Beiträge von Aulus Flavius Piso

    „Tja.“, meinte Piso. „Wenn er einen Architekten braucht, dann wird er wissen, an wen er sich wenden muss. Obwohl, ich habe die formale Qualifikation noch immer nicht.“ Er zuckte die Schultern.
    Sein Patron schien seinen letzten Satz nicht ganz mitbekommen zu haben. Das war verständlich, schließlich war es schon recht laut hier. „Ähm, ich wollte dich um eine kleine Bitte fragen.“, versuchte er es erneuert. „Du weißt, mein Vater ist nicht im Senat. Und mein Großvater war es auch nicht. Allerdings bräuchte ich den ordo senatorius, um kandidieren zu können. Und... du musst ja in nächster Zeit einen Abschlussbericht beim Praefectus Urbi...“ Er verzog kurz, fast unmerkbar, sein Gesicht, als er an jenen dachte, „...abliefern. Und ich dachte... vielleicht kannst du meinen Namen ins Gespräch bringen, wenn du schon bei ihm bist? Ich meine, der Vescularier kann Patrizier nicht ausstehen. Aber vielleicht erhebt er mich als Anerkennung meiner langen Dienstzeit in der Kanzlei in den ordo senatorius. Oder er tut es für dich.“ Er kam sich vor wie ein Bettler. Und klang wohl auch so. Aber es war eine ziemlich wichtige Angelegenheit, und Piso hatte keine Ahnung, an wen er sich sonst wenden könnte.

    Piso war ebenfalls glücklich, und zwar dewegen, weil er mit dem Buch so gut ankam. Natürlich wusste er, dass Richter keine rednerischen Meisterleistungen vollbringen können. Vielmehr sollten sie in der Lage sein, präzise und unmissverständlich sich auszudrücken. Dass man dies konnte, ohne dass dadurch die Kunst der Rhetorik leiden musste, dafür plädierte das Buch.
    Piso lächelte pflichtbewusst, bevor es in ein verlegenes Grinsen überging. „Bitte. Gerne. Und... ich danke dir abermals dafür, dass du mit dem Curator Rei Publicae gesprochen hast. Jetzt hoffe ich nur noch, ich bekomme noch vor meinem 60. Geburtstag eine Antwort.“, lachte er. „Denn ich weiß, wie langsam die Mühlen der römischen Verwaltung mahlen können... und genau aus diesem Grund habe ich eine Bitte. Natürlich kann ich sie dir auch später aussprechen. Ich will dir diesen Abend nicht verderben, indem ich dir im Ohr liege.“, schlug er vor. Man konnte ihm ansehen, dass es ihm sichtlich unangenehm war, seinen Patron abermals belästigen zu müssen mit Anliegen. Es ging aber um etwas sehr Wichtiges, was seine Karriere anging. Denn Piso hatte etwas nicht, was er brauchte.

