Beiträge von Aulus Flavius Piso


    Jetzt erst sah er den Ring, den der Patrizier trug. Acanthus war noch immer so in Gedanken ueber die Gefuege der Welt vertieft gewesen, dass er gar nicht darauf geachtet hatte.
    "Natuerlich. Flavius Hibiscus... nein... Libustulus... Lollilullus... ach, natuerlich, Lucullus." Jetzt fiel ihm der Name ein. Sein Namensgedaechtnis war auch nicht mehr das, was es einst war. Wurde er langsam alt?
    "Sicher, domine." Er trat nach hinten, um Lucullus einzulassen. Das Gepaeck sah schwer aus, er brauchte dazu einen starken Sklaven. Er blickte nach hinten und sah Cassivellaunus vorbeischlurfen. "Du! Du nimmst das Gepaeck hier und bringst es in das Cubiculum von Herrn Lucullus!"
    Cassivellaunus stoehnte, packte den kram und schleppte ihn hinfort. "Willst du gleich in dein Zimmer, oder willst du zuerst ins Atrium, domine?", fragte der Sklave den Patrizier.

    Piso wuerde nie einsehen, weshalb der Pompeier sich so deutlich von jenem Zweig seiner Familie, welche direkt vom gefaehrlichsten Feind Caesars abstammte, so deutlich distanzierte. Er selbst wuerde nie eine Gelegenheit auslassen, um sich des kasierlichen Bluts, welches durch seine Venen troepfelte, zu bruesten. Doch er wuerde mal dieses Thema ein bisschen ausklammern, spaeter konnte man darauf zurueckkommen.
    "Ja, habe davon gehoert! Balbus hat mir davon erzaehlt. Angeblich ist alles zusammengebrochen in meinem neuen Officium, als du befoerdert worden bist. Und ja, Notarii sind leider nicht so gut bezahlt... obwohl sie fast doppelt soviel verdienen wie Stadtschreiber."
    Er horchte auf. "Eine Renovation willst du machen lassen?" Um die Pompeier schien es schrecklich bestellt zu sein. Er musste in seinem inneren Auge sich die Casa Pompeia vorstellen: Ein besserer Truemmerhaufen mit ein paar postapokalyptischen Saeulen, die noch gerade so ein bisschen hinaufragten und zeugten von vergangener Pracht. "Das ist aber teuer... wieviel kostet es nochmals?", fragte er. Sicher mehr als der Wochenlohn eines Primicerius.
    "Also sparst du auf eine Renovierung... eh kein uebler Gedanke.", meinte er, trank etwas Wein (er nahm sich jetzt etwas zurueck) und beglueckwuenschte sich, dass die Villa Flavia noch in einem tadellosem Zustand war. "Ich horte auch schon ein bisschen Geld. Will damit eine Fischerei eroeffnen.", verriet er seinem Kollegen.


    Sim-Off:

    Schau mal in die Wisim, dort ist was fuer dich...


    Acanthus sass vor der Tuer. Die Beine hatte er im Schneidersitz zusammengefaltet, den Kopf stuetzte er mit der rechten Hand auf. Waere doch die Welt nur etwas besser organisiert. Nicht ganz so hektisch. Dann waere sie viel einfacher zu begreifen. Er seufzte. Es war noch ein weiter Weg, bis er vollends Einsicht in den Sinn der Welt erhalten koennte.
    Jene Realisation kam zeitgleich mit einem Klopfen an der Tuere. Unverstaendliches Zeug murmelnd, erhob er sich und machte die Tuere auf. Draussen stand jemand, der ihm irgendwie vertraut vorkam, den er aber nicht einschaetzen konnte. Ein Patrizier aber, auf jeden Fall.
    "Salve, domine. Willkommen in der Villa Flavia. Was ist dein Name, dein Anliegen und wie kann ich helfen?", leierte er routiniert herunter.

