Beiträge von Aulus Flavius Piso

    Flaccus schien kurz nachzudenken, dann entschied er sich dafür, dass er sich für den Cultus Deorum interessierte. “Ich halte sehr viel davon, aber du weißt, es liegt in deinen Händen. Hast du denn schon Erfahrung im Religiösen?“*
    Er wandte sich anschließend zu Gracchus, der offenbar sich freute über die Eröffnung des Piso. Piso lächelte seinem Vetter zu. Er Senator, das wäre schon eine Sache für sich – es würde die politische Landschaft Roms wohl auf den Kopf stellen! Haha! Dann kramte Gracchus eine Idee hervor. “Eine Cena? Ja, das wäre eine gute Idee! Ich wäre sehr dafür zu haben, und für Flaccus wäre das sicher auch zuträglich.“ Bei Gracchus‘ Frage versiegte sein Lächeln aber. “Ich habe ihn gefragt... leider nein. Wobei ich denke, er wäre eine hervorragende Wahl als Consul. Nichtsdestotrotz kann man sich überlegen, ob... äh, wie? Aurelius Corvinus? Nein, nein!“ Schreckensgeweitet waren seine Augen kurz, als er Gracchus fixierte. Dann schluckte er. Vor aller Welt musste er das jetzt nicht sagen... er würde es aber gerne noch mit Gracchus bereden. Das ließe sich doch mit dem Gesangsabend, welchen sie einmal augemacht hatten, organisieren, dachte er sich schnell. “Ähm... er hat momentan 3 junge Männer, die bei ihm das Tirocinium Fori machen. Damit ist er sicher schon gut eingedeckt. Mit einem Vierten wäre er sicherlich allzu gefordert, und er wäre vielleicht auch nicht mehr in der Lage, sich ausreichend um Flaccus zu kümmern.“
    Als die Sprache auf Kultvereine kam, nickte er, konnte aber nichts mehr dazu sagen, denn Furianus platzte in seiner üblichen megalomanischen Art ins Atrium rein, dass sich bei Piso kurz die Gänsehaut aufstellte.
    Er blickte nach hinten und sah den älteren Flavier auf sie zukommen. Er nickte zurück als wortlosen Gruß und drehte sich zu Flaccus hin. “Ich bin übrigens auch Arvalbruder. Und sei dir gewiss, an solche Formalitäten hält sich heute keiner mehr.“ Man war ja schon froh, wenn man junge Patrizier fand, die bereit waren, sich in Kultvereinen einzubringen!


    Sim-Off:

    *Sprich, die Religions-Sim-Off-Kurse. ;)

    Natürlich hörte Piso sich selber sehr gerne reden, besonders, wenn er ein Publikum hatte, dass ihm so genau hinhorchte wie der Quintilius. Dieser Mann war ein guter Zuhörer, Piso spürte das wohl. Vielleicht ging damit auch ein Verständnis für Ästhetik, auch Ästhetik der besonderen Art, einher? Es wäre ja geradezu genial, wenn dies der Fall wäre.


    Sein Blick schweifte kurz zu der Basilica Ulpia, vor der sie mittlerweile angekommen waren, und er lächelte, als Sermo – ziemlich vorhersehbar – sagte, er würde lieber zu den Flaviern einmal kommen als in die Basilica Ulpia. “Sicherlich, komm einfach irgendwann. Am Besten nach meiner Amtszeit, momentan habe ich leider viel zu tun. Ich werde dir auf jeden Fall was schreiben – ich hoffe, ich kann dich auch in Zukunft in der Casa Quintilia erreichen!“ Denn er erinnerte sich schließlich, dass Sermo nach Ostia wollte, um dort als Magistratus zu amtieren.


    “Auf jeden Fall, ich muss jetzt hinein, arbeiten gehen. Aber es war sehr nett mit dir, und ich freue mich schon auf unser hoffentlich baldiges Wiedersehen. Vale, Quintilius Sermo!“ Mit diesen Worten verabschiedete er sich und wandelte in die Basilica Ulpia hinein.


    Collegium Septemvirorum Collegio Pontificorum s. d.


