Der Preis also. Hätte Pisos Börse sprechen kennen, hätte jene nun ob ihres unverantwortlichen Besitzers gejammert, doch ebendieser schien so eingenommen von seinen Ringen (und vielleicht nicht nur von jenen), dass er gar nicht darüber nachdachte, wieviel er zur Verfügung hatte. Doch der Preis, den Piso für die Ringe ausgeben sollte, würde selber einer dickeren Geldbörse schmerzen. Er feuerte einen warnenden Blick auf den Händler ab, doch bevor er etwas sagen konnte, trat ja schon Prisca hervor, Ein Ereignis, das dazu einlud, herzuschauen und nicht mit dem Parther eine Debatte zu beginnen.
Mit großer Genugtuung hörte der Flavier das Gestammel des orientalischen Dampfplauderers (den Piso trotz des ursprünglichen guten Eindruckes immer mehr für einen Banausen hielt) versiegen, und mit Erleichterung sah er, dass Prisca ihn ob seiner Worte nicht ohrfeigte oder heulend davonrannte. Puh, gerade noch einmal durchgeschlitzt, Aulus, Schwein hast du, dachte er für sich selbst, als er ihr Lächeln registrierte. Es sah... echt aus. Ganz leicht, kaum hörbar, atmete er aus. Komplimente machen war immer eine heikle Sache, zur allzu leicht konnte man auf diesem schlüpfrigen Parkett ausrutschen. Doch bisher schien es ja ganz ordentlich zu laufen... eigentlich.
Sie stimmte mit ihm überein, dass sie wirklich das zweite Kleid anprobieren wollte, und zwar mit einem Gesicht, welches Piso veranlasste, Hitze in seinem Gesicht heraufsteigen zu fühlen. Verdammt! Er konnte jetzt nur hoffen, man sah ihm keine Röte an.
Wenn man sich Pisos Verhalten so ansah, konnte man durchaus verstehen, dass es Verdachtsmomente bei Prisca gab. Piso war ziemlich eitel und metrosexuell (in seiner Kindheit fing das schon an, als er sich in Mädchenkleidung gefiel) , doch er war der „griechischen Krankheit“, wie man es nobel nannte, nicht anheim gefallen. Was man unschwer daran sehen konnte, dass er von seiner unglücklichen Liebe gejammert hatte. Dass sich vor allem in letzter Zeit häufiger diverse Frauen fragten, ob er wirklich ein Frauenliebhaber wäre, lag wohl daran, dass es kein wirkliches Verständnis gab für... nun, empfindsamere Männer. Was schade war, wenn es nach Piso ging.
Prisca belobigte seine Ringe, und Pisos Brust schwoll vor Stolz. „Danke! Ich habe dasselbe gedacht... aber ich brauchte eine andere Meinung dazu.“, lächelte er. Vor allem, weil er dann und wann doch ziemlich ins Wasser haute. „Deine Meinung war mir wichtig.“, fügte er, ihr versichernd, hinzu, als er sie weiter auf seine Ringe blicken ließ.
Sie fragte ihn, wozu denn die Ringe gut wären, und Piso dachte kurz nach, bevor er eine ädequtae Formulierung zusammengestöpselt hatte. „Nun, du musst dazu wissen, vor kurzem erreichte mich die Nachricht, dass ich in den ordo senatorius erhoben worden bin.“, verkündete er. Haha, wie er sich gefreut hatte, als er sich in der Kanzlei selber ernannt hatte, wie ein Kind. „Wir vom senatorischen Rang, die aber noch keine Senatoren sind, können keine äußeren Kennzeichen unseres Standes zeigen. So habe ich mir gedacht, diese Ringe könnten als Ersatz dafür dienen. Ich denke, für öffentliche Anlässe wären sie sicherlich geeignet.“ Er schielte auf seine Ringe runter. Die würden sicherlich Eindruck schinden, dachte er frohen Mutes. Denn er wäre beileibe nicht der einzige Mann, der seine Hände dermaßen aufbrezeln würde (auch wenn solche Leute zu einer aussterbenden Rasse von Kavalieren der alten Schule gehörten; das dachte Piso einmal).
Der Enthusiasmus auf seine Antwort war nicht gänzlich überschäumend, doch Piso beschloss, diesen Umstand fürs erste außer acht zu lassen. Immerhin hatte er es geschafft, durch seine Antwort nicht alles zu zertrümmern. Wieso fragte ihn Prisca eigentlich so viel? Vielleicht hielt sie ihn für einen Mann, der alle Antworten parat hatte. Oder war dies eine Art... Test? Wozu?
Gleichzeitig bemerkte er, dass es ihm... unangenehm war, als Prisca seine Hände wieder losließ.Piso blickte erstaunt eine Sekunde herunter und dann wieder zu Prisca hin, die, ihn lächelnd anschauend, wieder zur Ankleidekabine sich hin begab und ihn stehen ließ... alleine. So fühlte er sich irgendwie, als sie in der Kabine verschwunden war.
Einige Sekunden blieb er so stehend, auf einen imaginären Punkt starrend, den er selber nicht hätte bestimmen können. Das Hüsteln des Händlers riss ihn so dermaßen aus seinen Gedanken, dass er fast erschrocken herumfuhr.
Er blickte zum Parther hin, welcher ihm eine Frage stellte. Ob er fürs Kleid zahlen wolle? Pisos Verstand sagte nein. Doch sein Bauchgefühl veranlasste ihn dazu, zu nicken. „Sicher mache ich das.“, meinte er. Zum ersten wollte er nicht als Knauserer dastehen, nachdem er sich selber schon so reichhaltig mit Ringen versorgt hatte. Zum zweiten dachte er noch immer, es wäre nur recht und billig, würde er für seine Fahrlässigkeit auch büßen. Und zum dritten wollte er Prisca eine Freude bereiten... auch wenn ihm nicht klar war, wozu. Ging vielleicht das Leben weiter? Auch ohne Decima Serrana? Vielleicht?
Aus den Augenwinkeln sah er, dass endlich der lang ersehnte Tee kam. Na Herrschaftszeiten, Zeit wars, dachte er sich und ließ sich auf eines der Kissen nieder. Er sank in dem Kissen unerwartet tief ein, und wäre fast umgefallen, wenn er sich nicht geistesgegenwärtig in Balance gebracht hätte. „Danke für den Tee. Was ist also dein Preis für die Ringe, das Kleid und den Tee?“ Um letzteren konnte er sich wohl schlecht drücken. Hoffentlich kam jetzt nicht noch einmal ein so unmögliches Angebot wie bei den Ringen. Es würde seine arme Börse ausbrennen. Auch schon wurscht. Er blickte erwartungsvoll den Parther an, als sein Tee eingefüllt wurde und Piso pflichtschuldigst ein Schlückchen heraussüppelte.