Beiträge von Aulus Flavius Piso

    Am Morgen nach seiner Erhebung erschien Piso, jetzt aus dem ordo senatorius, bei den Salutationes bei Macer. Er hatte sich ordentlich herausgeputzt – er trug eine Toga mit einem ganz leichten rosanen Stich. Was zwar unendlich niedlich aussah, aber den armen Piso nolens volens der Lächerlichkeit preisgab. Nun war aber Piso stolz auf seinen Kleidungsgeschmack, auch wenn dieser nicht immer ganz den gängigen Vorstellungen entsprach.
    Er wartete also bei der Reihe der Klienten bei der Salutatio, in einer Schlange brav stehend, darauf, dass er an die Riehe kam, um dem Hausherren seine salutatio zu erweisen.

    Ein Klopfen ertönte an der Türe, doch der Klopfende wartete nicht auf ein Herein, sondern stieß die Türe auf, entpuppte sich als Piso, blickte erst einmal auf die Notarii und rief ein lautes: „Bumm!“
    Sich an der Reaktion der Notarii ergötzend, blickte er sich zum Pult der Primicerius ab epistulis um.
    „Imperiosus!“, rief er und schritt lachend auf ihn zu, seine Arme ausbreitend zur Umarmung seines Kollegen. „Wie geht es dir denn so?“, fragte er. „Wie war Aegyptus? Du musst mir alles erzählen!“ Man sah ihm an, wie begeistert er über die Tatsache war, dass Imperiosus wieder hier in Rom war.

    Piso blickte kurz auf, in den Himmel, gen Sonne – was er schnell sein ließ, als er geblendet von ihr wurde. Sein Blick legte sich wieder auf Prisca. Ein paar Mal blinzelte er, bevor die Schlieren wieder verschwanden. Das kam davon, wenn man bedeutsame Posen zu setzen versuchte. Piso versuchte sich also gar nicht mehr daran, sondern musterte nur die Aurelierin, als diese scheinends überlegte, welche Antwort sie auf seine Frage geben sollte. Tatsächlich war jene, wie ihm erst auffiel, als er sie gestellt hatte, sehr offen gewesen. Sie hätte ihn auch dastehen lassen können. Was eigentlich nicht seine Absicht gewesen wäre. Er wollte heute durchaus noch ein paar Trosteinheiten.
    Also strahlte ein Antlitz, als sie ihn einlud, mitzukommen. Was eigentlich seltsam war, wenn man bedachte, dass ihm anfangs diese Idee nicht ganz geschmeckt hatte. Doch in den paar Minuten, in denen er sich mit Prisca unterhalten hatte, hatte er etwas festgestellt – sie verstand ihn, und war somit die erste überhaupt, die dies tat. Vor ihr musste er seinem ganzen Verdruss nicht herunterschlucken, so schien es ihm. Und die Geste des Einhakens, durchaus vertraulich, sogar eine Spur vertraulicher als das, was Piso vernünftigerweise annehmen hätte können, sorgte dafür, dass sich ein relativ wohliges Gefühl in ihm ausbreitete. Er hatte eine Person gefunden, die sich auf gleicher Wellenlinie wie er selbst befand. Dies glaubte er zumindest. Und dieses Lächeln, das konnte sowieso Steine erweichen. Wer konnte da nein sagen? Außerdem hatte er da noch eine Verpflichtung. "Gern.", teilte er ihr also schmunzelnd mit.
    So setzte er sich gemeinsam mit ihr in Bewegung, aus der verruchten Gasse heraus, zu einem besseren Teil des Markts. Pisos Blicke tasteten die Stände ab. Eine gewisse weibische Ader in ihm genoss das extensive Einkaufen. Irgendwann sollte er einem wohlhabenden Familienmitglied einen haufen Geld abschwatzen und ihn auf den Märkten verschleudern, als ob es sein letzter Tag wäre.
    An jenem Tag schien es aber der Aurelierin Aufgabe zu sein, dies zu tun. Tatsächlich erblickte die Sklavin der Aurelia einen Stand, und feuerte ihm, als sie ihrer Herrin gegenüber verlautbarte, welch Qualität die Stoffe hatten, einen giftigen Blick auf Piso ab. Jener konterte dies mit einem Blick, der all den Grant und die negativen Gefühle, die er in den letzten paar Wochen herumntergeschluckt hatte, ziemlich akkurat widerspiegelte. Wenn Blicke töten könnten... Die Sklavin war genau das richtige Objekt, um als Pisos Ventil zu dienen.
    Jetzt, da ein wenig seiner negativen Gefühle abgebaut waren, blickte er wieder zum Stand hin. Welch exquisite Seide! Welch wunderbare Qualität. Wie schade, dass er als Mann sich nicht in solch wundervollen Kleidern öffentlich blicken lassen konnte.
    Das schloss ja nicht aus, dass er mal privat darüber herfallen könnte.
    Wie dem auch sei, ein ein bisschen zuversichtlicheres Lächeln erwartete Prisca, als sie ihm frage, wie es ging. Die Benutzung seines Cognomens war mehr als nur offensichtlich – das wichtigste Zeichen, dass die initiale Distanz zwischen ihnen wohl weitgehend abgebaut war. Und dass sie es ihm nicht übel nahm, dass er ihren Cognomen, wenn auch nicht wirklich bewusst, verwendet hatte.
    „Alles in Ordnung, Prisca. Danke.“ Er verwendete den Namen Prisca nun wissend und ohne Zögern. „Ich meine... diese Kleider hier sind ganz wundervoll.“ Er musterte die Klamotten vor ihm. „Besonders das Blaue würde dir stehen, denke ich. Aber das Gelb-Schwarze - ebenfalls hervorragend.“, ließ er ihr wissen. Er hatte – zumindest war er selber davon überzeugt – doch mehr als nur ein bisschen Ahnung von Kleidung, wodurch er sich merklich von anderen Männern unterschied. Aber Piso war es sehr wichtig, dass er nicht mit einem Bauern vom Lande verwechselt werden würde.
    Er war schließlich Patrizier. Dass manche sagten, sie müssten ihren Stand nicht durch prunkvolle Kleidung zeigen, verstand Piso, stets en vogue, nicht. Ein paar protzige Ringe sollte er sich vielleicht zulegen, dachte er sich. Wenn er erst einmal in den ordo senatorius erhoben werden würde. So als eine Art Ersatz von Ritterringen.

