Beiträge von Germanica Calvena

    „Das klingt nach Laevina. Immer um das Wohlergehen der Familie besorgt“, sie verzog leicht das Gesicht, es wurde deutlich dass sie ihre Worte ironisch meinte. Es war ihr aber ganz recht, dass die alte Germanica an diesem Abend nicht dabei sein würde. Auf den Abend mit ihren Freundinnen hatte sie sich schon sehr gefreut. Laevina würde ihn womöglich verderben mit ihren freundlichen Sticheleien. „Du hast dich also mir ihr arrangiert? Das ist gut, lass dich nur nicht von ihr Ärgern. Wie geht’s es Sabina und Sedulus?“ fragte sie und wollte natürlich auch die Neuigkeiten aus der Familie hören. Die Einladung zu der Cena nahm sie mit einem Lächeln an. „Dann werden wir wohl Laevina den Gefallen tun und zur Cena Rufus mitbringen, damit sie ihn kritisch ins Auge nehmen kann“, sie zeigte ein verschmitztes Grinsen. Im Gegensatz zu Serrana ließ sie sich von Laevina nicht so schnell einschüchtern. „Auf den Anstandsbesuch verzichte ich dann lieber. Ich will doch die alte Dame nicht überfordern“, witzelte sie und knuffte Serrana zurück. Wie zwei alberne kleine Mädchen.


    Mit ihren Freundinnen tauschte sie vielsagende Blicke, als Prisca meinte, sie wüssten was sich in den der Hochzeitsnacht und danach so alles abspielte. Calvena musste kichern. „Natürlich wissen wir das noch. Soooo lange sind wir ja nun auch noch nicht verheiratet“, alberte sie herum. Der Nachwuchs stand erst einmal im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Romaeus war so aufmerksam und drückte ihrem Sohn ein Stück Obst in die kleinen Händchen. Auf diese Weise ruhig gestellt würde er sicherlich auch das herumreichen ohne Protest über sich ergehen lassen und auch nicht gleich zappeln. „So viele Laevinas… wir sollten sie durch nummerieren“, schlug sie kichernd vor. Calvena wusste wie jedenfalls wie sie eine Tochter, sollte sie eine bekommen, nicht nennen würde.
    Die Erinnerung an die besagten Ludi wurde mit einem kleinen Scherz Priscas dann auch erst einmal wieder verbannt aus der fröhlichen Runde. Ohnehin nutzte Romana diesen Augenblick um nun auch dazu zu kommen. „Romana, wie schön dich wieder zu sehen!“ Der Vestalin wäre sie am liebsten einfach um den Hals gefallen, ging nur leider nicht. Dennoch fiel die Begrüßung herzlich aus. Natürlich zeigte auch sie sich begeistert von den drei kleinen Kindern. „Also das ist Rufus“, stellte sie ihren Sohn vor und überreichte ihn der Claudia. „Du siehst wundervoll aus.“

    Ihr Überraschungsbesuch war gelungen, ebenso wie die Ablenkung die sie verkörperte. Rufus freute sich sichtlich, als Valerian ihn auf den Arm nahm. Sofort wurden die kleinen Zähnchen am robusten Leder ausprobiert. Eines der Bänder steckte er sich sofort in den Mund. „Sieht ganz danach aus“, stellte sie fest und hoffte doch insgeheim, dass sich diese Prophezeiung nicht erfüllte. Soldaten führten ein gefährliches Leben und würde sicherlich kein Auge mehr zu bekommen, wenn ihr Sohn beschloss in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Doch noch war er klein und wer wusste schon, was die Zukunft brachte. „Keine Sorge, ich hab nicht vor dich jeden Tag zu überfallen“, versicherte sie ihm. „Ich weiß doch, das Salinator nur nach einem Grund sucht, dir das Leben noch schwerer zu machen!“

    Auf dem Gesicht des Miles zeichnete sich Überraschung ab. Eine Antwort auf seine Frage schien er jedenfalls nicht zu erwaten, stattdessen verschwand er sogleich und ging Valerian holen. Kurz betrachtete sie den Hocker, aber verzichtete darauf sich zu setzen. Rufus wurde zwar unheimlich schnell groß, aber so schwer nun auch wieder nicht. Zumal Valerian sie auch nicht lange warten ließ. Mit einem strahlenden Lächeln begrüßte sie ihn und Rufus gab fröhliches Geplapper von sich, als er seinen Vater erkannte. „Salve, Schatz! Ach was, wir haben dich nur vermisst und wollten dich ein wenig von deinen Pflichten ablenken!“ Den Kuss erwiderte sie zärtlich.

