Beiträge von Aulus Flavius Piso

    „Wie gesagt, ich war nicht sehr lange da, und über die dortigen Sitten habe ich kaum etwas gelernt.“ Sonst hätte er ja Ursus auch kaum über so etwas ausgefragt. Seine Fragen waren viel eher darauf ausgerichtet, Wissenslücken zu schließen – und Ursus war dahingehend auch sehr hilfreich, wie Piso es ihm anerkennen musste.
    Die Frage, wieso Piso dorthin gegangen war, war eine interessante solche, die Piso lächeln ließ. „Einfach so.“, antwortete er freimütig. „Ich wollte Germania sehen, und deshalb bin ich dorthin gegangen. Weißt du, bevor ich nach Rom gegangen bin, habe ich das Imperium Romanaum bereist, sozusagen auf Grand Tour. Und der einzige Platz, wo ich nicht hingekommen bin...“ Er lachte. „...war Achaia.“ Er wusste, dass sehr viele Römer nach Achaia gingen, um dort ihre Ausbildungszeit zu verbingen. „Ich war dafür auf Creta, sogar ziemlich lange, und in Kleinasien. Naja, wenn ich dir von meinen ganzen Reisen erzählen würde, säßen wir noch zur 4. Vigilia hier.“ Er trank wieder einen Schluck von seinem Wein.
    Er lächelte ein wenig, als Ursus seine Freude darüber aussprach, dass die Flavier wieder im Kommen waren. „Es wurde durchaus Zeit, da muss ich dir zustimmen.“, meinte er nur. „Wenn ich nur wüsste, wieso mein Vetter Aquilius sich zurückgezogen hat.“ Offensichtlich war ihm die ganze Politik über den Kopf gewachsen. „Also heißt das, du würdest meine Kandidatur unterstützen?“, fragte Piso interessiert.

    Nein? Was sollte das bedeuten? Und der giftige Tonfall, in dem dieses Nein ausgesprochen wurde, veranlasste Piso dazu, sich ein wenig zurückzusetzen. Selbst der Laut, mit der Aurelius seinen Weinbecher auf den Tisch donnern ließ, klang bedrohlich. Unverständnis sprach aus seinen Gesichtszügen. Wieso war Celerina bloß nicht bei den Aureliern? Die Neugierde blitzte aus seinen Augen kurz, und fast hätte er etwas getan, was sicher dazu geführt hätte, dass man ihn herausgeschmissen hätte. Doch er verbiss sich die zwei Fragen, wo sie denn wäre und wieso sie nicht hier war. Unheil hätte unweigerlich gedräut. Das konnte er von einem Sklaven herausfinden, er würde einfach auf dem Weg heraus einen anhalten und fragen. Er machte also nur ein „Oh.“, was zwar nicht sehr eloquent war, aber das einzige, was in der Situation wohl passte, zumal es sein komplette Nichtwissen über den Umstand, dass Celerina sich in Ostia befand, treffender beschrieb als 1000 Worte.
    Wohl die Tatsache, dass er nicht nachhackte, sowie geschicktes Name-Dropping (ein sehr nützliches Werkzeug der Rhetorik) schaffte er es wohl irgendwie, das Ruder herumzureißen, sodass Corvinus‘ Tonfall sich nun doch versöhnlicher anhörte.
    „Einen Freund bei den Septemviri habe ich leider nicht.“ Piso schüttelte den Kopf ausdrücklich. „Aemilius Atimetus? Ein Aemilier? Nein, ich kenne keinen von jenen.“ Die Aemilier waren einst ein großes Patriziergeschlecht gewesen, doch jetzt war ihr Einfluss deutlich hinter dem der „großen 4“ – die Flavia, die Aurelia, die Tiberia und die Claudia – zurückgefallen. Dass Kontakte zu denen noch einmal nützlich wären, hätte sich Piso nie gedacht.
    Der nächste Vorschlag fand aber durchaus Anklang. „Opimius Naso ansprechen? Das wäre eine Idee!“, meinte er erfreut. „Würdest du das für mich tun? Ich wäre sehr zu Dank verpflichtet!“, versicherte Piso dem Aurelier. Das mit dem Dank meinte er ehrlich – er war darauf erpicht, die Gefallen, die ihm erwiesen wurden, später wieder quitt zu machen. Alles andere wäre Selbstmord am politischen Parkett.
    Eine Frage kam auf, die Piso zu einem Nicken veranlasste. „Ja, ich bin Primicerius a libellis.“, bestätigte er. „Schon seit recht langem. Also, Erfahrung in administrativen Aufgaben habe ich auf jeden Fall.“, lächelte er. Denn dies war ja auch der Aufgabenbereich der Septemviri.