    Seine Reisen in der Vergangenheit waren schon eine Sache, an die er sich, trotz aller Unannehmlichkeiten, immer wieder gern zurückerinnerte, jedoch wurde er von den Gedanken daran abgelenkt, als Ursus begann, über seinen Onkel zu reden. Piso nahm einen Schluck von seinem Weinbecher und nickte dabei. „Durchaus ein bemerkenswerter Mann. Aber Kritik an seinem letzten Aedilat habe ich hie und da schon vernommen. Er hat ja keine Spiele ausgerichtet, und sich nur um administrative Belange gekümmert. Hat er dennoch vor, bald Praetor zu werden?“ Corvinus‘ Unterstützung könnte wohl ein wenig geschrumpft sein.
    Piso zuckte nur die Achseln. „Der Altersunterschied ist noch immer weniger erstaunlich als der, der zwischen mir und Flavius Furianus, eigentlich einem Neffen von mir, herrscht. Wir Flavier haben offenbar ein Händchen dafür, uns Frauen zu nehmen, die über lange Zeit hinweg gebärfreudig sind.“ Er lachte leise. „Na ja, da bin ich wohl das schwarze Schaf der Familie, bisher habe ich keine Frau gefunden, die sowohl mir als auch der Familie recht ist.“ Entweder oder wäre schon lange gegangen, aber Piso wollte weder gegen seine Familie anheiraten, noch wie ein toter Fisch im Strom mitschwimmen.
    Er nickte, als Ursus weiter redete über Corvinus. „Wenn er wirklich ein solcher Mann ist, dann werde ich einmal versuchen, mich mit ihm zu unterreden. Ich danke dir für die Empfehlung.“, zeigte Piso seine Dankbarkeit und trank wieder ein wenig. Neue Leute kennen lernen tat er immer gerne. Und wenn er bei den Aureliern einmal hereinplatzen würde, könnte er auch gleich feststellen, ob die Weine, die bei jenen eingelagert waren, besser waren als die der Flavier.
    Piso grinste zurück. „Das glaube ich dir.“, meinte er und hörte dann zu. „Ein Kommando? Sapperlot.“, murmelte Piso. „Wo denn? Ich meinte zu hören, der Legatsposten wird frei bei der Legion in Hierosolyma in Iudaea.“ Jerusalem war sicherlich eines der übelsten Pflaster, wo man als Legionslegat hinversetzt werden könnte, dies war sicher nicht im Interesse von Ursus.
    „Consul also. Nun, wieso nicht? Du bringst alle Anforderungen dazu bei! Ich bin mir sicher, dass du dies schaffen wirst.“, versicherte er Ursus. „Und, Bescheidenheit ist eine falsche Tugend. Hoch zu zielen, ja, das ist der rechte Geist!“ Das klang wie aus einem Gedicht, hehe, dachte sich der Flavier. „Ich wage noch gar nicht, zu träumen noch davon. Bislang ist mein Ziel der Senat. Wenn dies erreicht ist, stecke ich mir neue Ziele.“

