„Es wird noch ein bisschen dauern, ich muss noch dran feilen.“, beschichtigte er mit einem Lächewln. Diese Frau war so enthusiastisch, was die schönen Künste anging, fast könnte sie ihn Konkurrenz machen. Das war direktgehend unglaublich. Ob der Freude, die ihm Prisca mit ihrer Freude machte, strahlte er sie begeistert an. Prisca erkannte sofort, was ein echter Künstler war, wie es schien. Allerdings irrte sie in einer Hinsicht – Piso machte das Gedicht nicht für seine Schwester, sondern vor allen Dingen für sich selbst. Seine emotionalen Verwirrungen hatte er Prisca ja schon gebeichtet. Doch was sie noch nicht wusste, war, dass diese er mit seinem Gedicht zu überwinden versuchte. Laevina hatte ihm ja gesagt, er sollte seine Energien in ein Gedicht hineinkanalisieren, da könnte er nicht viel falsch machen. Er würde dadurch seine Lebensfreude zurückfinden, hatte sie gesagt. Ja, er war Serrana ein Epos von gigantischen Ausmaßen schuldig... obwohl er nicht recht wusste, ob dies wirklich helfen würde. Vielleicht wäre das einzige Angemessene, was man in einer solchen Situation tun konnte, der Venus zu opfern, mit der Bitte, ihn von seiner Liebe zu befreien. Vielleicht sollte er wirklich das machen. Ja! Das wäre eine Idee. Er lächelte leicht versonnen, als ihm der Einfall kam. Ein Kalb sollte dafür reichen.
„Es ist auf jeden Fall eine Reise wert.“ Unweigerlich kam ihm bei diesem Gesprächsthema ein klassisches Klischee in den Kopf – die Frau eines Senators, die nach Aegyptus reist, um dort nichts mit ihrem Ehemann tun haben zu müssen. Wäre ja schon passiert, sagte man sich auf den Straßen Roms. Eigentlich war es eh kein schlechtes Arrangement – die Frau ging auf Juche, der Mann hatte eine Heirat zum Vorweisen, und beide mussten sich nicht gegenseitig auf die Nerven gehen. Hoffentlich wird meine Ehe anders... wenn sie überhaupt dereinst stattfindet. Er musste an Archi denken. Der Gute hatte sich eine so fesche Katze geangelt, und steuerte auf seinen Junggesellenabschied zu. Piso derweil hatte nichts vorzuweisen, mit der Decimerin waren ihm erst einmal die felle davon geschwommen. Bei diesen Gedanken musste er unweigerlich auch nolens volens einen etwas resignierten Gesichtsausdruck bekommen haben, der gar nichts mit Aegyptus zu tun hatte...
„Wirklich, er ist ein Freund der Blumenzucht?“, fragte er nach, schnell ein Thema verfolgend, welches ihm aus diesen düsteren Gedanken helfen würde. „Das ist ja sehr schön! Es zeugt von einem guten Geschmack. Ich muss mir unbedingt die Blumenzucht anschauen!“, machte er und nickte dabei ernsthaft. Vielleicht würde er ja ein paar mitgehen lassen können, um damit sein Zimmer zu schmücken. Na ja. Vielleicht auch nicht.
Dass Prisca über Epicharis‘ Entführung nachdachte, erschloss sich ihm nicht, wie auch? Er selber war ein wenig desinformiert über die ganze Sache, und jetzt, wo Marcus und seine Frau (ha, jetzt hatte er ihn in Gedanken Marcus genannt!) in Baiae weilten, konnte er sie nicht fragen. Natürlich könnte er zu ihnen hin, aber er hatte das Gefühl, das wäre nicht richtig. Aristides und Epicharis hatten das Exil in Baiae gewählt, damit sie nicht von irgendwelchen Stadtrömern gestört werden könnten.
Prisca erzählte über ihre Vetter, und Piso nickte wohlwollend. „Nun, wir sind in Germanien, weil es dort Bodenschätze gibt. Und viel Holz. Und nicht zuletzt, weil wir so gütig sind, den Germanen die via romana beizubringen.“, meinte er, es durchaus ernst meinend. Nicht, dass er die Germanen vollends disrespektierte, aber es waren halt auch nur... Barbaren. Prisca schien das Land aber überhaupt nicht zu mögen. „Warst du denn schon in Germanien?“, fragte er nach.
„Parthien ist sicher interessant, nur ist es schade, dass sie keine schlechten Kämpfer sind. Aus dem letzten Krieg haben wir jetzt ziemlich viele Sklaven, sonst aber wenig.“ Schade eigentlich. „Ich würde gerne einmal nach Ktesiphon gehen. Oder Hatra.“ Angeblich wären das keine schlechten Städte.
Er nickte, als sie ihm sagte, wer kandidierte. Hatte Avianus denn nicht schon kandiert? Egal. Orestes, hmm, den Namen hatte er schon gehört. Bald würde er ihn besser kennen, schließlich würde er sein „Inaugurateur“ werden. „Das hoffe ich ebenfalls.“, meinte er pflichtschuldigst und lächelte.
Es gefiel ihm, mit welcher Begeisterung Prisca auf sein Angebot reagierte. Sehr gefiel es ihm sogar. „Ich liebe Bücher!“, rief er aus. „Ich könnte Stunden in der Bibliothek verbri...“ Eigentlich hörte sich das doch ziemlich tragisch an. „...ngen...“, fügte er leiser mit einem scheuen Lächeln hinzu.
Möglicherweise war dies ein falscher Schachzug gewesen – aus irgendeinem Grund, den Piso nicht verstehen konnte, schien sie plötzlich nichts mehr von ihm wissen zu wollen. Sie hatte also plötzlich etwas zu erledigen? Nein, wollte Piso rufen. Jetzt habe ich schon eine Unsumme ausgegeben für diese Kleider, und jetzt willst du gehen? Unfair! Er tat es aber doch nicht, weil sein Hirn doch noch präventiv in Aktion trat und er nur nervös grinste. „Öhm, na ja, jetzt auch nicht so viel... ich meine...“, begann er zu stottern, als Prisca ihm aus seinen Leiden befreite. Sie hatte doch noch Zeit! Wundervoll! „Spitze! Dann auf, zum Buchhandel!“, rief er impulsiv, wie es seine Art war, und deutete in die Richtung, von der er wusste, dass man, wenn man ihr folgte, am Buchhändler vorbeikommen würde.