    Piso hatte ganz und gar nichts dagegen, dass sich das unlustige Schauspiel des Einkaufengehens noch nicht sofort vollzog, sondern er vielmehr eine Galgenfrist zu bekommen schien, welche so lange anhielt, bis sich die beiden Patrizier wohl gegenseitig ausgeheult hatten. Bis dahin würden Priscas Sklaven weiterhin blöd starrend in der Gegend herumstehen müssen. Pech gehabt.
    An Priscas Mimik konnte Piso nicht allzu viel ablesen (für einen Mann wäre das sowieso exzeptionell gewesen). Erst Priscas... was zum Henker mochte das sein? Ein Husten? Ein Keuchen? Ein Stöhnen? Pisos rechte Augenbraue hob sich angesichts jenes befremdlichen Tones marginal, obwohl er selber wusste, dass es seine Frage gewesen war, welche diesen Ton ausgelöst hatte. Trotzdem empfand er ihn als... bemerkenswert. Daheim würde er vielleicht, in seiner Obsession mit Akustik allgemein, versuchen, ihn nachzumachen. Alleine. In seinem Kämmerchen, wo ihn keiner hören konnte. Vielleicht konnte man etwas ästhetisches daraus basteln.
    Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, Priscas Reaktion auf Pisos belämmerte Frage. Am Liebsten wäre unser Flavier im Boden versunken, als er sah, wie Prisca weg schaute. Oder halt, sie sah wieder zu ihm hin. Piso schöpfte wieder Hoffnung, dass ihm die Aurelierin nicht bis ans Ende ihrer Tage böse sein würde.
    Und dann kam das Unerwartete. Prisca antwortete auf seine Frage. Nach einer Pause, während jener sie offenbar mit sich selber innerlich kämpfte, ob sie etwas sagen sollte oder nicht. Die peinliche Stille, die ihm fast noch unangenehmer schien als Priscas Reaktion selber, wurde endlich unterbrochen, und er hörte zu. Was sie sagte, veranlasste ihn dazu, nochmals seine Augenbraue zu heben. Dieses mal aber die linke. Bevor er sie vermittelst seines Stirnmuskels wieder ruckartig herunterzog.
    „Das tut mir sehr Leid.“, meinte er bedauernd. „Aber... das ist wirklich eine seltsame Geschichte.“, rechtfertigte er seine Mimik. „Höchst merkwürdig. Weißt du, du könntest genau so gut von einem meiner Vetter reden. Am einen Tag war er noch hier, lustig den Cursus Honorum erklimmend, um am nächsten Tag war er weg. Er hat sich ebenfalls nach Hispania zurückgezogen. Er muss jetzt wohl irgendwo in Tarraco oder Flaviobriga oder weiß der Kuckuck wo sitzen, ohne, dass irgendjemand weiß, wieso... das war, ganz kurz, bevor ich nach Rom gekommen bin. Naja. Es scheint wohl eine Volkskrankheit zu sein.“ Er rang sich ein Lächeln ab, welches er jedoch nicht lange aufrecht erhalten konnte, bevor es erstarb. Das Fortgehen des Aquilius, ohne Grund, war ein schwerer Schlag für die Familie gewesen. Und Piso hatte bisher Aquilius wohl innerhalb seiner Familie nicht ersetzen können. Zu klein waren bisher seine Errungenschaften gewesen, und zu groß die Distanz, die sich zwischen den Familienmitgliedern der Gens Flavia entwickelt hatte.
    Was Prisca aber dann sagte, erstaunte ihn. Vor allem erschütterte es ihn. Was sollte er jetzt bloß als Antwort auf so eine Ansage sagen? „Äh... nein! Woher?“, begann er etwas ungeschickt. „Ich denke... dass ein Mann, dessen Ansprüchen du nicht genügst, ein Narr sein muss!" Er schluckte. "Ja, ein Narr. Und eine solche Familie könnte ich mir nie vorstellen, die wäre ja übler als...“ ...die meinige, führte er in Gedanken fort, ein wenig trist drein schauend, das Ende des Satzes im Raum stehen lassend. „Das redest du dir ein. Ganz sicher.“, schloss er seine Worte ab. Eine rhetorische Glanzleistung waren sie nicht gewesen. Nichts hätte er sagen sollen! Sogar zu muhen wie eine Kuh wäre der Situation fast noch angemessener gewesen.
    Prisca errötete. Irgendwie schaute das nett aus, dachte er sich nebenbei. Gut, dass sie ein anderes Gesprächsthema aufs Tapet brachte. Piso hätte mit mehr Enthusiasmus in die vorgegebene Kerbe gehauen, wenn das Thema weniger heikel gewesen wäre.
    „Nun... in Griechenland. Aber ich weiß nicht, wo. Ihr Vater auch nicht. Griechenland ist groß... aber ich würde sie trotzdem suchen. Wenn es mir nicht klar wäre, dass...“ Er schwieg ein paar Sekunden lang. „...dass sie nicht will, dass ich sie suche. Du kennst den Standesdünkel, Aurelia Prisca, du kennst ihn. Genauso, wie ihn Serrana kennt.“ Zum ersten Mal erwähnte er den Namen seiner Liebe wieder, und sein Gesichtausdruck krampfte sich gleichsam wie sein Herz. „Sie ist gegangen, um uns den sinnlosen Kampf dagegen zu ersparen. Sie will nicht, dass ich sie finde, das ist klar. Und ich muss dies akzeptieren.“ Er ließ den Kopf hängen. „Ich muss sie vergessen... irgendwie muss ich es tun. Denn dies war ohne Zweifel das, was Serrana wollte, und will.“ Er machte seine Augen zu, noch immer gen Boden schauend, und presste seine Augenlider fest zusammen.


    [SIZE=7]EDIT: Gebt mir Farbe!!!![/SIZE]

    Piso wollte sich die Wartezeit auf die Verkündung des Ausganges seines Examens überbrücken, indem er einfach – wie originell – ein weiteres Examen absolvierte. Angespornt durch das interessante Schauspiel, das der Aedil bei den Ludi Plebei gegeben hatte, schrieb er sich für den Cursus Muneribus Ludis Aleisque ein.


    Sim-Off:

    100 Sesterzen kommen gleich.

    Das Bild kannst du nicht direkt von deinem Computer hochladen. Du musst dafuer, beispielsweise, http://imageshack.us/ benutzen. Dort kannst du per "browse" dein Bild auf deinem Computer auswaehlen und dann durch "start upload" das Bild hochladen. Der Link, der dann bei "direkt link" erscheint, ist dann der, der zwischen den beiden "img"s reinkommt.
    Hoffe, das hilft. ;)


    EDIT: Mist, Reatinus war schneller. :D

    Piso legte den Kopf schief, als ob er dadurch das heitere Treiben noch besser verfolgen könnte. Hie und da ließ er ein „Mhm...“ und ein „Ach...“ erklingen, als die Schiffe begannen, ihre lustigen Manöver auszuführen. Die Schlacht von Actium, er erinnerte sich vage daran, dass dann und wann der eine oder andere Kommentar zu diesem Ereignis gefallen war während seines Geschichteunterrichts sowie seiner Ausbildung an der Militärakademie. Er wollte irgendwann ja einmal Tribun werden, und dazu würde er alles Wissen brauchen, das er möglicherweise erringen könnte. Vielleicht würde er ja auch hier etwas lernen?
    Hm, die Quinquiremen waren schon schön. Er erinnerte sich daran, wie er einst in Misenum zu Besuch bei Decimus Verus war. Wie es dem alten Gauner wohl erging, dachte er sich, als er die Ruderschläge der Schiffe unten beobachtete. Sei n Blick schweifte hinüber zu der Liburne, die, ihrer Bewegungsfähigkeit beraubt, dem Ansturm der Quinquiremen hilflos gegenüber stand. Vielleicht, dachte er sich, hat der Annaeer ja eine besondere Überraschung eingebaut. Sodass die Römer verlieren, und die Ägypter gewinnen.
    Apropos Annaeus, wo war sein Vorgesetzter, Annaeus Varus? Er erblickte ihn nirgendwo. Dabei wären doch die Spiele eines Verwandten eine wundervolle Entschuldigung, sich das Gemetzel ordentlich hineinziehen zu können, ohne dass man Gewissensbisse hatte.
    Er lehnte sich nach vorne, um Cassivellaunus zu erlauben, ihm ein Kissen auf die Rückenlehne zu lehnen, bevor er sich zurücklehnte und (als Ersatz für das Popcorn, welches damals leider nur in Mittelamerika bekannt war) Haferflocken begann zu essen.