    Zitat

    Original von Caius Aelius Archias


    So unglaublich es klang – Piso fühlte sich wohl. Inmitten all dieser stinkenden, saufenden, furzenden, gröhlenden Menge von blauen Leuten, die alles andere als ästhetisch waren, ging es ihm prächtig.
    Das beste war – seine Dichtkunst hatte schon einige Fans gefunden. Nicht nur Archias, dessen Lob er genossen hatte wie sonst nur wenig. Auch andere hatten scheinends Spaß an seinem Lied. Er hatte mittlerweile eine neue Strophe zur selben Melodie erfunden und brüllte sie in die Menge.


    „Und jeden Wagen, den sie sahen, überholten schnell sie!“
    Ein fröhliches: „Hu-ha, hu-ha!“, erschallte aus gut einem duzend Mündern zurück.
    „Man weiß, den Wagen, die sie nicht einholen, den gibt es nie!“
    „Hu, ha, hu, ha!“
    „Sie fahren laufend Siege, sie machen's wie nix,
    und fallen nie zum Opfer der Gegner Tricks,
    Der Tolimedes und Casetorix!
    Blau, blau, blau voran!
    He, Fahrer, ho Fahrer, schneller, unverfolgbarer!
    Blau, blau blau voran!
    Auf, Fahrer, fährt, Fahrer, lasst bloß die Peitschen krachen!
    S‘ist die Zeit der Blauen!“

    „Wohohoho!“
    „Die andern werden schauen!“
    „Hahahaha!“
    „Für die anderen sind sie viel zu gut!“


    Rund um ihn ertönte Lachen, ihm wurde von allen Seiten auf die Schulter geklopft.
    Lachend drehte er sich zu Archi um. „Das ist... genial. Es ist wundervoll! Genau hier herrscht die liberale Atmosphäre, die ich gesucht habe! Es ist wundervoll! Meine Kreativität blüht auf! Göttlich! Stimulierend!“ Er jauchzte. „Nein, sodalis bin ich nicht.“ Er machte eine kurze Pause und zwinkerte Archias zu. „Noch nicht. Du?“, fragte er.

    Mit nicht weniger als unheimlich beschwingtem Schritte, wie ein Mann, der eine riesige Wette gewonnen und nun Tausende von Sesterzen eingesackt hatte, kam Piso zur Wache zum Prätorianerlager und stellte sich vor der Wache auf. „Salve! Flavius Piso mein Name. Ich bin hier auf der Einladung des Princeps Praetorio hin.“, schmetterte er hervor wie eine Arie, als er sein Pergament aus der Toga zog und sie der Wache direkt unter die Nase hielt, sodass er dem Mann damit fast auf die Oberlippe geschlagen hätte. „Kann ich durch?“, war seine Frage, die natürlich rein rhetorisch gemeint war.




    Aulus Flavius Piso


    Provincia Italia
    ~~~~~
    Roma
    ~~~~~
    Villa Flavia Felix


    ____________________________________________


    Salve, Aulus Flavius Piso,


    ich beziehe mich mit diesem Schreiebn auf unsere Unterredung in meinen Amttsräumen in der Castr Praetoria bezüglich anzubahnender Geschäftsbeziehungen.


    Zunächst muss ich mitteilen, dass ich zu dem Schluss gekommen bin, dass eine regelmäßige langfristige Lieferung von Fisch nicht im Interesse der Cohortes Praetoriae liegt und ich dementsprechenden Bestrebungen eine Absage erteilen muss.