    „Nein, Vera sollte gleich nachkommen, denn...“ Genau an dieser Stelle wurde Piso unterbrochen, als weiterer Besuch daherkam. Es waren niemand anderer als Archi und... eine Frau, die er nch nie gesehen hate. Allerdings war klar, wer es war, bevor Archi sie vorstellte. „Salve, Archi!“, begrüßte Piso seinen Freund lachend und hörte sich ihn an, als er die junge Frau vorstellte.
    Piso lächelte. „Es ist mir eine große Freude, dich kennen zu lernen, Decima Seiana. Archi hat mir schon so viel von dir erzählt!“, meinte er freudig und ging auf sie zu, um ihre Hand zu ergreifen und auf gut alte vindobonesische Art und Weise ihr einen Kuss auf die Hand zu setzen (wobei er natürlich, wie es sich für einen formvollendeten Handkuss gehörte, ihr nicht einen massiven Knutscher auf die Hand setzte, sondern jenen ein paar Millimeter entfernt von der Hand ausführte).
    Er musste wieder lachen, als Imperiosus die Schuld auf ihn abwälzte. „Mea maxima culpa! Ich hoffe, niemand ist mir böse deswegen!“ Da kein Sklave aber bisher Wein ausgeschenkt hatte, verzichtete auch Piso darauf, sich etwas einzuschenken – dies wurde vom gastgeber wohl noch nicht gewünscht. Natürlich würde jener abwarten, bis alle Gäste da waren, dachte sich der Flavier.
    In diesem Moment kam auch Axilla daher. Piso lächelte, als er sie sah, und schritt auf sie zu. Er hatte wider Erwarten eine hohe Meinung von ihr entwickelt, als sie ihm bei seinem Gedicht geholfen hatte.
    „Salve, Axilla!“, begrüßte er sie. „Hübsch schaust du aus.“ Er meinte es ehrlich. Zwar war sie komplett überkandidelt erschienen, und die Schmetterlinge in ihren Haaren sahen doch ein wenig seltsam aus. Doch Piso machte das nichts aus, im Gegenteil. Er liebte ein wenig Kitsch (aus welchem anderen Grund wäre denn sonst sein Zimmer vollgestellt mit eigenartigen Porzellanfigürchen?). Und Axillas Kleidung erfüllte ganz genau seine Ansprüche in dieser Hinsicht.
    „Du kennst schon alle Anwesenden?“ Das war eine irgendwie einfältige Frage, Axilla kannte natürlich alles, soweit er es wusste, aber es war eigentlich eher als Feststellung gemeint.

    Gerade wollte Piso eine noch bedrohlichere Miene aufsetzen gegenüber des Mannes, der, so wie Piso die Situation interpretierte, auf das Leben seines Freundes aus war – da rief ihm ebendieser zu, er solle es sein lassen. Piso blickte erstaunt daher, als ob ihm gerade etwas sehr seltsames gesagt worden wäre, dann ließ er seine Schultern nach vorne sacken und nickte nur. Das war jetzt eine blöde Situation. Wieso hatte er nur so eine Nummer abziehen müssen? Er versuchte gerade, sich einen passenden Satz zusammenzubasteln, da schlug der eben von ihm noch Bedrohte vor, sich bessere Plätze zu suchen.
    Alles setzte sich in Bewegung wie eine Karawane, und Piso wurde von Archias einfach mitgedrückt. Jener erhielt von Piso einen missmutigen Blick. „In solche Situationen kannst auch nur dich dich reinmanövrieren.“, meinte er. Er hätte es ja lustig gefunden, doch die Peinlichkeit für seine eitle Seele, die das nach sich gezogen hatte, kam ihm gar nicht zupass.
    Nach kurzer Zeit erreichten sie ein paar Sitzplätze, von denen aus man wirklich einen viel besseren Überblick hatte über das Treiben unten. Piso betrachtete es aber nicht genau, sein schlechtes Gewissen ließ das nicht zu. Er schob sich lieber zu dem Tiberier hin, den er vorher noch angepöbelt hatte.
    „Äh... tschuldigung.“, versuchte er, seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. „Es tut mir Leid, dass ich dich so angegangen habe. Ich habe die Situation komplett verkannt, und habe gedacht, es besteht echte Gefahr.“ Er machte ein bedrücktes Gesicht. „Ich bin übrigens Aulus Flavius Piso. Wenn ich eine Wiedergutmachung anbieten kann...?“, schlug er verzagt vor.

