Beiträge von Aulus Flavius Piso

    Sim-Off:

    Verzeihung abermals, verschwitzt! :(


    Die Worte des Auguren hallten über den Platz der Auguren, und die spirituelle Aura, die sich ausbreitete, konnte Piso fast greifen. Er erinnerte sich ein wenig zurück – noch vor einiger Zeit hatte er wenig mit der Religion zu schaffen gehabt, doch nun war er voll und ganz dabei, sie zu umfangen. Auch wenn er selbstredend kein Fanatiker war – mit den Göttern schloss man Pakte beim Opfern, und dann ließ man sie in Ruhe, fertig.
    Piso betrachtete genau die Bewegungen des Stabes. Er war natürlich kein Augur, sondern „nur“ Septemvir (Buh!). Trotzdem kamen ihm die Bewegungen vage bekannt vor – ebenso wie Centho hatte auch er Schriftrollen gewälzt über die Religion, anders hätte man ihn nie in eines der eminentesten Priesterkollegien Roms aufgenommen.
    Jetzt konnte man nur noch warten. Der Flavier war ja schon gespannt, was die Götter so alles für ihn bereithalten würden. Bis dahin könnte er nur hoffen, dass keiner der Piepmätze über ihn hinwegfliegen und seine schöne Toga mit einem riesigen Gacks besudeln würde.

    Es war Quarto, der schließlich das Gespräch auf alte Bahnen wieder lenkte. Piso war die Diskussion über Cyprinaus schon auf die Nerven gegangen, und er wollte eigentlich nichts sagen, was den Klienten seines Patrons anging. Er kannte ihn ja nicht einmal. Und so erlaubte er sich kein Urteil über ihn, er konnte das nicht einmal tun.
    Jetzt aber redete Quarto wieder Tacheles, und Zeit war es gewesen. Piso nahm dies einigermaßer befriedigt zur Kenntnis, und nagte die allerletzten Reste von seinem letzten Spieß, bevor er begann, zu reden.
    „Das ist eine sehr berechtigte Frage, und tatsächlich haben wir sie damals in der Kanzlei angestreift. Damals haben wir ja gesagt, es läge in den Händen der Aelier, eine Aufhebung der Damnatio des letzten flavischen Kaisers zu erwirken, während wir Flavier unser Einverständnis dazu geben könnten, dass die Ehe des Kaisers und der Domitia Longina ungültig war. Allerdings...“ Er entsann sich wieder der Worte, die er mit seinen Vettern gewechselt hatte. „...ist es schon so, dass es damit vielleicht zu früh wäre. Nicht, weil ich will, dass die Erinnerung an meinen Ahn weiterhin verboten wird. Auch nicht, weil ich will, das begangene Unrechte an den Aeliern weiterhin bestehen. Sondern, weil diese Akte öffentlich wären. Würde so etwas geschehen, sähen Vescularius und seine Schergen sofort, dass da etwas im Busch läge. Nachdem diese... Angelegenheit vom Tisch ist, und Vescularius nicht mehr einer ist, um den wir uns Gedanken machen müssten, können öffentliche Schritte der Versöhnung unternommen werden. Doch solche Schritte voreilig getroffen werden, ergeht es uns so wie meinem unglückseligen Namensvetter, Gaius Calpurnius Piso.“ Er hatte also doch gelernt von seinen Vettern – nicht nur dies, er reproduzierte artig deren Argumente!
    „Also muss die Art und Weise, in der wir uns annähern, vorerst im privaten Raum geschehen. Wir können Versprechen austauschen, was die Zukunft angeht, aber so etwas ist ein wenig fragil. Vor allem, da solche Versprechen vor niemandem einklagbar sind.“ Er sackte auf seiner Kline zurück und dachte kurz nach. Normalerweise wurden ja Familienbündnisse durch eine Heirat besiegelt. Doch er selber würde sich da nicht reinpressen lassen. Und seine Schwester würde er da nicht mit hineinziehen. Und gab es überhaupt unverheiratete beziehungsweise unversprochene Aelier, zumindest in Rom? Nicht, dass er wüsste.
    Was also tun? Das Naheliegendste. Er erhob die Hände und klatschte zweimal flink. Sklaven wuselten hinein in das Triclinium, servierten die Teller ab und kamen mit einer neuen Speise angedampft. „Das Hors d’Oeuvre: Taubenschenkel mit Erbsenpüree!“, rief einer der Sklaven aus. Es war klar, sonder Zweifel, dass das Mahl wohl nicht mehr vom Thema Geflügel abkommen würde.
    Piso richtete sich den Teller hin, als ihm eine Idee kam. Er scho die Fragestellung von sich fort. „Vescularius soll nicht wittern, was geplant wird. Er soll sich in Sicherheit wiegen. Wie können wir es bewerkstelligen, dass wir unsere Beziehungen ausbauen können, ohne dass Vescularius‘ Schergen davon erfahren?“ Er blickte gespannt zu den Senatoren Furianus und Gracchus, die sicher mehr Erfahrung damit hatten.

