Beiträge von Aulus Flavius Piso

    "D... danke...", meinte Piso ein bisschen belaemmert.
    "Ich glaube, ich sollte das auch tun... sonst schlafe ich noch hier am Tisch ein..." Er blickte sich um und bemerkte, dass seine Knie schoen wackelig waren. "Wohin geht es? ich kann mich nicht mehr erinnern an den Weg..."

    Piso konnte es kaum fassen. Sicher hatte der Alkohol ihm den Mumm gegeben, einzuwilligen. Doch die Entscheidung war von Herzen gekommen.
    Er schluckte. hatte er da nicht gerade ein Schluchzen vernommen? Ja, es war Verus. Er war gluecklich, dass Piso sein neuer Schwiegersohn war. Piso war ehrlich ergriffen von jener Sekunde, als er diesen Laut von Verus hoerte.
    Die Willkommensformel wurde ausgesprochen, und Verus breitete seine Arme aus. Piso umarmte nun Verus, seinen kuenftigen Schwiegervater. Er liess dann wieder los und blickte ihm in die Augen. "Titus.", meinte er mit einem Laecheln. Jetzt war es ja innerhalb der Familie, also konnte man sich mit Praenomen anreden. "Ich bin so froh, dass ich an eine gekommen bin wie deine Tochter... mein Vater wird toben, weil ich ihm nichts gesagt habe. Aber mir ist das so was von egal. Ausserdem... die Heirat ist jetzt ja standesgemaess. Serrana ist Ritterin. Wer kuemmert sich schon ueber Plebejer, Patrizier oder so.", lachte er. "Danke fuer deine Glueckwuensche."

    Zitat

    Original von Palatinus


    TPB


    Piso schwieg kurz. In seinen Augen sah man eine Fassungslosigkeit. Er, der so selbstbewusst hier hineingeschritten war, seine Hoffnungen hatte der Kerl vor ihm zerstoert.
    Er atmete tief ein und brachte dann hervor: "Das war alles." Ohne eine Verabschiedung stand er auf und verliess den Raum.

    "Och, ne...", protestierte Piso schwach, fuegte sich dann aber. Er sah es ja ein. Er wollte nicht zu einem Koetzelkandidaten werden. ;)
    Dann kam die Frage aller Fragen. Piso waere ihr im nuechternen Zusatnd ausgewichen, haette sie verschoben, haette sie umgangen. Doch dies war nicht mehr moeglich. Er war zu beschwipst, um noch Widerstand zu leisten. "Ich... ich... ja! Ich will sie haben! Ich will ihr Mann werden! Ich werde ihr ein... ein guter... guter Ehemann... sein.", rief Piso aus. Anschliessend verharrte er unglaeubig. Was hatte er da gesagt? Etwas, was sein Leben veraendern wuerde. Doch seltsamerweise ernuechterte ihn das nicht. Ihn durchfuhr ein Gefuehl... ein Gefuehl, das Richtige getan zu haben. Ein Hochgefuehl. Ein Gefuehl, wie es besser nicht sein konnte.
    Wie sollte er da noch ueber Fischzucht reden? In sein Unterbewusstsein sickerte zwar die Information ein, doch er entgegnete nichts mehr dazu. Ihm war irgendwie dnach zumute, ausgelassen zu tanzen. Nur mit Muehe beherrschte er sich. Dann brachte er hervor: "Ja, ich will dein Schwiegersohn werden." Es war die endgueltige Entscheidung. Die endgueltige Affirmation. Es wuerde so werden.

