Beiträge von Germanica Calvena

    Valerian schien es nicht zu stören, dass sie sich eingemischt hatte. Sie war ihm ja nicht in den Rücken gefallen, aber ihr tat nun einmal der Bengel leid. Irgendetwas hatte sie sagen müssen, damit der Junge wusste, dass sie nicht gegen ihn waren, sondern eine Lösung versuchten zu finden. Der Junge plapperte jedenfalls drauf los und so ganz wurde sie nicht schlau aus der Lebensgeschichte des Jungen. Jedenfalls war es offensichtlich dass ihm die ganze Situation zusetze und er Angst hatte.

    Lange musste sie nicht auf Valerian warten und als dieser sie mit einem Kuss begrüßte, war Simplex erst einmal von der Aufmerksamkeit und dem Spott der Frauen befreit. Auch wenn sie nach wie vor, immer noch etwas bedrückt war, verdrängte sie erst einmal die düsteren Wolken und freute sich darüber, dass ihr Mann da war und sie gemeinsam den Abend verbringen würden. „Salve Schatz. Melina ist mitgekommen und ich glaub sie streift gerade durch die Stadt!“ Wo genau das Mädchen sich nun herum trieb wusste sie nicht, hoffte aber, dass Melina nicht gleich nach ihrer Ankunft irgendwelchen Unfug anstellte. „Ihr Zimmer sieht jedenfalls aus, als wären die Barbaren eingefallen!“ witzelte sie und küsste ihn kurz.
    „Es gibt Neuigkeiten aus Rom“, kurz holte sie einen der Briefe von Romana und reichte ihn direkt an Valerian weiter. Sie wusste, dass er sich ebenso nach Neuigkeiten sehnte, wie sie. Sie war sich ziemlich sicher, dass ihn der Brief überraschen würde. „Von Romana!“ erklärte sie ihm dann und ließ ihm die Zeit zu lesen. Den anderen Brief erwähnte sie nicht, auch wenn es ihr schwer fiel. Eigentlich redete sie ja sonst mit ihm über alles, aber da ihre Freundin sie um stillschweigen gebeten hatte, behielt sie die schlechten Nachrichten für sich.



    An
    Germanica Calvena
    Casa Quintilia
    Mogontiacum
    Germania Superior


    Liebe Calvena,


    ich kann kaum meine Freude beschreiben über den Brief, den ich aus deiner Hand erhalten habe. Es tut mir Leid, dass ich dir nicht eher schreiben konnte, aber meine Priesterprüfung und die Vestalia hielt mich ab. Du hast richtig gelesen, Priesterprüfung. Ich habe sie mit Bravour bestanden, und somit schreibt dir nun eine Sacerdos Vestalis, eine voll ausgebildete Vestalin.


    Es erfreut mich, dass deine Reise dir keinen Anlass zur Klage bot, obwohl ihr wohl den rumpeligen Landweg genommen habt. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ich eine solche Reise genießen würde – aber du warst stets immer die Abenteuerlustige von uns beiden.


    Als ich von deiner Abfahrt erfuhr, eilte ich sofort zur Casa Quintilia, aber ich fand sie verlassen vor, bis aus Sermo, der mich ein wenig in meiner Seelenpein beistehen konnte. Er ist ein wirklich guter und netter Mann, dank ihm und seiner Worte habe ich mich auch gleich etwas besser gefühlt.


    Vielen Dank, dass du auch Serrana zu mir geschickt hast. Dass du so dermaßen an mich gedacht hast, war sehr lieb von mir, und der Besuch war auch sehr nett. Wir hatten ein langes und erhellendes Gespräch. Tatsächlich erzählte sie mir davon, dass sie den Verdacht hatte, dass sie schwanger war. Infolgedessen versammelten wir uns im Atrium der Casa Iunia, wo ich für sie eine Haruspizin an einem Lamm vollführte. Dadurch stellte sich heraus, dass Serrana tatsächlich schwanger war und nun das Kind des Germanicus Sedulus in sich trägt. Ich hoffe, dadurch konnte ich Serrana beruhigen, dass sie ein gesundes Kind auf die Welt bringen und dies auch überleben würde.