    Wir, das Collegium der Epulonen, schreiben einer Fragestellung wegen, die auf Grund jüngster Ereignisse, die mit dem Tod des ehrwürdigen Septemvir Sextus Ceionius Petro einhergingen, für das Collegium an Relevanz gewonnen hat. Da wir der Meinung sind, ein eigener Beschluss in dieser Frage würde unsere Kompetenzen sprengen, erbitten wir vom Collegium Pontificorum eine Vorabentscheidung, um die rechtliche Position unseres Collegiums für diesen Fall und für Fälle in der Zukunft zu klären.


    Die Frage, um deren Antwort hiermit ersucht wird, lautet:
    Darf das Collegium Septemvirorum Frauen als Mitglieder aufnehmen?


    Relevante Hintergrundinformationen: Nach einem diesbezüglichen Vorschlag des Propertius Secundus und Nachforschungen des Flavius Piso erachten wir Cocceia Maior, Aeditua des Tempels der Ops am Kapitol, als für eine potentielle Nachfolgerin des Ceionius Petro. Sie ist die Tochter sowie die Witwe eines Senators und kann durch profundes Fachwissen überzeugen; es besteht im Prinzip kein Zweifel an ihrer Befähigung. Wir erachten , dass das einzige, was dem Gedanken, sie aufzunehmen, im Weg steht, ihr Geschlecht ist.


    Submissionen: Uns ist bewusst, dass eine solche Aufnahme mit der Tradition brechen würde, und dem Namen unseres Collegiums, der den Bestandteil „Vir“ enthält, zuwider handeln würde. Gleichzeitig aber hatte das Collegium Pontificorum mit der Aufnahme der Tiberia Claudia und der Einsetzung von weiblichen Pontifices Minores einen Präzedenzfall gesetzt, der analog auch für die anderen Collegien Roms gelten müsste. Zudem muss gesagt werden, dass der Anstieg der Anzahl weiblicher Priester in der letzten Zeit unweigerlich zur Frage führt, ob es ob dessen nicht angemessen wäre, die Möglichkeiten der Frauen, im Cultus Deorum aufzusteigen, zu erweitern.


    Wir hoffen auf eine baldige Entscheidung in dieser essentiellen Frage durch das Collegium Pontificorum und danken für die Betrachtung unserer Fragestellung. Wir bitten infolge dieser Anfrage auch darum, die rechtliche Lage bei den anderen Collegien jenseits aller Zweifel festzustellen.


    Mögen die Götter ihre schützende Hand über die Mitglieder des Collegium Pontificorum halten.


    [Hier befinden sich 9 Unterschriften – eine von jedem lebenden Septemvir]

    “Eine was?“ “Na, eine Vorabentscheidung. Das Collegium Pontificorum soll entscheiden, ob wir prinzipiell eine Frau aufnehmen dürfen. Wenn wir ein nein bekommen, erübrigt sich dies. Wenn wir ein ja bekommen, wird es so sein, dass wir Cocceia Maior, neben den anderen Kandidaten, berücksichtigen. Den Platz kann noch immer ein anderer bekommen.“ Naso runzelte die Stirn noch mehr. “Damit machen wir uns potentiell zum Gespött.“ “Ha! Wer wird es wagen, schlecht über die Septemviri nur deswegen zu reden? Die Pontifices müssen sich doch daran erinnern, dass mit Tiberia Claudia einst von ihnen ein Präzedenzfall gesetzt worden ist.“ “Hmm.“ “Also?“ “Junger Mann! Du weißt, dass ich die Verantwortung für dieses Collegium trage?“ “Du könntest als einer der großen Reformer des Cultus Deorum in die Geschichte eingehen. Zumindest die Hälfte aller Römer wird dich besingen... die Frauen.“ Opimius dachte nach und schnaufte dann aus. “Fragen kostet nichts. Oder? Machen wir es.“
    Er seufzte und winkte einen Sklaven herbei. Ein Schreiben wurde aufgesetzt, welches, schlussendlich von allen Septemviri unterschrieben – wie dies zustande kam, würde geheimnisvoll bleiben, Geld mochte geflossen sein – den Pontifex pro magistro erreichen würde.