    Pisos Hirnwindungen arbeiteten derweil noch immer. Er würde schon ein senatorisches Tribunat bekleiden, wenn man ihn ließ, aber trotzdem konnte er leichte Zweifel in der Hinsicht nicht komplett beiseite schaffen.
    Er nickte nur, als Ursus seine Intention, sich nicht herunterziehen zu lassen, als Charaktereigenschaft hinnahm. In der Realität sah es doch anders aus – Piso war in machen Belangen (zum Beispiel denen, die seine Eitelkeit konfrontierten) stur wie ein Eber, aber doch in manchen (von denen er dachte, andere kannten sich da besser aus wie er) biegsam wie ein Grashalm. Und in letzterer Angelegenheit war es halt so, dass ein Soldat mehr übers Lagerleben wissen würde als ein Schreibtischstratege wie Piso. Und wenn man erst rausfinden würde, dass Pisos Eigenschaften nicht eben jenen entsprachen, die man von einem gestandenen Mannsbild erwarten würde... er wollte gar nicht daran denken. Ursus schien es aber ganz gut gehabt zu haben in der Legion, so wie er drauflosquatschte. „Ja, Freunde machen ist immer wichtig.“, stimmte Piso zu. Und Piso wusste auch, wie man jemanden am Besten zu seinem Freund machte – mit Freibier. Oder Freiwein. Ursus wusste das offensichtlich auch, wodurch er nun einen Stein im Brett bei Piso hatte.
    Er hörte sich das an, was Ursus über die Germanen erzählte. Er lächelte. „Nun ja, es gibt solche und solche, wie überall. Und, ich war schon einmal in Mogontiacum. Das ist aber schon sehr lange her.“, berichtete er. „Und in Argentorate, welches mir eine unendlich feinere Stadt erschien. Weiter in den Norden kam ich nicht, aber man sagt ja, dass Germania Inferior von den Göttern verlassen ist.“ Ein schrecklicher Gedanke für den Arvalbruder Piso. „Ich weiß nur von den Germanen, dass sie versuchen, römische Besucher auszupressen wie die Zitronen.“ Er zuckte die Achseln. Es war klar, wie Piso das Geld, das ihm sein Vater übereignet hatte, verloren hatte, und nun in der Kanzlei arbeiten musste, um sich wieder Kapital aufzubauen.

    Hier befindet sich das Cubiculum der Flavia Vera.
    Und genau hier, hatte Piso der Kammerdienerin Phrima befohlen, sollte sie einen Brief deponieren, den Piso am frühen Morgen, bevor er sich auf den Weg ins Officium machte, selbst auf einem Stück Pergament (welches Piso in rauen Mengen aus der Kanzlei hatte) niedergeschrieben hatte. Dies tat sie, pflichtgemäß.
    Der Brief war dergestalt.


    Liebe Vera,


    ich konnte dich gestern Abend nicht mehr erreichen, es tut mir sehr Leid. Momentan bin ich einfach viel zu viel beschäftigt. Ich brauche wirklich einen anderen Job, wo ich dann auch mehr zuhause sein könnte. Was ich dir sagen wollte, war, dass es heute eine Feier gibt, bei den Pompeiern. Mein guter Freund Pompeius Imperiosus hat mich gebeten zu kommen, und auch du bist eingeladen. Wir feiern dort Imperiosus‘ gute Rückkehr aus Aegyptus, und meine Erhebung in den ordo senatorius. Ich weiß nicht, ob ich heute noch nach Hause komme, aber auf jeden Fall, ich werde auf der Feier sein. Sie fängt zu Sonnenuntergang in der Casa Pompeia an. Es wäre schön, wenn du kommen könntest, Schwester, denn dies ist die Gelegenheit, ein wenig von der römischen Gesellschaft kennen zu lernen.
    Wir sehen uns dann, hoffentlich, heute Abend bei den Pompeiern!


    Grüsse,
    dein Bruder Aulus

    „Gut, sicherlich!“, meinte er zu Archias, als jener nach den hauseigenen Falerner fragte. „Nimm irgendwo Platz.“, bot er ihm an, er wollte seinen Gästen nicht vorgeben, wo sie zu sitzen hatten. „Oder aber nicht.“, schlug er als Alternative vor. In diesem Moment kam Vera rein. Piso blickte erfreut auf sie. „Hallo, Schwester! Darf ich vorstellen? Der Senator Aelius Quarto. Senator, meine Schwester Flavia Vera!“, meinte er, auf beide abwechselnd zeigen. Vera würde wohl leider nicht zu den hochpolitischen Gesprächen da sein können, so wie es aussah, auch wenn Piso es sich von Herzen gewünscht hätte, bei der cena Rückendeckung von seiner resoluten Schwester zu bekommen. Aber es sprach natürlich nichts dagegen, Vera beim allgemeinen Empfang hier zu haben. Die Vorspeise war ja noch nicht gedeckt, nein, die beiden Senatoren des Hauses waren noch nicht einmal hier.
    Piso wandte sich an die Dekorateurin, die weiter hinten gerade damit beschäftigt war, herumzustehen und auf einen Befehl zu warten. „Astarte! Bring uns Falerner! Sechsmal!“ Vera sollte ja auch ihren Wein bekommen, der stand ihr zu, und den für Furianus würde man einfach einmal beiseite stellen, sowie jener noch nicht hier war.
    Astarte verbeugte sich und verließ den Raum. Kaum war sie gegangen, trat Gracchus ein. „Salve, Vetter.“, begrüßte Piso ihn und betrachtete, wie er ein Gespräch mit Aelius Quarto anfing. Wer Gracchus nicht kannte, würde ihm nicht ansehen, dass er sich überwinden musste – aber Piso selber wusste, zu welchem Ausmaß er über seinen Schatten springen musste, um sich den Aeliern zu gegenüber zu stellen.
    „Das hier ist Caius Aelius Archias, er kam zusammen mit dem Senator Aelius Quarto.“, informierte Piso Gracchus, ohne etwas über die genaueren Umstände zu sagen. Diese wären für Gracchus, wie er es fast vermuten wollte, von geringer Interesse.
    Und er hätte ohnehin nichts weiter sagen können, denn in diesem Augenblick kamen Demostratos und... Dings... wieder rein, eine Kline schleppend. Das war aber fix gegangen. Piso drehte sich zu den beiden hin. „Halt, nicht hier. Weiter rechts... jawohl... nein, weiter nach vorne... genau hier!“, kommandierte er die Sklaven herum, welche mit einem Rums die Kline auf den Boden stellten. Piso winkte die Kerle weg und wollte sich gerade wieder niederlassen, da kam Astarte wieder ins Triclinium. „Ah, sehr gut. Wein für alle!“, befahl Piso der Sklavin, welche nur nickte und den Gästen Wein in Becher einschenkte. Bisher lief es halbwegs, so dachte er sich...