    Auch Piso waere niemals Piso gewesen, haette er sich nicht noch am Wein guetlich getan. "Gut, dass ich deine Zustimmung habe! Dann kann ja nichts schiefgehen!", lachte Piso und blickte in seinen Becher, welcher wieder ein bisschen leerer geworden war. Er griff also abermals zur Amphore und schenkte sich was ein.
    "Ah, Hispania! Was fuer ein wundervolles Land! War dort schon mal! Als noch mein Neffe, Furianus, dort Proconsul war. In Tarraco war ich, in Caesaraugusta, in Pompaelo und in Flaviobriga. Schoene Zeiten. Nun ja, Flaviobriga war jetzt nicht so traumhaft. Habe dort eine Tote am Hals gehabt, wegen meinem Sklaven. Ach was.", meinte er und leerte seinen Becher Wein. "Schnee von gestern."
    Er hoerte sich an, was Sabinus ueber Ravenna zu sagen hatte, und es war durchaus schmeichelhaft. Er grinste. "Ja, Ravenna, schon sehr nett, aber im Vergleich mit Rom sehr klein. Ein bisschen zu flach, die Gegend, habe ich schon immer gefunden. Da kommt Rom mit seinen Huegeln mir gerade richtig. Es ist meine absolute Lieblingsstadt... auf die ewige Stadt der 7 Huegel! Auf Rom!", meinte er und hob seinen Becher in die Hoehe.
    "In Pannonien war ich schon mal, lange ist es her. Ich war in Carnuntum, und dann noch so einem Kaff, wie hat es geheissen? Ach ja, Vindobona.", schilderte er. "Aber was du da von der Rundreise erzaehlst, Sabinus, das klingt vernuenftig! Zum Beispiel war ich noch nie in Raetien. Obwohl es dort so wunderbar sein soll. Man hat mir eine Gegend empfohlen zwischen dem Rhein und diesem Pass, wie heisst er, genau, Arlberg. Angeblich waere es dort "koerig". Weiss zwar nicht, was das heisst, aber es klingt gut. Wuerde gerne mal dorthin gehen.", sagte er. Eine gewisses Reisefieber brannte jetzt schon in seinen Augen. "Weisst du, dass ich schon einmal im ganzen Imperium herumgereist bin? Das war schon vor einiger Zeit. Unheimlich viele Dinge habe ich geehen, ich sag es dir..."

    Mit einem freudigen "Hurra." quittierte Piso den neuen Wein. Er nahm den Becher auf und leerte ihn auf einen Zug. Fast waere er schon ausgenuechtert... aber dieser Wein machte dies zunichte.
    "'nnn Missssennam? Ich weiss nich'... Salssswassafischhhh... da mag ich Suesswassa viel liebaaaa.", meinte, lallte er. Er schuettelte den Kopf, und alles schien sich irgendwie in Schlieren zu verlieren. "Isch will Suesswasserfische. Ich mein, Rom issss ueberflutet mit Salsswassafisch'n.", fuehrte er mit einer grossartigen Geste aus.
    Doch bei seinen naechsten Worten wurde er bedeutend stiller. "Oh... das tut mir Leid...", meinte er, diese Botschaft hatte ihn kurz ernuechtert. Vor allem die Traene bedrueckte ihn ein wenig. Die Emotionen waren wohl durch den Wein etwas verstaerkt worden, sowohl bei Piso wie auch bei Verus.
    Doch die Weinseeligkeit kam bei Verus' naechsten Ansage wieder. Schnell ergriff er nochmals den Schlach, fuellte etwas in seinen Becher und stuerzte wieder alles hinunter. "Hihi, das is gut, jawoll!", meinte er etwas lauter, wie er wollte. "Du weissst ganz genau, wen du willst... beneidenswert. Klammer dich dran, mein Freund... klammer... dich dran.", philosophierte er, seine Lautstaerke hatte er wieder etwas gedaempft.

    Zitat

    Original von Palatinus


    TPB


    "D... das weiss ich selber nicht! Du wirst meinen Vetter befragen muessen. Er weiss es. Ich bin mir ganz sicher, waeren es normale Tiere, wuerde er es niemals wagen, sich der Administratio damit zu naehern.", entgegnete Piso, sich vorstellend, wie grauenhaft es sein muesse, seinem Vetter mit leeren Haenden entgegentreten zu muessen.