    Piso sah Macer hoffnungsfroh an, als dieser überlegte. Schließlich hatte dieser eine Idee. “Aurelius Avianus?“, fragte Piso und blickte kurz zweifelnd drein. Das war doch ein ein Aurelier, sicher hatte Corvinus dem schon lange den Kopf gewaschen! Oder auch nicht? Der Flavier kratzte sich am Nacken. Vermitteln, das klang nach einem schönen Wort. Es klang nach Gegensätzlichkeit, nicht Aufdrängerei. Ja, das wäre vielleicht eine Idee... Piso begann zu nicken. “Ich glaube, das wäre vielleicht gut. Vielen, vielen Dank. Es wäre prima von dir, wenn du einmal mit Avianus darüber redest... vielleicht lässt Corvinus ja mit diesem mit sich reden.“ Auf der anderen Seite, Corvinus könnte denken, Piso versuchte ihn in ganz Rom anzuschwärzen, und sich dann erst recht versperren. Aber sollte er ruhig erfahren, dass Piso alle Hebel zog, die ihm zur Verfügung standen! Dass das Objekt seiner Begierde für ihn nicht nur eine kurzzeitige Flamme war, sondern etwas, was er haben wollte wie nichts anderes!

    Piso zuckte die Achseln, als Flaccus die Verwandtschaftsverhältnisse ansprach. In der Villa Flavia nahm niemand das allzu genau. Hier nannte er auch Furianus seinen Vetter, obwohl er in Wirklichkeit sein Neffe war. Allerdings war der Altersunterschied dergestalt, dass Furianus leicht und locker ein Onkel sein könnte, aber nicht unbedingt ein Vater, von Piso. Er hörte sich aufmerksam das an, was Flaccus ihm über sich selber erzählte, und lächelte ebenfalls leicht, als er ihm sagte, dass sein Verhalten manchmal unangepasst erschien. Das war eigentlich ziemlich normal für einen Flavier, dachte Piso sich in einem Anflug von Selbstironie, und wollte schon auf die von seinem Neffen, Vetter, was auch immer gestellte Frage antworten, da trat Gracchus auf. Piso wandte seinen Kopf in dessen Richtung. “Salve, Gracchus!“
    Gracchus freilich ließ er gerne reden. Piso hatte ein riesiges Ego, aufgebläht wie ein Schweinemagen, aber dennoch war er der festen Meinung, es gäbe einen Mann auf dieser Welt, der ihn in allem überlegen war – Gracchus. Das dachte er nicht einmal von Furianus, obwohl dieser jener war, der bei Piso am meisten ein Gefühl von Respekt, wenn nicht gar Furcht erzeugte.
    So beschied er sich erst einmal mit der Rolle des Zuhörers. Flaccus erzählte von seiner Mutter – wenn Piso sich richtig entsann, eine Aemilierin, eine Angehörige eines uralten Geschlechtes, von dem man heutzutage aber nicht mehr allzu viel hörte im Senat, auf der Rostra oder im Götterkult.
    Was Flaccus bei Piso schon vorher angedeutet hatte, machte er nun deutlich: er wollte Karriere machen. So war der Grund, vom Tode seines Vaters zu berichten, wohl nur ein vordergründiger Vorwand, um nach Rom zu kommen. Aber es war verständlich – ein junger Mann von noblem Blut wollte unter Garantie nicht in der Provinz versauern. Piso nickte dazu, als Gracchus Flaccus versicherte, dass ihn alle Flavier unterstützen würden.
    Gracchus sprach die Möglichkeit eines Tirocinium Fori an, und Flaccus schien gut darauf anzusprechen. Jetzt sah Piso die Möglichkeit gekommen, wieder etwas zu sagen.
    “Ich glaube, dass solltet ihr beiden nun doch erfahren: ich selber habe vor, bei jenen Wahlen, die Gracchus angesprochen hat, als Quaestor zu kandidieren. Eine Quaestur ist der letzte Schritt zum Senat, einmal für einen Patrizier... also kann es wohl sein, dass ich in etwas mehr als einem Jahr schon Senator bin.“
    Piso grinste, während er an diese Möglichkeit dachte. “Ich wollte es heute noch Furianus sagen...“ Aber bislang war dieser noch nicht aufgekreuzt. Tja.
    “Ich weiß jetzt nicht, wie nützlich ein Tirocinium Fori ist, bevor du den Ordo Senatorius hast. Allerdings kannst du es machen bei jemanden, der dir zur Belohnung für deine Dienste zum Weg in diesen Stand verhilft.“
    Nun entschloss sich Piso, konkret auf die Frage des Flaccus einzugehen. “Deine nächsten Schritte... ich würde sagen, es liegt an dir. Ich selber habe meine ersten Schritte in meiner Karriere an der Kanzlei gemacht, also in einer Ritterdomäne. Man hat mir diesen etwas unüblichen Weg doch etwas übel genommen, fürchte ich, ich habe mich deswegen auch vorm Senat verteidigen müssen.“
    Er überlegte. “Was also in Frage käme, wäre ein Tirocinium Fori, beziehungsweise, eine Sekretärtätigkeit – oft ist beides verknüpft miteinander – bei einem einflussreichen Senator. Ich könnte dir ja, wenn du willst, einmal meinen Patron vorstellen, Purgitius Macer, er verhalf mir auch in den Ordo Senatorius. Er ist ein Plebejer, aber sehr mächtig, und durch seine Heirat mit einer Tiberia mit den patrizischen Gentes verbunden. Andere sehr einflussreiche Senatoren wären zum Beispiel Tiberius Durus, Annaeus Modestus, Vinicius Lucianus...“ Er kam ins Stocken, als er überlegte, ob er Aurelius Corvinus inkludieren sollte. Diese präpotente Flasche? Nein. Und würde er die Germanicer vorschlagen, würde er wohl von Furianus ermordet und in kleine Stücke zerhackt werden – nicht einmal notwendigerweise in dieser Reihenfolge.
    “Eine andere Art und Weise, wie du ins Gesellschaftsleben einsteigen könntest, das wäre natürlich der Cultus Deorum, der Götterkult... Gracchus als Pontifex, und ich als Septemvir, wir könnten dir sicherlich einen Einstieg in die Materie vermitteln!“