    Sim-Off:

    Wi-Sim-Falerner für alle!

    Piso räusperte sich gewichtig. „Nun, er war ein Tyrann, und das Wort Rex impliziert ja auch nichts anderes. Ein König kann per se keine positive Gestalt sein. Obwohl, Gezetere und Gejammere... Tarquinius Superbus wird als ein Mann beschrieben, der weiß, was er tut. Er weiß, dass es verboten ist, was er tut, ja, fühlt sich sogar schlecht deswegen irgendwie, aber er macht es ohnehin, denn er wähnt sich unverwundbar. Dies ist er aber nicht, wie die Rebellion zeigt. Was denkst du, wäre in diesem Fall präferabel... Gezetere? Wehrt er sich? Oder fügt er sich in sein Schicksal?“, sinnierte er. Das war durchaus eine interessante Frage. „Darüber könnte man noch einmal ein Gedicht schreiben. Aber ich glaube, Zetern würde auch nicht passen, denn in seinem Exil in Tarquinia machte er nie wieder den Versuch, zurückzukehren nach Rom.“ Er überlegte kurz. „Denn er ist feige. Jawohl, das ist es. Ich denke, er sollte, wenn er die Nachricht erhält vom Beschluss des Volkes, aus Angst flüchten. Genauso, wie er am Anfang des Gedichtes der Belagerung von Ardea entfloh, um Lucretia zu vergewaltigen!“ Er blickte Axilla an. „Denkst du, das ist geeignet? Ist das eine Idee?“, fragte er sie. Der Enthusiasmus glomm aus seinen Augen. Dass er sie nach ihrer Meinung fragte, zeigte eines deutlich – er dachte nicht mehr dasselbe von ihr als noch vor ein paar Minuten, wo sie freimütig zugab, die parthischen und seleukidischen Herrscher nicht zu kennen.
    „Und ja, sicherlich, das Begräbnis. Brutus‘ Schwur auch? Ja, da könnte man ein paar Motive hineinpacken, die ich im Gedicht unterstreichen will. Der Kampf gegen das Schicksal, von einem Tyrannen gegängelt zu werden.“, fantasierte er. „Ja, wo er die Leute auf seine Seite bringt... doch es ist eben so, dass durch die Vergewaltigung der Lucretia das Volk schon aufgebracht genug ist. Da muss er sicher nicht viel reden.“ Er zuckte die Schultern. „Aber da, was er redete, kann man ja niederschreiben.“
    Er redete nun seinerseits wie ein Wasserfall, als die Ideen aus ihm heraussprudelten.
    Als sie jedoch ihn nun fragte, wieso er dieses Gedicht schreib, unterbrach er sich und blikte sie wieder an. Dieses Mal jedoch mit einem anderen Blick, einem der Trauer – ja, der Resignation. „Ich will dadurch etwas überwinden.“ Er schwieg kurz, bevor er sich spezifizierte. „Eine unerfüllte Liebe, die auch nie hätte sein können. Die zerbrach am Schicksal, so wie die Beziehung zwischen Collatiunus und Lucretia.“, machte er leise.

