Die Türe ging auf. Es war natürlich Sciurus. Piso bedachte den Sklaven mit einem kurzen Blick. Er musste sagen, dieser Kerl war ihm noch immer nicht ganz und gar geheuer. Er hätte unmöglich sagen können, wieso... aber ihm würde er nie zu gleichen Maßen vertrauen, wie es sein Vetter zu tun schien. Obwohl, Sciurus schien als Verwalter der Angelegenheiten des Gracchus erfolgreich und kompetent zu sein. Einen ähnlichen Sklaven hatte Piso noch nicht auftreiben können. Antiochos, obwohl gebildet, war chaotisch und ohne jegliche Eigeninitiative. Seine übrigen Sklaven waren ohnehin jenseits aller Kritik.
Doch er war nicht hierher gekommen, um über seine Sklaven zu hadern. Er wandte seinen Kopf zu Gracchus hin. „Danke vielmals!“, rief er, als er herangerufen wurde. Die nächsten Worte jedoch gaben ihm ein kleines Rätsel auf. Ritterstand? Nein, Ritter war er nicht geworden. „Ach so!“, meinte er nach einem sekundenlangen Nachdenken. „Du meinst den ordo senatorius. Ja, ich danke dir.“ Die Implikationen dieser Erhebung waren nicht ungewaltig. Nicht nur, dass Piso jetzt kandidieren konnte – er musste auch seine Position gegenüber Vescularius Salinator noch einmal überlegen. Er würde sie nicht ändern, aber doch war es jetzt so, dass er ihm zu Dank verpflichtet sein würde. Piso schmeckte dies nicht.
Dass seinem Vetter ein Versprecher entfahren war, sah Piso jenem nach, das passierte, und so ging er gar nicht mehr darauf an.
„Vetter, ich bin zu dir gekommen, weil... ich dir etwas sagen wollte. Die Kanzlei bietet mir keine Zukunftaussichten. Die Wege nach oben bleiben mir versperrt. Gleichzeitig merke ich, wie es mich immer mehr in den Dienst der Götter zieht. Seitdem ich begonnen habe, mich eingehend mit unserer Religion zu beschäftigen, habe ich gesehen, wie sehr mich die Theologie fasziniert.“ Er machte eine kleine Pause. „Bei den Septemviri wurde jüngst ein Platz frei, und ich habe mich entschlossen, mich dafür zu bewerben. Und ich wollte dazu deine Unterstützung als Pontifex und Vetter erbitten.“, schloss er.
Beiträge von Aulus Flavius Piso
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„Mensch, danke!“ Piso lachte laut, als Imperiosus seinen Schmäh ablieferte. „Das sehe ich auch so! Man sollte uns eigentlich einsperren und nicht auf die arme Menschheit loslassen! Nochmal, echt toll, dass du uns einladest. Und, ich freue mich echt schon auf deine alexandrinischen Köstlichkeiten.“ Er zwinkerte Imperiosus übermütig zu, bevor er ein wenig ernster wurde. „Weißt du, ich glaube, ich muss jetzt zu meinen Notarii zurück. Sonst kommen die ganz außer Rand und Band ohne ihren Primicerius.“, meinte er.
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Piso stand vor der Türe seines Vetters und wagte nicht zu klopfen. Tausend Gedanken gingen durch seinen Kopf. Er hatte schon vor ein paar Sekunden seine Hand zum Klopfen gehoben, sie aber doch wieder sinken lassen. Solch eine Ankündigung Gracchus zuteil werden zu lassen, war doch ein ziemlicher Schritt. Er würde den angestrebten Karrierewechsel unumkehrbar machen.
Und aus noch einem Grund zögerte er zu klopfen. Dieser Grund steckte in seinem Gürtel und hatte die Form einer Schriftrolle. Es war die Schriftrolle des Aristides.
Als Piso jene erhalten hatte, hatte er sie erstaunt gelesen. Zuerst hatte er ihre Botschaft nicht richtig absorbiert, nur entnommen, dass Arsitides gegangen war. Er war noch in den Hof gestürmt damals, und hatte gefragt nach seinem Vetter. Doch immer wieder hatte er die selbe Antwort erhalten. Dein Vetter ist weg. Tut mir Leid, Herr, hatten ihm die Sklaven gesagt, und frustriert war Piso in sein Zimmer wieder zurückgekehrt.
Wo er dann seinen Brief aufgenommen hatte und ihn studierte. Noch einmal, dieses Mal sorgfältig. Und dieses zweite, gründliche Durchlesen, inklusive des Anhangs, hatte ihn berührt. Ehrlich berührt. Er wusste nicht, was er dazu hätte sagen können.
Er war also nur über jenem Brief gesessen, sicherlich minutenlang, und war immer wieder über die selbe Zeile gegangen. Ich habe nie schlecht über dich gedacht, hatte Aristides geschrieben. Es hatte Piso gerührt. Endlich Anerkennung. Es war die erste, die er jemals in seinem Leben von einem Angehörigen der flavischen Familie bekommen hatte, nahm man vielleicht einmal Vera aus.
Und eine zweite Zeile hatte ihm noch Fragen bereitet. Wir sind uns ähnlicher, wie du denkst. Inwieweit ähnlicher? Was wusste Aristides von ihm? Und wie waren sie sich ähnlicher?
Und er hatte ihm geraten, sich an Gracchus zu wenden. Doch Piso hatte lange davor zurückgeschreckt. Er wusste, dass Gracchus in letzter Zeit, seiner Ausgelaugtheit wegen, nicht zur Verfügung gestanden war. Doch gekuppelt mit seinem Verlangen, welches er hatte, war dies nun wohl die rechte Zeit, bei ihm vorbeizuschauen.