    „Das wäre sehr freundlich von dir.“, wisperte Piso zurück. HahaHA! Endlich einmal wurde ER eingeladen, und musste nicht, wie es sonst immer der Fall zu sein schien, die Runden spendieren. Er freute sich schon auf einen wohl verdienten Becher erfrischenden und erfrischend kostenlosen Wein. Frohen Mutes nickte er Ursus, der ihm nun um einiges sympathischer war, zu, um sich anschließend wieder der Zeremonie zuzuwenden.
    Zuerst wurde gebetet, bevor die Opfer dargebracht wurden. Durus sah man an, dass er weitaus mehr Erfahrung hatte als der Vitorier, der allerdings ebenfalls eine relativ respektable Arbeit lieferte. Und dann kam das Opfer.
    Das Blut spritzte aus den Hälsern der Tiere in alle Himmelsrichtungen. Der Flavier fuhr leicht mit seinem Kopf zurück, verkniff sein Gesicht und ließ ein leises „Urks...“ über seine Lippen kommen. Das war ja... saftig. Irgendwie faszinierend und gleichzeitig abstoßend. Die Götter mussten ja ziemlich deftige Gesellen sein, wenn ihnen so etwas gefiel. Es tat ihm irgendwie Leid um die drei wunderschönen Tiere, die geopfert wurden. Aber sie wären ohnehin bald alt und grausig geworden, dachte er sich. So würden sie erhalten bleiben, in seinem inneren Auge, das Leben lassend in einer würdevollen Zeremonie. Sein innerer Ekel entschied sich, von seiner Faszination (ma lese: Neugierde) verdrängt zu werden. Das verspannte Gesicht löste sich, Piso blickte wieder genau so attentiv nach vorne wie bisher, mit seinen Augen das Blut verflogend, wie es durch die Rillen der Steine am Tempelvorplatz sich ausbreitete, talabwärts strebend. Was würde nun kommen?
    Er blickte sich kurz um und erblickte Celerina mit, wie jetzt, etwas mit Raben... Corvinus, genau! Die Aurelier hatten es mit Tieren, wie es aussah. Dass sein eigener Name vom Altitalischen für „Erbse“ kam, übersah Piso schlichtweg in diesem Moment. Von irgendjemanden wurden sie über den Haufen gerannt. Irgendeine Frau. Genau konnte er das nicht sehen.

    Die Verspätung, mit der Piso gekommen war, war direktgehend entsetzlich. Er hatte noch lange in der Kanzlei arbeiten müssen, und war erst spät weggekommen. Das erste, was er tat, war, zur Casa Purgitia zu eilen, wo man ihn durchwinkte und Piso zur Feier kam. Es war ziemlich voll, jeder einzelne Klient des Purgitiers hatte sich, scheinends, schon versammelt. Es herrschte eine ziemlich ausgelassene Stimmung, in die sich Piso einfach hineinschmuggelte, ohne viel Aufsehen zu erregen.
    Hoffentlich hatte niemand von den Leuten hier bemerkt, wie spät er war! Er schlängelte sich durch die Menge durch und suchte nach Macer. Dort hinten sah er ihn endlich, nachdem er einige Minuten durch das Menschengewirr durchgeirrt war. Schleunigst schritt er zu ihm hin und stellte sich vor ihm auf.
    „Salve, Patron! Oder besser gesagt, Praetor!“, begrüßte er Macer freudig. „Verzeih meine kleine Verspätung bitte. Ich wollte dir zu deinem hervorragenden Ergebnis gratulieren.“ Hoffentlich wusste Macer noch, wer er war, betrachtete sich doch Piso als einen der wichtigeren Klienten des Purgitiers.
    „Ich möchte dir, anlässlich dieses wundervollen Ereignisses, etwas überreichen. Und zwar...“, er zog aus seiner Toga eine dicke Schriftrolle hervor, „...dies hier. Es sind ist die neueste Werk des Cornelius Tacitus, namens dialogus de oratoribus. Ein rhetorisches Meisterwerk, wie ich finde. Ich hoffe, du wirst ebensoviel Freude an seiner Lektüre finden wie ich.“ Er reichte es zu Macer hin.