    Es versteht sich wohl ohne explizite Erwähnung, dass ich sofort Schritte unternommen habe, um die Ungerechtigkeit, die deinem Ehemann widerfahren ist, zu berichtigen. Ich fand mich am Tag nach deiner Abreise im Officium des Vescularius Salinator ein, und ich kann dich in deinen Worten gegenüber diesem Mann nur bestätigen – er ist inkompetent und eine Fehlbesetzung. Meine Erläuterungen und Fragen beachtete er kam. Nein, er behandelte mich, eine Vestalin, eine Tochter des Kaisers, mit einem Mangel an Respekt, der seinesgleichen sucht. Er entblödete sich nicht, mich auszulachen, dumme Witze über meine Keuschheit zu machen und mich am Ende rauszuwerfen.


    Und so habe ich nun meinem Vater, dem Imperator Caesar Augustus in Person, einen Brief geschrieben, in dem ich ihm meinen Unmut über den Vescularius erklärt habe, ihm darum gebeten habe, die vom Praefectus Urbi gefällte Entscheidung rückgängig zu machen und auch nach Rom zurückzukehren, oder zumindest Vescularius zu ersetzen.


    Bislang habe ich noch keine Antwort bekommen, doch ich verbleibe zuversichtlich, dass mein Vater der Kaiser mir bald zurückschreibt und in seiner unendlichen Weisheit die Dinge wieder zurecht rückt. Es besteht also eine große Chance, dass du bald wieder in Rom bist, auch, weil man hört, dass der Prätorianerpräfekt Prudentius Balbus Schritte unternimmt zur Zurückführung deines Gatten.


    Mit lieben Grüßen,
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    Die Einladung der Duccier zu einer Cena kam ihr ganz Recht. Sie hoffte, dass sie dadurch auf andere Gedanken kam und nicht ständig über die Dinge grübelte, die sie ohnehin nicht ändern konnte. Durch die Ankunft Melinas und der Sklaven war ohnehin recht viel Leben ins Haus gekommen und sie konnte nicht mehr ganz so häufig in düstere Stimmung verfallen, weil es erst einmal einige Dinge gab, die umgesetzt werden wollten. Als erstes hatte Simplex eine der Marmorplatten austauschen müssen, die durch seine Ungeschicklichkeit einen Sprung abbekommen hatte. Es war kein Weltuntergang, machte aber eben keinen guten Eindruck. Als nächstes hatte sie ihn aufs Dach gescheucht, damit etwaige undichte Stellen gleich neu gedeckt wurden und auch altes Laub gleich entfernt. „Ich bin Leibwächter, kein Handwerker!“ hatte er sich irgendwann zwischen drin beschwert. „Dafür machst du aber deine Arbeit gut!“ kam es als Entgegnung von Elissa, der es eine helle Freude war den Iberier zu necken.
    Leicht kritisch, aber belustigt beobachtete sie die Stichelei zwischen den beiden Sklaven und fragte sich, ob sich da etwas anbahnte oder aber Elissa es sich zur Aufgabe gemacht hatte Simplex zu ärgern. Oder vielleicht traf auch Beides zu. So genau wollte sie es dann doch nicht wissen. Sollten die Beiden das unter sich aus machen, solange sie darüber nicht ihre Pflichten vernachlässigten. „Wenn du fertig bist, müssen die Riegel an den Türen ausgetauscht werden!“ gab Calvena dem armen Tropf dann auch noch eine weitere Aufgabe. „Ich trete gleich in Streik!“ erklang es. „Glaub ich kaum! Elissa würde dich sonst glatt heute Abend hungern lassen!“ scherzt sie. Sie hatte ein gutes Verhältnis zu ihren Sklaven und sah in ihnen mehr Freunde, als nur Arbeitskräfte. „Hmpf! Weiber!“ Als einziger Kerl im Haushalt hatte er es nun wirklich nicht einfach. Kurz tauschte sie mit Elissa einen amüsierten Blick. Eigentlich wartete sie ja auf ihren Mann, damit sie losgehen konnten, aber Simplex bei der Arbeit zu sehen, war recht witzig. Für den Abend hatte sie sich für ein schlichtes blaues Kleid entschieden und trug dazu die Haare offen.