    Es war wirklich schon eine ganze Weile her, dass sie zuletzt vor der Castra Praetoria gestanden hatte. Es kam ihr vor wie eine kleine Ewigkeit, dabei war es eigentlich noch nicht so lange her. Nur hatte sich einiges verändert. Mit Sicherheit würde der ein oder andere Wachposten sie noch erkennen. Sofern denn die richtigen Soldaten Dienst taten. Mit einem fröhlichen Lächeln trat sie an die Wachposten heran und suchte nach einem bekannten Gesicht, wurde aber leider enttäuscht. „Salve“, grüßte sie und verlagerte das Gewicht ihres Sohnes auf den anderen Arm. „Ich würde gern zu Centurio Quintilius Valerian. Ich bin Germanica Calvena, seine Frau und dieser kleine Bursche hier, ist sein Sohn!“ Ob jetzt die üblichen verwunderten Blicke auf ihre Worte folgten? Schließlich durfte ja ein Centurio nicht heiraten. Eigentlich, aber es gab ja auch gewisse Ausnahmen.

    Calvena warf ihrer Freundin einen eindringlichen Seitenblick zu. Anscheinend konnte diese es kaum erwarten, selbst einmal Mutter zu werden. Das konnte sie durchaus verstehen. Es gab kein schöneres Gefühl, als das eigene Kind das erste Mal im Arm zu haben. Es folgte auf das leicht sehnsüchtige Seufzen dann ein kleiner anzüglicher Scherz. Das Grinsen konnte sie nur erwidern. Eine gewisse Sehnsucht verspürte sie dann auch. Es wurde Zeit, dass sie ihrem Mann mal wieder einen Besuch abstattete um sich den ehelichen Vergnügungen zu widmen.
    Nun musste sie doch lachen. Es wäre wahrlich dekadent sich durch das Haus tragen zu lassen. „Sollte ich durch Erschöpfung zusammenbrechen, dann darfst du dies gern tun. Aber bis es soweit ist, benutze ich noch meine eigenen Füße“, neckte sie ihre Freundin zurück. Es war herrlich mit einer Freundin so liebevoll zu scherzen. Sie hatte es vermisst.
    Kichernd wie kleine Mädchen setzten sie ihren Weg fort, nur um dann vor einer Weltkarte stehen zu bleiben. So hatte sie die Welt bisher nur selten betrachtet. „Nein, erzählt hast du noch nichts davon“, nur zu gern wollte sie Priscas Eindrücke von Germanien hören.
    Ihr Blick glitt über die vielen Bezeichnungen und blieb dann an Mogontiacum hängen, auf welches Prisca deutete. Sie stellte sich ebenfalls auf die Zehenspitzen um den kleinen Punkt zu betrachten. Für einen zufällig vorbei eilenden Sklaven boten sie sicherlich ein herrliches Bild. Während Prisca erzählte, suchte sie mit den Augen die Karte nach Rom ab und stellte fest, die Aurelia hatte recht. Mogontiacum war verdammt weit weg. Wenn man reiste kam es einem nicht wirklich so weit vor. Zumal die Landschaft unterwegs einiges zu sehen bot. „Auf den langen kalten Winter hätte ich auch verzichten können, aber an sich finde ich Mogontiacum nicht so schlimm.“ Sie ließ sich wieder auf ihre Fersen sinken. „Wenn dort Schnee liegt kann man das Haus kaum verlassen und du kannst dir ja vorstellen, dass mich alle in Watte packen wollten, kaum dass sie wussten, dass ich schwanger bin“, sie verzog ein wenig das Gesicht. Sie hatte sich furchtbar gelangweilt und ein paar Freundinnen hätte sie in der Zeit gut gebrauchen können.