    Sim-Off:

    Wi-Sim

    Ihr Schmunzeln entging ihm nicht, als er einwilligte darinnen, ihr beim Einkauf behilflich zu sein. Er versuchte sich darin, zurückzuschmunzeln. Man konnte das ja auch positiv sehen, redete er sich ein. Er war schon lange nicht mehr mit jemandem anderen einkaufen gegangen. Vielleicht entdeckte er selber ja dabei das eine oder andere. Für sich selber. Um es dann in seinem Zimmer zu horten, was er schon mit so vielen alten, aber ansprechenden Gegenständen rein sentimentalen Wertes und ohne ersichtlichen Nutzen tat. Er hatte zwar ein wenig aufgeräumt – ach was, Cassivellaunus hatte aufgeräumt – aber der Krempel stand noch immer herum. Und trotzdem wagte Piso es nicht, auch nur eine einzige Sache wegzuwerfen. Auch wenn das eine oder andere mit schlechten Erinnerungen verbunden war. Wie mit seiner Kindheit in Ravenna.
    Ravenna. Wenn er daran dachte. Seltsamerweise schaffte Piso es, seine Gefühle darob, dass sein Vater ein Mörder war, der seine Mutter umgebracht hatte – was er niemandem weiter erzählen würde, nie, so dachte er – halbwegs im Zaum zu halten, auch wenn sie ihn sehr erschüttert hatte, und eine Basis für eine grundlegende gedrückte Stimmung in diesen Tagen bot. Aber er schaffte es nicht, seinen Liebeskummer zu kontrollieren. Es schien eine Sache der Gewöhnung zu sein. Er war es gewohnt, dass er Gefühle bezüglich seinem Vater herunter schluckte. Aber eine amouröse Tragödie dieses Ausmaßes war dem Flavier fremd.
    Natürlich erinnerte sich Prisca an die Eskapade am Schiff. Wer tat das nicht? Piso hatte sich aufgeführt wie ein liebestoller Hund. Das eine oder andere peinliche Verhalten mochte er an den Tag gelegt haben. Mochte? Hatte, korrigierte er sich innerlich. Besonders peinlich war es im Hinblick darauf, dass sie so kurze Zeit später verschwunden war. Und sein Herz scheinends mit ihr genommen hatte.
    Er merkte gar nicht, dass er mit seinen Gesten Prisca beinahe dazu brachte, eine Tätlichkeit zu wähnen. „Einfach verschwunden. Über Nacht.“, wiederholte er ernsthaft.
    Seine Erklärung schien die Aurelierin doch durchaus zu erschüttern. Sie war wohl ein wenig überrascht und überrumpelt, was man sah, als sie nach Worten rang, während Piso noch immer versuchte, der Feuchtigkeit in seinen Augen durch ein paar gezielten Zwinkereien Einhalt zu gebieten.
    Immerhin meinte sie, ihm müsse es nicht Leid tun. Das war ja schon einmal etwas! Und sie sagte, sie könne sich in ihn hinein versetzen. Sie klang dabei sogar sehr überzeugend.
    Das erwärmte Pisos Herz. Vielleicht war sie tatsächlich jemand, der ihn verstehen konnte, mit seinen ganzen Sorgen. Er nickte nur, als sie ihm ihre Version der Geschichte erzählte. Eines fiel ihm auf. Er. Sie sagte er. Als ob es sich um einen Mann handelt.
    Er schaffte es, ihr wiederum zuzulächeln. Es war ein ehrliches, dankbares, ein wenig schüchternes Lächeln, keine der übermäßig gut gelaunten, etwas schmierigen Lächeln, von denen Piso glaubte, sie würden gut bei Frauen ankommen (dem war aber niemals so). Wenn sein Lächeln nur immer so ehrlich und ungekünstelt wäre wie jetzt. Gleichsam merkte er aber, dass ein Schatten über die Gesichtszüge der jungen Frau vor ihm zu huschen schien. Und dazu noch die Formulierung ihres Satzes. Er. Wer mochte er sein?
    Der Flavier, noch immer heruntergedrückt von Melancholie, die die sonst scheinbar unverwüstliche Laune des Piso komplett überdeckte, blickte unsicher vor sich hin, bevor er begann, etwas zu sagen. „Ich... denke, ich weiß, wieso sie mich verlassen hat. Ich meine... ich bin Patrizier. Sie ist Plebejerin. Es hätte nie funktioniert. Meine Verwandtschaft hätte einen Riegel vor eine Bindung geschoben. Und... sie wollte weggehen, weil... sie mich sauer auf sie machen wollte. Sodass ich sie vergessen kann. Und irgendwann, so, wie meine Familie es mir zugedacht hat, standesgemäß heiraten kann.“ Er seufzte und blickte an irgendeinen Punkt in der Ferne. "Nur... erfolgreich war sie bislang nicht..."
    Dann räusperte er sich. „Ich weiß nicht, ob es angemessen ist, dies zu sagen. Aber... passierte dir das auch einmal? Dass jemand dich verlassen hat, einfach so?“
    So, für diese Frage hätte er sich ohrfeigen können. Ihm war wohl wirklich nichts Blöderes und Affigeres eingefallen. Aber jetzt war sie draußen, die Frage, und wartete darauf, beantwortet zu werden.

    Der Ianitor hatte wohl lange nachdenken müssen. Derenthalben wäre Piso fast wieder eingeschlafen, doch er konnte sich noch halten. Er wurde aber wieder hellwach, als er hörte, dass scheinends der Ianitor ihn nun hereinlassen würde. Mit einem dicken Grinsen auf seinen Lippen trabte Piso am Ianitor vorbei, bevor er sich jedoch schnell zu ihm hindrehte, wieder ernst drein schauend. „Ach ja, zeige mir den Weg zu Narcissas Cubiculum, wenn ich fragen darf.“ Der Nichtsnutz hatte ihm so und so schon so viel Zeit gestohlen, da wollte er nicht noch mehr verlieren, indem er durch die Gänge irgendeiner Casa irrte.