    Ach Herrje! Jetzt kennen wir uns schon so lange, und trotzdem hätte ich nie gedacht, dass das schon heute wäre... :patsch:


    Wie dem auch sei – alles, alles Gute und Liebe zu deinem Geburtstag! Ich hoffe, du kriegst lauter schöne Geschenke und verbringst einen wundervollen Tag! :)

    Sim-Off:

    HarharHAR! Mein tausendster Post! :D


    Es schien tatsächlich so, dass Piso und Imperiosus in ihrer gut gemeinten Absicht, Seiana von Ort des Debakels abzulenken, Erfolg hatten. Irgendwie musste er ihr Respekt zollen für ihre schier endlose Gleichmut. Doch trotzdem konnte man sehen, dass da etwas nicht ganz in Ordnung war. Seitlich an ihren Unterkiefern konnte man sehen, wie sie die Zähne zusammenbiss, frustiert sicher, sich nur mühevoll im Zaum haltend. Aber sie hatte sich unter Kontrolle. Die perfekte Frau für so einen Schlawiner wie Archi, der ganz ungeniert bei Axilla lag und sich offensichtlich anhand ihrer aufgeilte. Der Mann, der hatte Schneid. Solange Seiana nicht ihren Frust an Gastgeber und Gast ausließ, war eigentlich alles im Lot.
    Piso lächelte deshalb freundlich, als man ihm antwortete. „Oh, das kann ich mir schon vorstellen. Wobei man sich erhofft, dass die Actaschreiber etwas von der Orthographie der lateinischen Sprache verstehen.“ Er zuckte die Achseln und hakte sich bei dem ein, was Seiana Imperiosus erzählte. „Ich kann dir sagen, ja, die Arbeit in der Kanzlei ist ziemlich eintönig. Ich selber glaube nicht, dass ich noch etwas in der Kanzlei reiße... ganz ehrlich, ich überlege schon seit einiger Zeit, ob ich denn nicht den beruf wechseln soll...“ Schließlich war er ja noch Kanzleibeamter. Und hätte es selber nicht so ganz geglaubt, wenn man ihm gesagt hätte, er wäre innert kurzer Zeit Septemvir und Vigintivir.
    Ach geh! Jetzt machte Archi noch auf sich aufmerksam! Piso an seiner Stelle hätte artig die Klappe gehalten, wenn er an seiner Stelle gewesen wäre. Und dafür hatten Piso und Imperiosus versucht, Seiana bei Laune zu halten! Jetzt war all dies im Eimer! Gut, dass Imperiosus geistesgegenwärtig vorschlug, Axilla abzutransportieren. „Ja, vielleicht wäre das ganz gut. Ich meine, ich weiß ja selber, wie... ach, wie auch immer.“ Fast wäre er damit herausgeplatzt, dass er wusste, dass Axilla ziemlich sonderbar agierte, wenn sie betrunken war. Zum Beispiel verlegte sie sich darauf, wildfremden Patriziern, die mit P beginnen, beizuschlafen. :D
    Die Rede kam auf den Artikel über Imperiosus. „Ja, das habe ich auch gesehen! Eine Frechheit!“, erboste er sich und schüttelte den Kopf. „Aber ich denke, mit dem äußerst erfolgreichen Abschluss deiner Mission strafst du jetzt den Schmierfinken Lügen!“, grinste er zu Imperiosus hin.

    Piso sagte nichts, kein Wort. Zuerst einmal war der Aurelier als Pontifex und zudem als Senator höher gestellt als er, und hatte somit mehr Ahnung. Nein, er würde dies nicht unterbrechen, was hier vorging. Zum anderen sparte er sich die Luft für ein Gespräch mit der Germanica nachher – dem würde sie sich nicht entziehen können. Er hätte schon viel früher sie zu einem Gespräch herangezogen, wenn er denn gewusst hätte, dass dieses unsägliche Weibszimmer sich im Cultus Deorum einmischen würde. Nun aber war das Opfer angenommen von Vertumnus, was wohl bedeutete, dass die Götter – einmal generell – keine Abneigung gegenüber der Germanica hatten.
    Er blickte auf die ehemalige Muse und lächelte leicht in sich rein. Tempelverwalterin war sie nun also. Der Schritt von der absoluten zur weitreichenden Bedeutungslosigkeit im Cultus Deorum war also getätigt. Nein, da war er schon viel lieber Epulone, auch wenn das Collegium etwas schnarchnasiger war als gedacht. Vielleicht hätte er Augur werden sollen. Aber in dem, was die Septemviri machten, war er einfach erfahrener und qualifizierter... er nahm sich vor, den werten Herren in den nächsten Tagen einmal Feuer unterm Hintern zu machen, dass sie einmal etwas taten. Denn Götterspeisungen zweimal im Jahr waren ja nicht das, worauf die Septemviri beschränkt waren.
    Corvinus fragte die junge Frau, warum sie nicht selber die Eingeweide untersucht hatte, und erst jetzt sagte Piso etwas. „Nun ja. Ich persönlich hätte es schon sehr gerne gesehen, dass du selber die Eingeweidenschau durchnimmst.“ Er lächelte gönnerisch, als er dies hinzufügte. „Aber wenn der Pontifex Aurelius der Meinung ist, dies reicht aus... tja, meinen Glückwunsch.“ Pontifex müsste man sein. Für Piso war das aber noch Zukunftsmusik. Noch.
    Dass sie Iuno dienen wollte, war wenig überraschend – wenige Frauen wollten einem männlichen Gott dienen. Seitdem der Cultus Deorum den Frauen geöffnet wurde, überschwemmten diese die Einrichtungen. Es war schon eine gute Entscheidung gewesen, das zu veranlassen. Nur leider kamen dadurch auch solche Subjekte durch.
    Seine Körperhaltung drückte keinerlei Intention aus, sich von diesem Ort wegzubewegen. Sicherlich würde Corvinus bald gehen, und dann könnte er mit Aoide reden – unter 4 Augen. Es gab einiges zu besprechen, das wusste er jetzt schon.