    Reichlich verdutzt sah sie Corona an. „Ihr wohnt in der Castra? Bei Decimus Livianus? Das ist aber ungewöhnlich. Ich hab gar nicht gewusst, dass die Iulia so gute Beziehungen zu den Decimern haben!“ meinte sie verwundert. Ein wenig beneidete sie Corona, dass diese direkt in der Castra wohnte, aber das Haus der Quintilia hätte sie auch nur ungern gegen eine andere Unterkunft eingetauscht. Zustimmend nickte sie zu dem Kommentar, dass Centho wohl Pläne hatte, denn sonst würden die beiden Frauen bei Verwandten wohnen und nicht bei einem völlig Fremden. „Man könnte meinen, Centho versucht politische Freunde zu gewinnen. Jedenfalls sucht er sich seine Verbündeten nicht unter den Anhängern von Salinator“, einen ganz leicht bitteren Klang bekam ihre Stimme, als sie den PU erwähnte. „Sondern bei den Gegnern. Er sollte vorsichtig sein, Salinator ist recht schnell darin, Männer die ihm gefährlich oder unangenehm werden in ferne Provinzen zu versetzen!“ Damit hatte sie auch indirekt verraten, was sie nach Mogontiacum gebracht hatte. Es wurde dringend Zeit, dass sie Calliphana einen Brief schrieb.


    „Wenn du hier in Mogontiacum versuchen willst Fuß zu fassen, dann helfe ich dir gern dabei. Solltest du aber schon bald zurück nach Rom reisen, dann würde ich dir empfehlen, dass du Aurelius Corvinus noch einmal einen Besuch abstattest und dir dabei Unterstützung von meiner Freundin Iunia Serrana. Sie ist ebenfalls ein Mitglied des Cultus Deorum und kann dir sicherlich weiter helfen und auch ein wenig deiner Nervosität nehmen“, riet sie ihr. Nichts ahnend, dass Serrana wohl eher andere Sorgen und Nöte haben würde, als eine neue Schülerin für den Cultus.


    Kurz musste Calvena grinsen. „Alle Eltern sind irgendwie dickköpfig!“ meinte sie mit einem leichten Zwinkern. Der Sklave von Corona unterbrach sie und deutete an, dass es wohl an der Zeit war sich zu verabschieden. Eigentlich Schade, es hatte gut getan ein vertrautes Gesicht zu treffen. Aber es wollte nicht so sein und es war wohl wirklich besser, wenn die Iulia zurück zu ihrem Gastgeber ging. Nicht das am Ende Soldaten ausrückten um die junge Frau zu suchen. „Valete! Und alles Gute!“ verabschiedete sie sich dann.

    Elissa kannte sie bereits viel zu gut und erkannte auf den ersten Blick, dass die Welt nicht ganz so heil war, wie sie sein sollte. Doch ehe sie der Keltin sich anvertrauen konnte, galt es erst einmal das Gepäck ins Haus zu schaffen und die müden Reisenden etwas zu trinken anzubieten. „Am besten wir räumen das Gepäck ins Haus und dann setzen wir uns erst einmal zusammen. Dann könnt ihr mir berichten, wie eure Reise war!“ meinte sie und ließ die Drei ein. Kurz warf sie Elissa einen Blick zu, der bedeuten sollte: Wir reden später. Calvena war recht froh über diese Ablenkung. „Melina, ich werde dir gleich dein Zimmer zeigen und auch das Bad! Elissa, die Küche ist um Ecke und Simplex, du kannst schon einmal fangen den Wagen abzuladen!“ dirigierte sie die zwei Sklaven und Melina. Nachdem sie Melina gezeigt hatte, wo sie sich ausruhen und frisch machen konnte, überwachte sie erst einmal das abladen und erklärte Simplex wo was hingehörte. Ihre Harfe holte sie selbst vom Wagen und untersuchte das Instrument erst einmal gründlich. Es hatte die Reise unbeschadet überstanden, was ihr ein erleichtertes Lächeln entlockte. Zumindest schien nicht alles in die Brüche zu gehen. Gerade strich sie über eine Saite, als es laut krachte. Simplex hatte glatt eine der schweren Kleidertruhen fallen lassen. Das gab einen Sprung im Marmorboden. „Ups!“ machte der Sklave und grinste schief. „Du darfst die Platte austauschen!“ meinte Calvena darauf etwas genervt. „Es gibt ohnehin noch jede Menge für dich zu tun!“ meinte sie dann. Etwas unverständliches Grummelnd schleppte er die Truhe dann erst mal in Calvenas Zimmer.