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ernenne ich
    Tiberius Prudentius Scipio


    zum
    Eques Roms



    Es ist ihm ab heute gestattet, die Abzeichen
    der Equites zu tragen, den Ritterring und
    den Latus Angusticlavius.


    - ANTE DIEM III ID NOV DCCCLIX A.U.C. -
    (11.11.2009/106 n.Chr.)


    In Pisos Officium kam ein Brief geflattert. Besser gesagt, eine tabula getscheppert. Jene legte nämlich ein Notarius geräuschvoll auf Pisos Tisch. Piso las sie sich durch.



    Ad
    Administratio Imperatoris



    Tiberius Prudentius Scipio ist unverzüglich in den Ritterstand zu erheben.



    Potitus Vescularius Salinator




    Schon wieder etwas vom PU, diesem elenden Fettsack. Prudentius Scipio? Noch nie gehört. Solche Leute würden nun die ritterliche Laufbahn beschreiten können... und er nicht. Seufzend machte sich Piso daran, eine Ernennungsurkunde auszustellen. Immerhin schien es ein Verwandter von Balbus zu sein, der Mann konnte nicht so schlecht sein.

    Komisch, dass der Statthalter den Consul und nicht die Kanzlei kontaktiert hatte - gut, dass der Consul es weiter geleitet hatte! Dies dachte sich der namenslose Laufbursche, der den Brief hier einwarf.


    Palatium Augusti - Roma - Regio Italia - Provincia Italia


    EPISTVLA CONSVLIS
    ANTE DIEM IV ID NOV DCCCLIX A.U.C.
    (10.11.2009/106 n.Chr.)


    Consul M' Tiberius Durus Procuratori ab epistulis K Antonio Hortalo s.p.d.


    Ich bitte hiermit um Auskunft, inwiefern Statthalter den Imperator Caesar Augustus um personelle Verstärkung an Iuridiculi und Procuratores für ihre Provinz gebeten haben.


    Der Grund ist der Hinweis des Proconsul Titus Curtius Philo, der den Senat ebenfalls um die Gewährung zweier Procuratores, sowie mehrerer Iuridiculi gebeten hat. Sollten weitere senatorische Kräfte in den Provinzen des Kaisers benötigt werden, wäre ich gern bereit, Erkundigungen im Senat einzuholen und anschließend geeignete Persönlichkeiten für die Besetzung der Positionen anzubieten.


    gez.
    M' Tiberius Durus

    Wem Pisos weibisches Lachen schon auf den Geist ging, dem würde sein Singen sicherlich das Trommelfell zerreißen. Doch dies war eine komplett andere Sache, denn nun hatte sich der Flavier der Dichtkunst zugewandt. Dass dies kein Singen beinhaltete, war aber nur das einzig Gute. Wie es ein ebenfalls flavischer Senator dereinst ausdrücken würde, jetzt dichtete der Spinner.
    „Das ist selbstverständlich. Und, das hoffe ich doch!“, meinte Piso, der sofort eine Gelegenheit witterte, sich bei den Germanicern ein wenig beliebt zu machen. Denn tief im Inneren war Piso nur ein Mensch, der es allen (bis auf jene, die er als Feinde wahrnahm) Recht machen wollte – einmal bei Römern, Nichtrömer behandelte er mit dem selben Mangel an Respekt, der jenen zustand. Es wäre sogar ziemlich wahrscheinlich gewesen, dass er, hätte Laevina ihm gegenüber anvertraut, dass sie wenig von den schönen Künsten hielt, sofort eingelenkt hätte, ohne ihr wirklich böse zu sein, und das Thema auf etwas anderes gebracht hätte. So gesehen, war das ganze Schlamassel, in das sich Laevina hineingeritten hatte, ihre Schuld. Denn Piso dachte jetzt wirklich, er hätte eine hoch kulturinteressierte Dame vor sich.
    Wie dem auch sei, ihm gefiel der Gedanke, dass er bei den Germanicern mit so einem Gedicht punkten konnte. Denn ohne Einfluss waren sie nicht. Beileibe nicht. Es war eigentlich ziemlich beunruhigend.
    Als sie über die Politik zu sprechen kamen, hätte Piso, wenn er seinerseits Gedanken hätte lesen können, Laevina ohne Zweifel erklärt, dass der Cursus honorum keine geradlinige Bahn war, sondern viele Facetten hatte, von denen die Ämter, die er aufgezählt hatte, nur einige gewesen haben.
    Er nickte, als die Germanicerin seine angestrebte Laufbahn kommendierte. Piso lächelte und beugte sich hinüber zu Laevina.
    „Weißt du, was eine echte Traumlaufbahn wäre? Wenn ich mach meiner Arbeit in der Kanzlei – welche wohl als das Tirocinium Fori, welches ich nie erhalten habe, ersetzen würde – Tresvir Capitalis werden würde. Du weißt schon, jene Abteilung im Vigintivirat, die sich für die Rechtspflege einsetzt. Dann will ich ein Tribunat aufnehmen, wie ich es dir schon gesagt habe – und dann das Quaestorat. Und danach werde ich, wenn ich erst Senator bin, versuchen, einen senatorischen Verwaltungsposten zu erlangen. Zum Beispiel den des Curator Operum Publicorum – dieses Amt hält ja zur Zeit einer deiner Verwandten inne, oder?“ Bewahrer der Ästhetik und des Stadtbildes Roms. Das wäre nach seinem Geschmack. „Wenig verdient man dort nicht... ich denke, dadurch könnte ich das Bild des Mittellosen, welches mir immer wieder anhaften will, los werden.“, meinte er. „Und irgendwann einmal das Aedilat. Doch das ist Zukunftsmusik.“, spezifizierte er seine Zukunftspläne. „Dabei schließe ich aber auch, wie gesagt, einen Posten in einem städtischen Kollegium nicht aus.“
    Man konnte über Piso sagen, was man wollte, er war nicht skrupellos. Vor allem nicht so skrupellos wie Cornelius Sulla. Und er hatte auch nicht vor, dessen Weg zu beschreiten. Wenn er gehört hätte, dass Laevina von ihm erwartete, die selben Wege einzuschlagen, die Sulla eingeschlagen hatte, er wäre entsetzt gewesen.
    Ihrer nächste Frage schickte er ein Seufzen voraus. „Rein rechtlich gesehen könnte ich es. Aber der Praefectus Urbi will offenbar keinen Patriziern ritterliche Posten gönnen. Aus welchem Grund auch immer.“ Er seufzte. „Und außerdem hat mir mein Patron gesagt, ich sollte keine ritterlichen Posten bekleiden, wenn ich den cursus honorum beschreiten will...“ Er hielt inne. Da war ja etwas. Er hatte ncoh nicht gesagt, wer sein Patron war. „Kennst du vielleicht meinen Patron? Purgitius Macer?“



