Hmm, vielleicht war es doch nicht die beste Idee gewesen, sich zuerst Priscas anzunehmen statt des Legaten und nunmehr ranghöchsten Mitglieds der Aurelier. Aber was konnte Piso tun? Venus selbst hatte ihm die Liebe gegeben – böswillig konnte man sagen, sie hatte sie ihm mit dem Bratspieß eingeimpft. Denn das Piso erst darum vor Venus‘ Tempel darum gebeten hatte, dass sie es zuließ, dass sein Herz sich wieder erweiche, das behielt er als Geheimnis in seinem Herzen. Selbst gegenüber Prisca. Denn sie sollte eigentlich nicht erfahren, dass er es nicht selber und aus eigenem Antrieb zurande gebracht hatte, sich in sie zu verlieben.
Wie konnte Piso also so tun, als ignorierte er Prisca? Denn sie sah so wunderschön aus. Vor allem dieser Ausschnitt. Huiuiuiuiuiui. Ein wahres Fest fürs Auge – auch wenn Piso sich nicht in seinen krampfhaften Bemühungen, Prisca ins Auge zu blicken, beirren ließ. Sicher würde es Ursus nicht goutieren, wenn er seinem ultimativen Ziel so offensichtlich zur Schau stellte.
Prisca aber brachte gar nicht einmal viel heraus auf seine Begrüßungsansage hin – ja, was sie antwortete, ließ sein Kompliment fast schon eloquent erscheinen! Aber es wahr ehrlich. Und es war zum Hinwegschmelzen süß! Ein schmachtender Blick zu ihr hin, bevor er sich endlich, fast schon ein wenig widerwillig, zu Ursus hin – wohlweislich nicht, weil ihm Ursus auf die Nerven ging, sondern viel eher, weil es so unendlich schwer war, die Augen von Prisca zu lösen.
Ursus sprach von weitaus schwerwiegenderen Dingen als jenen, die Piso im Kopf herumgingen, und zwar von den interfamiliären Angelegenheit der Aurelier. Und schon wieder einmal fragte sich Piso, was so aufregend an diesem Corvinus gewesen sein soll, dass ganz Rom sich in Trauer über ihn ergoss. Wer hat getrauert, als Vera starb? Nicht ein einziges Schwein (außerhalb der Villa Flavia). Und bei einem Corvinus hatte ganz Rom Trauer zu heucheln.
Nichtsdestotrotz nickte er grave. “Sei dir versichert, die Gebete unserer Gens sind mit euch.“ Er seufzte tief, als Ursus nach dem Befinden seiner Gens fragte. Natürlich war dies nur eine floskelhafte Frage, ebenso, wie es seine gewesen war, aber auch hier gab es etwas zu jammern.
“Die Tode von Flavia Vera und Flavia Celerina waren schwere Schläge für uns. Doch es bleibt uns nichts weiteres übrig, als das Schicksal zu ertragen und weiterzumachen. Ich bin mir sicher, die Verstorbenen hätten genau das von uns gewollt.“ Hach ja, ein bisschen schwülstige Töne schwingen war doch immer wieder schön. Labsal für die Seele, und es klang auch noch höflich, und das war im Umgang unter Patriziern das Wichtigste.
Gerade wollte Piso sich auf die Kline hinauflegen, da kam Gracchus hinzu. Piso blickte zu seinem Vetter. “Salve, Gracchus“, machte er, während ein dankbarer Ausdruck in seinem Gesicht sich zeigte. Gracchus war hier! Sein Vetter war zur Unterstützung herangeeilt, sodass Piso hier nicht alleine war. Der jüngere Flavier war durchaus froh, dass der Ältere hier war, vielleicht konnte er ihn ja auch als Souffleur benutzen?
Aber jetzt musste er sich wohl damit begnügen, selber zu reden. Piso legte sich ziemlich umständlich auf die Kline hinauf, wäre fast tollpatschigerweise von ihr auf der anderen Seite heruntergefallen, erfing sich, und lächelte dann Ursus freundlich an.
“Nun gut, wie du weißt, würde ich gerne deine Cousine heiraten“, begann er in media res. “Ursus, ich liebe Prisca. Vom ganzen Herzen“, breitete er dem Legaten aus. “Ich werde bald zum Senator ernannt werden und, wenn die Götter es wollen, zum Pontifex. Aus diesem Grund kann ich garantieren, dass Prisca bei mir gut versorgt ist. Wenn ich Prisca heiraten kann, dann werde ich ihr der beste Ehemann sein, den sie sich vorstellen kann!“, beteuerte er. “Prisca wird sich bei mir wohlfühlen. Ich schwöre bei Iuppiter dem Stein, ich werde ihr treu sein und sie lieben“, setzte er noch eines drauf.