Beiträge von Aulus Flavius Piso

    “Sicher nicht“, grinste Piso, der wegen seines mitnichten winzigen Egos für Komplimente extrem empfänglich war. “Ja, sicherlich... wobei, wenn ich darüber nachdenke, könnte ich ja auch die Quaestur vor dem Tribunat machen. Denn dann könnte ich die Zeit, bis ich ernannt werde, beim Militär abwarten, denn da vergeht gerne einmal ein Jahr dazwischen, bis etwas in Gang kommt. Ja, das wäre vielleicht keine schlechte Idee. Ich muss mit unserem Patron darüber reden.“ Er legte seine Stirn in Runzeln. Wegen dem Tribunat... nun, sicher. Vermutlich werde ich bei meinem Glück nach Eburacum oder nach Hierosolyma versetzt!“ Er verdrehte die Augen. Im heutigen York oder Jerusalem würde er sich kaum wohl fühlen. Aber man wusste sicherlich, dass er als Spetemvir schwer abkömmlich war. “Also, ich würde dann schon die Legion in Mantua vorziehen. Oder aber die Cohortes Urbanae. Oder ich mache es einfach gar nicht. Tiberius Durus hat es nicht gemacht, und er ist jetzt Consular. Ich muss mir das nochmals durch den Kopf jagen.“ Er nickte dazu, man konnte sehen, dass seine Gedanken ein wenig abschweiften.
    “Hmm, ja... Ja? Ah ja!“, fand er wieder in die Wirklichkeit zurück. “Also! Vielen Dank, und dir wünsche ich auch viel Erfolg! Jetzt weiß ich nicht. Willst du in die Basilica Ulpia reinkommen? Ich meine, es ist schon recht langweilig drinnen. Halt ein Gerichtsgebäude mit vielen Officien drinnen. Vielleicht willst du alternativ dazu einmal bei mir in der Villa Flavia reinschauen? Ich freue mich immer über Besuch!“, gab er kund.

    “Mein Begleiter?“ Irritiert blickte er zuerst zu Corona, dann zu Macer. Und dann verzog er sein Gesicht zu etwas, was man mit viel Fantasie als Lächeln interpretieren könnte. “Du meinst meinen Patron, Spurius Purgitius Macer ?“ Begleiter ? Das klang ein wenig seltsam als Beschreibung für Macer. Und hatte sich der Purgitier denn nicht schon vorgestellt? Nun ja, gleich.
    Er nickte wieter wohlwollend, doch bei einem Namen wurde er hellhörig. “Germanica Calvena?“ Aoide. Unglaublich, wie diese Banausin, diese kleine Gauklerin in Rom Fuß fasste. Kannte wohl bald schon die ganze Welt. “Ich würde dir raten, dich von ihr fern zu halten. Sie ist kein geeigneter Umgang für eine Dame wie dich. Halte dich besser erstmal an die Leute, die du von der Feier bei den Aeliern kennst“, meinte er, um Freundlichkeit bemüht. Zu lebhaft war ihm noch das Ereignis vor Augen, als Aoide, wie er Calvena noch immer in Gedanken nannte, ihn öffentlich gedemütigt hatte – beziehungsweise, wo er sich selber gedemütigt hatte und es auf sie geschoben hatte. “Kennst du denn sonst niemanden in Rom?“ Es war öfters schwer, Anschluss zu finden. Fast würde er ihr raten, Arbeit zu suchen. Nun, warum denn nicht? “Ich kann dir aber sagen, schnell habe ich auf der Arbeit Freundschaften geschlossen! Damals, als ich in der Kanzlei gearbeitet habe, habe ich mir wichtige Freunde kennen gelernt. Vielleicht solltest du das auch tun, Arbeit finden? Momentan gibt es viele junge Damen im Cultus Deorum. Ich weiß das, ich bin ja selber Septemvir.“ Er grinste stolz.