    „Bridhe also.“ Piso nickte langsam. Nun hatte er sich wohl selber in die Situation gebracht, dass er nicht wusste, wie er die Frau nennen sollte. Doch sie sagte ihm, Bridhe hätte sie früher geheißen – das implizierte wohl deutlich, dass sie jetzt nicht mehr so genannt werden wollte. Flaviana Brigantica also, so würde er sie nennen.
    Gracchus schien nicht erbaut darüber, dass die gewesene Sklavin ihm nichts über seinen Vetter sagen konnte. Direktgehend erschüttert schien er, als wäre eine Welt für ihn zusammengebrochen. Piso blickte etwas erstaunt zu ihm. Er wusste, dass sein Vetter eine melancholische Ader hatte, doch sie zeigte sich ziemlich deutlich. Geradezu herunterziehend war es, als er sah, wie verzweifelt Gracchus war darüber, dass er nichts von Aquilius hören würde. Der Jüngere atmete ein und dachte nach. Ob Gracchus ebenso bestürzt wäre, wenn er einmal verschwinden würde, und er nichts hören würde von ihm? Es war zu bezweifeln. Der Gedanke alleine daran ließ das Lächeln, das eben noch auf Pisos Lippen gewesen war, entschwinden, und er setzte sich, wie von Gracchus aufgefordert, nieder, und zwar Seite an Seite mit ihm, an seinem Schreibtisch, gegenüber den beiden, Mutter und Sohn. Er war etwas verwundert darüber, dass Sciurus dem Kleinen Wein einschenkte. Piso blickte scheel zu dem Sklaven hin. Er mochte Sciurus nicht, und die Tatsache, dass der Leibsklave des Gracchus die Kleinfamilie nicht mochte, machte sie in den Augen des Flaviers umso sympathischer. Piso fasste den Wein nicht an, entgegen seiner Gewohnheiten, und dachte lieber kurz nach.
    Aber auch nachdem Piso in sich gegangen war und gesucht hatte nach einem Erinnerungsfetzen, das er zweifelsohne Brigantica zuordnen hätte können, er scheiterte damit. Er konnte sich gar nicht mehr an sie erinnern. Es war schon einige Zeit her, und er hatte keinen Kontakt mit ihr gehabt. Bis heute nicht.
    Gracchus war es schließlich, der die Stimme erhob und seine Meinung den hier versammelten angedeihen ließ. Hmm, ein wenig harsch klangen seine Worte, doch sie waren richtig. Piso hätte fast geschmunzelt, aber nur fast, als er das Wort Bankert hörte. Um wieviel nobler es klang als Bastard, und doch nicht so euphemistisch wie lediges Kind. Piso beschloss, es sich zu merken, und noch etwas dazu zu sagen. „Nun, Mitglied der patrizischen Flavier ist er wahrhaft nicht... aber, Gracchus, die biologische Komponente kann man nicht abstreiten. Wir sind immerhin seine Onkel.“ Onkelhaft war deshalb auch das Lächeln, welches er dem kleinen Caius gab. Natürlich hatten Piso und Gracchus dem Kleinen gegenüber gar keine Verpflichtungen... diese lagen bei Aquilius. Doch Aquilius war nicht da. Gingen da nicht ein Teil jener Verpflichtungen auf andere Familienmitglieder über? Oder spielte Pisos Anschauung ihm einen Streich?
    Gracchus‘ Frage war natürlich berechtigt, doch die Antwort war klar – natürlich war sie seine Klientin, als seine Freigelassene. Alles andere wäre abstrus. Oder hatte er sie mit ihrer Freilassung auch aus dem Klientelverhältnis geworfen, und so sie geissermaßen im Stich gelassen? Das wäre sehr harsch, dachte er sich, und sein Blick fiel unversehens kurz nachsinnend auf seinen Neffen.
    Der auch sofort losgreinte, irgendetwas wegen keine Sklavin. Piso zuckte zurück, fast so, als wäre der Ausbruch eine Nadelspitze, die man ihm in die Nase gerammt hätte. Mit kuriosem Gesichtsausdruck blickte er auf den Kleinen und lehnte sich wieder vor. „Nein, ist sie nicht. Aber sie war eine.“ Brigantica hatte es ihm doch erzählt, oder? Die Aufforderung der Mutter, still zu sein, erkannte er anhand seines leider eher suboptimalen Keltisch, welches er in Britannien und von seinen Sklaven erlernt hatte, sofort als eine, und nickte leicht dazu. Der Kleine würde gut daran tun. Rauswerfen lassen wollte er die beiden deshalb aber nicht, er war viel zu interessiert an diesen beiden. Man machte ja schließlich nicht jeden Tag Bekanntschaft mit einem Neffen zweiten Grades.

    Piso hörte zu, als Seiana ihm etwas antwortete. Das mit Axilla und dem Kuss hatte er nicht vergessen, aber er war diskret genug, sie nicht darauf anzusprechen, oder es gar herauszudröhnen. Sie hatte ihm ein königliches Schauspiel geboten, und dafür würde er sicher nicht versuchen, sie aufzuziehen. Auch, weil er damit bei Archi wohl ganz und gar nicht gut ankommen würde.
    „Nun, ich bestreite nicht, dass Gehör sinnvoll ist. Schließlich gibt es Musik nur, weil es Gehör gibt. Wenn wir alle gehörlos wären, würde man nicht einmal wissen, dass es so etwas wie ein Musik gibt. Würde ein Gehörloser ein Monochord sehen und daran zupfen, würde, zumindest in seiner Wirklichkeit, sich gar nichts ereignen.“ Er lehnte sich noch weiter zurück, sofern das auch möglich war. „Du sagst, das Ergebnis lässt sich mathematisch vorstellen... doch das impliziert doch auch, dass das Verfahren eine mathematische Komponente besitzt. Wenn Pythagoras das Monochord weggenommen wird, könnte er noch immer eine Zeichnung machen, auf der aufgezeichneten Saite Striche machen und dort anschreiben, welche Oktave sich ergibt, wenn hier an einem Monochord der Steg befestigt werden würde. Und wenn die Länge der Saite variiert wird – nun, man muss sie mit der Länge der Saite, die Pythagoras verwendete, vergleichen, und berechnen, welche Töne sich auf dieser veränderten Saite ergeben.“ Er hielt inne. „Die Grunddaten jedoch, die grundlegenden Behauptungen, die dieses mathematische System ermöglichen, und auf die es aufbaut, die lassen sich tatsächlich nur durch das Gehör bestimmen. Da hast du Recht.“ Er blinzelte kurz. Ein Gedanke kam ihm. „Oder aber... die Frequenz! Die Frequenz, mit der die Saite vibriert! Diese variiert doch ebenfalls mit der Oktave! Nur, sie lässt sich schlecht messen.“

