Wer der Dieb gewesen war, das wusste man nicht genau, aber, so skandierte Memmius Tappulus, es gäbe genaug Leute in der Nachbarschaft, denen so etwas zuzutrauen wäre, Fufilius Gallus zum Beispiel, oder Hafnius Tibullus, oder der miese Gallier Gaius Ambiorix, ja, der müsste es gewesen sein, dessen rote Haare hatte man eindeutig gesehen... Piso schrieb sich metikulös die Angaben auf und schwor sich, er würde sich einen Scriba suchen, seine Hand tat schon weh vor lauter Schreiben. Pah, es gäbe sicher einen, dem könnte man den ganzen Schmarren diktieren? Und nch einen Scriba für höherstehende Arbeiten, genau. Piso versprach, er würde sich darum kümmern, und komplimentierte den Mann raus. Er würde irgendwann einen der Viatores, die sich um die Drecksarbeit kümmerten, dorthinschicken, und jenem dann Ambiorix das Geld rausprügeln lassen. Oder so. Hauptsache, er würde es nicht zu sehen brauchen.
Der nächste Fall war eine Denunziation. Piso hatte sich schon enorm auf diese gefreut. Es kam ein Mann namens Gellius Galba und sagte ihm, er habe Informationen für ihn. Dabei ging es um einen Raubüberfall an einer Seitenstraße in Transtiberim vor ein paar Tagen (gut, dass Piso den Fall auf seinem Schreibtisch liegen hatte). Angeblich war er ein Zeuge gewesen, und hatte dabei erkannt, dass es sich um den Anführer der Räuber um seinen Nachbarn Titus Saxulus gehandelt habe. Piso notierte sich dies und versprach, die Information an die Cohortes Urbanae weiterzuleiten. Und schon wieder, dachte er sich, gab es einen Posten zu bekleiden – den des Laufburschen.
Die Nächsten, die hineinkamen, waren zwei glatzköpfige Männer, mit dem selben hochroten kahlen Haupt. Sie hätten Zwillinge sein können, auf ob des selben quengelnden Tonfalles. Cocceius Iavolenus und Publilius Fuscus hießen die beiden, und lagen sich in den Haaren. Angeblich hatte der Cocceier gegenüber dem Publilier Vertragsbruch begangen, weil er sich nicht an irgendeine Bedingung im Vertrag gehalten hatte. Doch der Cocceier war sich sicher, das die Bedingung gesetzeswidrig gewesen sei, und hielt Piso den Vertrag vor. Der Flavier studierte ihn und schüttelte den Kopf, als er die Bedingung sah. „Publilius Fuscus, der Verkäufer, behält es sich vor, die Waren vom Käufer Cocceius Iavolenus jederzeit, ohne monetäre Rückerstattung, wieder einzuziehen... und jetzt will Publilius seine Waren zurück, nac hdem Cocceius schon Besitz davon erhalten hat... und bezichtigt Cocceius der Unterschlagung... ja sag einmal. Wieso unterschreibst du so einen Vertrag, Cocceius?“ Der Cocceier begann zu jammern, er hätte den Vertrag halt nicht gut durchgelesen. Piso seufzte, als beide einen Gerichtstermin verlangten. Der Flavier trug einen ein und knöpfte den Streithähnen die Prozesskosten ab, bevor er sie rausscheuchte.
Und so ging es den ganzen Tag weiter. Denunzianten, die ihre Nachbarn verdächtigen, parthische Spione zu sein. Ein Witzbold, der etwas von einem geplanten Anschlag auf den Kaiser faselte. Ein ernst dreinblickender Mann, der nachfragte, ob sich bezüglich der Ermittlungen, was seine vor Jahren verschwundene Tochter anging, etwas getan hatte. Ein Kerl, der eine Vermisstenanzeige aufgab, da er seinen Saufkumpel schon einige Tage nicht mehr in der gemeinsamen Lieblingskneipe gesehen hatte. Eine Hure, die ihr Freier nicht bezahlen konnte, und die nun kreischte, dass sie vergewaltigt worden war. Ein Wäschewascher, der herausgefunden hatte, dass sein Nachbar, sein Konkurrent, giftige Materialien beim Waschen verwendete.
Wen wunderte es also, dass Piso am Ende des Tages ziemlich schlapp war?