    Sim-Off:

    EDIT: Farbe

    Sim-Off:

    Schon fast vergessen gehabt... :D


    Piso blickte höflich den Mann vor ihm an. Entwichen dem hochehrenwertem Haupte etwa schnarchende Töne? Oder war dies nur Einbildung? Plötzlich schien der Priester vor ihm aufzuzucken, als ob man ihn gewaltsam aus dem friedlichstem Schlafe hervorgerüttelt hatte. Piso war dies nicht gewesen, er hatte den Priester nur mit einem verdutzten Gesichtsausdruck angeschaut. Der Priester schien tatsächlich stante pede geschlafen zu haben. Nun, Piso hatte dies ja auch schon gemacht, damals vor der Casa Decima. Nur, er hatte damals gegen die Tür gelehnt. Dieser Priester schien aber wahrlich von den Göttern gesegnet zu sein, er beherrschte diese Fähigkeit, ohne, dass er irgendwo Halt finden musste. Das musste er selber einmal ausprobieren.
    Als der Messier sich gesammelt hatte, waren die Schritte wiederum klar. Piso nickte und hörte aufmerksam zu. Gut, er hatte keine speziellen Bitten. Er wollte sich nur mit den Göttern gut stellen, wie schon gesagt.
    So nickte er, er hatte verstanden. Er bückte sich und holte aus den Kisten, welche Cassivellaunus geschleppt hatte, eine mitnichten ungewaltige Weihrauchbüchse hervor. Er hatte vor, heute noch ziemlich wichtig zu räuchern. Zündeln machte eben Spaß.
    Er balanzierte die Büchse auf beiden Händen herum, als er den Priester fragte: „Ich bringe das Opfer dar, bevor ich das kurze Gebet spreche. Oder? Und, an welchen Altaren soll ich hier im Tempel opfern? An nur einem, oder an drei unterschiedlichen?“ Das lange Gebet würde er natürlich draußen, vor Iuppiter, sprechen.

    [Blockierte Grafik: http://img339.imageshack.us/img339/3527/phoebusrt1.jpg]


    Herein, ertönte die Stimme der Claudierin aus ihrem Zimmer melodiös hervor. Phoebus, der noch zu jung war, um sich der Tatsache zu besinnen, dass diese Tageszeit denkbar ungünstig war, platzte ins Zimmer hinein. Nämlich machte er die Türe geräuschvoll und hastig auf, und stürmte mit einen Satz ins Zimmer der Herrin.
    „Salve, Herrin!“, piepste der Jüngling. „Im Atrium wartet Claudia Ofella. Sie sagt, sie ist deine Freundin, und wünscht ein Gespräch mit dir. Sie gab mir eine Fibel mit, um sie dir zu geben.“ Er streckte die Hand aus und reichte sie der Herrin. Die Fibel, verziert mit dem Kopf eines Einhorns, glänzte in der Hand des Jungen der Patrizierin entgegen. Er atmete tief ein und aus, fast so, als hätte ihn die ungewohnt lange Rede (denn er war kein Freund großer Worte, eher schweigsam) komplett erschöpft.


    Sim-Off:

    Fast verbummelt, Verzeihung... :(

    Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus
    ...