    Piso war vom Prätorianer am Tor durchgelassen worden, und brauchte einige Zeit, bis er das Officium von Balbus gefunden hatte. Schick hatte er es durchaus, dachte er sich. Der Scriba war schnell gefunden, er lungerte vor der Türe rum.
    „Salve“, begrüßte Piso ihn. „Ich bin Tresvir Capitalis Flavius Piso. Bin hier auf Kerkerinspektion, und will zuvor erst einmal mit dem Praefectus Praetorio sprechen. Ich hoffe, ich kann zu ihm?“ Er hatte wenig Lust, lang und breit sich auszulassen gegenüber diesem Scriba, und blickte ihn so an, dass der Schreiberling auch wusste, dass Piso nicht alle Zeit der Welt gepachtet hatte.

    Wann: Anfang der secunda vigilia
    Wo: Officium der Tresviri Capitales
    Wer: Tresvir Capitalis Flavius Piso (schläfrig, blinzelnd wie ein Uhu, abgearbeitet)
    Was: Arbeiten
    Wie: Kerzenlicht
    Warum: Abarbeitung von einem Haufen uninteressanter Dokumente


    Er war über einer Varietät von Schriftrollen gebeugt, die sich vor ihm ausbreiteten, und studierte sie mit mäßigem Interesse. Fälle, Fälle, Fälle. Und nichts Interessantes. Na ja, das eine oder andere war ganz unterhältlich, aber vor allem war es viel – so viel, dass Piso seit der cena hier hockte. Eigentlich wollte er nur kurz vorbeischauen, doch die Arbeit hielt ihn hier fest. Vieles war hier unerledigt, und dabei sollte es bis morgen erledigt werden.
    Saufeius Rufus hatte Genucius Mus auf die Nase gehauen. Die Faktenlage war eindeutig, der Genucier hatte genug Zeugen hergeschleppt. Piso zog ein Pergament her und füllte es aus. Es war eine Mitteilung an Saufeius Rufus. Der Mann würde dem Genucier eine Summe von 300 Sesterzen auszahlen müssen wegen Körperverletzung. Darunter kritzelte Piso, dass Saufeius drei Möglichkeiten hätte – entweder er akzeptierte diese Zahlung, oder er könnte Pisos Entscheidung – die ja nur eine administrative, keine judikative Entscheidung war – beim Praetor anfechten.
    Er zeichnete seine schwungvolle Unterschrift darunter und versiegelte den Brief. Sorgsam legte er ihn beiseite. Morgen würde er einem Sklaven auftragen, sie alle zu versenden. Denn es war schon ein enormer Stapel. Auf alle waren die Namen derer aufgetragen, die Bußen zu bezahlen hatten.
    Es ging weiter. Es war genau die selbe Faktenlage, nur, dass Alkohol im Spiel war. Doch der freiwillige Konsum von Alkohol war keine Verteidigung, also schrieb Piso noch einmal genau den selben Brief.
    Es ging ihm auf die Nerven.
    Erst um Mitternacht würde er nach Hause kommen, und sofort ins Bett fallen.

    Salve Vigintivir! Ach, so eine Begrüßung ging doch runter wie Olivenöl – Macer wusste eben genau, welche Saiten er bei welchen Kleinten anrühren musste. Piso lächelte erfreut. „Danke vielmals! Ich hoffe, ich werde einmal das selbe sagen können. Wenn ich denn einmal Praetor werde.“ Er nickte beipflichtend. „Sicher ist das so. Was planst du nun? Es ist ja so, dass die Stelle des Legionslegaten der Prima in Mantua frei geworden ist. Und niemand wäre dafür besser qualifiziert als du. Oder aber nimmst du dir nur ein Jahr Auszeit, um nächstes Jahr dann das Consulat anzugehen?“ Sicherlich würde man Macer sofort wählen, genau so, wie man ihn zum Praetor gewählt hatte.
    Unwillkürlich wandte er sich an einen der Klienten Macers, ein Liktor, zumindest ein gewesener. Da war etwas, was ihn interessierte. „Sag, du gehst nach Ostia? Oder habe ich mich da verhört?“ Wie hieß der Kerl noch mal? Quartius? Quintius? Nein, Quintilius! „Ist eine schöne Stadt, aber sag mir, was willst du denn dort? Wenn ich fragen darf?“