    Je nach Lage der Dinge und des Bedarfs jedoch sind einzelne Lieferungen auf Anforderung hin gern gesehen, so dass von meiner Seite einem dahingehenden Vertragsabschluss nichts entgegenstünde.


    Sollte von deiner Seite aus Interesse an einer solchen Abmachung bestehen, so darf ich dich auf ein Gespräch in meine Amtsräume in der Castra Praetoria laden.


    Zeige dieses Schreiben der Wache am Kasernentor, so wird dir Einlass gewährt werden.


    Vale bene,

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    Es war nun ein wenig spannend, die Reaktion der beiden abzuwarten. Gracchus schien kurz zu überlegen, bevor er zu einer Entscheidung kam. Auch wenn er nicht unbedingt Aelius als Freund sehen musste – man sollte ihm eine Einladung zukommen lassen. Piso fiel ein Stein vom Herzen. Furianus schien überstimmt – und auch er war scheinends zufrieden damit, wie Pisos Frage ausgegangen war. Zuvor ließ er es sich aber wohl nicht nehmen, Piso etwas über Politik zu erklären.
    Piso hörte zu – und nickte. „Ich verstehe. Du hast Recht.“, gestand er. Auch wenn er von Natur aus ein Besserwisser war, waren Furianus‘ Argumente glasklar. „Außerdem bedeutet ein Jahr des Consulats von Tiberius Durus, und ein nachfolgendes Jahr deines Consulats, dass zwei Jahre lang wir, die patrizischen gentes, am Ruder sind, nicht nur ein einziges.“, drückte er es einmal salopp aus. Viel zu wenige Patrizier wurden diese Tage Consuln! Deshalb war auch Piso höchst glücklich, dass Furianus noch einmal den Stier an den Hörnern packen wollte. Dieser Mann würde es allen zeigen, da war er sich sicher, dachte er sich, seine Bewunderung für Furianus wieder in ihm rasant aufsteigen fühlend. „Aelius Quarto ist populär, und zieht sicher die Wählerschaft an, die dir fehlen mag.“ Ihm fiel eines auf: Furianus nannte ihn nun Vetter. Er nannte sogar seinen Namen. Vielleicht war dies endlich das Ende der Zeit der Bezeichnung als Jüngling.
    Stolz darüber, dass er wohl seine Bitte an den beiden vorbeigebracht hatte, blickte er in die Runde. „Dann werde ich alsbald Aelius Quarto eine allgemein gehaltene Einladung schreiben, wie ausgemacht.“ Hoffentlich traute ihm Furianus noch zu, dies zu machen, ohne die politischen Ziele der Flavier zu ruinieren.
    Und mitten in diese Satisfaktion trat ein Paukenschlag. Furianus, der ihm offiziell zur Zukunftshoffnung der Flavier machte.
    Vor Überraschung wäre Piso fast hintüber von der Kline gefallen, direkt in das eiskalte Wasser des impluviums hinein. Er war gerade zum Kronprinzen ernannt worden! Diese Erkenntnis war so unglaublich, dass er hastig zu einem Becher Wein griff und fast krampfhaft einen überproportional großen Schluck hinuntergurgelte, seinen Kopf nach hinten neigend, sodass hinter seiner Hand und dem Becher Furianus nicht seinen ganz ordentlich blöden Gesichtsausdruck sehen konnte.
    Er setzte den Becher ab und blickte zu Furianus hin, noch immer etwas ungläubig, aber glücklich. „Und dies werde ich auch machen.“ Ein Lächeln fiel auf Furianus, der in Pisos Anerkennung nun eine so hohe Stellung erreicht hatte wie noch nie, fast wie ein unerreichbares Idol. Und in diesem Moment wurde ihm klar, wie sehr er sich nach Furianus‘ Anerkennung sehnte. Dies war schon eine solche gewesen. Auf jeden Fall eine viel größere, als sein Vater sie ihm jemals vermittelt hatte. Er hatte immer wollen, dass sein Vater stolz auf ihn sein würde. Jetzt, wo er des Aetius als Vaterfigur verlustig gegangen war, füllte sein Unterbewusstsein diese Rolle mit seinem Vetter vor ihm auf, wiewohl jener vielleicht ein Spürchen zu jung war, um sein Vater zu sein.
    Er räusperte sich diskret und leerte seinen Becher, bevor er sich an Gracchus wandte. „Ich muss Lucius Furianus recht geben. Du als Rex Sacrorum wärst in einer idealen Position. Oder auch als Flamen Dialis. Vor allem, sofern du eine weitere politische Karriere in nächster Zeit nicht anstrebst.“ In nächster Zeit war ein Euphemismus für gar nicht mehr, denn dies vermutete Piso irgendwie.