    Auch ihr Grinsen wich wieder, während ihr Gespräch wieder ernster wurde. Sie war froh solche Freundinnen zu haben. Im Gegensatz zu Octavius Macer schien Prisca einen guten Überblick zu haben, was sich derzeit tat und sie versprach obendrein auch noch, ihren Mann ein wenig auszuhorchen. „Danke dir. Ich denke es ist in unser aller Interesse zu wissen, was sich im Senat und auch hinter den verschlossenen Türen alles tut.“ Für ihren Geschmack hatte Salinator bereits zu viel Macht. „Valerian wird sicherlich auch noch so einiges bei steuern können.“ Schließlich wollten sie ja alle doch wissen was sich tat und ob irgendeine Gefahr bestand.


    Das Thema Kinder war hingegen viel angenehmer. Calvena konnte in Priscas Blick erkennen, wie gern sie selbst Kinder haben wollte und das sie es wirklich kaum erwarten konnte. „Leider hab ich sie noch nicht gesprochen. Deshalb auch die Cena. Ich will ihre Kinder auch kennen lernen. Sind ja schließlich mein Cousin und meine Cousine…“ Was wohl Sabina zu ihren Geschwistern sagte? Das würde sie ja dann hoffentlich dann auch bald erfahren. „Rufus ist jetzt acht Monate. Er wird so unglaublich schnell groß. Er steckt sich wirklich alles in den Mund, wenn man nicht aufpasst. Alles was glitzert findet er besonders toll.“ Rufus zerrte gern mal an Ohrringen oder Ketten und auch Armbändern. Alles was er in die kleinen Finger bekam. Ein längerer Perlenohrring war zu ihrem Leidwesen schon kaputt gegangen.


    Als Vorbehalte würde sie es nicht bezeichnen, es war eher ehrliche Abneigung die sie gegenüber dem Flavier empfand. Aber Prisca gehörte zu ihren besten Freundinnen, allein deshalb würde sie versuchen ein wenig auf diesen Schnösel zuzugehen. „Es liegt wohl daran, dass meine beiden Onkel nicht gerade beliebt unter den patrizischen Senatoren sind. Er hat es wohl auf mich projiziert.“

    Als Calvena dazu kam, entglitten diesem Kerl für einen Moment die Gesichtzüge. Er wirkte ertappt und irgendwie sogar schockiert. Das Gefühl, dass er womöglich nichts Gutes im Sinn hatte wuchs. Anscheinend hatte sie das Richtige getan, zu dem Mädchen zu gehen. Als die Kleine sie fragend und verwirrt ansah, zwinkerte sie ihr verstohlen zu. „Nur hingefallen? Das kann passieren, Kleine“, meinte sie mit einem verständnisvollen Lächeln. Ihr Blick glitt zu dem Fremden hinüber. Das er ihr nur helfen wollte, glaubte sie ihm nicht. „Das ist nett, dass du helfen wolltest. Aber es sieht schlimmer aus, als es ist. Nicht wahr? Kinder tun sich beim spielen ständig weh. Wir suchen uns jetzt einen der öffentlichen Brunnen und waschen die Schürfwunden aus. Dann ist es schon wieder vergessen, dass du dir weh getan hast!“ Einfach das Mädchen mitnehmen wollte sie nicht. Sie streckte die Hand nach der Kleinen aus.