    Der Gentleman schwieg und genoss. Der Piso auch. Er hatte sich, zusammen mit seinem Sklavenersteigerungssklaven Cassivellaunus, der eine laute Stimme hatte, unter die Masse gemischt und dem Schlagabtausch zwischen Corvinus und diesem Xanthias zugehorcht. Herrlich, wie der Aurelier, dieses Charakterschwein, von dem Sklaven einen vor den Latz geknallt bekam, und wie ihm nichts anderes übrig blieb, als einzustecken. Hoffentlich machte er dies nur bei diesem Aurelier!
    Was man nicht sagen konnte, war, dass die ästhetische Vortragungskraft des Sklaven minimal war. Ja, der Gute beherrschte die Ästhetik! Und er entschuldigte sich auch. Na gut.
    400 war angeboten? Und noch niemand hatte geboten? Es tat wohl einmal Not, dass eine andere Gens als die Aurelier, immer nur die, neue Sklaven bekam. Wieso bekamen die Flavier nie was ab? Das Ruder musste doch herumzureißen sein! Irgendwie einmal.
    Ah, singen und Melodien spielen konnte der Gute wohl auch noch! Das war eine gute Sache. Piso zupfte seinen Amictus, den er anstelle einer repräsentativen, aber unbequemen Toga trug, zurecht, und bewegte seinen Kopf stumm hin und her, als überlegte er.
    Dann entblödete er sich doch tatsächlich nicht, seinem Sklaven etwas zuzuflüstern. Piso selber würde sicher nicht schreien, er musste doch seine süße, liebreizende Stimme (zumindest hielt er sie dafür) schonen! Cassivellaunus nickte und krähte dann zum Sklavenhändler hin: “401 Sesterzen bietet Aulus Flavius Piso!“ So, jetzt hatte er sich enttarnt. Mal sehen, was Corvinus jetzt tat.