Er hob abermals seine Faust – und dieses mal klopfte er. Es erstaunte ihn fast selber. Seine Faust erstaunt ansehend wie ein fremdartiges Objekt, ließ er sie sinken. Seine Augen folgten der Bewegung seiner Hand, die sich nur allmählich wieder entspannte.
Nun blieb ihm nichts anderes, als vor der Tür des Gracchus zu warten, bis dass er hereingebeten wurde. -
„Mensch, danke! Das wäre ganz prima! Ich denke, sie sollte mal ein bisschen aus der Villa heraus.“ Sie war zu lange darin geblieben während ihrer Krankheit. „Ich kann dir sagen, sie war ziemlich lange krank. Ich habe mir schon echte Sorgen gemacht. Aber gut, dass sie wieder da ist.“ Piso liebte seine Schwester über alles (auch wenn es eine ganz andere Sache war, dies auch zuzugeben) und fühlte sich für sie verantwortlich. In eine bessere Gesellschaft wie in die von Archi konnte sie gar nicht kommen.
Archias hielt eine enorme apologetische Rede über Ehebrecher, und Piso schaute ihn verwundert an. Nun gut, Archias war noch nie der Moralapostel gewesen, aber es war seltsam, wie lange und weitschweifig er dies zu verteidigen versuchte. „Na ja, gut, wenn du meinst...“, trachtete er Archias in seinem Redefluss zu unterbrechen. „Aber was ist ein Padah-Wahn? Ist das etwas Parthisches?“, fragte er ein wenig misstrauisch.
„Na, sicher mache ich das. Vielleicht findet sich einer von meinen Notarii, aber, um ehrlich zu sein, es sind schreckhafte Gestalten.“ Als Archias seinen Wein trank, wurde auch Piso dessen wieder gewahr, und spülte hastig nach.
Zu der Frage von Archias hin antwortete er: „Nun, also, wie ich das meine, ich bin ja nicht so der große Macker in der Familienpolitik. Es gibt ja zwei Senatoren in unserer Familie. Das sind die ganz wichtigen Tiere. Und nach ihnen – also vor den Frauen, den Sklaven und den Haustieren – komme ich. In deiner Familie hingegen gibt es nur einen Senator und danach kommst schon du, was die Wichtigkeit angeht.“, erklärte er. -
Ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpel... nein, das war was anderes, aber Pisos Gesichtsgymnastik, mit dem er sein Antlitz malträtiert hatte, als er ausführlich vor dem impluvium des Atriums der Villa Flavia die hohe Kunst des unverbindlichen Grinsens geübt hatte. Sehr gut, dass seine Kenntnisse jetzt griffen.
Sein leichtes Necken war fast schon ein bisschen zuviel gewesen. Denn, sie war ja nett! Nichts dagegen zu sagen. Er hörte mit Wohlwollen, wie sie nun tatsächlich bereit war, ihm nun, auf der Stelle, zu helfen.
„Nein, ich bin noch gar nicht fertig, aber ich mache das Ende schon jetzt, damit ich weiß, worauf ich hinsteuern soll.“, vertraute er ihr an. „In Wirklichkeit dauert es noch so seine Zeit. Das Rohkonstrukt ist aber schon fertig!“ Er wirkte ziemlich enthusiastisch.
„Gut, dann trage ich es dir vor. Also gut, vorher spricht Collatinus ein Gelübde, dass er den Tod der Lucretia räche. Und dann geht es so weiter...“ Wer wusste, vielleicht würde Axilla jetzt seinen inneren Gedanken Lügen strafen? Denn Piso war durchaus nicht einer, der die Bewertung eines Menschen nur auf den ersten Eindruck zurückführte.
Er holte also tief Luft und schmetterte los. Inmitten des Viehmarktes, zwischen Tierkot und Methanausdünstungen.„Er spricht’s, und auf die Brust die Hand ausstreckend,
Küsst er die Unglückskling’, als Eides Zeugen,
Die Übrigen zu gleichem Eid erweckend,
Die sich, erstaunend, seinen Worten neigen,
Dann knieend sich vereint zur Erde beugen;
Und Brutus wiederholte, wie zuvor,
Das heilige Gelübd’, und Jeder schwor.Nachdem sie dieses Strafgericht beschworen,
Beschlossen sie, Lucretia fortzutragen,
Und bei dem Leichnam vor der Römer Ohren
Tarquin’s verworfne Missetat zu klagen;
Dies ward sofort vollbracht, wie vorgeschlagen,
Und willig von den Römern insgesamt
Tarquin für ew’ge Zeit aus Rom verbannt.So fristet jetzt der Schurke seine Zeiten
Nun im Exil, hoch im Etruskerland.
Nie wieder konnt‘ er Rom in Ehren leiten,
Zu schwer wog dazu seine große Schand‘.
Tarquinia war’s wo er sein Ende fand.
Vergessen von den, die ihm folgen taten
Starb er, arm, einsam, und zerlumpt, verraten.Recht geschah es ihm, dem Schuft Tarquin,
Der sein Recht auf Herrschaft hat vertan.
Er beraubt‘ des guten Collatin,
sein edles Weib, dem armen guten Mann.
Was hatte Tarquin ihm bloß angetan?
So fristete der Collatinus bitter,
von nun an seine restlich‘ Zeit als Witwer.So ward Lucretia tot, beraubt des Lebens,
doch aus dem Tod entsprang ein neues Licht:
Ihr Dahingeh’n war so nicht vergebens.
Dadurch wurd‘ nun das Königtum Geschicht‘.