    Als Serrana meinte Rufus sähe ihr ähnlich, musterte sie ihren Nachwuchs liebevoll. „Findest du? Ich meine Rufus sieht Lucius viel ähnlicher.“ Leicht legte sie den Kopf schief und lächelte glücklich. Ihr Sohn war ihr ganzer Stolz.
    Doch das Seufzen ihrer Freundin lenkte ihre Aufmerksamkeit zurück auf das Gespräch. „Laevina ist wie sie ist… ich fürchte sie ist zu alt, als das sie sich noch ändern könnte. Aber das sie sprachlos war, ist doch immerhin ein kleiner Erfolg“, meinte sie heiter und kicherte ebenfalls. „Das hätte ich nur zu gern gesehen. Wie ich sehe hast du sie auch nicht mitgebracht…“, nun war es an ihr leise zu seufzen, „dann sollte ich wohl einen Höflichkeitsbesuch abstatten.“ Auf einen Zusammenstoß mit der alten Germanica konnte sie eigentlich verzichten, aber die Familie konnte man sich ja nicht aussuchen. Vielleicht würde Laevina auch ein wenig umgänglicher sein.
    Mitfühlend verzog sie ganz leicht das Gesicht, als sie sah wie die kleine Laevina zielsicher an einem Ohrring Serranas zerrte. In weiser Voraussicht verzichtete sie selbst meistens auf Schmuck, weil auch Rufus die glitzernden Schmuckstücke toll fand und natürlich mit den Händen anfassen musste. Ketten waren ein schönes Spielzeig für ihren Sohn.
    Eilig kam sie auf die Beine, als dann Prisca dazu kam. Herzlich umarmte sie die Aurelia und freute sich, diese schon nach wenigen Tagen wieder zu sehen. „Schön dass du gekommen bist“, lächelte sie ihr entgegen. Nachdem Serrana ihren Nachwuchs vorgestellt hatte, war es an ihr, ihren Sohn vorzustellen. Dafür nahm sie diesen Romaeus wieder ab. „Und dieser stramme Bursche hier ist Rufus!“ Kurz drückte sie diesem einen kleinen Kuss auf die Stirn. Jetzt fehlte in der gemütlichen Damenrunde nur noch Romana. Es war schon gut, dass Serrana ihre Großmutter nicht mitgebracht hatte, auf diese Weise würde es sicherlich ein vergnüglicher Abend werden.

    Das schöne Frühlingswetter lud dazu ein, dass Haus zu verlassen und die Sonnenstrahlen zu genießen. An diesem Tag war es noch nicht so war und drückend, dass man ruhig ganz gemütlich über den Mercatus schlendern konnte. Mit Simplex im Schlepptau ging es von Stand zu Stand. Mal war es Schmuck der in der Sonne glitzerte, dann Töpferwaren, Glasbecher oder Stoffe, die ihre Aufmerksamkeit erregten. An einem kleinen fas unauffälligen Stand mit bunt bemaltem Spielzeug blieb sie länger stehen. Ob sie Rufus einen Löwen kaufen sollte? Spielen tat er noch nicht damit, im Augenblick steckte er sich viel lieber alles in den Mund.
    Simplex derweil behielt die Umgebung im Auge. Aufmerksam und auch ein kleines bisschen genervt, weil seine Herrin sich nicht entscheiden konnte. Sein Blick blieb dann einem Mädchen und einem Mann hängen. Irgendwie wirkte der Kerl nicht wirklich vertrauenserweckend und das Mädchen ängstlich. Eindringlich musterte er Beide. Das Mädchen mit den aufgeschürften Knien und der Alte mit einem nicht gerade vertrauenserweckendem Lächeln. Sein Instinkt meldete sich. Da stimmte etwas nicht. „Calvena?“, er berührte die Germanica sacht am Arm um deren Aufmerksamkeit ebenfalls auf dieses ungleiche Pärchen zu richten. Calvena folgte seinem Blick und zuckte erst einmal mit der Schulter. „Ein Vater mit seiner Tochter. Was ist mit den Beiden?“ Wirklich etwas Verdächtiges konnte sie auf den ersten flüchtigen Blick nicht erkennen. „Ich glaub nicht, dass die Beiden zusammen gehören“, wiedersprach Simplex ihr. „Das Mädchen sieht… verstört aus… und der Kerl... ich weiß nicht… irgendwie ist er unheimlich!“ Nun schenkte Calvena der Szene mehr Aufmerksamkeit. Der erste Blick hatte getäuscht, stellte sie fest. Ganz leicht runzelte sie die Stirn.


