ZitatOriginal von Paullus Germanicus Aculeo
Ja, gebt dem Mann Wolle, sonst liegt meine Schneiderei brach
ZitatOriginal von Paullus Germanicus Aculeo
Ja, gebt dem Mann Wolle, sonst liegt meine Schneiderei brach
Wie konnte ein Schmuckstück einfach verschwinden? Normalerweise würde sie ja auf einen Taschendieb tippen, aber hier waren sie völlig allein gewesen. Hatte die Fibel etwa Beine bekommen? „Weiß nicht…“, meinte sie leicht ratlos. Schade war es schon, aber das Ding ließ sich einfach nicht auffinden. Es gab zumindest eine Notlösung. Ihr Mann fummelte die Fibel von seinem Mantel ab und reichte sie ihr. „Wirklich eigenartig“, meinte sie dann nur, während sie nun die Fibel an ihrem Kleid befestigte. „Soll ich dir bei deiner Rüstung helfen?“
Die Idee ihn unterm Bett zu verstecken gefiel ihm gar nicht. Kein Wunder war ja auch eng und staubig dort. „Also nicht unterm Bett“, kicherte sie. Aber selbst im Bett würde er nicht sicher sein. Also würde sie ihn wohl gehen lassen müssen. Sie würde ihn zwar vermissen, aber sie durfte ja jeder Zeit zu ihm. Das war ein kleiner Trost.
Leicht rollte sie mit den Augen, an der Stelle hatte sie schon nach der Fibel gesucht. Manchmal war er ein fürchterlicher Besserwisser. Aber irgendwie liebte sie das an ihm. „Sie ist nicht da“, meinte Calvena dann. „Eigenartig… wo kann das Ding nur hin sein?“ einmal drehte sie sich suchend auf der Stelle, aber nichts, nicht mal ein glitzern im Gras.
Mit dieser Reaktion hatte sie nicht gerechnet. Da fuhr er empört hoch und sah sie aus ungläubigen Augen an. Reichlich verdutzt erwiederte sie seinen Blick. Woher hätte sie denn das wissen sollen? "Öhm", machte Calvena etwas ratlos und lachte dann. "Die Welt ist wirklich klein", meinte sie schließlich. Cara würde sich sicherlich über die Einladung zu einer Cena freuen.
Valerian hangelte nach ihrem Kleid und bedeckte sie damit. Vorbei war der schöne Nachmittag. Leises bedauern zeigte sich kurz auf ihren Zügen, aber es ließ sich nicht ändern. Sie würden wieder Zeit für einander finden. "Mhm... dann müsste ich dich unterm Bett verstecken!" witzelte sie und schlüpfte in ihr Kleid. Nur fehlte eine Fibel. Suchend sah sie sich um, das Schmuckstück musste ja hier irgendwo sein. Sie kam auf die Beine und suchte das Gras ab. "Hast du meine Fibel gesehen?" fragte sie ihren Liebsten. "Bei Gelegenheit werde ich dich wieder entführen", versprach sie ihm mit einem verschmitztem Grinsen.
Ohje. Gute Besserung wünsche ich
Mit reichlich schlechter Laune trat sie an die Wachposten heran. Man kannte sie ja bereits und meistens hielt sie noch ein kurzes Schwätzchen mit den Soldaten, aber dafür war sie nicht aufgelegt. Nicht nach dem sie festgestellt hatte, das Valerian tatsächlich seine Männer auf sie ansetzte. „Salve“, das war sogar noch ein halbwegs freundlicher Gruß. „Ich will zu meinem Mann“, erklärte sie.
Ihre Augen wurden ein wenig schmaler, als er sich dann entschuldigte. Zu viel des Guten, das war noch ein wenig untertrieben, fand sie. Viel hätte nicht gefehlt und die Beiden hätten eine Eskorte gebildet und solange verfolgt bis sie zu Hause war. Calvena war enttäuscht von ihrem Mann, eigentlich hatte sie gehofft, dass er ihr vertraute, aber sie hatte das Gefühl, dass er sie am liebsten eingesperrt hätte. „Ich werde nun gehen und ihr Beide solltet eurer Aufgabe nach gehen und nicht unschuldige Frauen verfolgen“, meinte sie spitz und drängte sich an ihm vorbei. „Valete!“ sie machte sich direkt auf den Weg zum Castellum. Sie würde mit Valerian reden, wobei sie nicht wirklich reden wollte, sondern ihn einfach zur Rede stellen. Er hatte ihr gesagt, er würde nicht auf so eine Idee kommen und dann hatte er doch seine Männer auf sie angesetzt.