Die Republik entstand, die Tyrannei bricht,
Das Opfer, herb, tat Rom die Ehren schenken
Welche nun dienen Lucretias Angedenken.“Er blickte Axilla fragend an. „Was denkst da davon? Ein bisschen undetailliert, oder? Ich will gerne ein bisschen mehr Information hineinpacken.“
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„Ich danke dir. Und, ich gehe natürlich, wenn die Zeit dies verlangt.“, meinte Piso freundlich und setzte sich in Bewegung, dem Senator nebenher jappelnd. Piso hielt seine Unterhaltungen natürlich am Liebsten sitzend, doch dies konnte er jetzt übel anbingen. „Schöne Säulen übrigens. Korinthisch.“, merkte der architektonisch nicht ganz unbedarfte Piso an.
Der Annaeer sprach fast schon seine Gedanken aus, und Piso war sehr überrascht, dachte er doch, er hätte jetzt einen wunderbaren Fall von Wahrsagerei vor sich. Dann aber rief er sich ins Gedächtnis, dass der Annaeer das sicher von Varus wusste. Ha, er gehörte doch zur Prominenz, unglaublich. Er konnte ein leichtes Grinsen sich nicht verkneifen. „Ja, genau, im Cursus Honorum. Ich habe vor, bei den nächsten Wahlen als Vigintivir zu kandidieren, wahrscheinlich als tresvir capitalis.“ Die unausgesprochene Frage lautete natürlich, ob er ihm helfen würde. Als Mit-Klient standen die Chancen zwar gut... aber wer wusste...
„Und, eine Frage habe ich, wenn du es mir erlaubst. Ich will mich um die kürzlich vakant gewordene Stelle bei jenen bemühen. Und ich wollte dich fragen, ob du mir in der Hinsicht vielleicht helfen kannst.“, breitete er Modestus eine der vielen Sorgen aus, die ihn momentan quälten.
Auf die Frage Flavius Furianus hin betreffend überlegte er kurz, was er antworten sollte. Er entschied sich für die diplomatische Lösung. „Den Umständen entsprechend gut. Er selber fühlt sich so gut, dass er das Amt des Magister der Arvalbrüder auf sich genommen hat.“, informierte er den Annaeer.
„Genau, ich habe deinen Namen einmal im Zusammenhang mit Hispania gehört. Ich war auch schon einmal dort, eine gewisse Zeit ist das schon her. Wer war zu der Zeit Proconsul? Ich glaube, es war damals schon Matinius Agrippa. Ein sehr schönes Land.“ -
Der Parther fasste seine Sklaven augenscheinlich hart an, ein bisschen zu hart in den Augen des doch nicht ganz so hartherzigen Piso. Aber gut, wenn es Banausen waren, konnte man das wohl tun. Der Parther schien nicht einmal ein solcher zu sein, denn er bot genau die richtigen Klunker an. Pisos Herz öffnete sich gleichsam wie die kleine Truhe, die der Parther vor ihm aufmachte. Welch wundervolle Steine dies waren. Er konnte seinen Blick gar nicht davon nehmen. „Gleich, 7 Stück.“, bestätigte er trozken, doch der Enthusiasmus trahlte aus seinen Augen. Wundervolle Ringe waren dies. Er streckte seine beiden Pratzen vor, um sie sich vom Parther anstecken zu lassen. „Ohne Fliege, bitte, ich verabscheue Krabbeltiere.“, gab Piso dem Parther zu verstehen, als er nach und nach das Gewicht der Ringe zu verspüren begann. Nicht ohne Gefallen blickte Piso auf seine neu erworbenen Ringe. Der flavische Siegelring würde sicherlich gut dazu passen.
Letzteren hatte er in seinem Beutel, welcher wohlweislich von seinen Gürtel herunterhing. Sicherlich hatten dort auch die Ringe Platz, wenn er sie einmal nicht brauchte. Fürs Schreiben und echte Arbeiten waren die sicherlich mehr als nur unpraktisch, aber Piso war durch seine noble Geburt ja davon ausgenommen. Worauf er nicht böse war, denn harte Arbeit empfand er als unästhetisch.
Er blickte noch immer gebannt auf seine neuen Ringe und drehte seine Hände affektiert im Sonnenlicht herum, was zur Folge hatte, dass die Steine fröhlich-farbenfroh aufblickten. Ja, das waren wirklich schöne solche.
Der Pather fragte, ob das Arrangement so passte. „Nun, vielleicht den Amethysten und den violetten... wie heißt er... genau, Sugilithen, das ist er doch, oder?... vertauschen. Dann ist es in der Reihenfolge des Regenbogens.“ Er wartete, bis der Partherdies getan hatte, und dann streckte er die Hände aus. Uff, welch Gewicht! Wer schön sein will, muss eben leiden. Aber er war sehr zufrieden. Zwischen den linken 4 und den rehcten 3 Ringen prunkte eine Lücke, sein frei gelassener rechter Zeigefinger. Hier würde der flavische Siegelring seine Heimat finden. Natürlich nur, solange er nicht am Amt zu arbeiten hatte.
„Wieviel kostet dies?“ Doch kaum war seine Frage ausgesprochen, entsprang Prisca eben der Umkleidekabine. Der Parther war sehr schnell darin, ein Urteil abzugeben. Schrecklicher hätte es nicht einmal Piso ausdrücken können, dachte er sich ein wenig selbstironsich und warf ihm einen Blick zu, der wohl „Wenn du nicht die Klappe hälst, kriegst du auch einen Hügel, und zwar in Form einer Beule“ ausdrücken mochte.
Die Umdrehung, die Prisca bereitwillig ausführte, endete direkt vor Piso, der nun ein erwartungsvolles Lächeln und eine Frage bekam. Piso lächelte zurück, und zwar ehrlich. Nein, traurig war er schon lange nicht mehr, im Gegenteil, aufgrund eines seiner legendären Stimmungsumschwankungen fühlte er sich nun so pudelwohl wie seit langem nicht mehr.