    Piso hatte nicht auf diesen Termin vergessen, und hatte sich rechtzeitig eingefunden. Der Flavier war natürlich ein musikalisches Genie (dachte er zumindest), doch belegte er den Kurs, damit ihm das auch schriftlich zuerkannt werden würde. Er sah sofort Decima Seiana, die etwas entfernt von ihm saß, und winkte ihr zu. Ob sie ihn gesehen hatte? Er wusste es nicht. Dafür war er sich umso sicherer, dass Aoide ihn sah (denn so bezeichnete er Calvena in Gedanken). Ihre Blicke trafen sich, und Piso lächelte zu ihr hinüber, als ob gar nichts wäre. Auch winkte er ihr ganz leicht, knapp, zu. Er wusste von ihrem kleinen schmutzigen Geheimnis, aber ausposaunen würde er nichts davon. Er hatte ein Versprechen gegeben.
    Dann begann auch schon die Vorlesung. Er lehnte sich zurück und hörte der Griechin zu. Was Musik war? Das wusste er, destillierte Ästhetik! Nur, seine Lehrerin schien da nicht einer Meinung mit ihr zu sein. Mathematik? Nun ja, das eine schloss das andere nicht aus. Gesetzmäßige Bahnen, hmm, das klang verdammt nach Kanzlei, wo er früher gearbeitet hatte. Und es klang auch nach jenem Vigintivirat, welches er zur Zeit absaß.
    Ihre nächste Ansage führte dazu, dass eine Augenbraue bei ihm hochging. Ein wenig von der Seele der Musik begreifen? Hui, das war ja eine böse Frau! Doch sie kannte ihn wohl nicht.
    Die erste Frage wurde von Seiana gestellt, und er hörte genau hin, als die Lehrerin antwortete. Ein Monochord also. Das war ja interessant. Die nächste Frage wurde von Aoide gestellt. Es wunderte ihn eigentlich nicht, dass sie hier war, schließlich war sie ja ein Möchtergernmusikus. Nun, er würde ihr zeigen, wer besser war.
    „Natürlich...“, fing er altklug an, „ging hierbei Pythagoras nach mathematischen Prinzipien vor. Das Monochord ist ein interessantes Instrument, wenn man es betrachtet. Der Grundton ist der, den man bekommt, wenn man die Saite ohne Steg zupft. Ich denke übrigens, dass die Größe des Steges eine zu vernachlässigende Variabel ist, aber ich lasse mich da gerne eines Besseren belehren. Wo war ich? Ach ja. Die Oktave kommt dadurch zustande, indem man die Länge der Saite mit dem Steg halbiert. Und zwar ist es so, dass der Ton, der dadurch produziert wird, um genau eine Oktave höher ist als der Ton, der entsteht, wenn man keinen Steg verwendet. Dazu muss noch gesagt werden, dass der Ton, den man erhält, wenn man die Saite dann noch einmal halbiert, um zwei Oktaven höher ist als der, den man kriegt, wenn die Saite nur halbiert ist. So also lässt sich Musik messen, indem man das Gehör nicht benutzt – anhand von Mathematik. Ein Gehörloser könnte mittels der Lage des Steges die Oktave, die ein Zupfen des Instrumentes ergeben würde, bestimmen.“

    Das fleischliche kulinarische Genussschmankerl, dass sich ihm auf dem Teller offenbarte, konnte leider doch nicht ganz mit dem mithalten, was sich ihm da vorne, bei Seiana, Archi und Axilla bot. Das war ja göttlich. Wieso konnte man das nicht irgendwo festhalten? Vielleicht hätte er einen Hieroglyphenschreiber mitbringen sollen, der das ganze dann minutiös auf einem Stück Pergament festgehalten hätte. So aber war es nur Pisos Hirn, in dem sich diese Begebenheit einbrannte. Er hatte ja erst weggeschaut, als der Kuss vorbei war, und musste jetzt wieder aufschauen.
    Axilla hatte sich von Seiana losgeeist und lag jetzt bei Archias. Der Gute streichelte sie wie ein Dackelchen, nachdem er aufgefordert worden war, und Axilla machte dazu korrespondierende Laute.
    Imperiosus antwortete ihm mit einer Leichtigkeit, die gut verriet, dass er sich königlich unterhielt. Piso tat das ebenfalls, aber er war auch zutiefst verunsichert. Was, wenn jetzt der göttliche Zorn auf sie niederprasseln würde? Was, wenn das nur gestellt war, um ihn zu foppen? Was, wenn... nachdenken half hier nichts, beobachten war viel angesagter. Und so schaute Piso wieder genau hin, blickte aber irritiert auf, als Seiana Archi forderte, zu gehen. Da Archias und Imperiosus gleichsam dagegen protestierten, sagte Piso dazu nichts, da Imperiosus eh schon versuchte, eine etwas ungelenke Konversation mit Seiana anzufangen.
    Er blickte zu Vera hin – wieso hatte sich seine resolute Schwester die ganze Zeit nicht eingemischt? Vermutlich vor Schock starr. Piso selber wäre ja vielleicht aufgesprungen und hätte die Sündhaftigkeit gepredigt, doch noch war er ja noch kein Septemvir, sondern nur ein Kanzleibeamter, und somit konnte er das gar erbaulich Spektakel genießen ohne den Anschein von Scham erwecken zu müssen.
    Er lehnte sich auf seiner Kline zurück und goss sich etwas Wein nach und blickte zu Seiana hin. „Öhm ja, das würde mich auch interessieren. Es muss doch sehr spannend sein, aus erster Hand aus Geschehnissen aus der ganzen Welt zu erfahren?“ Die ganze Welt, das war natürlich alles vom Atlantik bis zum Indus. Piso dachte im großen Maßstab. Vielleicht konnte man Seiana, indem man sie in ein Gespräch verwickelte, abhalten davon, sich zu sehr auf Archi und Axilla zu konzentrieren.