    In was für üblen Unterkünften Piso schon gewesen war, ging auf keine Kuhhaut mehr. Hier in Rom, und überall im Imperium sowieso. Er hatte schon Wein getrunken, der eher nach Rattengift geschmeckt hatte als nach etwas Trinkbarem. Nie mehr, hatte er sich geschworen, würde er wieder billigen Wein trinken. Das Leben war zu kurz dafür.
    „Das stimmt. Pontifex, Auctor der Acta Diurna und Senator. Schon einer dieser Titel für sich alleine würde Respekt auslösen. Gleich drei davon bezeugen wohl, dass dein... Onkel, sagtest du?... dein Onkel viel erreicht hat. Gracchus ist im Übrigen mein Vetter.“, informierte er Ursus über Manius Gracchus, bevor er seinen Wein weitertrank. „Eine sehr inspiratorische Figur, wie ich finde, und ohne Zweifel ein würdiger Vertreter unserer gens.“ Man hörte ihm an, dass er viel von Gracchus hielt.
    „Denkst du, ich sollte einmal deinen Onkel aufsuchen? Ist er ein Mann, dessen Gesellschaft wünschenswert ist?“, fragte er, wollte er doch noch rechtzeitig vor der Wahl möglichst viele Senatoren kennen lernen.
    Nochmals trank er einen Schluck. „Darf ich dch was fragen? Du bist ja jetzt Senator, hast dein Tribunat abgeschlossen, und ich bin mir sicher, das ist nicht das Ende deiner Aspirationen. Was stellst du dir für deine Zukunft vor? Wann wirst du Aedil?“, fragte er.

    Piso lächelte nur. „Es ist nett von dir, dass du dies sagst. Und ich denke, ich kann es mir leisten, einem Senator zu vertrauen.“, merkte er an und trank einen Schluck. Das war ein wirklich guter Wein. „Welch guter Tropfen!“, meinte er deshalb auch. „Ein echter Falerner! Heutzutage gibt es leider allzuviele Kneipen, die nur noch billige Kopien aus Gallien ausschenken. Nein, so etwas geht nicht.“, war er sich sicher.
    Als er von der Aurata erzählte, nickte Piso nur freundlich und lauschte. Ja, Ursus schien von Geburt an für die Aurata prädetiniert zu sein. „Wahre Worte.“, fügte er an. Aber er musste alle seine Beherrschung aufbringen, um zu lächeln, und nicht zurückzuschrecken wie ein Irrer, als ihn der Schulterschlag traf. Er war kraftvoll und hinterließ bei Piso ein dumpf schmerzendes gefühl, welches er tapfer herunterschluckte.
    Er überlegte kurz, bevor er noch eine Frage stellte. „Sag einmal. Inwieweit bist du eigentlich mit dem Pontifex Aurelius Corvinus verwandt? Er scheint mir ein interessanter Mann zu sein, doch richtig kennen gelernt habe ich ihn noch nie.“, gab er zu. Es war implizit, dass Piso Corvinus wirklich gerne einmal über den Weg laufen wollte.

