Beiträge von Caius Decimus Celsus

    Das Durchqueren des Flusses nahm, bis alle probati das andere Ufer erreicht hatten, einige Zeit in Anspruch, die Celsus dazu nutzte, sich einerseits eine wenngleich auch nicht allzu lange Pause zu gönnen und sich andererseits damit abzufinden, daß die Ausbildung zu Wasser bereits beendet war, noch ehe sie richtig begonnen hatte.


    Der Befehl des optio ließ keine Zweifel aufkommen. Celsus legte mit geübten Griffen seine Rüstung an und wartete marschbereit auf neue Anweisungen.

    "Hab` ich mir`s doch gedacht," murmelte Celsus in sich hinein, "das mit dem Schwimmen war nur eine kurze Vorstellung!"


    Nicht gerade begeistert nahm er seine Ausrüstung auf. Er wendete sein scutum und schlichtete alles sorgfältig auf die gewölbte Innenseite. Dann hievte er das scutum auf seine linke Schulter und durchquerte den Fluß an der von ihm entdeckten begehbaren Stelle, stets darauf achtend, die Balance nicht zu verlieren und die Ausrüstung trocken ans andere Ufer zu bringen.


    Auf der anderen Seite, die er ohne Schwierigkeiten erreichte, legte er sein scutum mit Inhalt ab und beobachtete die anderen probati bei der Bewältigung dieser Aufgabe.

    Macht ja richtig Spaß, das Schwimmengehen, dachte Celsus und schon war er wieder im Wasser.


    Mit ruhigen Zügen schwamm er in die vom optio gezeigte Richtung. Einer Eingebung folgend tauchte er und berührte mit den Händen den Grund. Nachdem er verwundert auf demselben Fuß gefaßt hatte, stand er gerademal bis zur Brust im Wasser.


    Er versuchte es zu Fuß nach vorne und nach hinten: er konnte immer noch stehen. An der tiefsten Stelle reichte ihm das Wasser nicht einmal bis zur Schulter.


    Und jetzt weiß ich, warum sie mich Celsus nannten, sinnierte Celsus.


    Er schwamm wieder zurück und meldete dem optio das Ergebnis seines Auftrags.


    "Probatus Decimus. Das Wasser in der von dir gezeigten Richtung reicht mir an seiner tiefsten Stelle bis knapp unter die Schulter, optio."


    Celsus dem das Mißtrauen angeboren war, fragte sich, was der optio mit seinem Auftrag bezweckte. Er war sich sicher, daß diese begehbare Stelle seinem Vorgesetzten bekannt war.

    Das ließ sich Celsus nicht zweimal sagen.


    In Sekundenschnelle hatte er sich seiner Rüstung entledigt und schon war er im Wasser und damit in seinem Element.


    Er sah sich nicht lange um und war kurze Zeit später unter dem Wasser verschwunden. Getaucht schwamm er weiter und tauchte erst wieder auf, als die Luft knapp wurde.


    Prustend sah er sich nun um: Da waren einige, die plantschten im Wasser und paddelten wie Hunde, wieder andere standen erst mal nur bis zur Brust im Wasser und einer, Celsus mußte lachen, hatte Schwierigkeiten, sich von seiner Rüstung zu trennen.


    Dann schwamm er bis ans andere Ufer, wendete und erreichte mit kräftigen Zügen wieder den Ausgangspunkt.

    Für Celsus war die Frage des optio fast eine Herausforderung. Ob die im Rekrutierungsbüro auch Nichtschwimmer nahmen?


    Er war nahe daran, seine Antwort auf die Frage des optio mit "selbstverständlich" zu beginnen. Dann aber besann er sich darauf, daß er den Vorgesetzten auf diese Weise wahrscheinlich nur unnütz reizen würde und beantwortete die Frage so wie sie gestellt war.


    "Ich kann schwimmen, optio."

    Ein optio, überlegte Celsus, der etwas Ausgefalleneres machen will, ist mit Vorsicht zu genießen.


    Zu weiteren Überlegungen über die Steigerung des Ausgefallenen kam er nicht, da ihn der Fuß seines Hintermanns bereits wiederholt in der Ferse erwischte und er nun mit allen Mitteln dessen weiteres Treiben zu verhindern suchte.