    Fuer einen Moment sah Aristides aus wie Gracchus. Auf den Tupf gleich. Fast schon waere Piso erstarrt und haette: "Manius Gracchus!" gehaucht, doch sah er rechtzeitig, dass er es nicht mit einer Gestalt zu tun haette, welche moeglicherweise die Kapazitaet hatte, sich an zwei Orten gleichzeitig aufzuhalten. Es war Marcus Flavius Aristides, und niemand anderes. Es war nur einen geste gewesen. Er wusste nicht einmal, welche es gewesen war. War es an den Haenden gewesen? Oder im gesicht? Ja, es musste im Gesicht gewesen sein.
    Viel aristidischer war der verblueffte Gesichtsausdruck, welcher sich ueber das Gesicht seines Vetters legte, und eindeutig pisonisch war das verlegene Laecheln, welches das Gesicht des Besuchers, des Eindringlings, zierte. Piso schloss die Tuere hinter sich.
    "Gut, dass du Zeit hast. Das ist schoen.", meinte er, jedoch meinte er, einen etwas abweisenden Gesichtszug zu sehen. Es war ja natuerlich. Er war gekommen, um ein paar Sachen klar zu stellen. Vielleicht wuerde jener Gesichtsausdruck abschwellen... irgendwann. Genausogut haette Aristides, statt so dreinzuschauen, Piso laut und deutlich einen Nichtsnutz schimpfen koennen, was er sich vermutlich sowieso schon dachte.
    Er versuchte, die Miene zu ignorieren und setzte sich nieder. Rechtzeitig kam es ihm noch, zu fragen: "Ich darf mich doch setzen, oder?"
    Dann raeusperte er sich. Und schliesslich fing er an. "Ich... als ich noch in Ravenna gelebt hatte, da habe ich einen Brief erhalten. Von meiner Schwester. Einen sehr kurz angebundenen Brief. Sie erzaehlte mit knappen Worten, wie schoen es in Rom war, und wie gut sie sich unterhalten wuerde. Und wie gut es war, etwas Distanz zu haben von dem Rest ihrer Familie in Ravenna. Wir... wir haben uns nicht so gut riechen koennen, wie es Geschwister tun sollten. Es bricht mir das Herz, wenn ich daran denke." Wo war denn die selbstsichere Art von Piso? Wo seine Aufgeblasenheit? Sie schwand, wie immer, nur, wenn er sein Herz ausbreitete. Wie er es jetzt tat. "Ich haette mich gerne besser mit ihr verstanden, weisst du? Und jetzt ist es zu spaet..." Er liess den Kopf senken. "Aber ich wollte dir nur sagen... ach, was, ich wollte dich was fragen. Was hat sie von mir erzaehlt? Nein, antworte nicht. Nicht viel Gutes, wahrscheinlich. Ich wollte dir nur sagen, Marcus... ich wollte nur sagen... dass ich... kein Versager bin." Er kniff die Lippen zusammen und blickte Aristides fest in die Augen. "Das ist es doch, was du denkst. Oder? Oder?", meinte er ruhig.

    Was fuer eine Reaktion hatte sich wohl Piso erwartet, wenn er ehrlich zu sich selber war? Er konnte es nicht sagen, doch dass sie verschaemt und nach Worten ringend reagieren wuerde, haette eigentlich durchaus im bereich des Moeglichen sein koennen. Jetzt hatte er sie beschaemt. Doch er merkte im gleichen Augenblick, wie sein Selbstvertrauen wieder wuchs. Er wollte zu einer Antwort ansetzen, als ploetzlich Verus, schwer beladen mit Essen un Trinken, dazu kam, seine Tochter provosorisch umarmte und sich entfernte.
    Kurz, irritiert blickte er Verus nach. Dann raeusperte er sich.
    "Das ist...", meinte er zu Serrana, nicht bemerkend, dass er ihre Worte echote. "Das ist die Wahrheit. Was ich gesagt habe. Ich haette... ich haette deine natuerliche Anmut herausheben koennen. Oder die Farbe deiner Haare, so satt und voll. Oder dein Antlitz. Aber ich habe es nicht getan, weil, so wundervoll auch all dies ist, deine Augen uebertreffen alles. Sie sind wie zwei Bernsteine."
    Er blickte ihr kurz in die Augen, dann laechelte er verhalten und schuettelte leicht den Kopf. "Verzeih einem unglueckseligen Mann solche Bemerkungen, welche ihm beileibe nicht zustehen." Er blickte kurz auf das Meer, dann wieder auf die Tochter des Verus. "Ich habe gedacht, dies nicht herauszudeuten waere ein Frevel. Entschuldigung, wenn ich dich dadurch in Verlegenheit gebracht habe.", laechelte er. "Aber ich bin einfach hie und da etwas forsch. Ich liebe es, meine ehrliche Meinung zu aeussern." Er zuckte mit einem Laecheln die Achseln, doch bevor er noch etwas sagen konnte, wurde er von einem Sklaven mit einem Tablett voll mit Weinbechern unterbrochen. "Der Herr, die Dame?", fragte der Sklave nasal und reichte das Tablett in die Richtung der beiden. Piso schaute zum Weintablett und linste dann zu Serrana. Was sie tun wuerde?