    Gerade wollte Piso in Ruhe und Frieden seinen Becher trinken, da wurde ein erboster Redeschwall auf ihn abgefeuert. Er war ein bisschen verbluefft, dass sich ein mann so echauffierte und so betonte, dass er nicht aus der selben Linie wie der grosse Pompeius entstammte. "Dann muss ich mich entschuldigen. Die Veraestelungen der ehrwuerdigen pompeischen Familie sind mir nicht so vertraut.", meinte eer und zuckte die Achseln. "Von den Pompeiern habe ich bis jetzt noch nie jemanden persoenlich getroffen. Leider! Gut, dass ich das jetzt nachholen kann.", grinste er.
    Immerhin schien er nicht boese zu sein, weil Piso indirekt die verloschene Macht seiner Familie erwaehnt hatte. Nun, wenn man von verloschener Macht redete, konnte man genau so gut von den Flaviern reden. Doch Piso schob diesen Gedanken beiseite. Er machte sich eine neue Notiz: Nicht ueber die Familie reden.
    Er hob nun auch den Becher und stiess mit Imperiosus an. "Auf die Administratio und die Primicerii!", sagte auch er und gurgelte seinen Becher, ohne ein einziges Mal abzusetzen, hinunter. Er war durstig. :P
    "Mensch, ich sage dir, bin ich froh, dass die Schufterei fuer heute vorbei ist.", meinte er und fasste sich kurz an die Stirn. "Als Primicerius will ich echt nicht alt werden. Hast du schon mal in die Gehaltsliste von den Procuratoren geschaut? Was die verdienen, ist ja schon verbrecherisch!", meinte er. Typische Manager-Gehaelter.

    Sim-Off:

    Als Student waere es mir hoechst unbehaglich, muesste ich einen Char spielen, der sowas nicht kann. :D


    Synchron mit Verus stuerzte Piso sein Getraenk hinunter. Ein gewaltiger Schluck, und leer war er, der Becher. Piso setzte ihn ab und ruelpste leise. Er fuehlte, wie das Bier in sein Hirn hinaufkrauchte.
    Das Essen roch wundervoll, und das eben konsumierte Bier wirkte als Appetitanreger. "Danke! Mahlzeit!", rief Piso und machte sich an das Essen.
    Er liess die Gabel ueber die Platte kreisen. Was sollte er zuerst nehmen? Er entschied sich fuer eine Olive, die er aufzuspiessen versuchte. Sie spickte jedoch weg, zur anderen Seite des Tellers, als der Versuch am harten Kern scheiterte. Piso grummelte und harpunierte ein Stueck Fisch. nachdem er es in die Sauce getunkt hatte, liess er es im Mund verschwinden.
    Hm! Das schmeckte wunderbar. Er riss etwas Brot ab und spuelte mit etwas Cervisia (welcher wieder eingefuellt worden war) nach.
    "Auschgetscheichnet.", brachte Piso zwischen zwei Bissen hervor. Er schluckte. "Ich habe mir das Essen beim Heer immer graesslich vorgestellt. Ich habe mich getaeuscht."

    Guter, alter Lucullus. Piso war wirklich erfreut, seinen Vetter zu sehen, der sich so lange zurueckgezogen hatte.
    In diesem Augenblick stellte er fest, dass es sich hier tatsaechlich um seinen Spezialpraetorianer handelte, und er gruesste hastig mit einem "Salve" zurueck. Dabei fiel ihm ein, dass er dessen Namen noch gar nicht kannte. Er sah das Gesicht jenes Mannes haeufig, doch seinen Vetter sah er jetzt erst wieder, nach Ewigkeiten, und da war es sicherlich kein Affront, wenn man jenen zuerst begruesste.
    Zuerst aber hoerte er seinem Vetter zu. Es ging um Geschaeftliches, soso, um den Verkauf von wilden Tieren. Er lachte leicht auf und klopfte ihm mit der rechten Hand an die Schulter. "Das wird schon wieder. Ich bin mir sicher, das kriegen wir hin. Mach dir da mal keine Sorge."
    Doch auch die Worte des Soldaten beachtete er und nickte schwer. "Ja, so ist das wirklich. Der Mann hat recht. Aber ich werde dir eine Einladung vom Procurator besorgen, und dafuer sorgen, dass sie so schnell wie moeglich kommt.", versicherte er ihm. "Bleib doch solange bei uns in der Villa. Es wuerde uns alle freuen, wenn du wieder einmal ein bisschen bei uns sein koenntest." Es war nun wohl wirklich so, dass Lucullus echt ein paar Tage in Rom bleiben sollte. So lange, bis er vom Procurator eingeladen werden wuerde. Wuerde dem Zausel gut tun.