Kurz zeigte sich ein erleichtertes Lächeln auf ihren Zügen. Es war ihm zwar anzusehen, dass er nicht wirklich glücklich war mit dieser Entscheidung, aber sie waren sich einig. Und groß überreden hatte sie ihn nicht müssen. Anscheinend hatte er wohl auch schon mit diesem Gedanken gespielt. „Ich werde ein Auge auf ihn haben“, versprach sie ihm. Hoffentlich täuschte sie sich in dem Jungen nicht. Aber der Junge hatte nun einmal eine Chance verdient sich zu beweisen. Sie mussten ihm nur klar machen, was man von ihm erwartete. „Ich wird ihn holen“, kurz küsste sie ihren Mann um dann auf die Suche nach dem Jungen zu gehen. In der Küche durfte er sich nützlich machen.
Hatte Cara erwähnt wer ihr Vater war? Sie musste einen Augenblick überlegen. Mit der Iulia hatte sie sich über vieles unterhalten. Da ging so ein Detail manchmal unter. „Ihr Vater war Tiberius Iulius Drusus“, antwortete sie ihm schließlich. „Du darfst ruhig neugierig sein“, versicherte sie ihm schmunzelnd. „Aber ein paar Dinge musst du aber schon selbst raus finden“, scherzte sie.
Wie recht er hatte, es war spät geworden. Die Zeit war wie im Fluge vergangen. Calvena war überrascht, sie hatte glatt alles um sich herum vergessen. „So spät schon?“ sie musste lachen, setzte sich dann aber auf. Kurz sah sie sich um, die Kleider waren überall zerstreut. „Fällt es auf, wenn ich dich einfach nach Hause mitnehme?“ Es war ein Scherz, aber sie meinte es auch ein wenig ernst.
Ihre Freundinnen waren wirklich die beste Quellen, was Neuigkeiten aus Roma angingen. Nicht alles war von belang für ihn, aber vieles durchaus interessant.
Und wie neugierig er war. Da warf sie ihm ein paar kleine Informationsbröckchen hin und er wollte sogleich absolut alles wissen. „Und wie ich dich kenne…“, grinste sie liebevoll. „Aber alles erzähl ich dir nicht. Ein paar Dinge musst du schon noch selbst herausfinden. “ Ansonsten würde er sich langweilen bei dem Abendessen und Cara würde sich wohl wundern, woher Valerian so viel wusste. „Also Cara ist hier in Mogontiacum geboren und aufgewachsen. Ihr Vater war Soldat“, das waren schon mal die wichtigsten Informationen. „Ihre Mutter war krank, deshalb ist sie von Rom hier her gereist. Aber aus irgendwelchen Gründen hat Centho sie bei Decimus Livianus untergebracht!“ Da lag wohl die Vermutung nahe, dass Centho wirklich vor hatte Cara an den Decimer zu verheiraten.
Eigentlich ungewöhnlich, das ihr Mann einfach mal seine Verpflichtungen vernachlässigte. Besser für sie, so konnten sie noch die Nähe des Anderen genießen. Hoffentlich bekam er nicht im Anschluss irgendwelchen Ärger, weil sie ihn einfach entführt hatte.
Eigentlich hätte er froh sein sollen, dass sich ihr Zorn nicht über ihn herein brach. Sie hatte vor den Kopf ihres Mannes einmal zurecht zu rücken. Jetzt wusste sie was Merlinde gemeint hatte, dass werdende Väter den Verstand verloren. Ihr Mann hatte eindeutig den Verstand verloren, denn sonst müsste er es besser wissen. Grimmig sah sie den Soldaten an, der sogleich für seinen Vorgesetzten sich einsetzte. „Du brauchst ihn gar nicht zu verteidigen“, fauchte sie gereizt. „Ich kenn meinen Mann sehr gut und weiß was in ihm vorgeht“, klärte sie ihr Gegenüber genervt auf. War ja klar, dass die Männer zusammen hielten. Einer stellte eine Dummheit an und schon deckten sie sich gegenseitig.
Da wurden die Soldaten unter ihrem strengen Blick doch glatt immer kleiner und kleiner. Dass die Beiden auf Patrouille waren, glaubte sie ihnen ja, aber das war noch lange kein Grund hinter ihr her zu laufen. Sie war ja schließlich kein Schwerverbrecher… Schließlich bestätigte er ihren Verdacht. Eigentlich hatte sie ja gehofft, dass ihr Mann eben nicht auf die dumme Idee kam, ihr seine Jungs hinter her zu schicken, aber anscheinend hatte sie sich getäuscht. Da standen sie vor ihr, zwei Soldaten in schicker Rüstung, anstatt die Augen nach Taschendieben und anderem Gesindel offen zu halten, verfolgten sie einfach die Frau ihres Centurios. Einen Moment lang sah sie die Beiden wütend an, ehe sie dann einfach auf dem Absatz umdrehte. Calvena ließ die Beiden einfach stehen. Valerian würde was zu hören bekommen. Sie fand es nicht im Geringsten witzig, dass er seine Männer auf sie ansetzte. Sie brauchte keine Kindermädchen, schon gar keine, die so tollpatschig waren, wie diese Beiden. Bis zu einem bestimmten Punkt hatte sie ja durchaus Verständnis für ihn, aber das er dann seinen Männer auftrug auf sie aufzupassen, ging zu weit.