    Meinte er? Piso war sich nicht sicher. Er dachte kurz nach, welche Antowrt er geben könnte. Er endete damit, zu sagen: “Besser, als dass du ihn dafür belohnst, dass er solche krummen Dinger dreht!“ Er nickte schwerwiegend und blickte sich um, nur, um sich zu versichern, dass niemand zuhörte. Er wollte nicht einmal, dass ein Sklave lauschte! Nein, Piso war kein Mörder von Natur aus, aber er war ein Flavier. Und mit solchen Objekten musste man kurzen Prozess machen! Das beleidigte ja das Antlitz der Erde, wenn sowas drauf rumlief. Er fühlte aber, dass das Thema sich dem Ende zuneigte. Er ließ es also folgerichtig sein, noch länger darüber zu reden. Es brachte ohnehin nichts. Nur noch: “Ich denke, eine andere Wahl hast du nicht, außer, du willst dir den Rest deines Lebens Gedanken um Axilla machen.“
    Archias hörte ihm wirklich zu, und das tat gut. Piso versuchte, seinen Redefluss halbwegs aufrecht zu erhalten, obwohl ihm hie und da einfach nur noch mehr danach war, zu heulen. Das mit Prisca machte ihn echt kaputt. Er wusste nicht mehr, wohin das noch führen sollte. Vielleicht endete er am Ende noch als einer, der im Schmutz an einem Straßenecke saß, die Zunge herausstreckte, seine Hände mit ausgespreizten Fingern mit den Daumenspitzen an seine Ohren hielt und mit ihnen lustig herumwackelte. In anderen Worten, die Spinner.
    “Genau so war es, genau so!“, ereiferte sich Piso und nickte dabei. Er hielt in seinen Bewegungen inne, als Archias was einwarf. “Wirklich? Äh, meinst du? Ich meine... echt?“ Ja, intelligente Fragen stellte er schon. Er bemerkte dabei gar nicht, dass Archias dabei Nigrina nur so überging. Nun, wieso auch nicht? Immer hatte sie Archias‘ und Pisos mühsam aufgebaute Sandburgen zerstört, zumindest redete er sich das ein.
    “Mein Onkel Crassus?“, fragte er nach, und grübelte kurz. “Du musst meinen Vetter Gracchus meinen. Nun ja, es ist so... die Chemie zwischen ihn und meinem Vater... na ja... ist nicht so gut. Und ich war schon in Rom, also zur Hand... und ich glaube, er wollte mir eine Chance geben, mich ihm gegenüber zu beweisen... ich weiß auch nicht. Also, du musst wissen, das letzte Mal, dass ich in Ravenna war, da sind wir ziemlich aneinandergeraten.“ Was genau passiert war, würde er nicht einmal Archias erzählen. Es war einfach so. Es würde nicht passieren. Er würde es für sich behalten.
    Als dann das Thema Seiana wieder auftauchte, regte sich Archias wieder mal gewaltig auf. Als ob sie ihm was angetan hatte, nicht er ihr. Piso hörte ihm geduldig zu. “Also schau, ich werde ihr das alles so sagen! Haarklein! Keine Sorge! Sie hat das halt nur missverstanden, habe ich eh schon gedacht!“ Er ruderte mit seinen Händen herum. “Aber es ist mir einfach verdammt wichtig, dass das aus der Welt geschafft wird! Dass du sie nie wieder siehst! Denn, ich sage es dir – wenn ich zu Seiana damit gehe, ist sie mir einen Gefallen schuldig! Dann wird sie, wenn ich sie darum bitte, zu ihrem Patron Aurelius Corvinus gehen und ihm ins Gewissen reden! Ich werde ihr sagen, sie soll ihm sagen, ich wäre ein guter Freund von ihr, und sie könne bezeugen, was für ein guter Kerl ich wäre, und wie sehr ich seine Nichte liebe, und wie schrecklich ich daherkomme, und so! Er wird doch sicher seiner Klientin zuhören! Glaubst du nicht?“ Er blickte Archias hilflos an.

    Piso war recht dankbar, dass die Aufmerksamkeit von ihm auf die Sonnenuhr gelenkt wurde. Er ließ sich auf seine Kline sinken und betrachtete die Sonnenuhr. Sie war sehr schön, Imperiosus hatte halt Geschmack. Er lächelte ein wenig, traumverloren. Er fühlte sich immer noch ein wenig schlecht un verloren. So hatte er sich nicht das Fest vorgestellt bei Archias‘ Geburtstag. Aber so war es nun mal halt jetzt. Er nippte am Wein umher, da betrat jemand den Raum – Tiberius Celsus, wenn er sich recht erinnerte. Oder halt, hieß der jetzt Ahala? Wieso denn dies? Piso schob es einfach auf sein Gedächtnis, genau so wie bei der Frau mit dem roten Haar, und lächelte nur freundlich. “Salve, Tiberius... Ahala.“ Ahala. So ein idiotischer Name wäre ihm doch im Gedächtnis geblieben. Klang wie eine Mischung aus Aha und Sodala. Dass der Name Piso auch nicht so vorteilhaft klingen mochte, den Gedanken schob der Flavier beiseite. Ein wenig war er doch eingeschnappt, dass der Tiberier ihn von allen nicht begrüßt hatte. Aber vermutlich war das wohl deswegen, weil Piso sich heute besonders unscheinbar machen wollte.
    Immerhin schien wenigstens Merula von ihm Notiz zu nehmen. Piso lächelte leicht, als dieser ihm antwortete. “Sehr gut! So ist es richtig!“, meinte er zufrieden. Wein war immer gut. “Rennstall? Nun...“ Er blickte flüchtig zu Archias hin. “Ich bin sozusagen für die Blauen... zwangsrekrutiert worden.“ Er grinste.
    “Die Fischzucht geht halbwegs. Ich denke, in Zeiten wie diesen muss man dankbar sein, wenn ein Betrieb kein Minus einfährt. Dass du dich noch an meine Fischzucht erinnern kannst, wundert mich doch. Gutes Gedächtnis, Merula!“ Sein Lächeln wurde breiter.
    Er war etwas erleichtert, dass sich die Furia, denn so hieß sie, Furia Calliphana, ihm auch noch vorstellte. Also kannte sie ihn auch nicht. Das war gut. Er nickte ihr leicht zu. “Die Freude liegt ganz auf meiner Seite, Furia Calliphana.“ Er sprach sie lieber ein wenig zu förmlich an, nicht dass er was falsch machte.
    Imperiosus war offenbar sehr zufrieden, dass Archias und Axilla ihr Geschenk so goutierten. Nun, es war auch eine schöne Sonnenuhr. Wer würde damit nicht zufrieden sein? Piso fasste innerlich den Entschluss, sich auch eine solche zu kaufen. Da fiel ihm was ein.
    Er beugte sich zu Archias. “Tut mir Leid, dass ich kein Geschenk für euch habe... aber naja, du weißt schon.“ Er sprach eher leise, ganz im Gegensatz zu den Krachmachern rund um ihn.