    "Mmmm... gnaaa...", machte Piso, als ihm Verus den Becher wegzog und selber trank. Aber was sollte er tun? Er war ja nur der Gast, ihm gehoerte der Wein nicht. Er zuckte also die Achseln, er war noch nicht betrunken genug, um einzugehen auf das Ganze oder gar agressiv zu reagieren.
    "Nun, gut, das werde ich machen. Mal schauen, ob dein Brief da noch herumliegt. Ich werde ihn den Procurator unter die Nase halten, genau. Dieser procurator a rationibus, ich sage dir... so ein unfaehiger Depp. Bloed ist er, aber pedantisch und ueberkorrekt." Er machte mit der rechten hand eine unwillige Bewegung und haette dabei fast einen oder zwei Becher vom Tisch gefegt.
    Er hoerte sich an, was Verus ueber die Prudentier zu sagen hatte. Angeblich bestand da so eine leidige alte Sache... nie konnte sie so schlimm sein wie die Animositaet zwischen den Flaviern und den Aeliern. "Es ist sicher nicht so schlimm, wie du denkst. Es hat da vermutlich einfach nur ein Notarius schlampige Arbeit geleistet. Ich bin mir sicher, das wird noch in Ordnung kommen.", versuchte er Verus zu beruhigen.
    Er hoerte sich dann aber auch genau zu, was Verus ueber den Lacus Volsinii zu sagen hatte. "Also waere er in Ordnung... kannst du mir aber einen besseren See empfehlen? Ich will hochqualitative Fische liefern!", stellte Piso klar.
    "Ach ja, Verus... wie schaut es mit dir und den Frauen zur Zeit aus? Verheiratet bist du ja als Soldat nicht, oder?", fragte er.

    Zitat

    Original von Palatinus


    TPB


    "Aber... Herr Procurator!", machte Piso ganz entsetzt. Aller Anschein von Glanz und Glamour war von ihm abgeblaettert. "Das Fenster ist noetig! Und... selbst wenn das Fenster nicht genehmigt wird, so musst du mit meinem Verwandten sprechen! Nur einmal reden! Er hat viel zu bieten! Woelfe und Baeren!", redete er auf den Procurator ein. Doch er hatte das Gefuehl, dass dies nicht mehr viel helfen wuerde.

    "Lalala, lalala, trallalalala..." Piso war in guter Laune, und man hoerte es ihm an. Wie immer, wenn er guter Laune war, sang er. Zum Nachteil seiner Naechsten, deren Ohren solch eine Folter nicht lange aushalten konnten. Nur ein Blick auf Pisos Schuhe konnte die Passanten davon ueberzeugen, ihn nicht zu ueberwaeligen und zu knebeln, sondern lieber aus der Seite zu gehen, oder die Strassenseite zu wechseln.
    Piso beugte sich zu Cassivellaunus, seinem daemlichen und nutzlosen Leibsklaven, hin. "Alle Leute gehen mir aus dem Weg, wenn ich singe. Sie schaemen sich, weil sie nicht so gut singen koennen wie ich. Merk dir das gut." Cassivellaunus nickte und grinste nur. Was konnte er denn sonst machen? Alles andere waere vergebens.
    "Die unterschwellige Aesthetik eines Spaziergangs durch die Stadt... soviele schoenen Menschen - nein, dich meine ich damit nicht, Cassivellaunus - so viel Treiben, Leben, huch, was bist denn du fuer einer?"
    Die letzte Frage war gar nicht so seltsam und aus dem Blauen heraus, wie es sich anfangs anhoerte. Die Frage war an den Sklaven gerichtet, der sich vor Piso aufgebaut hatte.
    Piso betrachtete das Subjekt mit einer Mischung aus Geringschaetzung und Verwunderung. "Glaubst du, du... du, da, dass ich wuesste, wo ein Lupanar liegt? Meinst du, ein Lupanar waere mir wuerdig? Und vor allem, meinst du, dass ich eines noetig haette?", rief er.
    Dann blickte er um sich, insgeheim und verstohlen. Dann nickte er. "Wenn du wirklich einen Herrn hast, der so was braucht... ich kenne ein Lupanar. Ja, gut, ich war schon mal dort. Einmal. Oder zweimal. Oder dreimal, oder so. Das dolce vita, so heisst es. Ich sage dir, die Maedchen da... mmmmmutz!", machte er einen Kuss lautmalerisch nach. "Gehen wir einfach zur Saenfte hin und erklaeren den Weg... warte... die Saenfte..." Er blickte zu ihr hin, beziehungsweise, zu jenem Platz, wo sie gerade gestanden war. Sie war verschwunden.