    "Gut, klingt nach einer urigen Bude.", meinte Piso noch, bevor er vom Arm, den Verus um ihn gelegt hatte, mitgerissen wurde. Selbst wenn er Widerstand aufgebracht haette, haette das nichts genuetzt. Er war nicht so stark wie Verus, und zudem sehr geschlaucht vom Fechten gerade eben.
    Doch der Weg der beiden Roemer, vom Ritter und vom Patrizier, fuehrten nicht zu einer Taverne, wie er es sich erwartet hatte. Vielmehr war ein Freiluft-Restaurant aus dem Boden gestampft worden. Das Essen roch verfuehrerisch. Er liess kurz seine Augen ueber die Tische gleiten. Die Soldaten waren sehr mit sich selbst beschaeftigt, und der Koch schien gut zu sein - weitab vom allem, was er ueber die Kueche der Soldaten gehoert hatte.
    Er wurde auf eine Bank niedergedrueckt und man stellte einen riesigen Becher mit Cervisia vor ihn hin.
    Gebannt beobachtete er das Schauspiel, das sich ihm bot. Nachdem Verus den Soldaten befohlen hatte, alles in einem Zug zu leeren, taten das alle pflichtbewusst und gurgelten den Inhalt ihrer Becher ohne zu Zoegern hinunter. In einem wahnwitzigen Tempo waren alle fertig und starrten nun auf ihn, der seinen Becher noch gar nicht angefasst hatte.
    "Oeh, nun...", meinte er, dann laechelte er, ergriff den Becher, atmetet durch, setzte ihn an und kippte den Inhalt hinunter.
    Dies war zwar nicht das Problem, Piso war kein unerfahrener Trinker. Doch das Bier war wohl zu lange in der Sonne gelegen. Bei dunklem Bier waere das kein Problem gewesen, doch bei jenem hellen Bier war es ein bisschen unangenehm.
    Sein Becher wurde sofort mit jener mit Alkohol versetzten Suppe, die man hier Bier nannte, nachgefuellt, und Piso ergriff ihn. Er nickte Verus zu. "Auf dein Signal.", meinte er.

    Piso war verschwitzt von der koerperlichen Aktivitaet. Er war soviel auf einmal gar nicht mehr richtig gewohnt. Ich sollte wieder etwas mehr fuer meinen Koerper tun, dachte er sich am Rande.
    Dass Verus sofort nach einem Sanitaeter rief, als er Pisos Wunde sah, verwunderte Piso, war sie doch nur minimal - was der Kerl, Capsarius, sofort realisierte. Nicht sehr verwunderlich.
    Verwunderlich fand er aber, wie geschwind und professionell der Mann die Wunde versorgte. Piso wollte schon protestieren, liess es dann aber ueber sich ergehen. Ja, bei der Armee hiess Gastfreundschaft wirklich noch etwas.
    "Danke!", meinte er etwas baff zum Sanitaeter, doch dieser war sofort wieder verschwunden.
    Er wandte sich wieder an Verus. "Essen. Das klingt gut. Wohin, meinst du? Ich habe sehr Gutes von den Meeresfruechten hier gehoert."

    Von der Administratio Imperialis kommend, trafen Piso und Imperiosus bei der Taverne ein.
    Es war ein wundervoller Duft, der die beiden Roemer umschwebte. Der Wirt, ein hageres altes Maennchen, eilte sofort auf sie zu, als er die beiden Primicerii bemerkte. "Ah, salvete, die Herren, wie kann ich dienen?" "Wir haetten gerne einen Tisch. Und 6 Kannen Wein." "Sehr wohl, der He... aeh... 6 Kannen?" "Jawohl. Hast du etwas dagegen?" "Nein, nein, ueberhaupt nicht. Ihr erwartet wohl mehr Gaeste." "Nein." Ein kurzes, betretenes Schweigen.
    "Nun, ja, gut. Hier, hier." Er wies die beiden zu einem Tisch, blickte sie nochmals betreten an, und gab dann einem der Kellner Anweisungen. Dieser kam in Windeseile mit mehreren Kannen Wein dahergeeilt. Ein anderer kam mit 2 Bechern. Piso zahlte und rueckte 3 davon zu Imperiosus. "Wenn wir das schaffen, dann koennen wir das selbe nochmals machen.", grinste er und fuellte etwas Wein in seinen Becher. Er wollte sicher nicht ueber die Arbeit reden. Also suchte er sich ein anderes Gespraechsthema. "Du bist also Pompeier, ja? Ist ein bisschen ruhig um euch geworden seit Pompeius Magnus, habe ich gehoert.", versetzte er.