    Also! Es ging doch! Ein Lächeln zeigte sich bei Seiana. Zumindest dies hatte er erreicht. Er lächelte freundlich zurück. “Bitte, habe ich gern getan. Und danke, dir auch. Ich werde mich bei dir melden, wenn ich Neuigkeiten habe. Vale.“ Er betrachtete Seiana dabei, wie sie den Raum verließ. Sie hatte durchaus eine gute Portion von Anmut und Eleganz, und alleine dies veranlasste Piso zu einem weiteren Lächeln, als er ihr hinterblickte. Als dann die Türe zuging, blickte er wieder auf seinen Tisch. Seiana war eine bemerkenswert schöne Frau. Er konnte ihre Verzweiflung kaum nachvollziehen. Sicherlich würden sich die Leute auf sie stürzen, wenn sie jetzt wieder zu haben war. Bessere Partien gar noch als Archias, verdientere Ritter, Senatoren gar. Auf jeden Fall musste sie sich da keine Gedanken machen. Piso hingegen... tja. Er konnte aus eigener Erfahrung sagen, wie übel es war, auf eine Person fixiert zu sein und aus der Masche nicht rauszukommen. Seiana stand nun alles offen. Wenn er sie wäre, würde er sich doch einfach auf einen Stuhl setzen und warten, bis die Verehrer auf Knien herangekrochen kämen! Frauen konnten das machen. Bei Männern war das nur so, wenn sie ihren Reichtum ostentibel zur Schau stellten. Zumindest dachte Piso dies. Er hob seine Hände. Sie waren bestückt mit den Ringen, die er damals mit Prisca gekauft hatte. Er seufzte, und ließ sie wieder sinken.
    Eine Weile saß er nur da, ins Leere starrend. Dann begann er, sich in Bewegung zu setzen. Er zitierte ein paar Sklaven herbei, denen er anwies, seine persönlichen Sachen, die er im Officium ließ, einzpacken. Viel war es nicht. Drei Blumen in Töpfen. Eine Pfauenfeder, die er zum Schreiben verwendete. Ein paar Tintenfässer. Ein paar Wachstafeln. Ein paar Schriftrollen. Ein Wasserschlauch. Mehr war da nicht.
    Es wurde in eine kleine, vom Zusammenbrechen akut bedrohte Kiste gesteckt. Ein Sklave versicherte ihm, er würde es zur Villa Flavia bringen. Tatsächlich würde Piso seine Sachen nie wieder sehen, aber innerlich störte ihn das nicht. Er war kein armer Stümper mehr, der sein ganzes Geld verschleudert hatte. Er hatte nun genug Reichtum, um sich hunderte von solchen Kisten zu kaufen. Nur um die Pfauenfeder würde es ihm Leid tun, doch schon 2 Tage später würde er eine Neue, noch Schönere kaufen.
    Und am Ende des Arbeitstages verließ er auch sein Officium. Zum letzten Mal blickte er sich noch um, bevor er hinausging und die Tür hinter sich zumachte.




    Piso hatte jetzt gar nichts mehr gesagt, die restlichen Verhandlungen überließ er Bridhe und Gracchus. Als Caius um Erlaubnis fragte, zu gehen, nickte Piso nur gedankenabwesend. Er war schon versunken in der Vorstellung, was er denn mit Bridhe alles so anstellen könnte. Wenn sie erst einmal seine Scriba wäre.
    Aber jetzt hatte er auch das Gefühl, dass das ganze schon ein wenig lang gegangen war. Es war ja schon alles geklärt, wenn Piso das richtig einschätzte! Also, was sollte ihn da noch halten? Er würde jetzt gehen.
    “Ich hoffe, ihr entschuldigt mich. Ich werde mich jetzt auch hinwegbegeben. Meine Amtspflichten rufen. Bridhe, ich erwarte dich morgen Mittag in meinem Arbeitszimmer. Ich hoffe, wir werden dann handelseins. Also dann, meine Empfehlung. Valete.“ Er hiefte sich auf und machte sich daran, aus dem Officium hinwegzuschreiten. Sollten Bridhe und Gracchus doch die Feinheiten ausmachen, er selbst hatte sein Zugeständnis schon in die Waage geworfen. Und wer wusste, was man mit Klein-Caius noch machen konnte? Er würde ihn sicher unter Beobachtung halten, und, wenn die Zeit reif war, seine Beziehungen in der Kanzlei spielen lassen, um Caius gleich einmal einen guten Posten zu besorgen. Vielleicht würde er ihn dann auch seinem Patron dereinst vorstellen. Wenn es einem Mann so leicht gelang, für seine Klienten den ordo senatorius durchzuboxen, sollte das auch kein Problem sein, was den Ritterstand anging. Es gab eh noch flavischen Familienreichtum, den man benutzen konnte, um Caius dazu ausreichend auszustaffieren.