    Schließlich gab sie sich einen kleinen Ruck und trat selbstbewusst auf das Mädchen zu. „Da bist du ja“, sprach sie diese direkt an und hoffte, dass das Mädchen nicht gleich schreiend vor ihr weg lief. „Meine Güte wie siehst du denn aus? Was hast du nur wieder angestellt?“ plapperte sie drauf los und schenkte dem Fremden ein knappes Lächeln. Gleichzeitig legte sie dem Kind die Hände ganz leicht auf die Schultern. „Du kannst doch nicht einfach weg laufen“, fügte sie hinzu. Sie suchte den Blick des Mädchens und schenkte ihr ein kleines Lächeln. Hoffentlich machte sie mit. „Wir haben dich schon überall gesucht!“ Als hätte Simplex auf dieses Stichwort gewartet, trat er direkt neben den merkwürdigen Vogel. Nicht das dieser auf dumme Gedanken kam. Er schenkte dem Mann ein schmales freudloses Grinsen. Seiner kräftigen Statur war anzusehen, dass man sich besser nicht mit ihm anlegte. Er mochte unbewaffnet sein, aber durchaus ein fähiger Leibwächter. Als ehemaliger Gladiator hatte er einiges auf dem Kasten und würde sich von so einer halben Portion sicherlich nicht überwältigen lassen.

    Die Frage wer wohl wen anziehend fand, erübrigte sich. Sie hegte den Gedanken, dass Macer ganz nah der Macht sein wollte. Erst hatte sich von Salinator ein wenig protegieren lassen und nun war er mit einer Frau aus eine der mächtigsten Familien Roms verlobt. Durchaus beeindruckend. Doch gab es sicherlich mehr als nur ein Hindernis. Sie war gespannt, wie sich ihr Freund am Ende durchsetzen wollte. „Ob ein paar Argumente ausreichen?“, sie blieb ein wenig skeptisch. Liebe war kein Grund zu heiraten, nicht in den patrizischen Kreisen. Man war vielmehr auf die günstigste politische Verbindung aus. Aber das wusste er sicherlich selbst.


    „Wer wenn nicht du? Du bist Senator und damit direkt ein Quell zu den Plänen der Mächtigen“, es konnte doch nicht sein, dass sie besser Bescheid wusste was sich in Rom tat, wie er. Das wollte sie ihm auch nicht wirklich glauben. „Ich bin mir sicher, du weißt ein paar Dinge die ich nicht weiß“, zwinkerte sie ihm zu und ließ auch nicht locker. „Mit meinen Freundinnen werde ich mich noch treffen“, ihr Lächeln wurde verschmitzt. „Wir haben uns viel zu erzählen. Du weißt das Serrana und Sedulus Zwillinge bekommen haben?“ tat sie ihm den Gefallen und plauderte aus dem Nähkästchen um ihm einen Anreiz zu geben, endlich auch mal mit Neuigkeiten heraus zu rücken.


    „Ganz ehrlich? Es war ein bisschen langweilig. Germanien hat durchaus seine Reize und auch die Leute sind durchaus freundlich, aber mir haben meine Freunde gefehlt. Der Winter war lang und öde, es lag so viel Schnee dass man kaum das Haus verlassen konnte!“

    Etwas verwundert stellte sie fest, dass ihr Gast wohl lieber stand als saß. Das er auf eine Aufforderung wartete, wurde ihr erst einen kleinen Augenblick später bewusst. „Setz dich doch“, forderte sie ihn dann mit einem kleinen Lächeln auf.
    Eine Entscheidung schien er bereits getroffen zu haben. Iuppiter wollte er sich ganz und gar verschreiben. Durchaus vorbildlich. „Es freut mich zu hören, dass du so engagiert bist. Ich würde gern wissen, in wie weit du mit dem Götterkult vertraut bist? In der Regel werden die Grundlagen bereits durch das Elternhaus vermittelt.“ Bevor sie anfangen konnte ihn zu unterrichten, musste sie erst einmal wissen, wo sie ansetzen musste. „Selbst geopfert hast du schon? Du weißt was dabei zu beachten ist?“