    Der Eigentuemer der Saenfte, Lucius Manlius Vulso, ein junger Patrizier aus reichem Hause, der sein ganzes Leben lang im Reichtum gelebt hatte und auch nicht vorhatte, diesen Reichtum je zu missen, war zur seiner Saenfte, welche er leer stehen gelassen hatte, zurueckgekehrt, hatte sich in seine Saenfte gesetzt und die Saenftentraeger angewiesen, sich so rasch wie moeglich zu entfernen. Er wollte weg von jenem Ort, heim zur Casa, war es doch zu spaet geworden. Sein Pater wuerde sich Sorgen machen.


    Piso blickte auf den Sklaven. "Was soll das? Willst du mich verarschen? Erklaere das mal!", rief er aufbrausend.

    Sim-Off:

    Anderer Autor, anderes Werk. :D


    Der Hortus der Villa Flavia gehoerte zu einem der reichsten Gaerten ganz Roms. Eine Pracht voller Blueten. Baeume und Straeucher. Fruehlingshaft erstrahlte der Hortus in den schoensten und saftigsten Farben. Vom Hortus aus hatte man eine schoene Sicht ueber die ganze flavische Villa.
    Die Ruhe wurde gestoert, als Piso ins Bild schritt, eine sichtlich von Unmut erfuellte Sklavin hinter sich herschleppend.
    An einem bestimmten Flecken liess er sie los, drehte sich zu ihr hin und deckte sie in einem Wortschwall ein.
    "Also, hoer jetzt einmal gut zu Syrerin, ich werde mich nicht wiederholen, ist das klar? Das hier ist der Hortus der Villa. Es ist einer der schoensten und groessten in Rom. Und von hier aus sieht man etwas besonders gut."
    Er zeigte an eine Mauer, die sich erhob, ausserhalb des Gartens. Er verfolgte den Lauf der Mauer, welche die Villa gegenueber den umliegenden Grundstuecken abgrenzte, und drehte sich dabei langsam im Kreis.
    Am Ende war er wieder an seiner Ausgangsposition angekommen. Die Mauer, zumindest den oberen Rand, hatte man immer sehen koennen. "Siehst du, was ich meine? Die Flucht ist aussichtslos. Die Villa ist wie ein Gefaengnis. Ein Luxusgefaengnis. Selbst wenn du es schaffst, ihnen zu entkommen, bist du noch immer in Rom. Eine Stadt, ihrerseits umgeben von Mauern. Und wenn du die ueberwindest... ja dann, dann bist du in Italia. Ohne Geld. Ohne Freunde. Ein Land voller Sklavenjaeger, die mit Freuden entlaufene Sklaven wieder einfangen. Und die Strafe, die du dir einhandelst, wenn du fliehst, wird dir nicht gefallen. Also, Maedchen, tu dir selber einen gefallen. Glaube nicht, dass du entkommen kannst. Es ist unmoeglich. Alles klar?" Im letzten Satz konnte man tatsaechlich, zum ersten mal in ihrer Unterhaltung, einen drohenden Unterton vernehmen.
    Hier endete er. Er musste wieder an diese Sklaven denken, die entflohen waren bei den Saturnalien. Die Sklavenjaeger verfolgten sie schon, und es war keine Frage, dass sie die Entflohenen schon noch einfangen wuerden. Er blickte sie erwartungsvoll an. Sie hatte doch verstanden?