    Als Piso wieder aufblickte, sah er zuerst einmal wieder nur das Grinsen von Artomaglos, der es gar nicht wagte, den Mund aufzumachen, da er sonst in schallendes Lachen ausbrechen könnte. So blieb also auch Semiramis‘ Frage unbeantwortet. Stattdessen konnte sie sich aber nun weitere orale Ergüsse ihres geliebten Herren anhorchen. “Du hast ein Herz wie aus Stein! Was sagst du da, du hast schon mal geliebt!“ Er wurde auf einmal zornig. Er war verzweifelt, in einer abysmalen Laune, halb suizidgefährdet, fühlte sich elend. Er brauchte ein Ventil. Und Semiramis kam da gerade recht für ihn. Er setzte sich auf, mit einem Ruck, auf einmal, als ob er ein durch eine Feder angetriebenes Aufstehmännchen wäre, und stierte sie an.
    “Jawohl! Magna Mater sei Dank! Ihr sei Dank, dass ihr weiter gezogen seid, für diesen Kerl! Der muss einem ja Leid tun! Einem so grausamen Ding wie dir Blumen schenken, pah! Ich schenk dir auch gleich was! Rote Rosen, ich geb dir auch rot!“ Die Fäuste des in einem ungeahnten Ausmaß von Cholerik ausbrechenden Piso wirbelten in der Luft herum, ohne was zu treffen. Konträr zu seinen Drohungen stand er allerdings nicht einmal auf, sondern blieb in seinem Bett so hocken, als hätte er einen bis zur Hüfte reichenden Stock geschluckt, aber ein unerträglich schweres Gewicht in seinem Hintern, welches seinen Allerwertesten am Bett festhielt. Seine Wangen liefen vor lauter Zorn pink an, und seine Augen wurden rot unterlaufen.
    “Ich...“ ...krieg jetzt gleich einen Herzinfarkt, wollte er sagen, allerdings ging ihm die Luft aus, und er sackte auf einmal nach vorne, wie ein von Luft voller Kuhpansen, den man aufgestochen hatte.
    “Ich hasse mich, ich hasse euch, ich hasse die ganze Welt! Ich bin den ganzen Zirkus so was von Leid. Ich kann es gar nicht sagen.“ Er blickte sie verzweifelt an, gar, als erwartete er sich, dass seine Sklavin eine Idee hatte, die ihn aus seiner Trauer reißen konnte.
    “Ihr...“ Er ließ den Kopf hängen und senkte seine Stimme. “Ach... es ist alles so kompliziert...“ Wenn man nun sagen würde, er war kryptisch, war das wohl ein höfliches Understatement. Aber gegenüber einfachen Sklaven würde er sicher nichts sagen, was sein Herz berührte.
    “Scheiß drauf. Artomaglos, du geh und lass dich von Astarte entlausen.“ Artomaglos, der der stolze Besitzer einer Horde von Läusen in seinem Bart war, nickte und ging ab, zur Ornatrix, die so gut entlausen konnte wie niemand sonst. “Und du, Semiramis, richte mir was zu Essen. Ich bin hungrig. Wehe, du schüttest mir was rein.“ Er kannte seine Pappenheimer schon. “ABER DALLI, SONST LASS ICH DICH INS LOCH SCHMEISSEN!“ Nach diesem abermaligen Gefühlsausbruch ließ er sich wieder zurücksinken und murmelte nur noch einsam vor sich hin. Er rief die Götter an, einen nach den anderen, er ließ nur Venus aus.

    Mensch, vielen, vielen Dank! Hat mich sehr gefreut! :) Ich mag das ein wenig zu spät sagen, aber man bedenke, bei mir ist es noch der 10. Mai.


    @Celi und Aedan: Man kann "Piso" noch auf viel schlimmere Arten und Weisen verwortackeln. ;)


    @ArchI; Dein schmeichelhafter Ton ist, wie ueblich, umhauend. :D


    @Prisca: Mensch, ein Gedicht! Wie suess! =) *zurueckschmus*


    Lucilla: Glaub es oder nicht, man hat vorausgesagt, ich wuerde am 11. Mai geboren werden. Konnte es aber nicht erwarten. Mit meiner heutigen Erfahrung waere ich sicher noch mindestens einen Monat im kuscheligen Mutterleib geblieben. Obwohl... dann waere ich ja auch kein Stier... :hmm:

    Ah, da verschwand er, der Aurelier. Kaum, dass die Iulia gekommen war. Typisch. Piso bedachte ihn mit einem Blick, der etwas länger dauerte als nötig, und meinte mit undeutbarer Stimme: “Vale.“ Macer musste wohl schon lange gemerkt haben, dass da etwas nicht ganz im Reinen war zwischen Piso und Corvinus. Er atmete leicht durch, als die intimidierende Erscheinung des Aureliers nun endlich weg war. Nun hatte er endlich Zeit, sich der Iulia zuzuwenden.
    Er überließ natürlich Macer die Entgegnung auf ihren ersten Wortbeitrag, und lächelte dabei nur freundlich. Was die Bemerkungen über den Sklaven anging, überging er dieses Kapitel einfach. Die Bemerkung über ihre Mutter erregte aber seine Aufmerksamkeit. “Ich wäre froh, wenn ich mit meiner Mutter auch nur einen einzigen Abend verbringen könnte...“, murmelte er leise, wehmütig beim Gedanken an seine Mutter, die verstorben war, als er 5 gewesen war – unter Umständen, die er nie jemanden anvertrauen würde. Gut möglich, dass die Iulia nicht mitbekommen hatte, dass er überhaupt etwas gesagt hatte. Er hüstelte demonstrativ. “Pardon. Nein, keine Sorge, so gewichtig waren unsere Gespräche nicht.“ Der größte Miesmacher war jetzt eh schon weg, also konnte es nur noch besser werden.
    Er lächelte aber leicht, als die Sprache auf Gedichte kam. “Das denke ich auch... doch das Gesetz schreibt es so vor.“ Er seufzte leicht. Ja, man hätte dort viele Gedichte aufschreiben können. Viele Gedichte... an Prisca. Bei den Göttern, wieso führten seine Gedankengänge immer wieder auf sie zurück? Das war ja nicht zum aushalten, war das!
    Sein Blick schweifte kurz zum Feuer hin. “Aber durch dieses Opfer wird der Pöbel nicht durch diese Schriften mehr angeheizt.“ Er, als Sprössling des Etablissements, hatte ein ziemliches Interesse daran, dass diese Gedanken sich nicht zu schnell und zu stark verbreiteten.