    Wie sehr sie ihre Freundinnen vermisste hatte, wurde ihr in diesem Moment klar. Freundinnen mit denen sie sich unterhalten konnte, gemeinsam lachen und scherzen. An weiblicher Gesellschaft hatte es ihr nicht gemangelt, aber es war nicht immer einfach neue Freundschaften zu schließen. Außerdem konnten neue Bekanntschaften die besten Freundinnen nicht ersetzen.
    Über das ehrliche Kompliment Serranas freute sie sich natürlich. Es machte zwar den Anschein, dass sie ihre jugendliche Figur behalten hatte, aber sie kaschierte dies ein wenig. Die Schwangerschaft war nicht spurlos an ihr vorüber gegangen und einige Pfunde hielten sich hartnäckig. Serrana hingegen sah man ein wenig an dass sie eine Schwangerschaft hinter sich hatte, sie strahlte und wirkte reifer. „Danke. Aber du auch“, entgegnete sie ehrlich. Kurz bedachte sie ihren Spross mit einem liebevollen Lächeln. „Das ist Rufus“, stellte sie dann ihren Nachwuchs erst einmal vor. Schließlich stellte Serrana auch ihren Nachwuchs vor. Überraschend war die Namenswahl. „Was hat denn Laevina dazu gesagt? Sie hat sich doch sicherlich gefreut, dass die Kinder nach ihr und ihrem Sohn benannt wurden.“ Freuen, war vielleicht nicht gerade das richtige Wort, denn die Germanica neigte nicht dazu groß Gefühle zu zeigen. „Komm, setz dich doch!“ forderte sie ihre Freundin dann auf. Kurz winkte sie Romaeus zu sich und drückte ihm Rufus in den Arm. Er sollte ein Auge auf den Nachwuchs haben, während sich die Mütter unterhielten.

    Serrana sollte die erste Freundin sein und sie kam in diesem Moment, als Calvena im oberen Stockwerk war, um Rufus aus seiner Wiege zu holen. Sein Mittagsschläfchen war vorbei und es war ihm eindeutig zu langweilig. Ihr Sohn konnte glatt das gesamte Haus zusammenbrüllen. Er ließ sich dann aber auch nur meistens durch seine Mutter beruhigen. Da ja ihre Freundin ihre beiden Kinder auch mitbringen wollte, hatte sie ohnehin vor gehabt ihn zu wecken und dann mit nach unten zu nehmen um ihn ihren Freundinnen vorstellen.
    Auf halben Wege die Treppe hinunter kam ihr Diomedes entgegen und erzählte ihr, das die Iunia gerade angekommen sein. Mit dem Kind auf dem Arm, drängelte sie sich förmlich an dem Sklaven vorbei und beeilte sich die Treppen hinunter zu kommen. Der Grieche schmunzelte nur, folgte ihr hinunter und nahm seinen Platz in der Küche und an der Tür wieder ein.
    Romaeus würde sich schon um die Wünsche der Damen kümmern.


    „Salve Serrana!“ begrüßte sie ihre Freundin überschwänglich und hätte sie am liebsten umarmt. Das war aber irgendwie ein wenig unmöglich, denn Serrana hatte eines ihrer Kinder im Arm und sie ihren Sohn. „Ich freu mich ja so dich zu sehen. Und ich bin so froh, dass es dir gut geht!“ Mit Sicherheit wusste ihre Freundin woraus sie anspielte. Auf die unzähligen Briefe.

    Calvena setzte sich hin und wartete darauf, dass es ihr Gast gleich tat. „Nun im Allgemeinen die Verwaltung der Tempel. Absprachen mit den Händlern die die Opfergaben liefern, die Ausführung öffentlicher Opfer, Hilfestellungen bei privaten Opfern und Reinigung der Tempel. Es sind vor allem viele kleine Aufgaben. Wenn du Iuppiter dienen möchtest, würde man dich einem der Iuppiter Tempel zuweisen. Ich bin für den Tempel der Iuno Moneta zuständig. Dir würden dann einige Ministri und andere Helfer zur Seite stehen“, klärte sie ihn über seine Aufgaben auf. „Du wirst auch bei größeren Prozessionen mitwirken“, fügte sie noch hinzu. Romaeus brachte ihnen eine kleine Erfrischung, ein wenig Obst, für sie Saft und er wartete darauf, dass Tricostus einen Wunsch äußerte.

    Ganz leichte Verwunderung zeichnete sich auf ihren Zügen ab. Ausgerechnet Flavius Piso hatte ihn zur ihr geschickt. Das war ja mal eine Überraschung. Denn als Freund würde sie den Flavier nicht bezeichnen. Eigentlich hätte dieser noch eine Lektion verdient.