    Die Tuer oeffnete sich, und Imperiosus lugte heraus. "Ah, gut, dass du da bist! Komm gleich mit, dann schauen wir mal, ob der Saftladen noch so gut ist wie in den guten alten Zeiten!", lachte er und fuehrte den Pompeier zur Taverne.

    Piso sah das Schwert auf ihn zufliegen wie in Zeitlupe. Es war zwar nicht auf ihn gezielt, doch er wusste, es wuerde nicht sehr angenehm werden. Er wollte die Klinge fallen lassen, damit Verus sie verfehlen wuerde. Doch Es gelang ihm nicht. Seine Haende waren komplett verkrampft.
    Und so geschah, was passieren musste.
    Die Klinge wurde mit entsetzlicher Gewalt getroffen. Es verdrehte Pisos linkes Handgelenk komplett, als das Schwert nach links gedrueckt wurde und mit Wucht aus seiner Hand geschleudert wurde.
    Quer uebers Deck flog die Waffe. Unglaublicherweise gelang es dem Besitzer der Klinge, das Schwert einzufangen, bevor er noch jemanden verletzen konnte, und steckte es ein. Piso blickte auf seine linke Hand, die etwas maltraetiert war. Das abrupte Herumdrehen hatte ihr nicht gut getan, ausserdem war ein Eisensplitter heruntergefallen und auf die Handflaeche gefallen. Er zupfte sie heraus und liess sie verschwinden. Es war ein kleiner Stich, aber schmerzhaft.
    Er liess die linke Hand hinunterbaumeln und loeste mit der Rechten die Riemen des Kettenhemds. "Danke fuer die Gelegenheit, zu ueben.", laechelte er zurueck. "Ich habe, glaube ich, doch noch einiges behalten. Aber der Militaerdienst ist nichts fuer mich, das weiss ich... schon alleine deshalb, weil ich Patrizier bin und nicht in das Militaer eintreten darf. Was mir nichts ausmacht." Er grinste und zuckte die Schultern. "Was machen wir jetzt?"

    3 Stunden spaeter


    "Feierabend, wie das duftet! Kraeftig, deftig, wuerzig, gut!", schallte es durch den Flur, wie ein Sturm oder ein Hagelschauer. Es war Piso, welcher sich, wie immer, einbildete, ein begnadeter Saenger zu sein. In einem benachbarten Officium wurden die Notarii aufgescheucht von ihrer Arbeit und schauten sich fassungslos an.
    Doch der Mann, zu dem die Sangesstimme gehoerte, bog vorne links ein, hoerte endlich mit seiner Singerei auf und klopfte an die Tuer des Officiums XIX. "Imperiosus?", rief er. "Bist du bereit?"