    Nein, das tat es ja auch nicht. Nicht nur Laevina fand sich selber amüsant, nein, auch Piso tat das. Nun, man kann das in zweierlei Hinsicht verstehen – dass Piso sich selber lustig fand, und dass erLaevina als unterhaltsam empfand. Beides traf wohl zu. Ja, er mochte die nette Alte mittlerweile wirklich gerne. Sie war keine Banausin (so dachte der junge Flavier), was Grund genug war für Piso, um sie als eine echte Freundin zu erachten. Und doch war es darüber hinaus äußerst unschlau, sich auf die Germanicer einzulassen – wie er es jetzt ja wohl schon tat. Piso war innerlich hin- und hergerissen zwischen der Neigung, das Verbotene zu tun, oder aber der Linie seiner Familie zu folgen. Pah, als ob er letzteres die ganze Zeit täte.
    Was die Germanicerin aber nun sagte, erstaunte ihn. „Was? Eine so nützliche Sklavin? Meine Sklavenschaft besteht aus Lümmeln, Banausen und Aufsässigen. Ich habe gar nicht gewusst, dass man heutzutage noch nützliche Sklaven in dieser Stadt kriegt.“ Er schaute traurig drein. „Die sind alle schon komplett degeneriert.“ Er sollte einmal davon absehen, sich neue Sklaven zu kaufen, sondern in die flavische Sklavenzucht greifen. Sicherlich konnte man da den einen oder anderen ganz nützlichen Kerle herausziehen. Oder aber, was noch ein Gedanke war, eine nützliche UND hübsche Sklavin, die immer brav folgte. Jawohl... so etwas wäre im Sinne des Flavius Piso. Er war zwar ein wenig metrosexuell, aber hatte seine Heterosexualität noch nicht aufgegeben (im Gegensatz übrigens zu anderen Familienmitgliedern, doch dies stand hier nicht zur Debatte).
    „Wenn ich dich besuche, dann macht es dir hoffentlich nichts aus, wenn ich mich vorher anmelde.“, meinte Piso und hoffte, damit einen halbwegs akzeptablen Abschluss zu dieser Frage gefunden zu haben. Er würde es sicherlich einmal tun... wenn er sich genug Mut angetrunken hatte, womöglich.
    Hm, war es möglich, dass sie ein wenig erstaunt wirkte, als er „Blümelchen“ (einen anerkannten Fachausdruck unter Nicht-Banausen und geborenen Ästheten, na gut, Möchtegernästheten) erwähnte. Wen mochte es geben, der keine Blümelchen mochte? Piso waren sie so lieb, dass er sie sogar verewigen hatte lassen (natürlich auf einer wundervoll knartschhimmelblauen Toga). Nur gut, dass sein bester Freund Archias darauf bestanden hatte, dass er nicht in einer solchen beim Wagenrennen auftauchte. Er wäre damit wohl wie ein geborenes Angriffsziel gewesen für Taschendiebe und Ausrauber.
    Er hörte ihr andächtig zu, als sie etwas zu den Vergöttlichten, den Divi, sagte. Ah ja, Livia Drusilla, auch genannt Iulia Augusta. Der Name sagte Piso (der durchaus eine fast morbide Verehrung für die julisch-claudische Dynastie hegte) durchaus etwas. „Sicherlich, sie war eine sehr große Frau.“, bestätigte er. „Ihre Vergöttlichung war vollends berechtigt. Nun wird die Diva Augusta ja im Tempel des Augustus verehrt. Sicherlich könnte sie dort eine ein wenig prominentere Stellung bekommen.“, versprach er Laevina.
    Auf ihre nächste Frage hin musste er gar nicht lange überlegen. „Kaiser Titus.“, kam es wie aus der Kanone geschossen. „Er regierte nur ein wenig mehr als 2 Jahre lang, doch war er ein großer Kaiser, der in seiner kurzen Regentschaft sehr viel Gutes bewirkte. Ich selber habe eine Büste von ihm in meinem Zimmer.“ Eine idolisierte Büste, die vieles vom Babyspeck im Gesicht des vergöttlichten zweiten flavischen Kaiser wegretouchierte, und deshalb ästhetisch akzeptabel war. „Aber auch sein Vater Vespasian – ein Gottkaiser, wenn es jemals einen gegeben hat.“ Er lachte kurz, der letzten Worte des Vespasian eingedenk: „Hui, ich werde ein Gott!“ Ein Spaßvogel war der Gute selbst noch im Tod gewesen, was seinem Verwandten, der nun hier vor Laevina hockte, zutiefst Respekt abnötigte. Dass er am Liebsten auch den dritten flavischen kaiser, dessen Namen man nicht nennen durfte, vergöttlicht sehen würde, war selbstredend.
    Ja, Piso sah in Laevina noch immer das gutmütige Mütterchen, welches höchstens milde beratenden Einfluss ausübte. Der, so wie sie sich über Avarus und Sedulus beklagt hatte, auch nicht ernst genommen wurde. Nein, Piso erachtete Laevina nicht als eine Person, die viel zu sagen hatte im Hause Germanica. Oder die ihre Mitmenschen bespitzelte. Innerlich hatte Laevina doch schon längst das Prädikat: „Zumeist harmlos“.
    Laevina erzählte nun ihrerseits von ihren Dichterfahrungen, und Piso lächelte auch, wie sie. Die letzten Zweifel, dass es sich bei Laevina um eine Banausin (im pisonischen Sinne) handeln konnte, schwanden.
    „Das klingt... sehr schön.“, meinte er und lächelte sie an. „Die Amores.“ Ja, da waren einige gute Gedichte drinnen, die auch nicht so anstößig waren wie die Ars Amatoria. „Somit schätzst du Ovid?“, fragte er interessiert nach.