    Der Aurelier erinnerte sich an ihn, was Piso sehr erfreute. Es war immer gut, einen bleibenden Eindruck zu machen (wobei es doch irgendwie vernachlässigbar, ob er gut oder schlecht war, wollte Piso doch fast glauben). Und Ursus schien durchaus ob jener Bekanntschaft ihm nciht an die Gurgel gehen zu wollen, also war alles soweit in Ordnung. „Oh, mir geht es sehr gut! Alles läuft bei mir bestens! Und bei dir, wie steht es...“ Er unterbrach sich widerwillig, als seine Worte durch den Schreihals, dem Liktor da vorne, und dem klimpernden und trötenden Lauten der Opferhelfer abgewürgt wurden. Er brach ab und blickte nach vorne. Er versuchte, der Musik zu folgend, ihr vielleicht ungebührlich viel Beachtung schenkend, doch Piso hatte erstens ein Faible für Musik und zweitens wollte er sich nciht nachsagen lassen, er hätte kein Auge fürs Detail.
    Die Consuln begannen, die Stiere einzuweihen. Jetzt würde das Blutspritzen beginnen. Na ja. Er fuhr sich gedankenlos durch seine lockigen Haare und konzentrierte sich auf das gar wundersame Spektakül vor ihm.

    Opfer hätten Piso früher sicher nicht hinterm Ofen hervorgelockt, aber jetzt hatte er doch ein gewisses Interesse an ihnen entwickelt. Auch wenn es blutige Opfer waren. Irgendwie schien sich alles in Rom nur um Blut zu drehen – die Opfer, die Spiele, das Militär, Hund und Teufel – und er begann sich mittlerweile schon ein wenig daran zu gewöhnen. Immerhin war der Tempel geschmückt, somit war das ästhetische Anspruchsminimum des Patriziers voll und ganz erfüllt.
    Es würde die Opferung von Tiberius Durus sein, der Consul, der ihn, noch als Consul Electus, so freundlich, was die Arvalbruderschaft anging, unterstützt hatte. Und der jetzt einen Stein bei ihm im Brett hatte. Es war irgendwie also eine moralische Verpflichtung gewesen, seiner Vota beizuwohnen.
    Er folgte den Menschenmassen, die plötzlich stockten, als die Consuln den Tempel betraten. Keiner würde es wagen, den beiden zu folgen. Piso blickte bewundernd am Tempel hoch. Er war vor einiger Zeit schon zu einem Opfer da gewesen. Er sah mit den ganzen Dekorationen noch viel schöner als als üblich. So sollten sie ihn eigentlich das ganze Jahr über behalten, dachte er sich innerlich, vorm geistigen Auge schon dekorative Pläne für den Tempel sich ausmalend. Sicher würde ein schönerer Tempel mehr Leute anziehen. Obwohl, man konnte nicht sagen, dass heute wenig Leute hier waren.
    Nicht weit entfernt von ihm sah er ein vertrautes Gesicht. Den habe ich doch schon einmal gesehen, dachte sich Piso und blickte kurz angestrengt hin. Ein Aurelier. Den hatte er ja damals in der Therme getroffen. Aurelius... Urbicus! Nein, was anderes. Irgendein Tier. Aurelius Taurus? Nein, etwas mit U. Aurelius Ursus, genau, der Bär. Womit sich der Gute diesen Cognomen bloß verdient hatte?
    Piso scherte ein paar Schritte nach links aus, zu Ursus hin. „Salve, Aurelius Ursus.“, meinte er zu ihm. „Kannst du dich noch an mich erinnern? Flavius Piso, von den Thermen!“