    Piso, der wohl fast noch inspirierender war, als er es selber denken würde (und er dachte viel von der Inspiration, die er ausstrahlte), hielt den Arm hin und schüttelte den von Archias fest. Das würde ja heiter werden, dachte er sich und grinste. Das Grinsen verlor sich aber wieder, als Archias ihn darin bestätigte, dass das nicht nur für den ersten galt, der heiratete. „Böh...“, meinte Piso bedröppelt und ließ seinen Kopf hängen. Wenn er heiratete, war er vielleicht, mit ein bisschen Geschick, schon Senator. Dann könnte man lustig-locker am Markt seine patrizischen Kronjuwelen sehen... ach Herrje. Er dachte lieber nicht dran, und konzentrierte sich nur mal drauf, was für eine lustige Sache es sein würde, Archi so herumlaufen zu sehen.
    „Nun gut, wenn du es sagst...“ Piso klang wenig enthusiastisch, aber man musste Verpflichtungen einhalten. Dafür würde er am Forum Boarium was zu sehen bekommen!
    Seine Miene heiterte sich aber entschieden auf, als Archi ihm versicherte, er würde alles tun, was verlangt war. Dies bedeutete aber auch, dass Piso dies ebenfalls auf seiner Heirat tun müsste. Ach was. Das hatte noch Zeit. Er würde es schon irgendwie überleben. „Dann glaub ich dir mal...“, meinte Piso mit einem leicht zweifelnden Gesichtsausdruck. Aber wenn Archi das so sagte, würde er es schon auf die Reihe bringen.
    Er wiegte den Kopf hin und her. „Na ja... der Sinn eines Junggesellenabschiedes ist ja, dass man ihn am Abend vor der Hochzeit feiert... oder hast du gar vor, sich in Ravenna zu vermählen?“ Unsicher blickte Piso seinen Kumpel an. Nach Ravenna würden ihn nicht einmal 10 Pferde mehr bringen.
    Er nickte nur, und machte dazu eine Geste, die Selbstverständlichkeit vermittelte. „Es wäre mir eine Freude. Du musst aber die Opferwaren auftreiben, Archi!“ Archias würde sicher wissen, welche Viecher Iuno als Opfertiere wünschte.
    Der Flavier musste lachen. „Ach was, ich denke nur das, was ich schon immer von dir gedacht habe... du bist echt verrückt, und zwar im besten Sinne des Wortes!“ Und wieder nicken. „Danke vielmals... und man läuft sich eh bald wieder über den Weg. Bis dahin, mach’s gut, vale!“

    „Jöh!“, fing Piso an, und auch seine Klienten (vorwiegend Kanzleiheinis, Aeditui und verkannte Künstler wie er, die hofften, in seinem Fahrwasser mitschwimmen zu können) fingen an zu jubeln und zu gröhlen. Hochlieder auf Purgitius Macer erklangen. Obwohl Pisos Klientel nicht so groß und auch nicht so mächtig war wie die der Senatoren unter den Klienten von Macer, machten sie das mit ihrem Lärm und ihrer Kreativität (was Auftreten, Lyrik und Melodien betraf) wieder wett. Stolz grinste Piso auf seinen Trupp, gelegentlich in die Hochlieder mit einstimmend, als er den Blick eines anderen Mannes zu vernehmen glaubte.
    Piso schaute hinüber – da stand ja tatsächlich der Quindecemvir Annaeus Modestus. Piso winkte ihm fröhlich zu. Schließlich waren sie ja, was Priestercollegien anging, quasi Kollegen. Dann wandte er sich wieder seiner Horde zu, darauf achtend, dass nicht der eine oder andere zum kompletten Rowdy wurde und Unbill auf sich brachte.

    Natürlich war auch Piso gekommen, um Macer aufzusuchen. Er erinnerte sich daran, was für ein Würstchen er gewesen war, als er zum ersten Mal vorm Purgitier erschienen war. Damals war er ein kleiner Kanzleibeamter gewesen. Heute war er Vigintivir und Septemvir, im ordo senatorius natürlich. Es hatten sich sehr viele Klienten eingefunden, um Macer zur abgeschlossenen Amtszeit zu beglückwünschen, und auch Piso war keine Ausnahme... obwohl er es ein wenig schwer fand, den Mann zu finden. Ah, da war er ja, umringt von einigen Leuten, die Piso als die früheren Liktoren seines Patrons erkannte. Darunter auch ein Mann mit einem Bärtchen, über das sich Piso wahrhaft schief lachen könnte. Aber wenn der Mann es so mochte, warum denn nicht? Man war ja liberal, dachte sich Piso und lächelte. „Ah, salvete! Salve, Patron!“, machte er, und stellte sich zu den Leuten dazu. „Meine Gratulation zur abgeschlossenen Prätur.“ Schade, dass kein Mann vom Kaliber des Purgitiers mehr nachkam. „Wenn mein Vigintivirat auf nur halb so erfolgreich wird wie deine Amtszeit, kann ich mich glücklich schätzen.“ Das meinte er durchaus ernst, auch wenn Piso gerne mal die Wahrheit etwas verzog, um sie passend zu machen und sich und wohl auch seine Parteigänger somit in das rechte Licht zu rücken.

