bei den anderen gefunden.
„Vielleicht hat er eine Idee, wie ich sie schnell finden kann“, endete Ragin und blickte auf seine Hände hinunter. Und wenn er sie dann fand, würde er sie neu kennenlernen. Er war sich sicher, dass sie auf ihn wartete. Dass sie hoffte, er möge sie retten. Auch, wenn seine innere Stimme ihn einen Tor schalt. Immerhin hatte er ein halbes Jahr lang als tot gegolten. Und sie wusste nicht, dass er noch lebte. Aber sein Unterbewusstsein drängte diese Tatsache jedes Mal in die Ecke zurück, wenn sie sich bemerkbar machen wollte.
Da trat noch jemand ein. Ragin musterte den Fremden neugierig. Als er auf ihn zu kam, stand er auf. Ragin wusste, was sich gehörte. Er umgriff den Unterarm seines Namensvetters und lächelte ihn an. „Keine Verwandtschaft. Ich bin Ragin Selmarsson vom Stamm der Chatten.“
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Ragin betrat das Kaminzimmer direkt nach Witjon. Er sah sich um. Die Einrichtung war weitaus besser, als seine eigene gewesen war, was aber wohl kein Wunder war. Immerhin schien es hier mehrere Männer zu geben, die für Wohlstand und Ansehen arbeiteten. Zu Hause war er für sein Haus eigenverantwortlich gewesen, spätestens dann, als nach seinem Vater auch seine Mutter gestorben war. In den letzten Wochen hatte das große Haus ganz leer gestanden, denn auch nach knapp drei Jahren Ehe hatte es keinen Kindersegen bei ihnen gegeben. Deswegen hatte auch des Öfteren der Haussegen schief gehangen.
Ragin schob die Gedanken zurück dorthin, wo sie her gekommen waren. Dann setzte er sich in einen Sessel. Die Schroffheit Witjons fiel ihm nicht auf. Zu erfreut war er, nicht mit Händen und Füßen reden zu müssen, um sich auszudrücken. „Ich bin Chatte. Meine Sippe bewohnt ein Gebiet nordöstlich von hier, etwa acht Tagesritte entfernt“, erzählte er bereitwillig. „Ich bin auf der Suche nach Lando. Ich hoffe, dass er mir helfen kann. Meine Frau ist verschleppt worden und ich vermute, dass eine römische Patrouille sie gefangen genommen hat.“