    Gespannt marschierten die probati weiter. Ein jeder hing seinen Gedanken nach, denn fast alle kannten ihren optio.

    Der letzte Befehl hatte den Anschein, als wollte der optio anschließend das Übungspensum für diesen Tag beenden.


    In Windeseile deponierten die probati die pila wieder in dem hölzernen Verschlag für Übungswaffen und und es dauerte nicht lange, bis sie in einer Linie angetreten waren, in einer Linie, von der so hofften, daß der optio an ihr nichts zu beanstanden hatte, hing von ihr womöglich der weitere Tagesablauf ab.

    Celsus hatte sich mit der Zeit mit dem pilum eingeworfen. Es bereitete ihm keine Mühe mehr, selbst gesteckte Ziele zu treffen.


    Aber nun hatte er am anderen Arm das scutum.


    Das schwere Gewicht machte ihm zu schaffen, konnte er den linken Arm damit doch nicht so einfach wie gewohnt weit ausstrecken. Entsprechend kläglich fielen auch hier wieder die ersten Versuche aus.


    Aber schon bald zeigte sich, was die Übung ausmachte und es dauerte nicht lange und seine pila fanden auch mit dem scutum ihr Ziel.

    Nach weiterem Werfen war Celsus so weit, daß er seine Tätigkeiten mit denen der übrigen probati in Einklang brachte:


    Wie die anderen nahm er das pilum in die rechte Hand, holte aus, beschleunigte nach vorne, machte einen Ausfallschritt, warf, wartete ab bis alle geworfen hatten, sah sich um ob andere nicht doch noch warfen und holte sein pilum.


    Dann nahm er es wieder in die rechte Hand, holte aus ...

    Vor lauter Übereifer war Celsus nicht nur sondern hatte auch im wahrsten Sinne des Wortes über das Ziel hinausgeschossen.


    Kleinlaut sah er den optio an. Er überlegte kurz, ob er dem Vorgesetzten irgendeine Ausrede auftischen sollte, von wegen Befehl nicht richtig verstanden oder ähnlichem. Er hielt besser den Mund.


    Noch war er ein probatus, der, wenn er während der Grundausbildung keine ausreichende Leistung zeigte, vom Dienst in der Armee ausgeschlossen werden konnte.


    Celsus nahm das pilum in die rechte Hand, holte aus, beschleunigte nach vorne, machte einen Ausfallschritt und warf.


    Dann wandte er sich dem optio zu.

    Aufmerksam lauschte Celsus den Anweisungen des optio und beobachtete dessen Technik. Denn in den letzten Übungen hatte er gelernt, daß gute Technik mangelnde Kraft ersetzen konnte und ein Übermaß an Kraft nur mit der richtigen Technik die optimale Wirkung entfaltete.


    Celsus hielt das pilum unten am Schwerpunkt aus dem Oberarm heraus etwa in einem 45 Grad-Winkel nach oben gerichtet.


    Er nahm er das rechte Bein nach hinten und das linke nach vorne. Dann nahm er Anlauf in vielen kleinen Schritten und als er jenen beendete, standen seine Beine in der gleichen Stellung wie vorhin. Das pilum flog einigermaßen gerade und bohrte sich auf den Boden der Exerzierplatzes.


    Celsus holte das pilum, ging wieder zum Ausgangspunkt zurück und warf erneut.

    Die Runden um die Barracken hatten Celsus gut getan, und das in jeglicher Beziehung!


    Wie gut, daß er sich eingelaufen hatte und seine Muskeln dementsprechend trainiert waren.


    Celsus nahm scutum und pilum auf. Er hatte das Glück, in der ersten Reihe zu laufen. Somit trat zunächst das Problem eines Abstands zu einem Vordermann nicht auf. Aber nur solange wie die Kolonne nicht gedreht wurde.


    Die probati begannen zu laufen. Die Leichtigkeit zu Beginn änderte sich schnell durch die mitgeführten Ausrüstungsgegenstände. Aber noch konnte Celsus mit dem optio Schritt halten.