    Das Herannahen eines Flavius Piso wurde dieser Tage nicht durch ein fröhliches, wenn auch grässlich falsches Pfeifen untermalt. Nein, zur Zeit war er nicht in der Stimmung. Wie auch? Seiner Schwester ging es elend. Die Frau, die er wollte, bekam er nicht, musste aber bald einmal seine Schwester an die selbe Gens verschachern – ein Befehl vom Vater. Und zu allem Überfluss musste er sich noch bei dieser drückenden Hitze mit lauterlei Arbeit herumschlagen.
    Aber er hatte sich doch aufgerafft, als ein Sklave in sein Cubiculum gerannt kam und ihm angekündigt hatte, dass ein Flavier aus Kampanien eingetroffen war – ein Sohn des Flavius Flaccus. Flaccus, Flaccus, der Name war Piso ein Begriff. Es war schon eine Zeit lang her, dass er seinen um einiges älteren Vetter zu Gesicht bekommen hatte. Er war wohl nicht mit seinem Vater nach Hispania gezogen, sondern hatte sich stattdessen in den Süden abgeseilt.
    Der Sklave teilte ihm mit, es ginge dabei um dessen Tod. Sein Sohn war deshalb da. Nicht, als ob Piso das Schicksal seines Vetters besonders nahe ging, er hatte so was von anderne Sorgen – aber na gut, ein gesellschaftlich gewitzigter Römer wusste Trauer zu heucheln, wie auch mannigfache andere Emotionen. Selbst Piso, an sich ein fürchterlich emotionaler Mensch, schaffte dies, wenn er sich genug konzentrierte.
    Einen Jüngling – Piso erinnerte sich noch an die Zeit zurück, da er selber so bezeichnet worden war, irgendwie lag es noch nicht weit zurück – sah er im Atrium liegen. Wohl der junge Flaccus, wie es schien, gewandet in einer dunklen Trauertoga.
    Piso schritt auf ihn zu. “Salve, Quintus Flavius Flaccus.“ Gram dreinzuschauen fiel ihm nicht einmal schwer, er musste sich nur alle Widernisse an seiner Person ins Gedächtnis rufen.
    “Mein Name ist Aulus Flavius Piso. Ich bin der Sohn des Cnaeus Flavius Aetius aus Ravenna, welcher der Bruder deines Großvaters ist.“ Pisos Großvater Romulus hatte seine Kinder in großen Zeitabständen bekommen, so war es nicht verwunderlich, dass manchmal Neffen viel älter waren als ihre Onkel, was hier nicht einmal der Fall war. „Dein Vater ist gestorben? Diese Nachricht ist schrecklich, ich trauere mit dir.“

    Piso hatte schon seit jeher die noble Kunst beherrscht, flatterhaft von der einen zur anderen Gefühlsstimmung zu hüpfen, und konnte aus seinen Emotionen auf seinem Gesicht nur keinen Hehl machen, wenn er sich bewusst darauf konzentrierte. Und momentan dachte er nicht dran, auch wenn das Produkt eben dessen seinem Patron reichlich komisch erscheinen musste.
    Macer versuchte, Piso zu weiteren Antworten zu locken. Eine Patrizierin nicht weiter verwunderlich bei seinem Stand? Nun, Piso war schon einmal unglücklich verliebt gewesen in eine Plebejerin, in eine Decima, doch das war für ihn selber, wie er verwundert feststellte, irgendwie schon Vergangenheit. Er kommentierte dies lieber nicht. Bei den nächsten Mutmaßungen schüttelte er hingegen den Kopf. “Weder eine Flavia noch eine Tiberia.“ Er war kein Inzüchtler, egal, was man von Patriziern behauptete. Und die Tiberia... ja, das wäre schön gewesen. Durus war wenigstens jemand, mit dem man reden konnte. Dieser Corvinus aber, der hatte ein Brett vor seinen Augen! Ein dickes!
    “Es handelt sich um eine Aurelia“, gab er schließlich zu, das Rätsel auflösend. “Ihr Name ist Aurelia Prisca. Und ihr Tutor ist Aurelius Corvinus. Es... hmm... es ist alles eine sehr verzwickte Geschichte.“ Er kratzte sich am Kopf. Wie fing er an, die Misere zu schildern? “Ich glaube, der Aurelius will, dass ich nichts mit ihr zu tun habe, weil er der festen Überzeugung ist, dass ich ehrlose Absichten habe, dass ich ein unaufrechter, frivoler Mensch bin, der Prisca bald einmal wegwerfen wird wie ein Taschentuch. Aber das stimmt nicht! Ich liebe sie! Wirklich!“, vertraute er Macer leise und kläglich an.