Durch die Erfahrung, wie blöd ein dummes Kompliment klingen kann, gewitzigt, ließ Piso sich ein wenig Zeit in der Wahl seiner Worte, als sie ihn fragte, wie es ihr stand.
„Nun... hervorragend – ist kein Ausdruck dafür, Prisca. Dieses Kleid ist umwerfend, das will ich ehrlich sagen. Mein Leben lang strebte ich nach Ästhetik, doch solch eine Harmonie und Schönheit habe ich nur selten gesehen. Es steht dir wunderbar.“, meinte er ernst zu ihr, bevor er wieder lächelte. „Doch, ich frage mich fast, ob das andere, das Zweifarbige, dies noch übertrumpfen kann. Unwahrscheinlich, doch einen Verusch wert – was denkst du?“
Priscas Blick fiel auf die Ringe des Piso, und gerade wollte er sie stolz hinhalten, da fühlte er sie ergriffen von Prisca. Sein Erstaunen verbergend, ließ er zu, dass sie ihn examinierte.
„Ja, sie sind wunderschön, nicht wahr?“, bestätigte er ihre Worte, und hätte fast seine Augenbraue typisch flavisch in luftige Höhen gehebelt, als sie plötzlich ganz philosophisch wurde. Doch er unterließ dies, und nahm stattdessen einen verträumten Gesichtsausdruck an, passend zur gestellten Frage. Die durchaus angenehme Berührung von Prisca half dabei immens.
„Wenn ich dies wüsste... Regenbögen, nie auffindbar sind ihre zwei Enden... unauslotbar ihre Höhe, welche sich in die obersten Himmelsphären empor ranken... gerade deshalb sind sie so schön – und mysteriös. Und, ihre Anfänge und Enden zu kennen, würde das Mysterium, das sie umrankt, verstören. Genau aus diesem Grund, so denke ich, sollte man auch nie erkennen, wo ein Regenbogen aufhört... und wo er anfängt. Dieses Nicht-Wissen, diese Unmöglichkeit der Erkenntnis – ein integraler Grund ist es, warum Regenbögen das sind, was sie sind.“ Hoffentlich war die Antwort halbwegs brauchbar. -
Was redete der Sklave da bloß für einen himmeltraurigen Schmarren zusammen? So einem hätte er seinen eigenen Sklaven schon lange ausgebeizt, und zwar salzig. Nicht, dass alle barbarischen Akzente schlecht waren, aber so ein fürchterliches, abscheuliches Latein war nie zu vergleichen mit dem kernigen Fluß des raetischen Akzentes oder der schleppend-weichen Melodie des norischen Zungenschlags. Piso blickte ein wenig indigniert dem Sklaven nach, als jener verschwand.
Sim-Off:
Er kam bald wieder zurück und führte ihm zum Pontifex, in einen Raum, der Piso frappant an diverse Räume erinnerte, die er damals in Alexandria gesehen hatte. Piso setzte ein Lächeln auf, als er den Aurelier sah. Hohen Tieren gegenüber verhielt man sich nett.
„Salve, Aurelius Corvinus! Ich danke dir, dass du es so kurzfristig einrichten konntest, mich zu sehen.“
Er setzte sich, sowie ihm der Platz angeboten worden war. Der Stuhl knarzte leicht, altehrenwürdig war das gute Mobilar allerdings. „Das stimmt, wir haben uns auf der Hochzeit gesehen, mehr allerdings nicht, bedauernswerterweise. Oh, danke, verdünnt bitte.“
Pur wäre schon eine verdammte Versuchung gewesen, aber er wollte sich zu diesem Besuch nicht hoffnungslos besaufen. Der Wein wurde ihm eingeschenkt, doch Piso nahm sich vorerst zurück, was das Trinken anging. „Danke sehr.“, machte er also nur.
„Ich habe, vor allem in letzter Zeit, immer nur Gutes von dir gehört, Senator, insbesondere vonseiten deines Neffen Aurelius Ursus. Und da habe ich mich gefragt, wieso ich den Ehemann meiner Nichte...“ Er simplifizierte das komplexe Verwandtschaftsverhältnis einfach einmal geradezu verbrecherisch. „...Celerina nur so schlecht kenne. Diesen Misstand wollte ich berichtigen. Ich hoffe, die Ehe läuft gut?“ Piso hätte sich selber an den Kopf geschlagen, wenn er gewusst hätte, n welches Fettnäpfchen er mit diesem Satz schon gleich zu Anfang gelandet war. Denn er wusste ja noch nichts davon, dass Celerina die Fliege gemacht hatte. Niemand hatte es für nötig befunden, ihn darob aufzuklären.
Er schien kurz nachzudenken. „Außerdem... muss ich gestehen, dass ich eine Frage habe. Du warst ja, bevor du Pontifex geworden bist, Septemvir, wenn ich mich nicht täusche.“ Er blickte Corvinus fragend an. -
Piso atmete auf. Mit der Unterstützung des Pontifex pro magistro im Rücken konnte eigentlich nichts falsch gehen.
„Ich danke dir viele Male, Consul!“, rief Piso aus, begeistert. Und trotzdem empfahl Durus noch Aurelius Corvinus. Eigentlich ganz logisch.