    Immerhin schien sie zu glauben, dass er es ernst meinte, auch wenn das Verdrehen ihrer Augen alles andere als zukunftsweisend in eine friedliche Koexistenz war.
    Piso hoerte den Erzaehlungen seiner Sklavin zu, und auch er musste kichern. Nun, immerhin war ihr das Kichern nicht vergangen, obwohl - genausogut konnte das ein Zeichen von Hysterie sein. Oder davon, dass der Wein seine Wirkung zu zeigen beging. Irgendwie kam ihm die Schneesituation bekannt vor - so etwas geschah haeufig in Rom. Aber auch auf den britischen Inseln hatte er dies gesehen, in einem Dorf namens Castra Didii [Cardiff :D].
    Doch der gemeinsame Heiterkeitsausbruch wurde jaeh unterbrochen, als sie ihm absolut unbegruendete und haltlose Vorwuerfe an den Kopf schmiss. "Ich? Ein Klugscheisser? Niiiiiiemals!" Ganz und gar deplorabel, wie Sklaven heutzutage ihre Herren behandelten. "Ich bin einfach ein gescheiter Mann. Waerst du lieber an einen Bloedmann geraten, oder was?", fragte er Semiramis.
    "Natuerlich ist die neu... ganz sicher.", meinte Piso und linste zu seiner Lyra. Hm, er hatte durchaus Verdachtsmomente gehabt, dass sie schon ihre besten Zeiten hinter sich gehabt hatte... wieso haette er sonst so einen guensteigen Preis heraushandeln koennen? Vielleicht hatte sie recht. Vielleicht war sie echt gut, solche Sachen festzustellen... er sollte sie auf Einkaeufe schicken. Die laesst sich nicht so leicht etwas vormachen.
    "Du musst Kaiser Nero meinen. Der hat natuerlich nicht die Stadt abgebrannt. Das waren diese verruchten Christen!", meinte er und ballte die linke Hand zur Faust. "Wenn wir die erwischen, grrr...", grummelte er und lockerte die linke Hand wieder.
    "Ich lugscheissere nicht, wie du es so eloquent ausdrueckst, ich biete dir nur wasserdichte Fakten. Wieviel Geld ich habe, geht dich nichts an." Er hatte zu jener Zeit noch keine Arbeit, nur die Eintraege aus seinem Grundstueck in Norditalien. Also war es um seine Boerse uebel bestellt.
    "Nein, ich lasse dich nicht gehen. Ich denke, du warst dein Geld absolut wert, das lasse ich mir nicht nehmen." Er schuettelte den Kopf. "Ich aergere mich nicht, ich bin hochgradigst amuesiert. Aber weisst du was? Gehen wir!" Er packte sie... vielleicht etwas unverfrorenerweise... an der Hand und zog sie mit sich in den Hortus.

    Piso hoerte dem Mann zu und nickte. "Ja, die Entscheidung ist schwer. Da gibt es so viel, was man machen kann...", sagte er und zuckte mit den Achseln. "Ein Patron hilft da sicher. Es gibt da sicher viele bedeutende Leute..." Er trank aus seinem Becher Wein und verschluckte sich, als er den letzten Satz von Imperiosus hoerte. Er hustete und machte ein entsetzte Gesicht. Irgendwann kriegte er sich wieder ein, nach ein paar Hustenanfaellen. Er wischte sich die Weintropfen, welche ueber seine Lippen waehrend seiner Husterei geronnen waren, ab."Der Kaiser? Der Kaiser hoechstselbst? Ich... also... denkst du wirklich, das ist eine gute Wahl?" Dies nahm er sicher nicht an...