    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg]


    Zuerst noch eingeschüchtert, und jetzt schon so von sich selber überzeugt? Acanthus versuchte, nicht selber allzu beeindruckt zu wirken – selbst ein Sklave hatte Würde – und nickte nur. “Sehr wohl, Dominus. Phoebus.“ Mit diesem Wort drehte er sich nach hinten, zum Sklavenjungen des selben Namens, dem er in einer ganz eigenen Weise mit den Augenbrauen zuwackelte, was dieser auch verstand. Acanthus trat zur Seite, und Phoebus stellte sich vor Flaccus auf, sich dabei vor ihm so tief verbeugend, dass es fast zeremoniell wirkte. “Wenn du mir folgst“, krähte er mit kindlicher Stimme, richtete sich wieder zu einer normalen Position auf, und schritt ins Atrium, gewiss darin, dass ihm Flaccus folgen würde – denn eine andere Wahl hatte er nicht.

    Wie’s der Brauch bei den Flaviern, wurde Flaccus im Atrium ordnungsgemäß geparkt – das hieß, er wurde zu einer Kline, welche im Atrium stand, geführt. Mit einer wortlosen Handbewegung wurde ihm angedeutet, Platz zu nehmen, während schon der griechische Weinschenk der Flavier daher kam und dem jungen Flavier, ungeachtet seines Alters, Wein eingoss. Phoebus derweil eilte schon hinfort, er würde, wie anbefohlen von Flaccus, die wichtigsten Familienmitglieder der Flavier einberufen. Also natürlich die Senatoren Furianus und Gracchus. Und, wenn er schon dabei war, Piso. Frauen zählten wohl prima facie nicht zu namhaften Personen, also ließ er die erst einmal sein.

    Gerade noch rechtzeitig, bevor sich Piso vor der Aurelia zu Boden geworfen und ihr die Füße abgeschleckt hätte – was für beide Seiten unangenehm gewesen wäre; für Piso, weil es emaskulierend gewesen wäre, für Flora, weil es fürchterlich gekitzelt hätte – dafür, dass sie ihm diese wundervolle Nachricht überbracht hatte, fiel ihm das strenge Gesicht des Corvinus ein, und eben jenen brachte Flora nun zur Sprache. Marcus, damit musste der Aurelius gemeint sein. Piso zuckte die Achseln und sah noch ein wenig jämmerlicher drein. “Er bringt mich doch um, wenn ich noch einmal zu ihm komme!“ Das glaubte er im Ernst – denn so, wie Corvinus geschaut hatte, hatte er durchaus die Intention, im ein Leid zuzufügen, wenn er noch einmal sich der wunderschönen, faszinierenden, genialen, zuckersüßen Prisca näherte. Hatten die Aurelier auch so was wie das Loch bei den Flaviern? Denn dort sah er sich schon schmoren.
    “Und...“ Er brach ab, als Flora ihm plötzlich ihren Vorschlag unterbreitete. Und alles war wieder gut! Die pinkfarbenen Wolken kehrten zurück vor Pisos Augen, wo sie wie Watteflocken herumschwebten. Auf seinen Lippen musste ein unbeschreiblich dämliches Grinsen sich eingerichtet haben. Aus seinen Augen funkelte die Freude hinaus.
    “Oh... Flora...“ Es war eher unbewusst, dass er die Aurelia beim Cognomen nannte. Und selbst wenn er es bewusst gesagt hätte, hätte er es als unwichtig abgetan, schließlich handelte es sich nun dabei, in Pisos kleiner Welt in seinem Kopf, bereits um die Cousine seiner zukünftigen Frau.
    “Ich kann dir nicht sagen, wie dankbar ich dir bin!“ Dem Flavier schoss ein undurchdringlicher Urwald von Gefühlen aus den Augen, und er lachte kurz auf. “Oh Venus Callipygos...“ Er merkte, dass er zitterte.