„Gut! Ich habe sowieso vor, ihn in nächster Zeit aufzusuchen, da kann ich das Thema zur Sprache finden. Ich danke für den Ratschlag. Furianus ebenfalls? Nun, sicherlich, er bekleidet ja nun auch ein wichtiges Priesteramt.“ Auch wenn es sicherlich nicht mit dem eines Pontifex vergleichbar war,
Was Durus nun zur Sprache brachte, das hatte Piso ebenfalls schon überdacht. „Nun, ja, ich werde auh mit ihm sprechen. Doch die Unterstützung eines Vetters wird wohl nicht im selben Licht betrachtet wie die Empfehlung eines Nicht-Familienmitglieds.“, gab er zu Bedenken. „Aber ja, ich werde mit ihnen sprechen. Ich danke dir für deine Unterstützung.“, bedankte er sich noch einmal. -
Och. Er war gar nicht in Betracht gezogen worden. Nun, ein großes Wunder war dies nicht, war er doch gewissermaßen nagelneu in der Gemeinschaft. Dass Furianus nicht ablehnte, war vernünftig vorhersehbar gewesen, und Piso würde ganz sicher nicht gegen ihn stimmen.
Was war also die logische Schlussfolgerung? Piso ließ seine Faust, mit Zehntelsekundenvorsprung als erster, vorschnellen und den Daumen oben herauslugen.
Damit man sich eine bildliche Darstellung davon machen kann:
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„Oh, sicher...“, meinte nur Piso, dem gerade durch den Kopf schoss, wie böse ihm die übrigen Familienmitglieder sein würden, wenn plötzlich eine Horde Germanicer in ein familiäres Fest bei den Flaviern hineinplatzen würden. Was heißt böse. Furianus würde ihn umbringen und danach wie ein Spanferkel am offenen Feuer grillen. Genau dieses Szenario erschloss sich nun vor ihm, und er wünschte sich genau in diesem Moment, er wäre nicht so weit nach vorne vorgeprescht. Was für ein Unglücksvogel er war! Er hatte nun etwas versprochen, da konnte er als Mann, der wollte, dass sein Wort etwas galt, nicht mehr zurückrudern. „Klar.“ Er lächelte noch immer, doch in seinem Kopf malte er sich bereits aus, was geschehen könnte. Er hatte es geschafft, eine Brücke zwischen den Flaviern und den Aeliern zu schlagen – doch zwischen den germanicern und den Flaviern dies zu machen, war ungleich schwieriger. Was waren die Chancen, dass er sie als seine Großtante Calpurnia Galla hineinschmuggeln könnte, ohne dass sie davon erfuhr, dass sie unter falschem Namen hier war, und ohne dass die Flavier erfuhren, wer die Dame war? Sehr, sehr schlecht standen sie, man könnte ein solches Ereignis mit Fug und Recht als Wunder bezeichnen.
Und gerade ob dieser Gedanken war seine Freude auf den Besuch bei den germanicern nun doch etwas gedämpft. Mal sehen. Es musste ja niemand bei den Flaviern erfahren. Nun, aber nach dem, was er von Avarus und Sedulus erfahren hatte, würden diese sicherlich ohne großes Zögern lauthals verkünden, wo der junge Flavier sich überall herumtreibt. Früher oder später würden die beiden dies als Trumpf gegenüber Furianus oder Gracchus im Senat auspacken.
Und so erpackte die große Furcht Piso. Es gelang ihm aber irgendwie, sie nicht allzu offensichtlich zu zeigen. „Nun, ich bedanke mich sehr für die Einladung, und ich sollte doch denken, dass es irgendwann einmal die Gelegenheit geben wird, eure Casa zu besuchen.“ Da müsste er sich aber vorher absprechen mit... nein, nicht mit Furianus, er hing doch noch ein bisschen am Leben. Mit Gracchus, ja Gracchus schien auch nicht so feindlich eingestellt gegenüber Avarus. Er könnte ja zurückrudern, wenn dies keinen Anklang fand. Sein Herz entkrampfte sich ein weng, und er lächelte die betagte Germanicerin an.
Nachdem er damit abgeschlossen hatte, sie vollzuquatschen, was das Amt, welches ihm gefallen würde, anging, stellte sie ihm die Frage, was ihm vorschweben würde. Tatsächlich fuhr sich Piso erst mit seiner Hand ans Kinn und rieb sich zweimal hin und her, bevor er eine Antwort gab.
„Mir liegen die vergöttlichten Kaiser am Herzen. Ich würde die Tempel, in denen sie verehrt werden, gründlich generalüberholen lassen.“ Er lachte. „Obwohl, dann kann ich auch genausogut Flamen Divorum werden. Es ist ja noch nichts fix. Was noch schön wäre, wenn die Tempel öfter verziert wären. Du weißt schon, mit Blümelchen. Und so. Und ein bisschen grün. Die Rasen rund um diverse Tempel sind ja absolut verwahrlost.“ Ungeordnet kamen die Ideen aus seinen Mund, ihm selber erschienen sie natürlich ganz grandios.
Natürlich gab es keine unabhängigen Beweise, dass Vescularius mit den Germanicern anbandelte. Doch in der Villa Flavia war dies als Axiom gehandelt, und Piso sah keinen Grund, dies nicht zu glauben, solange er keinen Gegenbeweis enthielt. Schließlich schienen die Günstlinge des Vesculariers immer das zu erhalten, was sie wollten. Im Gegensatz natürlich zu ihm selber.
Als Laevina ihm aber versicherte, sie habe des Vescularius Namen noch nie vernommen in der Casa ihrer Familie. Nun, es war ja so, dass man wohl die hohe Politik sicher nicht vor Frauen diskutieren würde. Das war immer so bei den Familien Roms, und Piso hätte alles andere auch als seltsam wahrgenommen.
Wurde seine künstlerische Hingabe geschätzt? Piso konnte das nicht gut einschätzen. Obwohl er dazu eingeladen wurde, weiterzumachen, tat er es nicht mehr, dem selbst ihm war klar, dass es doch ein wenig unhöflich war, so zu verfahren.