    „Nun gut, dann will ich dir mal vertrauen.“, machte Piso langsam, seine Worte dehnend wie das, was man später Kaugummi nennen würde, was aber damals nur in Amerika bekannt war – obwohl man dieses auch nicht kannte. Solche Vergleiche sollten also gelassen werden. „Ich bin sicher, wir werden viel Spaß miteinander haben.“, meinte er, um seinen Freund zu befriedigen.
    Wagenrennen. Hmm. Sie konnten nur besser sein als diese elenden Spiele.
    Er zuckte die Achseln, als Archi meinte, die Gallier spinnen. „Kann schon sein. Angeblich haben es ihre Frauen im Bett aber drauf.“, grinste er, schloss kurz die Augen und dachte an diese wirklich heiße Nacht mit den zwei verrückten Gallierinnen in Lugdunum nach... hmmm... aus seinen Gedanken wurde er geworfen, als Archias ihm eine Frage stellte, die rein gar ncihts mit fleischlichen Vergnügen zu tun hatte. „Öhm... gallisch ist eine keltische Sprache. Ebenso wie britannisch, norisch und galatisch. Wird aber nicht mehr viel gesprochen in Gallien. Aber diverse Wörter, und Namen, haben sich erhalten.“, informierte er seinen Freund.
    Er hörte Archias zu und nickte nachdenklich, als ihm gegenüber Archias argumentierte, wieso er nicht bei den Iuniern und den Decimern essen könnten. „Bei euch... Aeliern?“, fragte er absolut erstaunt, als Archias ebendieses anklingen ließ. „Mensch du... ach ihr Götter... das wäre wundervoll!“, meinte er. Er konnte es noch immer nicht ganz fassen. Ein Essen bei den Aeliern! Noch vor ein paar Wochen wäre das undenkbar gewesen. Aber, er glaubte es, jetzt ging etwas voran. Etwas ganz Bedeutsames. Er lächelte leicht. „Und ich werde dort schon nicht... in der Luft zerrissen... oder?“, fragte er zögerlich nach. Schließlich war er ja nur zu den Aeliern gekommen, weil Quarto damals Consul gewesen war!
    Er schüttelte nur traurig den Kopf, als er ihn fragte, ob er ihr das gesagt hatte. „Nein. Es wäre unnötig gewesen. Jeder weiß, dass dies nie funktioniert hätte.“, behauptete er.
    Doch nicht jeder schien dies zu wissen – Archias verstand nicht, wieso Piso nicht die Standesdünkel hinwegschieben konnte.
    „Weißt du, die Standesdünkel, von denen du redest, sind altmodisch. Genauso wie meine Familie. Was meinst du, wie man hier mit mir Schlitten fahren würde, käme ich mit einer Patrizierin angetanzt? Es geht nicht, wenn mir mein Leben lieb ist!“, dramatisierte er und seufzte. „Aber, ich glaube, du hast Recht. Ich brauche Ablenkung. Und zwar dringend. Wenn ich keine bekomme, vergehe ich hier noch vor Kummer.“ Nochmals seufzte er. „Wann also denkst du, sollten wir und deine zwei Freundinnen uns treffen?“, fragte er.

    Vinicius Lucianus – so ein Name öffnete schnell Tür und Toren. Piso weitete seine Augen, als er hörte, wem er da gegenüber stand.
    „Oh... ähm, eine große Freude ist es, dich kennen zu lernen, Senator.“, machte er. „Ich bin übrigens Aulus Flavius Piso.“, meinte er, ohne das man ihn nach seinen Namen gefragt hatte. Vielleicht würde sich Lucianus noch später, wenn es an die Wahl ging, an ihn erinnern.
    „Eine societas also. Die Anmeldung einer solchen...“ Er musste scharf nachdenken. „...solltest du beim Procurator a libellis machen. Ich kann dir einen Termin...“ Er blickte auf den Kalender, welchen er neben sich stehen hatte, hinauf, murmelte etwas, und strich vorsorglich einen Namen heraus... „...morgen anbieten. In der Frühe. Ist das möglich?“, fragte er.

    Piso fieberte den erlösenden Worten de Tiberius Durus entgegen. Als er sie aussprach, formte sich ein Lächeln, ein Grinsen gar, auf seinen Lippen. Durus‘ Arm deutete auf den Soitzplatz, den Piso schon im Auge gehabt hatte. Der Flavier nickte nur ehrenbietig. „Ich danke dir... ich danke euch allen.“, hörte er sich selber sagen. Anschließend tat er einen Schritt rückwärts und ging langsam zu seinem Stuhl.
    Wo er Platz nahm, glücklich lächelnd, als ob sein größter Wunsch in Erfüllung gegangen wäre. Er war Arvalbruder! Das war ja schon einmal etwas!
    Er richtete seine Aufmerksamkeit auf Durus, der schon weiter sprach. Angestrengt hörte er zu. Ein neuer Magister also. Furianus? Pisos Blick fiel auf seinen Vetter. Jetzt war er gespannt, ob Furianus annehmen würde oder nicht. Hatte er nicht gesagt, seine Krankheit hindere ihn daran, weitere Pflichten wahrzunehmen? Piso wäre eigentlich Durus die logische Wahl als Magister erschienen. Doch wäre jener bereit, weitere religiöse Aufgaben auf sich zu nehmen, als er ohnehin schon hatte? Piso begnügte sich jetzt erst einmal damit, sich zurückzulehnen, und abzuwarten, was Furianus sagte.

