In Pisos Kopf ging es rund. Natürlich war in dem quirligen Künstlerhirn immer viel los, aber was nun vor sich ging, das ging auf keine Kuhhaut. Doch ein Gedanke, der dröhnte in ihm herum – so laut, dass er beinahe schon fürchtete, dass Ursus es hören konnte. Obwohl es nur gedacht war. Der Gedanke war der Folgende: HURRA! DER FISCH HAT DIE ANGEL ANGEBISSEN!
Die Zeit, die er erst einmal dazu benötigte, um Worte zu finden, benutzte er erst einmal damit, dass er sich darauf konzentrierte, dass seine Kinnlade nicht herunterfiel. Zeit zu gewinnen, indem man etwas trank, war immer eine gute Strategie, eine Strategie, von der Piso nun auch Gebrauch machte. Er langte also neben sich und nahm erst einmal einen tiefen Schluck, bevor er den Becher absetzte. Das breite und glückselige Grinsen, welches Piso innerlich in sich trug, das manifestierte sich nach außen durch ein gepflegtes Lächeln. Er hatte Lust, aufzustehen und wild herumzutanzen. Nun, das konnte er noch später machen. Denn im Moment war die Situation noch immer ernst. Im Moment war es noch immer so, dass Ursus einen Rückzieher machen konnte.
Einen Blick riskierte er zu Prisca hin. Hach, schöne Prisca, du Traum unter den Frauen. Er würde ihr ein Mann sein, wie sie es sich nicht vorstellen konnte. Piso und Prisca, das sollte das Paar des Jahres werden. Ihre Hochzeit sollte die Schlagzeilen der Acta Diurna zieren und Stadtgespräch sein. Er sah die Heirat schon ganz knapp vor seiner Nase. Er besah sich aus den Augenwinkeln, wie sie die Rose weglegte. Die Rose, sie hatte gut zu ihr gepasst, zu Prisca, deren Name klang, wie eine Blume aussah – was das auch immer heißen mochte, aber Piso mochte die Metapher. Obwohl er natürlich wusste, dass Prisca die Alte hieß. Was ihn zu einer Überlegung führte. Wenn sie mal alt war und keine Zähne mehr im Mund hatte, würde er sie dann noch immer lieben? Der ästhetische Faktor wäre dann durchaus verringert... ach Quatsch, sagte er sich. Natürlich würde er sie noch lieben. Schließlich war es ja nicht nur ihr Körper, den er an ihr liebte, sondern ihre schöngeistige Einstellung an sich. Es gab selten Frauen, die es verstanden, einen avantgardistischen Ästheten wie Piso zu wertschätzen. Wobei, hatte er ihr schon einmal Musik vorgespielt? Hmm. Das letzte Mal, dass er eine öffentliche Darbietung gegeben hatte, das war bei Archias‘ Begräbnis gewesen. War nicht so gut angekommen, dachte er irgendwie. Axilla hatte ziemlich verstört dreingeschaut. Aber nun gut. Axilla war ja kein Maßstab. Prisca war der Maßstab! Jawohl! An ihr würde er seine künstlerische Taxonomie orientieren. Sie würde seine Muse werden, seine Inspiration in all dem, was er tat! Prisca, wundervolle Prisca, dir verschreibe ich mich, dachte er sich, ohne zu wissen, welch wankelmütige Gedanken sich plötzlich in ihr Hirn schlichen.
Dann, volle Konzentration auf Ursus. Durch den Wein hatte er sich nun bewässert. Seine Lippen bewegten sich wieder. “Du weißt nicht, Ursus, was für eine unvorstellbare Freude du mir bereitest.“ Fortuna musste es wirklich eingerichtet haben, dass es den Corvnius geputzt hatte. Er musste der Guten mal ein Opfer darbieten. Und auch Pluto, der so zeitig den Aurelier mit sich in den Tartarus gezogen hatte, wo er auch hingehörte! Hach, ein Dank der Nichtexistenz der Gedankenleserei, Apoll, dem Gott des Wissens, würde er auch noch aus seiner Patina dafür ein Opfer darbieten.
“Heiratsmodalitäten. Gut. Also.“ Heiratsmodalitäten. Die Formalitäten. Wo fing man da an? Wohl bei der Basis. “Eine Confarreatio wäre wohl überzogen, denke ich.“ Vor allem aufwändig und nur notwendig, wenn man Rex Sacrorum oder Flamen Dialis werden wollte. “Deshalb denke ich, die passende Form wäre per usum und sine manu.“ Die Mitgift, die sollte Ursus ansprechen, Piso wusste, es würde kaum gut ankommen, würde er damit beginnen. Und sie war ihm eh nicht wichtig. Wichtig war ihm Prisca, der er einen verliebten Blick zuwarf.
Wir haben es geschafft, Liebstes. Wir haben gewonnen!