    "Dann tun wir das.", entgegnete Piso, hielt seine Klinge wieder in die Hoehe.
    Dann kam ein Donnerwetter auf ihn los. Das Bisherige war ja nur ein Vorspiel gewesen, ein leichtes Testen, welches Piso offenbar bestanden hatte. Nun kam es auf Widerstandsfaehigkeit und Kondition drauf an.
    Verus beliess es nicht mehr dabei, in einer Linie mit Piso zu fechten. Er sprang um ihn herum und Piso, der nur das Fechten in einer Linie erlernt hatte, hatte alle Haende damit zu tun, um nicht vom berserkerhaften Decimer die Ruebe abgehaut zu bekommen. Er versuchte nicht anzugreifen, sondern parierte die monstroesen Schlaege des Decimers mehr oder weniger elegant.
    Verus schien nun die Hiebe satt zu haben, denn sein naechster Schlag war um einiges zahmer. "Ich kann noch.", keuchte Piso, der sich nicht emaskulieren wollte.
    Den Lob des Verus vernahm Piso durch eine Suppe an Schweiss, die ihm herunterrann. "Du bist zu freundlich.", sagte er und beschloss un, einen kleinen Offensivzug zu machen.
    Er duckte sich und suchte auf Verus' Beine zu schlagen. Erst schien es so, als ob er von links angreifen wuerde, doch dies war eine Finte. Er schwenkte sein Schwert im letzten Augenblick herum, um von rechts anzugreifen, jedoch wurde er vor Verus' rechtem Knie abgeblockt.
    Piso streckte seine Beine wieder, um aufzukommen, und schlug in die Richtung des rechten Unterarmes des Verus, doch auch dieser Schlag wurde aufgehalten. Jetzt war Piso komplett erschoepft. "Einem alten... keuch... Soldaten kann man wohl nicht so einfach beikommen...", lachte er und fuhr sich mit der Linken ueber seine Stirn.

    Ein alter aegyptischer Spruch lautet: Willst du einen Freund haben, dann biete ihm Freibier an. In diesem Fall war es Freiwein, doch mit Alkohol zum Nulltarrif kam man immer gut an.
    "Gut, dann gehen wir zusammen dorthin! Weisst du was, bei Dienstschluss klopfe ich einfach an deiner Tuere, und dann gehen wir gemeinsam.", schlug er vor, da dies wohl das war, was der Pompeier wollte. "Also, ich will dich dann nicht in deiner Arbeit aufhalten. Wir sehen uns dann am spaeten Nachmittag.", meinte Piso. "Vale!"
    Er verliess das Officium, doch noch einige Weile konnte man ihn hoeren, wie er laut und falsch im Flur eine unharmonische Melodie vor sich hinpfiff.

    Piso hoerte sich an, was der Kerl zu sagen hatte, und konnte ein Grinsen sich nicht verkneifen. Sein Nachfolger als Vigintivir. Klang wirklich so, als ob der Vinicier sich schon in der Position eines Vigintiviren waehnte. Noch war jedoch nicht aller Tage Abend. Allerdings gefiel der Mann Piso. Er wuerde sicher fuer ihn waehlen, um ihm eine Chance zu geben. Sowie er endlich den CRV, der immer an diesen unmoeglichen Terminen stattfand, ein fuer alle Male abgeschlossen hatte.
    "Ich danke dir, Sabinus.", meinte Piso und trank ebenfalls einen Schluck. "Ich hoffe, deine Glueckwuensche werden von den Goettern erhoert werden... Lob sei ihnen!", fuegte er hastig hinzu, als es ihm einfiel, dass er ihnen noch kein Opfer dargebracht hatte. Muesste er noch tun, wenn er nach Hause kommen wuerde.
    "Ach, der Kaiser... Ehre und Ruhm ueber ihn.", machte Piso, vielleicht ein bisschen wenig enthusiastisch. "Ja, er ist sehr krank Genaues ueber die Krankheit weiss ich aber auch nicht." Die Frage ist, hatte er's am Leibe oder im Kopf? "Dies ist wohl der Grund dafuer, dass so viel Arbeit zum Consul und zum Praefectus Urbis", dem sabbernden Idioten, "delegiert wird. Moegen die Goetter es geben, dass sich diese Probleme so schnell wie moeglich einrenken!" Zum Beispiel durch einen gezielten Blitzschlag auf den Monarchen. "Ich habe nicht selber Kontakt zum Kaiser, aber meine direkten Vorgesetzten. Vielleicht werde ich auch einmal Procurator, vielleicht habe ich dann das Privileg, direkten Kontakt mit dem Kaiser zu haben."
    Er verstand Sabinus' Argument sehr wohl und nickte. "Ja, das ist ein guter Punkt. Es wird dir nicht viel bringen. Ein Patron wie der Consul kann durchaus nuetzlich sein." Er ueberlegte. "Aber der Consul hat viele Klienten. Ich moechte aber nicht an seiner Faehigkeit, sich mit den Belangen von allen seinen Klienten auseinanderzusetzen, bezweifeln.", meinte er.
    "Hmm, ich habe schon nachgedacht... der Konsul kann es nicht sein. Es ist ein Aelier, ich bin ein Flavier... unsere zwei Familien haben eine etwas... deplorable Geschichte. Ich denke, am besten bin ich beraten mit einem patrizischen Patron. Keiner aus meiner Familie. Vielleicht, hm, ich habe mir schon ein paar Gedanken gemacht, ob nicht vielleicht Aurelius Corvinus eine gute Wahl waere. Mal sehen, was noch kommt.", meinte er.
    Es fiel ihm durchaus auf, wie sehr das Gespraech von ihrem Ausgangspunkt, der Aesthetik, abgeschweift war. Aber nun ja, der Vinicier war in Politik vernarrt, und Piso war das auch, wieso sollte man noch ueber etwas anderes reden?