    „Oh!“, rief Piso nur aus, als er bemerkte, dass er etwas essentielles aus seiner Beschreibung ausgelassen hatte. „Verzeihung. Ich meinte mit dem vakanten Amt die Septemviri.“ Jetzt hatte er den Gedanken glatt übersprungen. So leicht kann man sich mit den ganzen Viri verhaspeln. Mist. Entschuldigend blickte er Modestus an. Es war klar, wieso ihn jener so seltsam anblickte.
    „Kürzlich erlag der Septemvir Decimus Tongilius Stolo einem Herzversagen. Und ich würde gerne die Lücke beim Collegium Septemvirorum auffüllen, die er hinterlassen hat.“, berichtete Piso dem Quindecimvir.
    Ungeachtet des Versprechers ging das Gespräch weiter. Modestus würde Furianus also besuchen kommen. Piso fragte sich, ob die Aufregung eines solchen Besuches nicht den Gesundheitszustand des Furianus schwächen könnte. Doch er beließ es nur bei einem Nicken. „Sicher. Ich werde es ihm ausrichten.“, meinte er.
    Piso überlegte kurz, bevor er nickte. „Ich habe davon gehört, ja.“ In der Kanzlei blieb nie jemandem lange etwas verborgen. „Die Berichte nicht nur aus Hispania, sondern aus vielen Provinzen im ganzen Reich, sind ziemlich verstörend. Was kann nur der Grund sein, dass gerade jetzt, wie aus heiterem Himmel, eine Sturmflut an Bittschriften aus den Provinzen kommen? Es ist wie eine Lawine, die vom Statthalter von Asia ausgelöst wurde.“ Der erste Brief war nämlich von Calpurnius Piso gekommen, der aus derselben gens stammte wie Flavius Pisos Mutter (welche ihm auch jenen traditionell calpurnischen Cognomen gegeben hatte).

    Auch Piso musste lachen. „Die Ärmste habe ich noch nicht einmal kennen gelernt. Die wird sicher was mitmachen müssen. Obwohl, die Leute, die das unglückliche Los haben, uns beide einmal zu ehelichen, sind auch nicht zu beneiden.“ Er zwinkerte frech seiner Schwester zu.
    Er merkte sichtlich, dass Vera nicht gerade begeistert war, als der name der Genucierin fiel. Piso schaffte es, sein Gesicht unter Kontrolle zu halten. Über die Toten (denn so eine war ja Triaria fast hundertprozentig) sollte man nicht schlecht sprechen. Oder auch nur denken. Sein Blick schweifte kurz über das grüne Labyrinth, welches der Garten der Familie darstellte, bevor er sich wieder Vera zuwandte.
    Er lächelte geschmeichelt, als sie begann, seine Gedichte zu loben – sie wusste wohl, wie sehr er Bauchpinselei mochte – und musste lachen, als sie „Ergüsse“ sagte. „Ergüsse? Das trifft es wohl!“, meinte er und grinste breit. „Und natürlich werde ich dir das Gedicht vorlesen. Wenn du die Ausdauer dazu hast.“ Freundlich blickte er auf seine Schwester, der bereits das Schicksal dräute, sich stundenlang von ihrem Bruderherz zuschwafeln zu lassen. Was man eigentlich gewohnt sein sollte, wenn man sich zur Familie des Flavius Aetius zählen konnte und somit den kreativen Freisetzungen des Sohnes des Hausherren der Villa Flavia in Ravenna wiederholt ausgesetzt war.
    Gut, dass Vera ihre Gedanken, dass Piso nicht der begnadetste Dichter aller Zeiten wäre, äußerte. Denn obwohl sein Glaube daran, dass er der beste Sänger seiner Zeit sei, seitdem er in Rom war, doch ins Wanken gekommen war, glaubte er noch immer an seine dichterische Überlegenheit.
    Anhand dessen, dass Vera nicht so begabt war, was die Kunst anging, konnte man eindeutig feststellen, dass sie Geschwister waren. Sie unterschieden sich wohl nur in dem Ausmaße, in dem sie dies auch einsahen. Kitsch mochte Piso natürlich freilich auch, zu einem fast schon ungesundem Ausmaß.
    „Sag, Vera.“, merkte Piso an. „Wie hast du dir diesen Empfang eigentlich vorgestellt? Groß oder klein? Familiär oder im weiteren Bekanntenkreis?“

    Dass so viele Leute herschaute, konnte natürlich nicht daran liegen, dass es doch ein wenig befremdlich war, dass unvermittelt ein Mann, ein adeliger noch dazu, wenn man zu den Sandalen schaute, mitten am Viehmarkt von Rom, dem sonder Zweifel unlyrischsten Schauplatz zwischen Po und Sizilien, anfing, ein Gedicht, beziehungsweise ein kleines Stückchen davon, loszubrüllen. Die Iunierin fuhr sich mit der Hand ans Gesicht – sicherlich wegen vor Schrecken ob der Genialität und der wundervollen Ausführung des Gedichtes. Sogar die Pferde wieherten, sicherlich konnten auch die Tiere spüren, welch wundervolles Schaffen sich hier vollzog. Rezitieren war fast so spaßig wie singen, und unterlag nicht derselben gesellschaftlichen Kritik. Piso dachte sich, er sollte sich mehr in diese Richtung einbringen. Das wäre sicherlich spaßig.
    Apropos spaßig, wieso grinste sie so, als er fertig war? Sichtlich war sie angetan von der Kunstfertigkeit, mit der Piso seine Verse mühsam geschmiedet hatte. „Ja, das weiß ich, und dies ist eben das, was mich am Gedicht stört. Vor allem, weil die Geschehnisse vorher.... sehr... sehr detailliert sind.“, untertrieb er. „Und...“ Er kratzte sich hinten am Kopf mit der rechten Hand. „...ich habe mich gefragt, ob du vielleicht wießt, wie ich das ein wenig ausführlicher beschreiben kann. Vor allem die Geschehnisse in der ersten und der zweiten Strophe. Denn, wie du es schon gesagt hast, einfach ist das nicht gewesen. Die historischen Quellen sind einfach wenig ausführlich...“ Er zuckte die Schultern. „Also ist künstlerische Freiheit geboten. Vielleicht wird er ja schreiend aus seinem Palast gezerrt? Oder aber er findet sich damit ab, dass er verbannt wird? Oder er flieht, um nicht von den Römern gelyncht zu werden?“, schwirrten schon einige Ideeen in des Flaviers Kopf herum.