    Piso atmete ein, lehnte sich zurück und nickte – alles zur selben Zeit. Die Worte des Aureliers beruhigten ihn wirklich um Einiges. „Das werde ich nicht tun.“, versprach er. Das Ziel aus den Augen verlieren kam bei ihm nicht in Frage. „Ich denke, vor allem sollte man Geduld haben, wenn man die Ziele hat, die ich mir gesetzt habe.“
    Er nickte wieder, was den Rat anging. „Ich bin dir wirklich dankbar für deine Ratschläge.“, meinte er, wiewohl er dies durchaus bedacht hatte. Er selber kam sich nicht unbedingt vor wie ein ganz miserabler öffentlicher Sprecher, er würde schon etwas auf die Reihe bringen können, ohne in der Mitte seiner Rede in Ohnmacht zu fallen, wie der unglückselige Decimus Verus. Wo sein alter Freund bloß steckte?
    Dass er einige Tage nach den Gespräch in den Ordo erhoben werden würde, wusste Piso noch nicht, aber es war vernünftig vorhersehbar. Wenn dies geschah, würde er sich gar noch bedanken müssen bei Salinator, dachte er und verkniff sich ein Seufzen.
    Er hörte aufmerksam zu, als Ursus begann, von den Wagenrennen zu erzählen. „Weißt du, was ich vorhabe? Ich will in nächster Zeit ein Wagenrennen besuchen mit einem alten Freund, der Veneta-Anhänger ist. Und ich habe mir Folgendes versprochen: der Factio schließe ich mich an, die mich für das Wagenrennen begeistern kann. Denn für eine Factio zu halten, für die man nichts empfindet, ist witzlos.“, überlegte er laut. „In meiner Kindheit habe ich nie Favoriten gehabt – in Ravenna, wo ich herkomme, gab es nicht so viele Wagenrennen. Mal sehen. Ich nehme an, du bist schon als Goldener geboren worden?“, fragte er.

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ERNENNE ICH
    APPIUS TERENTIUS CYPRIANUS


    MIT WIRKUNG VOM
    - ANTE DIEM IV KAL DEC DCCCLIX A.U.C.-
    (28.11.2009/106 n.Chr.)


    ZUM
    PRAEFECTUS PROVINCIALIS
    der PROVINCIA AEGYPTUS ET ALEXANDRIA


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ernenne ich
    Gaius Terentius Primus


    zum
    Eques Roms



    Es ist ihm ab heute gestattet, die Abzeichen
    der Equites zu tragen, den Ritterring und
    den Latus Angusticlavius.


    - ANTE DIEM IV KAL DEC DCCCLIX A.U.C.-
    (28.11.2009/106 n.Chr.)



    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI



    erhebe ich
    Aulus Flavius Piso


    in den
    Ordo Senatorius



    - ANTE ANTE DIEM IV KAL DEC DCCCLIX A.U.C. -
    (28.11.2009/106 n.Chr.)


    Nein, er hatte es sich nicht verkneifen können. Er musste es tun - sich selber einen Brief schreiben. Welch Genuss war dies gewesen! Sinnvoll vor allem! Wie er gekichert hatte, als er den Brief geschrieben hatte. Jetzt war er endlich jemand.



    An
    Aulus Flavius Piso
    Villa Flavia
    Roma
    Italia



    A. FLAVIUS PISO PRIMICERIUS A LIBELLIS
    PRIMICERIO A LIBELLIS A. FLAVIO PISONI S. D.


    Ich habe die Anweisung, mir selber im Namen der kaiserlichen Kanzlei mitzuteilen, dass ich in den ordo senatorius erhoben worden bin. Mein neuer Stand ist nun eingetragen und bestätigt. Er befähigt mich nun dazu, für politische Ämter zu kanditieren. Ich muss nun meinen neuen Titel mit Würde und Stolz führen, welch Bürde...


    Im Auftrag der kaiserlichen Kanzlei


    [Blockierte Grafik: http://img29.imageshack.us/img29/589/unterschriftafp.png]
    Primicerius a Libellis der Admistratio Imperatoris


    [Blockierte Grafik: http://pages.imperiumromanum.net/wiki/images/5/5d/Siegel_Administratio_Impera.gif]