    „Es freut mich dich kennen zu lernen“, sagte sie und nahm das Schreiben entgegen. Kurz überflog sie es und fragte sich, ob nicht irgendeine Gemeinheit dahinter steckte. Doch welche es sein konnte, konnte sie beim besten Willen nicht sagen. Vielleicht war es ja auch so etwas wie ein Friedensangebot.
    Da ihr Gegenüber nichts von gewissen Spannungen ahnte, schenkte sie ihm wieder ein Lächeln. „Du willst dich also in den Dienst der Götter stellen. Das freut mich. Welcher Gottheit möchtest du denn dienen?“ sie machte eine kleine einladende Geste zu einer kleinen Sitzgruppe. „Oder willst du dich im allgemeinen dem Cultus Deorum verpflichten?“

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    Diomedes


    “Halt!“ erklang eine aufgeregte Stimme und ein Mann sprang ihn förmlich an. Diomedes hielt inne und zog die Tür wieder auf. Er kam nicht einmal dazu freundlich zu grüßen und zu fragen, was denn das Begehr des überraschenden Besuchers war. Ein Wortschwall ging sofort auf ihn nieder und dann wurde ihm auch noch ein Stück Pergament unter die Nase gehalten. Etwas verwirrt blinzelte er. Das war ja mal ein merkwürdiger Besucher. Kurz überflog er das Pergament, das man ihm vor die Nase hielt.


    „Komm rein“, bat er dann den Gast ins Atrium. „Ich werde fragen, ob sie dich empfängt!“ erklärte er und verschwand dann im inneren des Hauses, nachdem er die Tür hinter Tricostus verschlossen hatte.



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    VILICUS - IULLUS QUINTILIUS SERMO

    Diomedes führte den Gast ins Atrium. Einer der schönsten Räume im ganzen Haus, die Wandmalereien stellte eine blühende Landschaft dar, das Bodenmosaik einen stillen See in den das Impluvium eingearbeitet worden war.
    Auf der Suche nach der Hausherrin konnte Diomedes Romaeus abfangen und ihn anweisen dem Besuch eine kleine Erfrischung zu bringen.


    Unter einem kleinen Sonnensegel ließ es sich durchaus aushalten. Es war ein wenig überraschend, wie schnell der Frühling Einzug gehalten hatte. Kein Vergleich zu Germanien, wo es wohl nun stürmisch und nasskalt sein dürfte.
    Rufus genoss dieses Wetter auch, fröhlich quietschend krabbelte er durch den Garten, immer unter dem aufmerksamen Blick seiner Mutter.
    In dieses idyllische Bild platzte Diomedes und erzählte Calvena, dass sie Besuch hatte. Sie ließ ihren Sohn bei dem Griechen um den Besucher zu begrüßen.


    Lange musste Tricostus nicht warten. „Salvete“, begrüßte sie diesen mit einem fröhlichen Lächeln. „Du wolltest mich sprechen?

    Ein wenig verlegen winkte sie ab. Ein ehrliches Kompliment brachte auch sie ein wenig in Verlegenheit. „Genieß erst einmal deine Ehe. Das mit den Kindern kommt dann schon von ganz allein“, zwinkerte sie ihr zu. „Wie gut das man mir nicht ansieht, dass ich eigentlich völlig übermüdet bin“, gab sie leise lachend zu. Kinder stellten das Leben völlig auf den Kopf. Auf wundervolle Weise, dennoch gab es auch gewisse Nebenwirkungen die sie nicht verleugnen konnte. Einmal davon abgesehen, dass eine Schwangerschaft die Figur ruinierte, kam eben auch notorische Übermüdung hinzu. Aber um nichts um der Welt würde sie ihren Sohn wieder hergeben wollen. Prisca würde diese Erfahrung sicherlich auch schon bald machen.


    „Ist die Villa wirklich so groß, dass wir uns Blasen laufen werden? Ich bin ehrlich beeindruckt. Das ist keine Villa, das ist ein Palast.“ Gemütlich ging es aus dem Atrium hinaus, vorbei an unzähligen wunderbaren Wandmalereien, Büsten, Statuen und kunstvollen Vasen. Calvena wusste nicht wo sie zuerst hinschauen sollte. Es beeindruckend und man konnte sicherlich Stunden damit zu bringen, sich jedes einzelne Meisterwerk anzusehen. Und sicherlich gab es zu jedem Mosaik eine Geschichte.