    Zitat

    Original von Charis
    Original von Appius Pompeius Serapio:


    Ach ja, da werden wieder Kindheitserinnerungen lebendig! Die Serie hab ich damals (in der Erstausstrahlung!*) echt geliebt! =)


    * Ja, ja, ich bin fast vierzig, aber ich fühle mich jung! Logisch, ich nehm ja auch Doppelherz :P


    Auch meine Kindheit hat die Serie geprägt (aber nicht so wie die Sendung mit der Maus :)). Und dabei bin ich ein Neunundachtziger. :D Es leben die Wiederholungen!

    Hm, waren die Runzeln eine aurelische Erscheinung, gleich der flavischen hochgezogenen Augenbraue? Egal, ob sie es waren oder nicht, Piso konnte an denen ablesen, dass seine Worte mit einem gewissen Befremden aufgenommen wurden. Vielleicht dachte der Aurelier, Piso wollte ihn veräppeln. Dabei waren die Worte des Piso ganz ernst gemeint. Als Corvinus ihm eine knappe Antwort auf die Frage zuteil werden ließ, wunderte wiederum er sich. Wieso das Seufzen? Piso nahm es dem Pontifex nicht ganz ab, dass die Ehe „passabel“ lief. Wäre Piso verheiratet gewesen, und seine Ehe würde „passabel“ laufen, würde er sicherlich nicht seufzen. Obwohl, Corvinus war ja nicht Piso. Er beließ es also nur dabei, freundlich zu nicken, als ob nichts wäre.
    Die Frage, die Corvinus ihm nun stellte, die traf ihn aber unerwartet. Piso blinzelte, erstens um seine beiden Augenbrauen davon abzuhalten, in die Höhe zu schnellen, und zweitens, um den ungläubigen Ausdruck in seinen Augen zu verdecken. Heiraten? War diese Frage jetzt ernst gemeint? Ein Verdacht beschlich ihn. Er ging innerlich die Liste der weiblichen Aurelier durch, die er kannte – eine kurze Liste, bestand sie doch nur aus einem Namen. Bei Venus...
    Piso entschied sich, diese Deutung der Frage nicht in Betracht zu ziehen und eine andere, harmlose zu nehmen, welche sich nur auf Corvinus‘ und Celerinas Ehe bezog. „Ja... doch, wie schon gesagt... ich höre so wenig von Celerina dieser Tage, und ich wollte wissen, ob es ihr auch gut geht. Ist sie denn hier?“, fragte er in ehrlicher, gutgläubiger Unschuld.
    Piso nickte, als Corvinus richtig kombinierte, und lachte ebenfalls. „Genau! Da hast du Recht. Und nein, das ist nicht der Rede wert.“ Da hatte er schon schlimmere Fragen bekommen.
    Der arme alte Tongilius Stolo kam ihm wieder in den Sinn. Vor ein paar Tagen war er noch ein stolzer Eques und Septemvir gewesen, und urplötzlich haute ihn der Herzkasper aus den Sandalen heraus. Welch Pech. Seinen Platz wollte Piso einnehmen. „Ich komme von Tiberius Durus. Er hat sich einer Kandidatur meinerseits positiv ausgesprochen und hat mir ein Empfehlungsschreiben an den ehrenwerten Opimius Naso versprochen. Und er hat mir empfohlen, mich an dich zu wenden, da du früher Septemvir warst.“ Er hüstelte. „Und dies ist meine Frage, wenn du es erlaubst: Wie stelle ich es an, mich zu bewerben?“

    Der emotionelle und zutiefst dankbare Piso hatte natürlich sich viel zu oft bedankt, und es war nicht einschätzbar, ob Durus obdessen geschmeichelt oder doch eher genervt war. Piso aber strahlte wie ein Kind zu den Saturnalien. Er nickte, als Durus ihm versprach, ein Schreiben an den Opimier, den Magister des Collegiums, zu richten, und bei den Flaviern einzuwerfen. Piso würde wohl nun in Zukunft jede Stunde in den Posteingang schauen. „Danke.“, sagte er noch einmal, überflüssigerweise.
    „Und jetzt will ich dir auch nicht mehr von deiner Zeit wegnehmen.“, schloss der Flavier das Gespräch ab, das zu führen ihn doch ein bisschen peinlich war, verlangte es doch, dass er als Bittsteller vor jemandem, der schon nicht Unbeträchtlcihes für ihn getan hatte, sprechen musste. „Vale, Consul!“, verabschiedete er sich und trachtete zu gehen.