    Gerade dachte sich der Flavier, wie schön es wäre, würde man ihn nun in Ruhe lassen und seine Seelenpein alleine ausbaden lassen, da musste unbedingt doch noch Corvinus einen Kommentar dazu einwerfen. Piso blickte mit einem gewissen Maß an Panik zum Aurelier hin. Grinste ihn der Kerl tatsächlich an. Das Gesicht des Mannes schaute aus wie ein aus Stroh und Fäden geflochtenes Ziel für einen gezielten Faustschlag. Nur mit Müh und Not konnte sich Piso davon abhalten, dem Mann nicht auch einen zu verpassen, auch wenn er sich durch dieses dumme Grinsen einen verdient hätte! Leider hatte Piso eine butterweiche Faust, und so würde er nicht einmal seinen Zorn dadurch passend Ausdruck verleihen. So schenkte er dem Aurelius nur einen Gesichtsausdruck, der Verachtung ausdrückte. Nichts weiter.
    Er konnte auch nicht, denn in diesem Augenblick eilte schon der Sklave fort, bevor Piso ihn, was er am Liebsten gemacht hätte, am Kragen gepackt und mit seinem ganzen Grant ins Feuer gehaut hätte.
    Wortlos starrte er ins Feuer, als er plötzlich wieder die selbe nervige Stimme neben sich hörte. Er drehte sich wieder unwillig in die Richtung, aus der sie kam, und das erste, was er sah, war ein riesiger schwarzer Teufel, dem die mangelnde Intelligenz wie ins Gesicht geschnitten schien. Piso bekam einen ernsthaften Schrecken, versuchte aber, sich so wenig wie möglich davon anmerken zu lassen. Was für ein Kalb von einem Mann!
    Dann fiel sein Blick auf die iulische angekündigte Dame, und – was ihn erstaunte – er kannte sie! Sie war damals mit Centho auf dem Essen bei den Aeliern gewesen. Piso hatte dabei nicht viel geredet, ihm war nicht danach gewesen. Wie überhaupt zu nicht allzu viel in letzter Zeit. Er hatte nicht einmal seine Lyra anrühren wollen.
    Nun aber zwang er sich zu einem Lächeln. “Ah, salve, Iulia Corona! Wir kennen uns schon, nicht war? Kannst du dich erinnern? Ich bin Aulus Flavius Piso, von der Cena bei den Aeliern. Wie nett, dich wieder zu sehen.“ Nett, schüttel. Wieso ließ man ihn einfach nicht gehen. Er blickte zu dem lichterloh brennenden Bücherstapel hin, als Corona sich darüber ausließ, wie spannend und super und so weiter. Piso selber konnte nichts so Außergewöhnliches finden. Vielleicht, weil er schon lange kein Landei mehr war.
    “Ja, es ist... ein Feuer. Feuer sind immer nett, nicht wahr?“, brachte er heraus und lächelte leicht gehaltlos. Besonders aufnahmefähige Menschen konnten wohl leicht feststellen, dass dies hier der allerletzte Ort in Rom war, wo sich Piso zur Zeit aufhalten wollte – was, da er nun hier war und auch nicht wegkam, unangenehm war.

    Auch Piso hockte natürlich unter den Arvales Fratres. Diese Contio hatte er natürlich nicht ausgelassen, nein, seine Pflicht ließ das gar nicht zu! Und auf seine Pflichten bildete sich der Flavier enorm viel ein. Der Claudier machte eigentlich einen ganz vernünftigen Eindruck – bis auf die Glatze, Piso konnte Glatzen nicht ausstehen. Sie waren so reizlos.
    So räusperte sich der Flavier, der bei den Prozessionen gerne mal durch seine inbrünstige, aber schräge Stimme hervorstach, um auch sicher zu stellen, dass ihm Gehör geschenkt wurde. Piso selber war bislang das jüngste Mitglied der Arvales Fratres, und konnte sich deshalb vorstellen, wie dem Mann zumute war. Eine längere Rede wäre aber trotzdem durchaus in seinem Sinn gewesen. Aber kurz und prägnant war ja auch nicht schlecht. Piso versuchte es einmal mit etwas Unoriginellem.
    “Claudius, deine Worte klingen durchaus nobel und einem Mann aus altem Adel angemessen. Nur aber habe ich zwei Fragen. Erstens: du hast gesagt, du wirst dir das nötige Wissen aneignen. Warum hast du das denn nicht schon vorher getan? Und zweitens: Wie schauen denn deine Zukunftspläne aus?“ Die Arvales Fratres waren schließlich kein Pimpifaxverein, der alle reinließ. Wie die collinischen Salier zum Beispiel. Nein, hier kamen nur Männer ein, die was waren, oder daran waren, etwas zu werden (weshalb Piso auf seinen Platz hier auch so stolz war).