    Doch die Themen, über die sie gerade redeten, waren viel spannender, als alte Geschichten über Ahnen, Heldentum und Größenwahn. Denn einige der Darstellungen wirkten so, als hätte sich irgendein Ahn verewigen lassen. „Ich bin mir sogar sehr sicher, dass er Valerian nur wieder versetzt hat, um ihm nicht nur Steine in den Weg zu legen, sondern auch das Leben schwer zu machen…“, ihre Miene drückte aus, was sie von diesem schmierigen vulgären Schwein hielt.
    Doch ehe sie dieses Thema vertieften, gab ihre Freundin einen Kommentar von sich, der sie neugierig machte. „Du warst auch mal in Germanien? Das hättest du ruhig mal früher erzählen können“, meinte sie schmunzelnd. Prisca schien sich aber nicht wohl gefühlt zu haben in der kalten Provinz. Sie wollte auch nicht länger bohren. Da war es viel interessanter, ein ganz anderes Thema zu vertiefen. „Ich bin mir sicher, dass viele Senatoren um die Schandtaten des Präfekten wissen. Nur wundert es mich, dass sie sich so… still verhalten. Mit Sicherheit hat er Verbündete. Er ist mächtig. Er ist die rechte Hand unseres Kaisers… Wie viele Verbündete er hat ist schwer zu sagen, es gibt nur wenige die sich öffentlich zu ihm bekunden… aber einige die man sicherlich als seine Klüngel bezeichnen könnte. Dein Mann könnte dir sicherlich eine bessere Einschätzung geben. Ich hab mir nur ein paar Dinge zusammengereimt in der Zwischenzeit. Schließlich ist Mogontiacum nicht das Ende der Welt. Es dauert zwar, bis die Neuigkeiten auch dort ankommen, aber das was man hört ist dann recht aufschlussreich.“ Es wäre interessant zu wissen, was wohl Priscas Mann zu diesem Thema zu sagen hatte. Prisca würde sicherlich ihr dann erzählen, welche Schlüsse dieser zog.


    Der Vorschlag einer Cena fand natürlich sofort Anklang. Alle Freundinnen mal wieder zu sehen, würde ihnen allen gut tun. Es gab so viel zu erzählen und im Grunde fast zu wenig Zeit dafür. Hauptsache sie fanden wieder einmal Zeit für einander. „Zwillinge. Unfassbar, oder?“ Serranas Schwangerschaft war nicht leicht gewesen. Die Dinge die sie ihr per Brief berichtete hatte, hatten für einige schlaflose Nächte gesorgt. Umso glücklicher war sie, als sie erfahren hatte dass es der Iunia gut ging, und dass sie Zwillinge bekommen hatte. Aber gesehen hatte sie Serrana bisher nicht. Auch eine der Gründe, warum sie diese kleine Cena für ihre engsten Freundinnen ausrichte.
    Prisca unterdessen erging sich in glücklichen Schwärmereien. Calvena gönnte ihr das Glück mit einem Mann verheiratet zu der sie liebte und sie glücklich machte. Dieses Glück war nur wenigen Frauen gegönnt. Nur hätte sie ihr einen anderen Mann gewünscht. So wie sie den Flavier kennen gelernt hatte, würde sie ihn eigentlich keiner Frau zum Mann wünschen.
    Ganze leichte wiegte sie mit dem Kopf nachdenklich hin und her. Prisca zu Liebe würde sie sicherlich versuchen ihm zumindest mit Höflichkeit begegnen. Nur ob dies auf Gegenseitigkeit beruhte bezweifelte sie ein wenig. „Vielleicht hatten wir ja nur einen schlechten Start…“

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    Diomedes


    Es klopfte und es dauerte nicht lang bis dann auch jemand die Türe öffnete. Es war der freundliche und gut gelaunte Grieche Diomedes. Als er die Tür aufriss sah er sich um und stellte fest, dass keiner vor der Tür stand. Etwas verwirrt kratzte er sich am Kopf. Wurde er jetzt senil? Da war eindeutig ein Klopfen gewesen. Oder spielten die Kinder der Nachbarschaft ihnen Streiche? Oder spukte es? „Sehr eigenartig… ich werde wohl alt“, murmelte er vor sich hin und wollte die Türe gleich wieder schließen.




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