    Piso trat ein und begruesste den Procurator mit einem strahlenden Laecheln. "Salve!", rief er, griff in eine Falte seiner Toga und zog schwungvoll eine Schriftrolle hervor, welche er vor Balbus herumwedelte, als ob sie ihn, Piso, zum Kaiser von Rom ausrief.
    Mit einer dramatischen Geste entrollte er sie, blickte kurz drauf, um sich zu vergewissern, dass es die Richtige war (nicht, dass er dem Prudentier statt des Memorandums ein Schriftstueck voller unflaetiger Sprache, welches ihm ein gehaessiger Sklave zuschieben haette koennen, praesentieren wuerde) und legte sie dem Procurator auf den Tisch.
    "Du hast mir gesagt, ich soll einen Plan zur Restrukturierung meines Officiums machen. Hier ist er."


    Vorschlag zur Restrukturierung des Officium XXIII
    von Aulus Flavius Piso


    1. Ein neues Fenster wird aus der Wand zwischen den zwei existierenden herausgestemmt. Dies wuerde fuer mehr Licht und frische Luft sorgen.


    2. Die Notarii werden in Kommitees aufgeteilt. Diese Kommittees Uebernehmen das Bearbeiten von Formularen und Schreiben unterschiedlicher Absender.
    2.1. Es soll 8 Kommittees geben:
    - Ein Kommittee jeweils zur Bearbeitung von Anfragen aus den Stadtverwaltungen der oestlichen und der westlichen Reichshaelfte
    - Ein Kommittee jeweils zur Bearbeitung von Anfragen aus den Regio- und Provinzverwaltungen der oestlichen und der westlichen Reichshaelfte
    - Ein Kommittee zur Bearbeitung von Anfragen von Verwaltungsstrukturen innerhalb Roms
    - Ein Kommittee zur Bearbeitung von Anfragen aus dem Cultus Deorum
    - Ein Kommittee zur Bearbeitung von Anfragen von sonstigen Buergern
    - Ein Kommittee zur Bearbeitung von Anfragen von sonstigen Nichtbuergern
    2.2. Die Sitzordnung der einzelnen Kommittees soll kreisfoermig sein.
    2.3. Die Anzahl der Notarii in den Kommittees orientiert sich an den Proportionen der Anzahl der Briefe aus jenen Bereichen.
    2.4. Den Kommittees sollen jeweils ein erfahrener Notarius vorstehen.


    3. Es soll ein Notarius zum Boten ernannt werden. Dieser ueberbringt Briefe aus dem Postkasten und wirft Briefe auch ein. Ausserdem ueberbringt er den Procuratoren und gegebenenfalls dem Consul Nachrichten.


    4. Es soll das Amt des Obernotarius eingerichtet werden. Dieser uebernimmt vom Boten die Korrespondenz und teilt sie entsprechend ihrer Kompetenzen unter den Kommittees auf.


    5. Sowohl der Primicerius als auch der Obernotarius sollen bei der Tuer sitzen. Somit kann der Obernotarius sich schneller um Korrespondenz kuemmern und der Primicerius anfaellige Besucher empfangen, ohne dass diese erst durch die Reihen der Notarii schreiten muessen.