    In seiner Apathie merkte der arme Flavier nicht einmal, dass die Türe aufgemacht wurde und eine ziemlich rustikale Vorstellung ihm entging, weil er nur mit geschlossenen Augen da lag und nur noch an sie denken konnte. Er hasste sich selber. Am Liebsten hätte er Kissen genommen und damit auf sich eingeschlagen, nur wäre das wenig effektiv gewesen. Es musste doch eine ästhetischere Variante geben, den ganzen Frust loszuwerden! Er glaubte das ganze einfach nicht. Es war wie in einem schlechten Traum. Er hatte die Liebe gefunden, endlich wieder. Und sie wurde ihm vorenthalten, von diesem Aurelius – Piso spielte schon ernsthaft mit dem Gedanken, sich ein Bild von dem anfertigen zu lassen und es für Messerwurfübungen zu benutzen.
    Er wurde erst aus seinem Delirium aufgeschreckt, als er eine gar bekannte Stimme hörte. Semiramis, seine syrische Sklavin. Er fuhr hoch und blickte sie mit großen Augen an. Neben ihr stand Artomaglos und grinste fröhlich, spitzbübisch gar, Semiramis schien alles andere als erfreut und blaffte ihn an, dass es nur noch zum Verzweifeln war.
    Piso blickte ungläubig auf die beiden und schüttelte dann langsam seinen Kopf. “Ich glaub, ich bin im falschen Film“, brachte er hervor. Die beiden Sklaven, die er nach Germanien losgeschickt hatte, waren wieder da – genau jetzt, genau zu seiner düstersten Stunde!
    “Krank, ja, bin ich wohl. Schon wieder...“, murmelte er dann endlich als Antwort, bevor er sich wieder der Länge nach ins Bett fallen ließ. “Oh... oh... auweia... ach... hach, Semiramis. Du weißt doch gar nicht, was echte Liebe ist, wie sie sich anfühlt, wie sie schmerzen kann!“, jammerte er mit heruntergezogenen Mundwinkeln.
    Er drehte sich im Bett um die eigene Achse, unfähig, eine Position zu finden, in der er sich verkriechen und die Welt aussperren konnte. Alles war so übel! Er konnte es kaum fassen!
    Er holte tief Luft. “Ach... ach ihr Götter... grngrgnagrgl... gurgel... uiuiuiui...“ Da ging sie den Bach hinunter, die Eloquenz des Flavius Piso.

    Als der Sklave davongetrottet war, wechselten Piso und Macer undeutbare Blicke. Piso glaubte zu erahnen, dass der Senator ziemlich amüsiert war über dieses Vorkommnis. Piso selber konnte sich kaum das Grinsen verkneifen, aber er hatte sich nur deshalb unter Kontrolle, weil er nicht als kichernder Idiot in die Geschichte eingehen wollte.
    “Ja, da hast du Recht, Patron. Wäre nicht das erste Mal, dass man mich als kostenlose Informationsstelle benutzt.“ Er blickte vom Purgitier wieder unwillkürlich zu dem Punkt in die Menge, wo der Sklave verschwunden war. Er erinnerte sich an das Ereignis mit Seiana, die er sogar kostenlos mit juristischer Beratung gedient hatte (nicht ohne Hintergedanken, doch dies war noch Zukunftsmusik). Sein Blick wanderte gen Feuer, welches er ein wenig wie hypnotisch anschaute.
    Nur, um sich kurz darauf wieder angesprochen zu fühlen. Piso drehte seinen Kopf wie ertappt herum und blickte den Sklaven unhöflich an. Er hasste es, wenn ihm jemand auf den Keks ging, vor allem, wenn er von jeglichen Konzepten der Ästhetik so fern entfernt war wie dieser Drecksspatz. Und dann grinste der Sklave ihn noch an. Also wirklich.
    “Dann sage deiner empörten jungen neugierigen iulischen neu angekommenen um die Gefahren des Feuer wissenden Herrin, dass ich darob beruhigt bin, und dass ich sicher nicht den Inhalt dieser Bücher verraten werde. Dieser ist, wie der Name verbotenes Buch schon sagt, verboten. Wenn ich die junge iulische und so weiter Herrin von dir wissen lassen wollte, worum es in diesen Büchern geht, dann würde ich sie nicht verbrennen. Sie soll einfach dem Urteil der Tresviri Capitales und der Aedile, sprich gewählten Vertretern der Republik, vertrauen. Sie soll nur wissen, diese Bücher waren infam und verabscheuungswürdig. Wenn sie was Gutes lesen will, schlage ich Vergil vor. Oder Seneca. Das wäre sicher viel erbaulicher als die ganz und gar undamenhafte Neugier deiner Herrin.“ Gnaaaa! Musste er, ein Magistrat Roms, jetzt wirklich den Hampelmann einer verzogenen Zicke spielen?