„Nein, nein, das kann ich ja noch zu Hause machen. Du wirst es früh genug hören.“ Zwar war dies eine freundliche Einladung, aber in Laevinas Ohren dürfte es sich durchaus anhören wie eine grausame Bedrohung, die am Horizont dräute wie ein Heer von blustrünstigen Giganten. „Hast du eigentlich Erfahrung mit der Dichtkunst, wenn ich dich fragen darf?“, war seine Frage. -
Piso fühlte sich angestupst, und lies seine Gedichteschmiederei. Das war jetzt wohl nicht mehr gefragt, in dieser kritischen Phase sollten auf die Fahrer die Anfeuerungen hören. Er nickte also und holte Luft. Tief Luft. Wer hätte gedacht, dass ein einziger Mensch so tief Luft holen konnte? Er war noch immer nicht fertig. Seine Lungen mussten enorm sein. Und es ging noch immer. Irgendwann, endlich, war er fertig, staute die Luft in seinem Körper auf, sodass er fast (passenderweise) blau im Gesicht wurde – und mit einem Schlag brüllte er, mit seinen Luftreserven los.
„Auf geht’s Casetorix, putz‘ die rote Sau!“
Der Schrei war so laut, dass der arme Mann, der vor Piso stand, vor Schrecken von seinem Stuhl fiel. Erschrocken beugte sich Piso nach vor.
„Entschuldigung!“, flüsterte er dem Mann zu und half ihm wieder auf seinen Platz. Nie wieder so laut brüllen. Vor allem, wenn es gegen die Factio seines Patrons ging. -
Der Sklave schien etwas unentschlossen, und Piso lächelte ihn breit an. „Schau mal, mein Guter. Ich würde einfach nur gerne einmal Aurelius Corvinus, den Ehemann meiner Nichte zweiten Grades, Flavia Celerina, kennen lernen. Und mit ihm ein Gespräch privater Natur führen. Das sollte doch machbar sein, oder?“, fragte er, ein bisschen langsam redend, als ob er es mit einem Begriffsstutzigen zu tun hätte.
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Mit den Namen parthischer und seleukidischer Könige konnte sie scheinends nichts anfangen, stellte Piso innerlich fest, als er doch eine gewisse Unkenntnis in den Augen der Iunierin erblickte. Nun ja, es konnte eben nicht jeder genau so gescheit, so wunderbar und sowieso nur noch fantastisch sein wie er selbst, dachte sich Piso und lächelte die junge Frau milde an. Mittlerweile hatte er eigentlich nicht mehr das Gefühl, dass es mit ihrem Intellekt weit her wäre.
Sie ging auf seine Reisebeschreibungen gar nicht ein, was in Piso den Verdacht weckte, sie wäre gar nicht daran interessiert. Das wäre ja komisch. Das konnte nicht sein. Seine Geschichten waren immer hoch interessant, das konnte niemand, der bei klarem Verstand war, abstreiten.
Was sie aber nun sagte, veranlasste ihn, eine Augenbrqaue hochzuziehen. Nackt Pferde reiten? Und ob Piso das falsch verstand? Natürlich verstand er das falsch. In Gedanken sah er Axilla, bar jeder Kleidung, auf einem Pferd sitzen – ein gar nicht mal uninteressanter Gedanke. Sie berichtigte, was sie gesagt hatte, untermalt von kreativer Gestik, die Piso, als bekannter Gestenliebhaber, durchaus gefielen; doch aus Pisos Hirn kam dieser Gedanke gar nicht mehr heraus. Axilla nackt, das wäre sicher ein gefälliger Anblick. „Ich habe...“ Er hüstelte. „...auch noch nie Pferde... öhm... nackt geritten.“ Er verbiss sich ein Grinsen, dass sicherlich vom einen zum anderen Ohr gegangen wäre, und Axilla sehr offensichtlich gezeigt hätte, wie sehr Piso empfand, dass sie sich lächerlich gemacht hatte. Nur der Respekt vor einer Freundin seines besten Freundes hielt ihn ab, und so lächelte er sie nur freundlich und verständnisvoll an (mittlerweile konnte er das besser als früher, wo er, wenn er sich daran versucht hatte, nur ein schmieriges Grinsen a la „bestechlicher Zuhälter mit verborgenem Dolch“ zustande gebracht hatte).
Die Sprache kam auf Axillas Gedichte. Es wäre also nichts besonderes gewesen. Gut möglich, aber hätte Archi sich damit abspeisen lassen? Er war ja sonst kein Banause (denn wenn Piso das von ihm gedacht hätte, wäre es mit ihrer Freundschaft nicht mehr weit her gewesen). Irgendetwas musste das Gedicht geheißen haben. „Oh, ich bin mir ganz sicher, es war formidabel!“, meinte er deshalb ehrlich.
Auch wenn Pisos Gesangsstimme, objektiv betrachtet, um einiges schlimmer sein musste als Axillas Stimme, wäre ihm niemals eingefallen, das einzusehen. Wenn er anderen von seiner wundervollen Stimme erzählte, war dies keine Lüge, sondern nur eine Fehleinschätzung, die Piso sein Leben lang nicht realisieren würde. Natürlich sang er in der Öffentlichkeit nicht mehr, seit diesem... Dings... am Forum... halt... den Zwischenfall. Und seitdem er von Furianus einen auf den Deckel gekriegt hatte, nicht einmal mehr in den meisten Teilen der Villa Flavia. Doch trotzdem – Piso tat dies nur nicht, weil er dachte, niemand würde den künstlerischen Wert seiner Stimme begreifen.