    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg]


    Ganz schön erschrocken schien der Bursche zu sein. Ein Flavius? Sohn des Cnaeus Flavius Flaccus? Acanthus war sich sicher, den Namen schon einmal gehört zu haben. Tod? Hmm. Der Sohn eines toten Flaviers. Wenn der sich nicht an die Flavier hier in Rom anhängen wollte, wollte Acanthus ein Esel sein. Die Erscheinung dieses Burschen war sicher nicht sehr patrizisch, so dachte sich Acanthus. Aber vielleicht war es auch wahr, was der Junge erzählte.
    “Mit wem willst du reden? Sollen alle namhafte Familienmitglieder zusammengetrommelt werden, oder nur einer davon?“ Ein strenges Hierarchiesystem gab es in dieser Familie wohl nicht, wenngleich auch klar war, dass im Cursus Honorum Furianus am weitesten vorne lag, gefolgt von Gracchus, gefolgt von Piso. Und die Politik war oftmals das Maß aller Dinge für die Gens Flavia.

    “Ah, Flavius, salve. Das ist aber schnell gegangen“, meinte Opimius Naso zur Begrüßung, als Piso, nachdem er draußen angeklopft hatte und sich von einem Sklaven hereinführen lassen hatte, nun vor ihm stand, in etwa 24 Stunden nach der Contio, die möglicherweise die Geschichte der Septemviri für immer verändern könnte. ”Salve.” “Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum. Was denkst du von der Cocceia?“ Piso dachte nicht lange nach. “Ich finde sie gut. Sehr gut sogar. Ihre Referenzen sind ausgezeichnet, und sie ist eine sehr angenehme Frau.“ Zudem hatte sie das Geld, um sich selber noch netter zu machen. Und, wenn sie wollte, könnte sie auch sicher auch durch sexuelle Gefälligkeiten überzeugen. Nicht, dass Piso, der hübsche Frauen fast immer mit einem großen Vertrauensvorschuss versah, sie so einschätzte.
    “Ich denke, dass sie wirklich das Zeug hat, aufzusteigen.“ Opimius Naso nickte kurz. “Gut. Ich vertraue deinem Urteil.“ “Danke, Opimius. Aber... nun... ähm... können wir das wirklich machen? Eine Frau aufnehmen? Ist das rechtlich gedeckt?“ Naso blickte zu Boden und wieder auf, und runzelte seine Stirn, sodass seine Augenbrauen prägnant sich sträubten. “Ich weiß es nicht. Mir ist so ein Fall noch nie untergekommen.“ Piso hob die eine Augenbraue, sagte aber nichts. Ein paar Sekunden lang zumindest. Dann holte er tief Luft. “Ich denke, über so eine grundlegende Frage sollten nicht wir entscheiden. Wir sollten diese Frage an die Pontifices stellen.“ “Was? Eine Frage über eine mögliche Aufnahme der Cocceia?“ “Nein, nein! Eine Anfrage um eine Vorabentscheidung.“

    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpgAcanthus


    Äonenlang, so kam es Acanthus, dem altgedienten Ianitor der Villa Flavia, saß er schon hier, machte den Leuten die Tür auf, oder aber verwehrte ihnen den Eintritt. Äonen natürlich metaphorischen Sinne, sinnierte der Sklave, der sein Alter schon langsam zu spüren glaubte, als er meditativ an seinem Schemel saß und über den Zusammenhang zwischen Zeit und Raum nachdachte. Seine Gedanken aber, wurden wie üblich unterbrochen durch das ewig nervige Geklopfe, mit dem ein Ianitor klar kommen musste.
    Mit einem Seufzen öffnete er die Türe, nur um festszustellen, dass es offenbar keine wichtige Person war, er hatte ja nicht einmal Sklaven, die... halt. Er hatte Halbmonde an den Sandalen von den Knöcheln baumeln, wie jeder Patrizier. Vielleicht war dies ein Familienmitglied, wie sie regelmäßig aus allen möglichen Winkeln Italiens aus dem Boden zu schießen pflegten?
    “Salve. Willkommen in der Villa Flavia. Wer bist du und wie kann ich helfen?“, fragte er darum, etwas vorsichtiger als mit der üblichen barschen Tonlage, mit der er niedere Dienstboten anherrschte.

    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg]


    Zu klopfen wagen? Acanthus‘ Einstellung gegenüber unangemeldeten Besuchern hatte sich wohl schon in ganz Rom herumgesprochen. Von seinen tiefsinnigen Gedanken (es war darin involviert, wie man den Begriff der Armut und der Absenz definieren konnte) aufgerissen, stampfte er zur Porta, riss sie auf, und ein Jüngelchen stand davor, das ihm eine Einladung in die Hände drückte. Acanthus musterte sie aufmerksam, bevor er etwas sagte.