    6. Schreckhaften Notarii wird nahegelegt, sich Wolle in die Ohren zu stopfen, um weniger von stoerenden Geraeuschen abgelenkt zu sein.
    6.1. Alternativ kann Moos verwendet werden.


    7. Es soll eine Putzkraft angestellt werden, sodass das Officium staendig sauber gehalten wird.


    8. Es sollen ein paar Zimmerpflanzen angeschafft werden, um das Arbeitsklima zu verbessern.


    9. Der Primicerius soll besonders wichtige Briefe (beispielsweise von Senatoren) bearbeiten. Diese werden ihm vom Obernotarius zugeteilt.


    10. Falls ein Notarius ueber etwas im Unklaren ist, soll sofort der Primicerius gefragt werden, bevor ein Fehler geschieht.

    Fuers erste ging Piso in die Defensive. Verus schien sich gewaltig im Vorteil zu sehen. Dies konnte ein Vorteil fuer Piso werden. Er machte einen Satz nach hinten, als Verus auf ihn zusprang, und parierte den zweiten Hieb, den Verus austeilte.
    Verus fragte Piso spoettisch, ob er schon genug haette, doch er kam nicht zu antworten, denn Verus' Gladius kam von oben her herabgesaust und traf seine Klinge, die Piso noch hochgerissen hatte. Er wusste ganz genau, gegen Verus' Staerke hatte er keinerlei Chance. Er musste der brutalen Gewalt Schnelligkeit entgegensetzen. Deshalb leistete er mit seinem Schwert genau 3 Sekunden Widerstand, dann machte er einen Satz nach hinten wie gerade eben. Verus Schwert wurde, unvermeidbarerweise, von der Kraft seiner Arme nach unten geworfen, nur ein kleines bisschen, doch es gab Piso die Zeit, wieder mit einem massiven Schritt nach vorne zu hechten, mit der Absicht, mit dem Handgelenk eine marginale Bewegung zu machen und mit der flachen Seite seiner Klinge ganz sanft auf Verus' rechten Unterarm zu tappen. Allerdings wurde Pisos Gladius noch von Verus' Klinge abgeblockt, bevor er diese Intention durchfuehren konnte. Er machte sofort einen Schritt zurueck, laechelte Verus an und meinte: "Nein, ich habe mich jetzt erst aufgewaermt."

    "Ja, ich bin mir sicher..." Halt, was hatte er gerade gesagt? Er musste das "nicht" in Pisos Satz ueberhoert haben.
    "Nun, eigent...", meinte Piso, als ihm das Schwert in die Hand gedrueckt wurde. "Danke! Aber... ich habe viell..." Er waegte das Schwert in der Hand ab und blickte unsicher drein. "Es ist nicht gan..." Doch Verus schien sich schon so auf den Schwertkampf zu freuen, dass Piso ihm den Spass nicht nehmen wollte. Er versuchte sich, an die Regeln zu erinnern. Aeh, ja, keine Stiche. Das war schon einmal gut.
    Er nahm das Kettenhemd mit einem "Danke." entgegen und zog es sich ueber. "Gut, dann versuchen wir es einmal.", meinte er, sich der hohen Wahrscheinlichkeit, dass er haushoch verlieren wuerde, bewusst. Waehrenddessen hoerte er sich Verus' Auskuenfte weiter an. "Ah. Das ist interessant.", sagte er ehrlicherweise, als er das Kettenhemd an seinem Koerper hergerichtet hatte. "Dann haben sich die Techniken ueber die vielen Jahre nicht geaendert. Nun ja, sie sind ja altbewaehrt...", meinte Piso und schnuerte den Guertelriemen an seinem Kettenhemd zusammen.
    "Also... dann fangen wir an, oder?", meinte Piso und schluckte. Bloss nicht die Panik kriegen. Es wird alles gut werden.
    Er ging in Fechterposition. Das rechte Bein nach vorne... das linke Bein nach hinten... den linken Fuss um 90 Grad verdrehen... leicht in die Knie... das Schwert vertikal und leicht diagonal vorm Gesicht halten. In Ordnung. "Aehm... en garde...", sagte er in einem leicht fragenden Unterton.