Das sie ihm nun anbot, ihm bei seinem Gedicht zu helfen, nahm er sehr gerne auf. „Nun, vielen Dank! Ich denke einfach, beim Ende fehlt etwas. Soll ich dir die letzten, sagen wir, 5 Strophen vortragen? Ich denke, ich kann sie aus dem Gedächtnis.“, gab er an. -
„Um ein Haar?“, fragte Piso nach. Sein innerer Gram war nun doch echter Neugierde gewichen. Was hatte er nicht alles über Onkel Manius gehört von seinem Vater. In seiner Gedankenwelt war sein Verwandter stets ein vor ewiger Jugendhaftigkei stotzender Mann gewesen, der heldenhafte Abenteuer bestand. Es war fast ein wenig enttäuschend, nun einen alten Mann vor sich zu sehen. Aber dies war der Lauf der Natur. Tatsächlich mochte einmal Onkel Manius das heldenhafte Aussehen gehabt haben, welches Piso immer bei ihm sich vorgestellt hatte.
Sowie Onkel Manius ganz und gar nicht dem entsprach, was Piso immer gedacht hatte, so schüchtern schien sein Freund Severus zu sein. Ihn hatte wohl die Schönheit und Grandezza (man wollte fast sagen, Protzsucht) der Villa Flavia überrascht. Und tatsächlich musste nun sich Onkel Manius einschalten, bevor Severus noch ewig schweigen würde.
Tatsächlich musste er die Aufforderung des Piso wiederholen. Ein wenig verduzt blickte auf Severus, der wohl nur auf spezifische Fragen von Sabinus antwortete. Jener druckste noch ein paar Sekunden herum, bevor er eine Antwort entgegnete, die weder ein „Danke“ noch ein „Bitte“ enthielt. Piso zog, durchaus verwundert von dieser skurillen Gestalt, marginal seine rechte Augenbraue hoch, bevor er nickte. Er drehte sich um, als ob er nach etwas suchte. Und dies war auch der Fall, er schaute sich nach einem Sklaven um. Und tatsächlich rannte gerade einer vorbei. Einer der vielen in der Villa Flavia, die weder bedeutsam waren noch einen allgemein bekannten Namen hatten. „He, du da! Geh zu Phrima! Und sag ihr, sie soll zwei Zimmer herrichten!“ Das raetische Kammermädchen der Flavier würde dies sicherlich zur allgemeinen Befriedigung machen.
Piso bemerkte durchaus, dass Sabinus die Antwort seines Freundes positiv aufnahm. Den Grund dafür hörte Piso nun, als er die geschichte hörte, die ihm Sabinus erzählte.
Als er sie sich anhörte, da fiel seine Kinnlade doch ein klein wenig runter. „Du hast... Schafe gehütet?“ Ein flavischer Schäfer? Das war kaum glaubwürdig. Manchesmal hörte er ja durchaus die eine oder andere Andeutung, sein Amt sei eines Patrizier nicht würdig. In dieser Beziehung war er nämlich durchaus aufgeschlossen. Aber... Schäfer? Das war dann doch ein mehr als nur extravaganter Beruf für einen Flavier. Vor allem, wenn es eine romantisch überspitzte Figur ist, von der Piso immer nur gehört hatte, er erlebte irgendwo Abenteuer. „Wir haben gedacht, du wärst tot. Und mittlerweile hütest du in den Pampas... Schafe!“ Man konnte ihm seine Ungläubigkeit durchaus anhören. Er konnte das Geraune in den Straßen beinahe schon hören. Flavius Piso, genau, dessen Onkel war ja Schafhirte gewesen! Nun, auf der anderen Seite – kein einziger Beruf, den irgendwelche Verwandten bekleideten, konnten ihn so lächerlich machen, wie er sich selber. Wie war das noch einmal mit dem Sängerwettstreit am Forum? Eine deplorable Angelegenheit war dies gewesen, um gracchische Diktion zu verwenden, etwas, was Piso unterbewusst immer häufiger machte dieser Tage.
Er wandte sich zu Severus hin. „In diesem Falle gilt dir selbstredend der Dank der gesamten Familie. Es ist uns eine Ehre, dass du unter uns verweilst.“, meinte er. -
Piso musste lachen. „Nun, sicherlich! Das würde ein Spaß werden. Aber mal sehen, vielleicht kommt doch noch eine Gelegenheit, dass wir die Feier auf komplett neutralem Boden feiern können. Ich meine, sowas scheint mir immer wieder zu passieren.“, warf er ein. „Und, ach ja, was denkst du davon, wenn zu so einer Feier ich Vera mitnehme? Du kannst dich sicher an sie erinnern, die, deren Zöpfe du immer gezogen hast.“ Er hoffte, das würde Archis Gedächntnis auf Trab bringen. „Sie ist nämlich in Rom dieser Tage, genauso wie du.“
Er grinste, als ihm Archias versicherte, die Domus Aeliana sei sicher für einen Flavier. „Wirklich? Mensch, das ist ja interessant. Vielleicht findet eine alte Fehde jetzt endlich ein Ende.“, hoffte er. Bei Archias letzten Worten lächelte er. „Ich bin mir ganz sicher, das tust du, mein Freund, ganz sicher. Ich auch. Aber ich habe einfach noch zu tun, bis dass ich den selben Rang in meiner Familie inne habe, den du in deiner Familie bekleidest.“, spielte er auf seine eigene Rolle bei den Flaviern an, obwohl er auch durch Aristides‘ Abgehen unvermittelt aufs Dreierpodest der einflussreichsten (männlichen) Flavier gerutscht war.
Archis Vorschlag hatte durchaus etwas, aber Piso musste grübeln. „Hm. Das wäre eine gute Idee. Aber auf der anderen Seite ist es schamlos und ehrlos. Wenn man mal gebunden ist, tut man das nicht.“, grübelte er. Dann lachte er auf und klopfte Archias auf die Schulter. „Trotzdem, danke für den Vorschlag!“ Dies war wohl einer von den momenten, wo man nicht ganz recht wusste, ob Piso seine Worte ernst oder scherzhaft meinte.