    Dass sich der Gesichtsausdruck der edlen Frau sich einen Moment verdüsterte, konnte Piso nachvollziehen. Was musste er auch immer so ehrlich sein? Er hätte irgendeine Flunkergeschichte aus dem Ärmel ziehen können. Er war doch sonst nicht so... die alte Geschichte, die heute wieder richtig schön ans Tageslicht gekehrt worden war, machte ihm noch immer zu schaffen. Sie verdrehte sein Gehirn komplett. Er musste wirken wie ein Mann, der komplett aus der Bahn geworfen worden war, und irgendwie fühlte er sich auch so. Als er merkte, dass seine Wortwahl in die Tunika gegangen war, machte er innerlich schon einmal seinen Frieden mit den Göttern. Die beiden werden mich jetzt zerreißen. Da wird es gar nichts geben, dachte er sich. Er malte sich vorm inneren Auge schon seinen Trauerzug aus. Doch auch hier bewies die Aurelia wieder Einsicht.
    Man kann sich den Stein, der dem unglückseligen Flavier vom Herzen fiel, als er von der Lockerung ihres Gesichtsausdruckes sah, dass Prisca keine solchen Ziele hatte. Wenn er etwas Glück hatte, würde nichts von diesem unsäglichen Vorfall in die Öffentlichkeit gelangen. Er wusste ja nicht, ob Prisca tratschsüchtig oder verschwiegen war. Die meisten Frauen waren doch Tratschweiber, dachte Piso sich verzweifelt. Am Liebsten wäre er davon gelaufen, doch die Folgen wären unabsehbar gewesen. Und es war ja auch nicht so, dass der Aurelierin jeglicher Charme abging. Im Gegenteil, sie schien wirklich nett. Zumindest bezeugte das der Umstand, dass er noch lebte – auch wenn er vor lauter Scham eine rote Rübe mittlerweile haben dürfte.
    Er wäre wirklich bereit, Schmuck zu kaufen für Prisca, auch wenn dies tüchtig an seinen Finanzen zehren würden. Zwar hatte er kürzlich einige gute Einnahmen durch wirtschaftliches Engagement gemacht, und sein Lohn war auch wieder nicht so schlecht, wie er ihn gerne immer wieder darstellte. Und doch behauptete er gerne immer wieder, nicht ohne Stolz, wollte man fast glauben, von sich selber, er wäre der Ärmste aller Flavier. Obwohl, bei so einem Luxusfrauchen wie dem vor ihm wollte er dies lieber nicht behaupten. Da konnte er sicher sein Gesicht verlieren. Und so entsetzlich arm war er, Steuerfreiheit sei Dank, auch wieder nicht. Zumindest ein Schmuckstück dürfte er sich leisten können.
    Auch wenn dies, scheinends, nicht nötig war. Vielmehr schlug sie seine Bitte aus. Piso fühlte sich gleichsam erleichtert, und vom schlechten Gewissen ein wenig niedergedrückt. Es musste doch etwas anderes geben, was er tun könnte. So leicht wollte er sich selber nicht davon kommen lassen, das war er seiner Ehre schuldig! Er lächelte nur beschämt, so wie das nun halt die Leute tun, die keine Ahnung haben, was sie nun sagen sollten. Er wartete lieber ab, was ihr nun einfiel, bevor er selber etwas sagte.
    Er entwickelte einen Krampf an der rechten Augenbraue, als er versuchte, sie nicht reflexartig hochschnellen zu lassen, als sie ihm ein ganz spezielles Wiedergutmachungsangebot unterbreitete. Hahaha, du bist geliefert, höhnte in ihm tief drinnen eine böswillige Stimme, welche wohl das sich selber herunterziehende Element in Piso darstellte.
    Genau dies musste man wohl also tun, um wirklich schön unglücklich zu werden, dachte er sich. Man musste so lange an die verflossene Liebe denken, bis man komplett irre wird, eine Wahnsinnstat begeht und dann eine fürchterliche Art und Weise Wiedergutmachung betreiben musste.
    Nun erschloss sich ihm die grausame Option, stundenlang mit der Aurelierin durch die Klamottenläden zu rennen und dabei sie in verschiedenen Kleidern anzuschauen. Option? Ein schlechtes Wort, es implizierte, dass es wegbare Alternativen gäbe.
    Es waren mehrere Faktoren, die Piso seine Entscheidung fallen ließen. Zuerst seine Manieren (er hatte doch noch ein paar, auch wenn sie hie und da wie die traurigen paar Überreste menschlicher Zivilisation inmitten eines riesigen Schlachtfeldes wirken wollten). Dann das Gefühl, Buße betreiben zu müssen. Er war immerhin Anwalt, und als solcher war es für ihn selbstredend, für selber verursachte Schäden aufzukommen. Und dann dieser Augenaufschlag. Er hatte... durchaus etwas. Etwas... Piso konnte sich sein Lieblingswort nicht verkneifen in seinen Gedanken, Ästhetisches. Ja, diese Frau hatte etwas Schickes an sich. Es gab schrecklichere Weiber, mit denen man einen Nachmittag verbringen konnte. Durchaus.
    Und so nickte er. „Nichts wäre mir lieber, als dich zu begleiten, Aurelia Prisca. Ich hoffe, meine bescheidenen Kenntnisse, was schöne Kleidung angeht, können dir im Laufe des Tages eine Hilfe sein.“ Er mühte sich ein freundliches Lächeln ab. Was für eine Wahl hatte er denn? Gerne hätte ich so eine Markttour mit Serrana gemacht, dachte er sich.
    Prisca merkte offenbar seine Beklommenheit, und fragte ihn danach. War das wirklich so offensichtlich gewesen? Offenbar! Piso blickte unsicher Prisca an. „Ähm.“ Irgendwann hatte er das doch schon einmal gesagt, bei Bona Dea.
    Er blickte sich um, als er überlegte, welche Antwort er geben sollte. Er atmete tief ein und entschloss sich für die Wahrheit. „Ich vertraue dir, Aurelia Prisca. Wenn du sagst, dass du diese Begebenheit nicht weitererzählst, bin ich dir zu viel Dank verpflichtet.“ Er schüttelte den Kopf. „In letzter Zeit ist einfach etwas mit mir los. Ich kann nicht sagen, was. Ich stehe so... daneben, wenn ich das so sagen darf. Sag, erinnerst du dich an die Decima, welche ich auf der Hochzeit deines...“ Onkels? Vetters? Onkels 2. Oder 3. Grades? „...Verwandten Aurelius Corvinus kennen lernte. Ich muss dir anvertrauen... wir sind uns ziemlich nahe gekommen. Und dann... eines Tages...“ Er hob seine rechte Hand und schnippte seine Finger, „war sie verschwunden. Weg. Sie war abgereist, nach Griechenland, sagte ihr Vater mir. Einfach so, ohne Nachricht. Warum, wusste niemand. Sie hatte uns alle verlassen.“ Er seufzte. „Ich habe gedacht, sie wäre die Eine... und dann passierte das.“ Er blinzelte, als ob er irgendetwas aus den Augen bekommen wollte.
    „Ich... es... es tut mir Leid, dass ich dich damit belaste.“, meinte er dann, senkte den Blick und schüttelte den Kopf unwillig. „Verzeih mir. Nur, heute... ist es wieder einmal besonders schwer...“ Er atmete tief ein und aus.