Die Beiden sahen aus, wie Schuljungen die man bei einem Streich ertappt hatte. Das schlechte Gewissen stand ihnen buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Calvenas Stirnrunzeln wurde tiefer. Also hatte sie es sich doch nicht eingebildet, dass die Beiden hinter ihr her liefen. Langsam verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Und warum verfolgt ihr mich dann?“ hackte sie dann nach. Sie konnte sich schon denken, was der Grund war und wer sie angestiftet hatte. Es musste ein lustiges Bild abgeben, wie sich die zierliche Römerin vor den beiden Soldaten aufbaute und die Männer durchdringend musterte. Denen hatte es erst einmal glatt die Sprache verschlagen.
Ihr Mann war so gar nicht angetan von ihrem Vorschlag, aber er hatte auch keine bessere Lösung parat. Natürlich war sie sich bewusst, dass sie den Jungen nicht einfach so adoptieren konnten. Daran hatte sie ehrlich gesagt gar nicht gedacht. Sie hatte den Jungen erst einmal nur aufnehmen wollen… Nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, würde er diesen Gedanken, den er ihr nun in den Kopf gepflanzt hatte, aber gar nicht zu lassen. Nicht nach der ganzen unglückseligen Geschichte um Marhabal. Macer hatte ja am Rande erwähnt, dass er ein Verfahren gegen Decimus Livianus einleiten sollte, hatte aber nicht geahnt und gewusst worum es ging. Sie hatte auch völlig vergessen nachzufragen. Wütend war sie nicht auf den Octavier, er kam auch nur seinen Aufgaben nach, aber sie war ein wenig enttäuscht, dass er sie nicht aufgeklärt hatte. Geändert hätte es wohl nichts, aber sie wären zumindest darauf vorbereitet gewesen. Noch ahnte sie nicht, dass Romana ihr einen recht entrüsteten Brief schreiben würde. „Er kann sich im Haushalt nützlich machen. Wir brauchen eh noch ein paar helfende Hände. Wir hatten doch ohnehin noch vor ein zwei Sklaven zu kaufen…“, schlug sie vor.
„Mach dir um mich keine Sorgen“, versuchte sie zumindest ein paar seiner Sorgen zu zerstreuen. Bisher verlief die Schwangerschaft so wie sie es sollte und bis auf die üblichen Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erschöpfung, ging es ihr gut. Leicht besorgt sah sie ihrem Mann nach und seufzte tief. Confluentes war ja nicht weit weg und spätestens in ein paar Tagen war er zurück. Gefährlich war der ritt dorthin nicht, und dennoch, ein mugliges gefühlt blieb. Wie sollte sie Valentina beibringen, dass der Mann den sie liebte ertrunken war.
Hoffentlich kam Valentina bald nach Haus, damit sie mit ihr reden konnte. Hoffentlich schnappte ihre Schwägerin nicht irgendwelche Gerüchte unterwegs auf. Denn das wäre nun wirklich gar nicht hilfreich. Wenn dann sollte man ihr diese furchtbare Nachricht behutsam beibringen.
Auf Calvenas Zügen zeigte sich ein freches Grinsen. „Du hast ja keine Ahnung“, meinte sie lachend und zwinkerte ihm zu. Im Augenblick waren ihren Freundinnen die besten Quellen um das politische und gesellschaftliche Geschehen in Rom und auch Mogontiacum. Bessere Spione würde man wohl nicht finden, denn im Grunde wussten Frauen meist zuerst die neuesten Gerüchte. „Dann wirst du sie ja bald kennen lernen“, meinte sie schmunzelnd. Das würde sicherlich ein vergnüglicher Abend werden. Zumindest hoffte sie das. „Sag mal… wann erwartet man dich eigentlich zurück?“ fragte sie mit einem kleinen verschmitztem Grinsen. Hoffentlich hatten sie noch ein bisschen Zeit für einander, so schnell wollte sie ihn gar nicht gehen lassen.