    Hinter Archi schlurfte Piso in den Raum hinein und lächelte die Anwesenden an. Axilla stand schon da, Piso nickte ihr kurz zu, so freundlich es halt ging. Begrüßt hatte er sie ja schon im Tablinum. Dann wandte er sich den anderen zu.
    “Salve, Imperiosus! Mensch, Mann, dich habe ich auch einige Zeit nicht mehr gesehen! Wie geht es dir? Wie läuft es in der Kanzlei, sind sie dort noch immer so verschreckt wie früher?“ Er lächelte, während er sich gleichsam fragte, was Imperiosus immer noch in der Kanzlei machte als Primicerius. Er hätte sich doch schon lange den titel eines Ritters verdient, dachte er sich – oder aber den Ordo Senatorius! Obwohl, so gut als Senator konnte er sich Imperiosus auch wieder nicht vorstellen.
    An den zweiten im Bunde erinnerte er sich sogar noch, ohne dass Archias ihn vorstellen musste. “Iunius Merula... dich kenne ich doch! Vom Pferderennen! Ich habe 100 Sesterzen gegen dich verloren! Schön, dich wieder zu sehen, ich hoffe doch, du hast den Aureus ordentlich verbraten?“ Er lächelte, unglaublich, wie man sich immer wieder über den Weg lief.
    Und genau in diesem Moment traten drei Leute ein. Einen von ihnen kannte Piso. Es handelte sich hierbei um Iulius Centho, den er von den Wagenrennen kannte, wie auch Iunius Merula. Gegenteilig zu dessen Meinung kannte er aber die rothaarige Frau an seiner Seite nicht, sodass er nur etwas verwundert dreinschaute, als Centho nur die eine vorstellte. Er rang sich aber ein Lächeln ab.
    “Salvete. Ich bin Flavius Piso“, machte er in die Richtung der beiden Frauen. Hmm, vielleicht kannte er die Rothaarige doch, und er hatte nur ihren Namen vergessen? Das wäre peinlich, also sagte er erstmals nichts.

    Piso bemerkte, wie zutiefst dankbar ihm Archias war, als er das Thema fallen ließ. Ja, an Archias‘ Stelle wäre er auch ziemlich glücklich darüber gewesen. So ließ er es gut sein. Später konnte man das Thema wieder hervorkramen, dachte er sich, wohl der Tatsache eingedenk, dass dies wohl auch nicht mehr passieren würde. Also, dass er es vergessen würde, beziehungsweise nicht mehr dazu kommen würde, es zu tun.
    So schenkte er diesem Gedanken keinen Gedanken mehr, und konzentrierte sich lieber darauf, was Archias sagte über diese Leibwächter. Ihm kam das nicht ganz koscher vor. Aber, wenn Archias unbedingt darauf bestand... es war ja die einzige gangbare Methode. Zumindest, bis der Duccier mit einem spitzen Messer im Magen am Boden in seiner eigenen Suppe lag.
    “Also, versteh mich nicht falsch.. aber so würdest du ihm nicht nur keine Leere erteilen, sondern ihn sogar dazu ermuntern, weiterzumachen, weil er sieht, dass er damit durchkommt, und alle vor ihm den Schwanz einziehen!“ Er blickte seinen alten Freund durchaus verständnisvoll an, als dieser mit seiner Hand sich aufs Gesicht patschte. “Oh Mann, oh Mann.“ Kollegial legte er ihm die Hand auf die linke Schulter. “Erziehen ist dann doch das falsche Wort, glaube ich. Solche Kerle sind nicht zu erziehen. Wenn, dann nur mit einer Tracht Prügel. Aber wenn der wirklich so ist, dann wird er petzen. Es geht also nur eines – um die Ecke mit ihm und dann immer feste rein mit ihm in den Tiber. Der alte Fluss hat schon Schlimmeres erlebt als einen toten Germanen.“ Er blickte ihn mit einem seltsamen Blick an. “Du hast doch jetzt diese 5 Kerle, oder? Die machen das sicher gerne für einen Apfel und ein Ei“, mutmaßte er.
    Piso konnte, während dieses Thema bei ihm durchaus in der Lage war, in ihm krampfhafte Verzückungen und noch viel krampfhaftere Unglücklichkeit herbeizurufen, sehehn, dass es bei Archias nur Letzteres bewirkte. “Ja! Süß, und wunderschön, und intelligent, und gebildet, und interessant, und...“ Er ließ die Schultern sacken, als Archias ihn fragte, was passiert war. “Naja, was passiert ist... ist Folgendes. Wir ahben uns vorher schon am Markt getroffen, und so. Und ich komme eines Tages zu den Aureliern, um mit jenem Corvinus zu sprechen. Ging um Bücherverbrennungen. Ich gelange per Zufall in den Garten, und dort treffe ich sie wieder! Eines führte zum anderen, und... nun ja, plötzlich küssen wir uns. Und sie hat zurückgeküsst, ja, dass du es weißt. Und dann kommt der Kerl an, führt sich auf, und dann...“ Piso biss sich auf die Lippe. “Dann watscht sie mich ab. Kannst du dir das vorstellen, sie gibt mir eine Ohrfeige. Ähm... ist das unter Frauen so eine Art, Liebe zu zeigen?“ Hoffnungsfroh blickte er Archias an. “Wie dem auch sei. Der Kerl, Corvinus, hat mir gesagt, ich soll sie nie wieder sehen. Kannst du dir das vorstellen? Und die Oberfrechheit bei der Sache ist – ein Aurelier will meine Schwester heiraten. Nicht Vera, sondern Nigrina. Die ist jetzt übrigens in Rom, weißt du das? Gerade angekommen! Habe ich dir noch gar nicht gesagt! Ich hätte sie mitgenommen, wenn ich gewusst hätte, dass ihr jetzt geheiratet hättet... und so...“ Er verzog seinen Mund kurz. “Wo war ich? Genau, ein Aurelier will Nigrina heiraten. Und ich sollte mit Corvinus die Verhandlungsgespräche führen. Pah, der kann sich auf was gefasst machen. Ich habe noch ein paar Asse im Ärmel, und das soll er auch zu spüren bekommen.“ Grimmig grinste er.
    Nicht ganz so grimmig, wie Archias nun dreinschaute, als Piso ihm von Seiana erzählte. Piso hörte zu, genau so, wie er es bei Seiana gemacht hatte, dann und wann ein “Aha, oho, soso“ von sich gebend.
    Als Archias am Ende angekommen war, dachte Piso kurz nach. Er hatte doch gewusst, dass Seiana das gründlich falsch verstanden hatte. “Nun, sie hat es so aufgefasst, dass du damit ihren Ruf runterziehen wolltest. Weil dann die Leute denken, sie hat es nötig. Wie dem auch sei – ich bitte dich, in Zukunft nichts mehr mit ihr zu schaffen zu haben. Geht das? Denn dann ist sie mir eben einen Gefallen schuldig und so. Ich wäre dir sehr, sehr dankbar. Bitte!“ Piso machte Kulleraugen und blickte Archias flehentlich an – von der Rückendeckung einer Decima Seiana bei einem Aurelius Corvinus versprach er sich sehr viel.