    “Salve. Willkommen in der Villa Flavia. Mit dem linken Schritt zuerst eintreten, bitte. Folge Phoebus.“ Der junge Bursche, der die Kunst des sich-Verbeugens beherrsche wie kein anderer, tat wie befohlen und geleitete den Eingeladenen zum Atrium.

    Der Octavius wurde im Atrium geparkt, sprich, Phoebus verbeugte sich, deutete wortlos auf eine der Klinen und schenkte etwas Wein in einen Becher ein, den er dem Gast in die Hand drückte, bevor er sich verzog, um dem Herrn Furianus Bescheid zu geben, dass jemand im Atrium auf ihn wartete. Vermutlich erwartete der Flavier den Kerl eh schon.

    “Es wird schwierig werden...“ Er wusste ja selber nicht, was er davon halten sollte! “Das weiß ich... vielleicht kann ich dir die Entscheidung erleichtern.“ Sie blickte ein wenig auf Piso, bis sie sich entschied. “Das ehrenwerte Collegium Septemvirorum hat es so verdient, gefördert zu werden, wie kaum ein anderes Collegium.“ Sie zog einen Beutel hervor und zählte 10 Aurei heraus. “Wäre diese Spende... angemessen?“ In ihr Lächeln mischte sich der Ausdruck einer leicht unglücklichen Frau – verzweifelt, weil sie trotz ihres guten Dienstes immer an eine Glasdecke oben angestoßen war, was ihre Karriere anging. Piso seufzte, und entschloss, sich ihrer zu erbarmen. “Jede Spende für den Cultus Deorum ist gerne gesehen. Die Götter werden es dir sicher vergelten.“ Er sackte das Geld ein und steckte es in seinen Geldbeutel. Piso hatte bisher noch gar nicht gewusst, dass er bestechlich war. Aber vielleicht tat er das auch nur, weil die Frau ihm sympathisch war. Tubulus derweil hatte sich ostentiv weggedreht, und auch gut daran getan. Maiors Lächeln erschien ihm jetzt schon hoffnungsfroher.
    “Was ich noch sagen wollte – schön aufgesteckte Haare. So etwas sieht man in Rom nur noch selten heutzutage.“ Maior wirkte gleich noch ein wenig glücklicher. “Danke, Septemvir! Es ist halt so – die Ästhetik ist ein dringendes Gebot.“ Piso, bei dem die genau richtige Saite berührt worden war, grinste nun selber. “Oh ja, Cocceia! Das stimmt ganz genau. Besser hätte ich es nicht sagen können.“ Er nickte langsam und sagte dann: “Ich sollte jetzt aber gehen. Es war nett, dich kennen zu lernen, und wir sehen uns sicher noch einmal.“ Er hatte genug gesehen. Und eines war klar für ihn. Er würde sie unterstützen in ihrem Anliegen. “Vale.“ “Vale.“
    Er wandte sich um und ging, eine Cocceia mit einem sehr mulmigen Magen, in welcher jedoch aber auch nun die Hoffnung gärte, zurücklassend.

    Wenn ich schon weit über 30 Grundstücke im sicheren Hafen hätte, und mich nicht Gedanken machen müsste, wie ich an eines komme, das mir zumindest den Weg in den Senat ermöglicht, würde ich vielleicht auch so denken.
    Es ist aber nun so, dass heute Patrizier-Ids mehr oder minder die einzige Art und Weise sind, neue Grundstücke in die Wi-Sim zu bringen. An ein solches Verhalten wie von Avarus erträumt denkt ja wohl niemand.
    Ich denke auch, dass Grundstücke grundsätzlich innerhalb der Familie bleiben sollten, zurück an den Staat ist unlogisch.
    Ich hätte das Grundstück selber geschnappt und es an die Tiberier weitergeleitet. Aber leider war ich zu spät. Vielleicht wäre es eine nette Geste von dem, der auch immer das Grundstück bekommen hat, das an die Agnaten weiterzugeben (falls das nicht schon passiert ist...).