    Zitat

    Original von Palatinus


    TPB


    "Wegen zweier Sachen bin ich gekommen.", meinte Piso, als er sich hinsetzte. "Das erste waere, dass ich ein Budget brauche fuer ein neues Fenster, welches ich im Officium XXIII machen will. Es wuerde sehr viel helfen, da es allen mehr Licht und frische Luft geben will. Ausserdem bin ich hier, da ich meinem Vetter helfen will. Er hat wilde Tiere im Angebot uns waere bereit, diese an den Kaiser zu liefern. Dazu will er um eine Unterredung mit dir bitten.", erklaerte er seine Anliegen.

    Sabinus' Gedanken haetten Piso durchaus entsetzt. Er war ein kleiner Bub gewesen, als die flavische Dynastie abgesetzt worden war. Er hatte nie die Moeglichkeit gehabt, zu regieren. Er selbst wollte sie. Aber das konnte ja noch werden. Soweit konnte man eh nichts daran aendern. Zu verzweifelten Mitteln zu greifen waere eines Flaviers unwuerdig. Also ertrug man alles mit stoischer Gelassenheit, so gut es ging.
    "Hehe!", machte Piso zurueck. Die Flavier hatten ihrem Leben schon viel Wein getrunken. Piso war da keine Ausnahme. Doch die Toleranzgrenze war irgendwo ueberschritten, und das konnte durchaus jetzt sein. Sabinus erawehnte Corvinus lobend, und Piso grinste. "Gut, dass du das denkst! Ich fuehl mich bestaetigt!" Zum zweitem Mal an diesem Tage. Das war gut.
    Bei der Nennung des Tiberiers zuckte er mit den Achseln. "Gehoert habe ich von ihm. Aber ich kenne keine Tiberier persoenlich, da ist der Draht zu den Aureliern besser.", meinte er.
    Er trank abermals etwas vom Wein, und die Wohlheit, die ihn durchflutete, wurde durch den Alkohol betont. "Ach, ich habe mir nie gedacht, dass Rom so schoen ist! Weisst du, bis vor kurzem habe ich in Ravenna gelebt. Ein elendes Kaff im Vergleich zu Rom. Wie lange bist du schon in Rom? Ihr Vinicier, ihr habt ja eure Wurzeln in Pannonien, oder?", fragte er. Selbstredend verschwieg er, dass er Pannonien zwar schoen fand, aber bei weitem niemals so gut wie Noricum oder gar Raetien. :D Viel zu flach fuer seinen Geschmack, das Land.

    Piso leerte seinen Becher uebermuetig auf einen Zug, was sicher nicht seiner Nuechternheit zutraeglich war.
    "Hassuu... aeh... Hast du das? Das is' ja chomisch." Wieso hatte er ploetzlich solche Schwierigkeiten beim Reden? Vermutlich war er komplett dehydriert. :D Dem konnte man nur noch mit mehr Wein entgegen wirken, also tat er dies. "Ich glaube, das hat irg'nso'n Notarius verschlampt. Gib mir mal so ein Bewerbungsschreimmm... und ich werde es dem Procurator geben. Und ich werde nich' ruhen, bis du eine Annn... Antwort kriegst.", sagte Piso mit dem Brustton der Ueberzeugung. "Wer soll'n dein Feind sein? Etwa Balbus? Oder der Consul?", fragte er unglaeubig.
    "Ja, habe davon gehoert. Eine Schande.", grummelte er. "Da wundert man sich nicht, wieso unser Land zum Teufel geht." Er wusste nicht, wer in der Curia gewesen war, doch er hatte so diverse Ahnungen... auf jeden Fall trank er noch etwas Wein. "Du hast mir gesagt, du kennst dich sehr gut aus, was Fische angeht. Ich habe vor, einen Fischereibetrieb zu eroeffnen, sobald ich das Geld dafuer habe. Und zwar am Lacus Volsinii. Was denkst du?"

    Zitat

    Original von Palatinus


    TPB


    Eine irgendwie unsympathische Stimme erklang, und Piso trat ins Officum, Glanz, Glamour und den Duft der weiten Welt verspruehend.
    "Salve procurator!", machte er. "Ich bin Flavius Piso, Primicerius a libellis, mit zwei Fragen. Darf ich mich setzen?"