    Piso stellte sich neben seinen Patron hin, um ein wenig physische Distanz zu Corvinus bemüht. Ein paar Viatores schütteten Öl auf den Haufen hinauf, sodass die Flammen auch die widerspenstigeren Teile des Bücherhaufens erreichen konnten. So wie der Aurelier musste auch Piso über den Schmäh, den Macer riss, grinsen. Der Purgitier war nie um einen Witz verlegen, einfach herrlich. Piso reute es, dass er ihn nicht so oft während seines Vigintivirates aufgesucht hatte, wie manche Klienten es taten, doch er selber hatte viel zu tun und mittlerweile auch schon eine kleine Klientenschar, bis jetzt nur ein paar kleine unbedeutende Priester und Beamten, allerdings an für ihn sehr interessanten Stellen in der Kanzlei und in den Tempeln Roms. Und doch war des Flaviers Lächeln ein wenig qualifiziert. Er musste immer nur an Prisca denken. Und daran, dass ihm Corvinus gesagt hatte, er könnte sie nie wieder sehen. Dies war kein haltbarer Zustand – und Piso würde ihn so bald wie möglich ändern.
    Er blickte weiterhin auf die Flammen, die immer höher schlugen und Rauch von ungeahntem Ausmaß entwickelten. Gut, dass der Wind ihn nicht zu ihnen hinblies, sondern viel eher gen Himmel.
    So beschäftigt war er mit schauen, bemerkte er den Sklaven gar nicht, der auf ihn und Macer zukam. Der Flavier zuckte unwillkürlich zusammen, als er sich angesprochen fühlte. “Öh...“ Hach, seine Eloquenz war wirklich atembeaubend, jaja. Ein wenig unwillig, fast schon grantig, blickte er den Sklaven an. Wieso wollte immer jemand was von ihm?
    “Dann sage deiner jungen neugierigen iulischen neu angekommenen Herrin, es handelt sich hierbei um eine Bücherverbrennung.“ Bona Dea, fragen konnten die! “Eine Verbrennung von verbotenen Schrift. Diffamierungen des Kaisers, Belobigungen von Leuten, die der Damnatio Memoriae unterworfen sind, Verbreitung von unzüchtigem und aufrührerischen Gedankengut, und so weiter. Und wenn du schon dabei bist, sage deiner jungen iulischen neu angekommenen Herrin, sie soll sich von ihrer Neugier nicht dazu selber zwingen lassen, ins Feuer zu tapsen. Kann weh tun.“

    Ad
    Praefectus Vigilum
    Castra Vigilum
    Roma
    Italia


    Salve Praefectus, anbei der Bericht der von mir in meiner Funktion als Tresvir Capitalis durchgeführte Kerkerinspektion.


    A Flavius Piso


    Inspektion der Kerker der Vigiles, Martis DCCCLX A.U.C.


    Durchgeführt von Tresvir Capitalis A Flavius Piso; Führung durch Centurio L Eprius Seleucus


    Die Inspektion der Kerker der Vigiles fand statt zu einem Zeitpunkt, wo nur ein Centurio als Ansprechpartner zu erreichen war, wiewohl jener imstande war, die nötigen Informationen akkurat und zuverlässig zu geben. Die Insassen des Kerkers der Vigiles beinhaltet eine breit gestreute Auswahl – zum einen gibt es dort Kleinverbrecher, die ein paar Tage einsitzen, zum anderen auch Gefangene, denen sehr schwere Verbrechen vorgeworfen werden. Diejenigen, die Schwerverbrechen bezichtigt werden, sitzen bis zu 3 Monate ein, bis das Verfahren beginnen kann. Jedoch ist ausreichend für das Befinden der Gefangenen in den Kerkern gesorgt. Eine innovative Freizeitgestaltung ermöglicht es den Gefangenen, Bewegung zu erhalten und sinnvolle Arbeit zu vollbringen.
    Die Zellen sind zufriedenstellend hygienisch, jedoch sind manche mit Schmierereien überzogen, welche aber nicht auf das Verschulden der Vigiles zurückzuführen sind. Das Kerkerpersonal erscheint kompetent und diszipliniert.
    Allerdings scheinen die Vigiles an sehr starkem Personalmangel zu leiden. Der Umstand, dass der Präfekt nicht anwesend war, hatte die Vigiles, die derzeit kaum Tribune und keinen Subpräfekten haben, führungslos hinterlassen. Es ist unbedingt von Nöten, dass das Personal aufgestockt wird, sodass die gute Qualität der Kerker der Vigiles auch weiterhin gewährleistet bleibt.