    Wer der Dieb gewesen war, das wusste man nicht genau, aber, so skandierte Memmius Tappulus, es gäbe genaug Leute in der Nachbarschaft, denen so etwas zuzutrauen wäre, Fufilius Gallus zum Beispiel, oder Hafnius Tibullus, oder der miese Gallier Gaius Ambiorix, ja, der müsste es gewesen sein, dessen rote Haare hatte man eindeutig gesehen... Piso schrieb sich metikulös die Angaben auf und schwor sich, er würde sich einen Scriba suchen, seine Hand tat schon weh vor lauter Schreiben. Pah, es gäbe sicher einen, dem könnte man den ganzen Schmarren diktieren? Und nch einen Scriba für höherstehende Arbeiten, genau. Piso versprach, er würde sich darum kümmern, und komplimentierte den Mann raus. Er würde irgendwann einen der Viatores, die sich um die Drecksarbeit kümmerten, dorthinschicken, und jenem dann Ambiorix das Geld rausprügeln lassen. Oder so. Hauptsache, er würde es nicht zu sehen brauchen.
    Der nächste Fall war eine Denunziation. Piso hatte sich schon enorm auf diese gefreut. Es kam ein Mann namens Gellius Galba und sagte ihm, er habe Informationen für ihn. Dabei ging es um einen Raubüberfall an einer Seitenstraße in Transtiberim vor ein paar Tagen (gut, dass Piso den Fall auf seinem Schreibtisch liegen hatte). Angeblich war er ein Zeuge gewesen, und hatte dabei erkannt, dass es sich um den Anführer der Räuber um seinen Nachbarn Titus Saxulus gehandelt habe. Piso notierte sich dies und versprach, die Information an die Cohortes Urbanae weiterzuleiten. Und schon wieder, dachte er sich, gab es einen Posten zu bekleiden – den des Laufburschen.
    Die Nächsten, die hineinkamen, waren zwei glatzköpfige Männer, mit dem selben hochroten kahlen Haupt. Sie hätten Zwillinge sein können, auf ob des selben quengelnden Tonfalles. Cocceius Iavolenus und Publilius Fuscus hießen die beiden, und lagen sich in den Haaren. Angeblich hatte der Cocceier gegenüber dem Publilier Vertragsbruch begangen, weil er sich nicht an irgendeine Bedingung im Vertrag gehalten hatte. Doch der Cocceier war sich sicher, das die Bedingung gesetzeswidrig gewesen sei, und hielt Piso den Vertrag vor. Der Flavier studierte ihn und schüttelte den Kopf, als er die Bedingung sah. „Publilius Fuscus, der Verkäufer, behält es sich vor, die Waren vom Käufer Cocceius Iavolenus jederzeit, ohne monetäre Rückerstattung, wieder einzuziehen... und jetzt will Publilius seine Waren zurück, nac hdem Cocceius schon Besitz davon erhalten hat... und bezichtigt Cocceius der Unterschlagung... ja sag einmal. Wieso unterschreibst du so einen Vertrag, Cocceius?“ Der Cocceier begann zu jammern, er hätte den Vertrag halt nicht gut durchgelesen. Piso seufzte, als beide einen Gerichtstermin verlangten. Der Flavier trug einen ein und knöpfte den Streithähnen die Prozesskosten ab, bevor er sie rausscheuchte.
    Und so ging es den ganzen Tag weiter. Denunzianten, die ihre Nachbarn verdächtigen, parthische Spione zu sein. Ein Witzbold, der etwas von einem geplanten Anschlag auf den Kaiser faselte. Ein ernst dreinblickender Mann, der nachfragte, ob sich bezüglich der Ermittlungen, was seine vor Jahren verschwundene Tochter anging, etwas getan hatte. Ein Kerl, der eine Vermisstenanzeige aufgab, da er seinen Saufkumpel schon einige Tage nicht mehr in der gemeinsamen Lieblingskneipe gesehen hatte. Eine Hure, die ihr Freier nicht bezahlen konnte, und die nun kreischte, dass sie vergewaltigt worden war. Ein Wäschewascher, der herausgefunden hatte, dass sein Nachbar, sein Konkurrent, giftige Materialien beim Waschen verwendete.
    Wen wunderte es also, dass Piso am Ende des Tages ziemlich schlapp war?

    Piso betrachtete die Frau genau, wie sie die beiden Patrizier grüßte. Ihre Geste, das Neigen des Kopfes, schien servil. Ein Relikt des Lebens als Sklavin. Ja, Piso konnte sich noch daran erinnern, dass irgendwann einmal eine Freigelassene seines Vetters Aquilius hier gelebt hatte, doch dann ausgezogen war. Musste schon eine Zeit her sein, dachte er sich.
    Der Kleine war also ein Sohn seines Vetters. Es konnte sein, dass man es Piso gesagt hatte, es konnte auch nicht sein, er konnte sich nicht mehr entsinnen. Jetzt wusste er es, und leicht hob sich seine rechte flavische Augenbraue, sonst aber keine andere Bewegung im Gesicht vollziehend.
    Gracchus machte es nichts aus, dass er hinzugekommen war, was Piso auch nicht vermutet hätte bei seinem gutmütigen Vetter. Der ungläubige Gesichtsausdruck, den bemerkte Piso sofort. Gracchus schien geradewegs wie vom Donner gerührt ob der Ähnlichkeiten, dabei handelte er ein wenig befremdlich... war es normal, das man bei einem Sklavenbastard so erstaunt war? Nun ja, Gracchus war in manchen Dingen schon immer etwas eigen gewesen (wie alle Flavier), und so tat Piso innerlich das Getue des Gracchus ab, ohne nochmals darüber nachzudenken. Auch er schritt shcließlich, nach Gracchus jedoch, auf die beiden zu, mit etwas mehr Distanz vor Mutter und Kind stehen bleibend, sie begutachtend mit fast wissenschaftlicher Neugier.
    Die Mutter war von einer herausragenden Schönheit, welche von ihren blassen Teint unterstrichen wurde, befand der Schöngeist Piso. Da das Äußere halt doch immer sehr wichtig war, besonders bei Ästheten, war Piso von Anfang an schon durchaus eingenommen. Auf der Knabe war ein ganz lieber Bub. Ein Lächeln bildete sich auf Pisos Lippen, als er auf ihn schaute, und betrachtete, wie Gracchus noch immer ganz aus dem Häuschen schien.
    Die Sklavin klärte ihn auf über ihren Status, und den ihres Kindes. „Flaviana Brigantica.“ Seine Worte schienen wie das Echo von Bridhes Worten zu sein. “Früher aber nannte man dich anders, oder? Früher nannten sie dich Bridhe.” Die Aussprache ihres gälischen Namens von seinen Lippen war durchaus passabel. „Und Caius ist in diesem Falle also...“ Er beugte sich ein klein wenig runter... „...ein freier römsicher Bürger.“ Sein Blick verharrte auf der Bulla des Knaben, an welcher jener, wohl etwas eingeschüchtert, herumzufingern begann, bevor er zu Bridhe blickte. „Doch er wurde von seinem Vater nicht akzeptiert?“ Es war eher eine rhetorische Frage, die Antwort, welche nur nein lauten konnte, kannte er. Wäre er akzeptiert worden, hieße er jetzt nicht Flavianus, wie seine Mutter, sondern Flavius, wie sein Vater, und hätte zwei lustige Halbmonde von seinen Sandalen baumeln.
    Er trat einen Schritt wieder zurück, um einen besseren Überblick über die beiden zu bekommen. Sein Blick wanderte zwischen der sehr attraktiven Mutter und dem Sohn hin und her. Zwar fand er die beiden sehr sympathisch, aber die Frage war, was sie hier wollten. Suchten sie sich unter den Flaviern einen neuen Patron, jetzt, da Aquilius weg war, und seine Aufgaben als Patron nicht mehr wahr nahm? Piso fühlte sich innerlich durchaus geschmeichelt, dass er, wenn dem so wäre, in Erwägung gezogen werden würde – wenn auch die Wahl der beiden ziemlich sicher auf Gracchus, den sie gut zu kennen schien, fallen würde.
    Gracchus‘ Frage ließ Piso wundern, ob jener Vater oder Sohn meinte. Aber ihm konnte das egal sein, er war ja nicht der Gefragte. So legte er seinen Kopf nur ganz leicht schief und wartete auf Bridhes Antwort auf die Frage.

