Es war einer jener Tage des Winters, in denen man wirklich spüren konnte, dass der Frühling nicht mehr weit entfernt war. Es schien eine sanfte blasse Sonne, ein zärtlicher Wind umschmeichelte die ersten zarten Knospen. Die zeit in der die Welt sich veränderte, war angebrochen, nicht nur für die Erde, sondern auch für die Menschen.
Calvena war mehr oder weniger vor Verus geflohen, seine ständigen verliebten Blicke und seine aufmunternden Worte konnte sie nicht ertragen, war ihr Herz doch schwer und blutete ihre Seele vor stummen Qualen.
Zumal er sie mit einer Aufmerksamkeit überschütete, dan sie nicht gewohnt war. Er war einer ihrer Bewunderer und noch viel mehr, und doch konnte sie es nicht ertragen.
Die Trauer, welche wie ein ewiger Schatten über ihr lauerte, hatte sie eingeholt und sie suchte die Einsamkeit und Stille auf. Sie musste nachdenken, sie musste einen Weg finden um sich von all jenen Menschen zu verabschieden, die sie verloren hatte.
Nicht nur in ihrer Seele hatte es tiefe Wunden gegeben, auch körperlich war sie noch weit davon entfernt, als das man sie genesen bezeichnen konnte. Die Wunde an ihrer linken Schulter, durch einen gefiederten Pfeil verursacht, schmerzte fast ununterbrochen. Zwar hatte sie sich nicht entzündet, wofür sie den Götter dankte, aber sie wollte auch nicht wirklich heilten. Außerdem schlief sie schlecht, in ihren Träumen wurde sie von den Gesichtern ihrer Freunde verfolgt und von dunklen Gestalten die sie durch den Wald jagten.
Bei diesem Gedanken schauderte sie und strich sich über die Arme und anschließend über die Falten der Seidentunika die sie trug. Der Stoff war rotgold gefärbt worden und umschmeichelte sie. Es war ein Geschenk von Verus gewesen, eine freundliche Geste die sie wirklich schätzte und doch fühlte sie sich einsamer, als er wohl ahnte.
Er konnte ihren Kummer nicht begreifen und verstand nicht ihren Schmerz. Nur wenige würden verstehen, welchen Verlust sie hatte erleiden müssen…
Eine einzelne Träne lief ihr über die Wange und hinterließ eine glänzende Spur auf ihrer blassen Haut. Der Wind und der Himmel taten ihr gut. In ihrem ganzen Leben war sie nie lange in geschlossenen Räumen gewesen und Städte mit ihren engen Straßen konnte sie nicht wirklich leiden. Zu viele Menschen drängten sich nur an einem Ort und ließen keinen wirklich zur Ruhe und zum Atmen kommen. Selbst die meisten Nächte hatte sie unter freiem Himmel verbracht, zusammengerollt unter bunten Decken, dem sanften Wind lauschend.
Auch war sie unter dem freien Himmel geboren worden, in einer lauen Nacht mitten unter den Sternen, neben einem prasselnden Feuern, so hatte man es ihr erzählt.
Sie war ein Kind des weiten Himmels und der unzähligen Straßen…. Sie schloss die Augen streckte ihr Gesicht der Sonne entgegen.
Warum? fragte sie stumm und verzweifelt den Wind. Eine Frage die wohl nur die Götter beantworten konnten. Doch die Götter schwiegen und ließen sie allein. Noch eine weitere Träne glitt unter ihren langen Wimpern hervor und bahnte sich einen Weg über ihr Gesicht. Die Einsamkeit und die Verzweiflung rissen ihr das Herz auseinander und nahmen ihr den Atem und auch die Kraft zum Leben.
Wofür sollte sie noch Leben? Für Verwandte die sie nicht kannte… für einen Mann der ihren Kummer nicht ermessen konnte .. für die Götter, die sie im Stich ließen….
Nein, sie musste nur für sich Leben, nicht einmal den Toten schuldete sie dies, auch wenn diese immer einen Platz in ihrem Herzen hatten. Sie würde schon einen Weg finden, ein neues Leben zu beginnen.
Leise seufzte sie und wischte sich die Tränenspuren fort. So schwer es auch für sie war, sie sah keinen anderen Weg, als neu zu beginnen, denn der Weg zurück, war für immer versperrt. Ihre Finger glitten sacht über das glatte Holz der Flöte in ihren Fingern. Eine liebevolle Erinnerung an Abende mit Musik, Gesang und Gelächter, an den Rauch vom Feuer und sternenklaren Nächten.
Langsam glitt ihr Blick durch den Garten, sie hatte sich auf eine der marmornen Bänke gesetzt und Ruhe zu finden und doch war ihr Herz in Aufruhr, von Bitterkeit, Zorn und Verzweiflung erfüllt.
Es war so schwer, so unendlich schwer, das Los zu ertragen, welches ihr vom Schicksal und den Göttern auferlegt worden war.
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