Den Gedanken daran, dass sie womöglich tatsächlich verfolgt wurde, hatte sie erst einmal wieder bei Seite geschoben. Stattdessen schlenderte sie mit Merlinde über den Markt, schwatzend und lachend. Dass sie dabei ein zwei Runden um den Platz drehten war dabei nicht wichtig. „Achherje, es ist ja schon spät. Ich muss nach Haus, Schätzchen“, meinte die Germanin mit einem Blick zum Horizont. Den Zenit hatte die Sonne bereits überschritten. „Grüß mir deine Kinder“, verabschiedete Calvena sich von der Hebamme. „Natürlich. Ich komm in ein paar Tagen bei dir vorbei. Übernimm dich ja nicht“, es folgten noch einige andere Ermahnungen, ehe Merlinde dann im Gewirr der Straßen verschwand. Auch Calvena wollte sich auf den Heimweg machen, drehte sich um und stand plötzlich vor den beiden Soldaten. Der Bursche, der über den Eimer gestolpert war, stand vor ihr. Leicht verwundert runzelte sie die Stirn. Irgendwie wurde sie das Gefühl nicht los, dass die Beiden sie verfolgten. „Kennen wir uns irgendwo her?“ fragte sie die Soldaten und sah von einem zum anderen. Das war wirklich eigenartig. Eigentlich wollte sie nicht glauben, dass die Männer sie verfolgten, sie war ja schließlich keine Diebin oder zwielichtige Gestalt. Und das Valerian womöglich seine Männer auf sie angesetzt hatte, wollte sie nicht glauben. Das wäre wirklich absurd.
Anscheinend wusste sie wieder einmal mehr wie er. Valerian hielt doch glatt ihre Hand fest um die Informationen zu verarbeiten, die sie ihm da vor die Nase hielt. Ein geheimnisvolles Lächeln zierte ihre Lippen. "Auch ich hab so meine geheimen Quellen", zwinkerte sie ihm zu. Ließ ihn dann aber doch nicht so lange zappeln. "Cara hab ich in Rom flüchtig kennen gelernt. Centho hat sie mit zum Wagenrennen an den Megalesien mitgebracht. Und dann sind wir uns hier auf dem Markt gelaufen und du weißt ja wie wir Frauen sind, wir sind auch gleich ins Gespräch gekommen", erklärte sie ihm dann. "Du hast sie also noch nicht kennen gelernt?" fragte sie dann nach. Eigentlich konnte sie sich das schwer vorstellen, mit ihrer roten Haarpracht, war die Iulia sehr auffällig, aber ihr Mann hatte ja andere Dinge im Kopf. Zum Beispiel seine Jungs vernünftig ausbilden.
Dieses verschmitzte Grinsen kannte sie bereits sehr gut an ihm. Nur zu gern hätte sie gewusst, was in seinem Kopf nun vor sich ging. Kurz überlegte sie ihn einfach zu fragen, ließ es dann aber. Auch er sollte seine kleinen Geheimnisse haben. „Du brauchst nicht an dir zweifeln“, zärtlich küsste sie ihn und erwiderte sein Grinsen schelmisch.
„Begleitung? Warum nicht. Und Iulia Cara dürfte sich auch freuen“, meinte sie nachdenklich und streichelte ihm über die Brust. „Ich hab das Gefühl, dass Centho sie mit Decimus Livianus verkuppeln will!“
Auch wenn Catiena ein wenig weltfremd war, so war sie doch sympathisch und eine Freundin. Die Eindrücke die sie über Germanien sammeln würde, würden sie sicherlich prägen. Bis dahin sollte sie erst einmal ihre Erfahrungen machen. Die Octavia war ja nun auch nicht gänzlich allein in diesem für sie noch fremden Land, Calvena würde ihr versuchen Land und Leute näher zu bringen und auch Cara schien gewillt zu sein, Catiena ein wenig den Blick zu öffnen. Germanien war nun einmal anders wie Roma, die Menschen waren ein bisschen rauer, aber herzlich. Nicht alle waren freundlich zu den römischen Eroberern, es gab unter der Oberfläche natürlich jede Menge Unzufriedenheit. Brodelnder Hass, Verachtung, Unmut und andere finstere Gefühle. Und dennoch hatte man sich angepasst. Die Römer an die Germanen und die Germanen an die Römer.
Wen man von Dämonen sprach, tauchten sie meist auf. Diesmal in Form eines gedrungenen Mannes mit Schnurbart. Er unterbrach ihr Gespräch und fragte freundlich, ob sie ihm den Weg frei geben würden. Etwas verdutzt sah sie sich kurz um. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie ein hinderniss darstellten. „Oh, Verzeihung! Natürlich!“ meinte sie mit einem höflichem Lächeln und trat dann ebenso wie Catiena und Cara bei Seite. Ein wenig verwundert sah sie Catiena an, als diese ein klein wenig bissig nachfragte, wohin er denn so eilig unterwegs war. Diese forsche Art kannte sie von der Octavia nicht und es erstaunte sie. Fragen sah sie Catiena an.