Der Themenwechsel fiel ihm nicht auf, war Piso doch auch eher ein flatterhafter Geselle. „Privatsekretär? Tut mir Leid, da kenne ich niemanden, der das machen könnte. Aber ich kann mal rumfragen.“, versprach er. -
Die Türe ging auf, und Piso legte seine Schriftrolle beiseite. Ein Sklave machte auf, den Piso durchaus kannte – durch seine beispielslose Namenslosigkeit und bemerkenswerte Beliebigkeit war er in der gesamten Villa bekannt. Er war gerade am Aufstehen, als Quarto hereinkam und ihn begrüßte. „Ah, Senator Aelius Quarto, willkommen in der Villa Flavia. Ich bitte dich, dich einzuladen war uns allen eine Freude!“, floskelte er, nicht ganz der Wahrheit entsprechend. „Willst du dich setz... Archi?“ Er wirkte auf ein Mal komplett bedröppelt, als er sah, wen Quarto da mitgeschleppt hatte.
Er hörte die Erklärung von Quarto, während er im Schneckentempo wieder seinen nach unten geklappten Kiefer wieder an seine angestammte Position brachte. „Wir kennen uns, ja. Boff... das ist ja eine Überraschung.“
Furianus würde ihn dafür womöglich zermalmen wie ein Mühlstein ein Gerstenkorn, aber Piso scherte sich nicht darum: „Aber natürlich! Archias, komm doch rein!“ Er drehte sich um. „Demostratos!“, rief er dem hinter ihm im Triclinium stehenden Sklaven zu. „Bring noch eine Kline rein! Zusammen mit...“ Er deutete auf den Namenslosen, der noch immer an der Türe stand, doch wusste er seinen Namen nicht. Natürlich. „...naja, dem da halt. Noch eine Kline!“, wiederholte er seinen Befehl. Noch immer erstaunt blickte er auf die zwei Aelier. „Nehmt doch Platz! Was kann ich euch anbieten?“ Natürlich nicht er, sondern ein Sklave. „Caecuber? Falerner? Oder etwas Leichteres zum Start?“, fragte er. -
Hm, anatomisch interessant war schon der Anblick des Abgrundes des Rachens des Pompeiers. Roch es nicht nach Knoblauch? Egal, Piso staunte ebnfalls, als Imperiosus zugab, ihm sage der Name Iunia Axilla etwas.
„Na so etwas! Klein ist die Welt! Es steckt wohl eine ordnende Kraft dahinter.“ Als Arvalbruder konnte er es sich ja leisten, die Götter ständig hinter allem zu vermuten.
„Gut, dann lassen wir Hortalus. Er hat sich seine Pause redlich verdient. Aber, noch was anderes, meine Schwester, Vera. Willst du, dass sie kommt? Du wirst sie sicherlich mögen.“, versprach er Imperiosus. Seine liebe Vera war ähnlich abgedreht wie er – die Mischung von flavischem und calpurnischem Blut hinterließ wohl eigenartige Symptome. „Es ist halt so, ich will sie ein wenig in de Gesellschaft einführen, und da habe ich mir gedacht, so eine nette Fete wäre genau das Richtige.“, überlegte er sich.
„Aber, die Einladungen solltest wohl du schreiben, du bist ja der Gastgeber! Außer Vera, ihr könnte ich die Einladung ja selber zutragen.“, bot er an. -
Klarerweise war Piso der erste, der zur Party kam. Er war wohl ein wenig überpünktlich, aber er wollte keine einzige Sekunde vermissen. Der Türsklave wusste, den Göttern sei Dank, dass er zu den Gästen gehörte, und ließ ihn so anstandslos durch.
Die Casa war schon festlich dekoriert, und Piso schritt, durchaus beeindruckt von ihr, durch sie durch, bis er das Triclinium erreichte. Es war ein bisschen eine Irrfahrt, aber im Grunde waren alle Casae gleich aufgebaut. Dort erblickte er ohne Fehl den Hausherren. „Imperiosus!“, rief Piso aus. „Salve, mein Freund! Schön hast du es hier!“ Das meinte er ernst, und wenn so etwas von einem Flavius Piso kam, hieß das auch etwas.
„Schaut jetzt mal wirklich so aus, als ob ich der Erste wäre.“, fügte er irgendwie wenig sinnreich hinzu, war das Triclinium bisher doch menschenleer. -
Piso war kein Feigling, und stolz darauf. Außer, er war mit divseren höherrangigen Familienmitgliedern konfrontiert. Wer einmal von Flavius Furianus angefahren wurde, der sah dem Tod nur noch lächelnd ins Angesicht. Ebenso wie einem erbosten Wirt.
„Köstlichkeiten, das klingt ja gut! Wie gesagt, vielen Dank! Ich lasse mich dann einmal überraschen!“ Er blickte grinsend Imperiosus an, als dieser seinen Vorschlag in den Raum warf. „Balbus? Mensch, das wäre eine prima Idee! Und wir sollten noch ein paar Leute einladen! Was denkst du von Hortalus? Der ist ja auch nicht mehr hier in der Kanzlei, der hat jetzt sicher Zeit. Und dann Varus, mein neuer Chef, der ist ganz umgänglich. Und Archias, sag, hast du den in Alexandria getroffen? Er ist jetzt in Rom, genauso wie seine Verlobte, die soll doch auch kommen! Und seine Bekannte Iunia Axilla, auch aus Alexandria, weiß nicht, ob du die kennst, sie ist sehr nett. Was denkst du?“Seine Vorschläge waren jetzt einfach einmal aus ihm herausgesprudelt, vielleicht hatte Imperiosus noch mehr Ideen.