    Zitat

    Original von Centho et Archias et Septima et Celsus


    „Ähm... aber... Archi... das ist keine gute Idee...“, brachte Piso noch hervor, mit einer etwas heiseren Stimme von der ganzen Schreierei schon, als Archias zu der vor ihnen herumhüpfenden Frau ging und sie... hochhob. Piso klatschte sich die Hand aufs Gesicht. Und er hatte immer gedacht, er wäre der mit den Fettnäpfchen! Archias schien ihm da ganz und gar nicht nachzustehen.
    Erst nach einer Weile wagte er es wieder, einen Spalt zwischen dem Zeige- und den Mittelfinger zu eröffnen, um zu sehen, was denn jetzt vor sich ging. Würde Archias jetzt eine gefetzt bekommen? Es sah gar nicht danach aus, er war aber daran, sich zu entschuldigen. Welch Debakel. Centho mischte sich mittlerweile auch schon ein – er konnte doch seinen Freund in dieser prekären Lage nicht alleine lassen!
    Er hastete aus seinem Sitz hervor, und eilte zur Szene des Geschehnisses hin. Offenbar hatte es sich Archias auch mit einem jungen Kerl an der Seite der von ihm emporgelupften jungen Frau verscherzt. Sicher war dies ihr Zuckerschneck oder Mausibutz oder weiss der Kuckuck. Er hielt nämlich Archias am Arm fest wie einen gemeinen Dieb.
    Die Lage als eine aggressive solche einstufend, trat Piso mit gestrengem Blick zum Kerl, der den Arm seines Freundes noch immer hielt, hin. „He, du! Hast du Probleme mit meinem Freund?“, fragte er ihn, auf ihn herunterblickend (denn Piso war eine Kleinigkeit größer als der Tiberier, den er ansprach).

    „Jawohl, das wäre ja absolut entsetzlich!“, rief Piso aus und schlug sich die Hände über den Kopf zusammen, und zwar so, dass das einzige, was man hernach noch vom Gesicht sah, das Kinn und das breite Grinsen war.
    „Also, war schön, dich wieder mal zu sehen, und ich freu mich schon auf morgen. Also dann, man sieht sich! Vale, Imperiosus!“ Piso wandte sich gewandt um, raste durch die Tür und schlug sie hinter sich zu. Doch selbst durch die verschlossene Türe hindurch konnte an den heiteren Singsang von Piso hören, der in einer schrägen Tonlage die Flure der Kanzlei durchströmte...

    „Was ganz Grässliches. Fieber und alle Zustände.“, berichtete Piso. „Pyrexie, hat Kosmas, unser Arzt, gesagt, was aber wohl auch nur ein Kunstwort dafür ist, und besagt, dass er selber keinen Tau hat.“ Er zuckte die Achseln. „Bin nur froh, dass es vorbei ist. Ich habe mir viele Sorgen gemacht...“ Er hatte versucht, es nicht an sich herankommen zu lassen, aber nicht immer hatte es geklappt. „Ich selber habe im Sommer die Grippe gehabt, vielleicht war es was Ähnliches, nur heftiger.“
    Er nickte verständnisvoll, als Archias ihm erzählte, woher das Wort käme. „So lernt man täglich was dazu! Mein Vetter Gracchus hat ja jetzt einen parthischen Sklaven, vielleicht probiere ich das mal an ihm aus.“ Er schmunzelte beim Gedanken. „Parthisch, verdammmich. Und der Krieg hat gerade eben aufgehört.“ So kurz war das Gedächtnis der Leute.
    Archi begann über die Stellungen der Leute innerhalb einer Familie zu sprechen, und Piso nickte. „Naja. Valerian ist ja jetzt ein Ulpier. In der Familie ist noch immer Quarto der, der das meiste Sagen hat. Denk ich mal. Aber wenn ich Senator werde, ist das dann auch wieder was anderes.“, überlegte er. „Ja, Senator sollte man sein, wenn man Patrizier ist. Sonst hat man im Familienrat nichts zu Sagen.“, äußerte er seine Vermutung. Eigentlich sollten sich alle Familienmitglieder auf einer Ebene treffen, aber das war halt einfach nicht so. Was ein Senator sagte, galt mehr als nur die Worte eines hoffnungsvollen Aspiranten, sowohl innerhalb wie auch außerhalb der Villa Flavia. Piso sprach nur aus, wie er die bittere Wirklichkeit sah.
    "Nun, also dann! Dann geh zu deiner Seiana und richte ihr schöne Grüße von mir aus. Und ja, mach das bitte. Es ist dann eh nicht mehr so lange, bis es stattfindet, oder? Also dann, vale!"