    Man merkte, mit welcher Hingabe Verus das Katapult behandelte, fast so, als ob es sein eigenes Kind waere. Auch Piso griff auf das Katapult. Die Kaelte, die die mit eisernen Platten ueberzogene Balliste ausgestrahlt hatte, war beim Katapult absent. Es war ein weiches, schoenes Holz, welches sicherlich sehr gut beim Abefeuern von diversen Geschossen federte. "Sehr gute Arbeit, dieses Katapult...", lobte er es.
    Als Verus ihm den Preis nannte, blieb im Spucke weg. Das war ein Batzen Geld. Soviel wuerde er verdienen in... 40, 50 Wochen. Er hoffte, er wuerde bald einen besser bezahlten Job kriegen, dann wuerde er vielleicht schon bald eine Privattrireme besitzen koennen... das waere irgendwie lustig. Ob das einer Privatperson gestattet war? Vermutlich eh nicht, also konnte er die Idee verwerfen.
    Wieder wurde eine Waffe zu ihm hingehalten, wie er gerade bemerkte. Verus erklaerte ihm die Bedeutung des Gladius, dessen Knauf er direkt vor der Nase hatte, und bot ihm an, es zu nehmen.
    Piso liess sich das nicht zweimal sagen. Er packte die Waffe und liess sie zweimal herumwirbeln. Dabei sah man, dass Piso nicht gaenzlich unerfahren war. "Ich habe schon ein Gladius in der Hand gehabt." Es war in seiner Jugend gewesen, da hatte ihm sein vater das aufgezwungen - wie so viele andere Dinge auch. "Schon ewig her. Ich denke, ein sehr guter Fechter bin ich nicht.", gab er zu. Sein Blick glitt ueber die Klinge, welche schon bessere Tage gesehen hatte. Dann haendigte er die Waffe an Verus zurueck. "Es ist eine Waffe, deren Traeger schon viel erlebt hat, schaetze ich.", sagte er. "Benutzt ihr eigentlich auch andere Waffen? Ich schaetze, man braucht viele Bogenschuetzen... die Corvus-Technik ist ja schon hoffnungslos veraltet."

    Er lachte. "Na siehst du? Und, war es schwer, sie loszuwerden?", fragte er und zwinkerte ihr zu. "Ich kann dir versichern, dass der Fluch Mummpitz ist. Ich versichere es dir persoenlich.", schmunzelte er. Diese Sklavin war aber auch mit einem ordentlichen Schuss Aberglauben ausgetattet. Wenn er aber selber gesehen haette, was Semiramis gesehen hatte, waere er auch ein bisschen vorsichtiger gewesen mit solchen Garantien. So aber trug Semiramis' Anschuldigung erheblich zu seinem Amusement - eines seiner Lieblingsworte, weil es so viel aesthetischer als zum Beispiel "Heiterkeit" klang - bei.
    Wenn Semiramis ihn schon bei seinem Grinsen - jenes Grinsen, welches so klar Aufgeblasenheit und Besserwisserei widerspiegelte - schlagen wollte, dann hatte sie wohl noch nicht sein albernes, irgendwie maedchenhaftes Kichern gehoert. Wie dem auch sei, sie wuerde frueh genug in den zweifelhaften Genuss kommen.
    "Ich kann Memme nennen, wen ich will.", blockte er ab. "Aber weil ich unsere Beziehung..." Wieder dieses breite, unmoegliche Grinsen! "...nicht so beginnen lassen will, nehme ich dies natuerlich zurueck und biete dir meine Entschuldigung an. Ich weiss ja nicht, wie ihr es in Syrien haltet, aber wir Roemer baden getrennt. Obwohl dein Vorschlag ganz reizend ist.", laechelte er.
    "Ah, gut, dass zu hoeren.", meinte er auf Semiramis' Antwort bezueglich ihrer Schreibkenntnisse hin, ganz sicher, einen guten Kauf gemacht zu haben.
    "Und ja, gut, dann... weisst du was?" Er beugte sich vornueber, griff auf ein bisher unbemerkten kleinen Regal und holte die Karaffe, die dort stand, sowie zwei Becher herunter. Er goss aus der Karaffe eine Fluessigkeit in den einen Becher, man konnte deutlich sehen, dass es Rotwein war. "Wein?", fragte Piso die Syrerin.