    Sim-Off:

    KA, wo sie hin ist. Ich sag einfach mal abwarten...


    Axilla wurde betrunken. Man konnte es fast sehen. Dies brachte die eine oder andere Erinnerung in Piso zurück, Erinnerungen, die er am Liebsten aus seinem Gedächtnis gewischt hätte. Er hielt sich selber für einen herausragenden Verdränger, der Schicksalsschläge scheinends ohne irgendein Problem wegstecken konnte. Selbst nach seinem Ausflug nach Ravenna hatte er nicht die geringsten Anzeichen von sich gegeben, dass ihm in irgendwelcher Hinsicht etwas bedrücken könnte. Doch die Erinnerungen hielten sich, und hie und da durchfluteten sie seinen Schädel, wenn erst ein Auslöser ihren Freiflug verursacht hatten.
    Und so war es auch jetzt. Es biss etwas von einem Brot herunter, doch es scmeckte gar nicht nach Brot. Es war eher so, als fühlte er die Zunge der Iunierin, umschlungen von der seinen... wenn Archi das wüsste, würde er dumm schauen. Aber das konnte er sich ja für später aufheben, wenn sein aelischer Freund es am Geringsten erwarten würde.
    Piso lächelte milde auf ihren Spruch hin und erhob seinen Becher, als Archi es tat. „Auf das Chaos, und die inhärente Ästhetik des Chaoses!“ Welch guter Trunkspruch, dachte er sich, als er den Becher auf ex leerte. Dann erst entschloss er sich, aus der Konversation auszuklinken, sich lieber den Köstlichkeiten der Casa Pompeia widmend. Axilla faselte irgend etwas, von wegen Nymphen, und Bacchus, und weiß der Henker was, und dann...
    ...geschah etwas...
    ...Wunderbares.
    Pisos Mund verformte sich zu einem o des Erstaunens, welches sich, sowie die Zeit voranschritt, während der Axilla Seiana küsste und Seiana sich das willig gefallen ließ, vergrößerte. Am Ende hätte in Pisos Rachen einen Wagen mit Pferden parken können, und der Kutscher hätte auch noch Platz gehabt. Mit einem Zack klappte er dann aber den Mund zu und blickte um sich, als ob er ganz urplötzlich an einen anderen Raum zu einer anderen Zeit transferiert worden wäre.
    „Boah...“
    Etwas Intelligenteres fiel ihm nicht ein zu flüstern. Aber wer konnte es Piso verdenken? Ein lang gehegter Traum, noch aus seiner Kindheit, hatte sich erfüllt, und er hatte dafür nicht einmal Eintrittsgeld bezahlen müssen...
    Drei Männer also starrten fassungslos auf die beiden Frauen, und Piso bemerkte es nicht mal, dass es bald nur noch zwei waren, weil Imperiosus auf ihn blickte, in seinen Augen die eindeutige Bitte zeigend, irgendetwas zu tun. Der Flavier bekam es aber dann doch mit, dass da jemand auf ihn starrte, und entgegnete den Blick. Was sollte er denn tun? Eingreifen? Er dachte ja nicht im Traum dran. Von ihm aus konnten die beiden Frauen noch einmal genau das selbe Programm durchziehen.
    Also beließ er es dabei, dem Pompeier verschwörerisch zuzuzwinkern, und legte sein Augenmerk wieder auf die beiden Grazien, bevor er sich bewusst wurde, dass er starrte, und seinen Blick demonstrativ auf sein Essen lenkte. „Äh, exzellenter Honigwein, muss ich doch sagen, Imperiosus, exzellent!“ Er fummelte am Becher herum, ohne jedoch was zu trinken, ihn nur herumdrehend.

    Also, ich kann beileibe nicht sagen, dass mein RL momentan ruhig waere, und ich nichts zu tun haette. Irgendwann am Wochende komme ich sicher wieder zum Schreiben, aber fuers erste gehe ich ein wenig vom Gas. ;)