    Celsus hatte eine unruhige Nacht hinter sich. Nach langem Hin- und Herwälzen auf seinem Lager war er in eine Art Halbschlaf gefallen. So war das Nichtausgeschlafensein am nächsten Morgen bereits vorprogrammiert.


    Dessen ungeachtet wachte er sehr früh auf. Mit ein paar Runden um die Barracken versuchte er den versäumten Schlaf wieder wettzumachen.


    Nach dem allmorgendlichen Procedere stand er, wie schon gehabt, in Reihe mit den anderen probati.

    So blieb Celsus nichts anderes übrig, als mit einem nur für ihn sichtbaren Gegner zu kämpfen.


    >Also, der Kampf beginnt!< brummte er vor sich hin.


    Er fixierte seinen "Gegner", sah eine Blöße und zielte über den oberen Schildrand auf dessen Gesicht und Hals.


    >Im Ernstfall hättest du keine Chance! Und weiter!<


    Den nächsten Anlauf seines "Gegners" parierte Celsus am unteren Schildrand vorbei und zielte auf dessen Oberschenkel.


    >Wäre bestimmt nicht tödlich, aber du wärst kampfunfähig.<


    Die beiden gingen wieder aufeinander los. Celsus konnte sich nur mit Mühe der nun wütenden Attacken seines "Gegners" erwehren, indem er am rechten Schildrand vorbei auf dessen ungeschützte Flanke zielte.


    >Könnte wieder tödlich sein,<


    resümierte Celsus,


    >mal sehen, wie der optio den Kampf mit dem unsichtbaren Gegner bewertet.<

    Celsus hatte keine Schwierigkeiten gehabt, den Holzpfahl zu treffen. Nun kam das Treffen auf ein Ziel.


    Die 10 Liegestütze hatten Celsus gutgetan. Er fühlte sich so richtig in Fahrt.


    Zielangabe, Grundstellung, Stich, daneben
    Zielangabe, Grundstellung, Stich, wieder daneben
    Zielangabe, Grundstellung, Stich und Treffer
    Zielangabe, Grundstellung, Stich und wieder ein Treffer ...


    Celsus sah nur noch die vom optio angezeigten Stellen auf dem Holzpfahl. Auf die Ziele konzentriert nahm er seine weitere Tätigkeiten schon nicht mehr wahr.


    Zielangabe, Grundstellung, Stich und Treffer.


    Der optio zeigte an und Celsus traf.

    ... natürlich war dem optio Celsus` Mißgeschick mit dem gladius nicht entgangen. Wie hätte es auch! Zum Glück ließ es der optio dabei bewenden, es bei 10 Liegestütze zu belassen. Schuldbewußt begann der probatus.


    Während Celsus zu Boden fiel, federte er seinen Körper mit den Armen ab und begann, laut mitzählend, mit den Liegestützen.


    "Unus, duo, tres,"


    Er stemmte sich hoch und tippte kurz mit der Brust den Boden an ...


    "quattuor, quinque, sex,"


    ... gleichmäßig und ohne Hast pumpte er weiter ...


    "septem, octo, novem, decem."


    Celsus nahm Haltung an. "Befehl ausgeführt, optio."

    Celsus nahm sich seinen "Gegner" vor und fing an ihn zu bearbeiten, wobei er darauf achtete, die Stöße stets aus der Grundstellung zu führen und dann wieder in diese zurückzukehren.


    Im Gegensatz zu einigen der anderen, die die Pfähle eher liebkosten als sie zu bearbeiten, hing bald sein gladius fest. Er ruckelte ein paar Mal hin und her um es wieder frei zu bekommen. Das gelang auch, doch war der den Ruck, bei dem sich das Schwert löste, zu kräftig und der gladius glitt aus seiner Hand und sauste neben seinem Nebenmann in den Boden.


    "'Tschuldigung!" Celsus hob bedauernd die Schultern. "War keine Absicht!" Der Probatus winkte ab und fuhr dann mit seiner Übung fort.


    Celsus zog seinen gladius aus der Erde. Während er wieder auf den Holzpfahl losging, schielte er zum optio in der Hoffnung, daß dieser das kleine Intermezzo zwar gesehen hatte, es aber nicht sehen wollte.