Beiträge von Germanica Calvena

    Romaeus versuchte sich seine Angst nicht anmerken zu lassen, aber die strengen Worte Valerians schienen etwas in den Jungen auszulösen. Man konnte förmlich sehen, wie der Knabe nach einem Weg aus dieser Zwangslage suchte. Calvena musste an sich halten um dem Jungen nicht doch einfach zur Hilfe zu eilen. Der Knabe tat ihr nicht nur leid, sie konnte ihn auch ein wenig verstehen. Alles was der Junge an Familie hatte, bestand aus anderen Kindern und einem Halunken, der sie beschützte und ausnutzte. Die Angst das alles ganz plötzlich zu verlieren, versiegelte erst einmal die Lippen.
    Es waren unangenehme Wahrheiten die ihr Mann aussprach um den Jungen zum reden zu bringen. Auch wenn es nicht den Eindruck machte, sie war sich ziemlich sicher, dass Valerian dem Bengel helfen wollte. So konnte es jedenfalls nicht weiter gehen, wer wusste denn, wann Romaeus in das nächste Haus einbrach nur um seinem Beschützer die Beute dann zu bringen. Wobei es wohl viel schlimmer kommen würde, schließlich hatten sie ihn erwischt und das war ein unverzeihlicher Fehler in solchen Kreisen. Denn mit Sicherheit würde man in dem Jungen als eine Gefahr sehen und deshalb aus dem Weg räumen. Diese Gedanke jagte ihr einen kurzen Schauer über den Rücken. Er war noch ein Kind und sie hoffte, dass der Junge anfing zu reden, damit er die Möglichkeit hatte aus diesem Verbrechersumpf heraus zu kommen, ehe es ihm das Leben kostete.


    Während der Knabe sich nun erst einmal erleichterte und wohl seine Lage in kurzer Einsamkeit überdachte. Dies gab auch den Erwachsenen kurz einen Augenblick Zeit um selbst kurz durchzuatmen. Ihr gefiel die ganze Situation gar nicht, sah aber ein, dass Valerian nicht nachgeben durfte, denn sonst würde das Ende sie wohl alle drei nicht mehr ruhig schlafen lassen.
    Der Junge kam wieder raus und drückte sich gegen die Wand, halt suchend. Der kleine Kerl tat ihr wirklich Leid und sie hätte ihn am liebsten in den Arm genommen und gesagt, dass alles gut wird. Das was er ihnen dann erzählte ließ, war im Grunde das, was sie bereits vermutet hatten. Es gab eine Bande und einen Anführer der die Kinder für seine Zwecke missbrauchte und wohl mit Gewalt sie zu Gehorsam zwang.


    „Wenn du uns alles erzählst, werden wir zusehen, was sich für deine Freunde machen lässt“, mischte sie sich schließlich doch noch ein. Sie konnte einfach nicht anders.

    Es schien sie viel mehr Überwindung zu kosten dieses Opfer durchzuführen, als sonst. Etwas womit sie sonst sich täglich beschäftigte fiel ihr auf einmal furchtbar schwer. Auch Furcht, dass das Opfer nicht das Ergebnis bringen würde, dass sie sich erhoffte. Eine ganze Weile stand sie einfach nur unentschlossen da und betrachtete die Statuen.


    | Aedituus
    „Ähem!“ räusperte sich jemand hinter ihr und holte sie somit aus ihrer Betrachtung von Iunos Abbild. Verlegen drehte sie sich um und brachte tatsächlich ein freundliches Lächeln zustande, als sie einem anderen Aedituus gegenüber stand. „Salve!“ grüßte sie den Mann mittleren Alters. „Kann ich dir behilflich sein?“ fragte beflissentlich. Kurz zögerte sie, eigentlich hatte sie das Opfer selbst durchführen wollen, weil sie fand, dass es so richtig war, besonders bei einer solch persönlichen Sache und weil es so viel von diesem Opfer abhing. Aber es war wohl besser, wenn sie es jemand anderem überließ, im Augenblick war sie zu durcheinander und aufgeregt und würde wohl nur Fehler machen. Erst etwas zögerlich, dann entschlossener nickte sie. „Ich würde gern ein Opfer für Iuno darbringen. Für eine Freundin. Ich kann derzeit nicht bei ihr sein und würde gern auf diesem Wege ihr ein wenig beistehen“, erklärte sie dann. Der Mann betrachtete sie kurz nachdenklich und nickte dann. „Es wird einen Moment dauern um das Opfer vorzubereiten. Begleite doch einen der Ministri und wähle dann ein geeignetes Opfertier aus!“ Ein Junge, an der Schwelle zu Mann eilte auf den Wink des Mannes herbei und führte Calvena erst einmal zu den Wirtschaftsgebäuden des Tempels.
    Eingepfercht in einen Stall warteten kleine weiße Zicklein darauf ein Geschenk der Götter zu werden. Auf den ersten Blick sahen sie alle gleich aus. Große schwarze Augen, schneeweißes Fell und kleine Hörner. Scheinbar ohne jeglichen Makel.
    Eigentlich war sie sich sonst immer sicher, was sie wollte, doch heute war alles anders. Unentschlossen sah sie von einem Tier zum anderen und wusste nicht, welches das Richtige war. Ihre Gedanken kreisten noch immer um die schlechten Nachrichten und sie war wirklich nicht bei der Sache. Hatte dieses Opfer nicht einmal richtig durchdacht, sondern war einfach nur zum Tempel gegangen, weil sie irgend etwas tun musste. Es war ihr als Einziges sinnvoll erschienen Iuno um Beistand zu bitten.
    Weil sie eine Entscheidung treffen musste, wählte sie schließlich ein Zicklein aus, dass gerade an ihrer Pala herum knabbern wollte. Ob es die richtige Entscheidung gewesen war, konnte sie nicht sagen, irgendwie hatte sie für den Moment sogar jegliche Intuition verlassen. Immer noch war ihr ganz flau in der Magengegend. Die Nachricht über Serranas baldigen Tod konnte sie nicht wirklich verkraften. Calvena kam nicht auf den Gedanken, dass dies Unwohlsein vielleicht auch einen anderen Grund noch haben könnte.


    Die Abläufe in den Tempel waren alle gleich und dass tägliche Brot der Priester, dass die Vorbereitungen recht schnell abgeschlossen waren und Calvena sich wenig später wieder im Tempel vor Iunos Abbild wiederfand. Das Voropfer würde sie selbst machen, dafür hatte sie Weihrauch, Wein, Obst und Gebäck aus den Vorräten des Tempels gekauft. Ihr Entschluss ein Opfer zu bringen, war so spontan gewesen, dass sie nicht einmal einen Umweg über den Marktplatz gemacht hatte. Ein wenig bereute sie es, so gedankenlos gehandelt zu haben. Noch konnte sie das Ganze auch abbrechen und an einem anderen Tage durchführen. Dann wenn sie soweit war. Aber sie hatte das Gefühl, dass es so wichtig war, dass sie dieses Opfer jetzt und hier machen musste. Kurz schloss sie die Augen und atmete tief durch. Das half ihr meist die Gedanken zu ordnen, aber heute blieb die Ruhe aus, da war nur Nervosität und Anspannung.


    Knisternd verbrannte das Weihrauch in den glühenden Kohlen, Rauchschwaden ringelten sich durch den Tempel und erfüllten den Raum mit süßlich schwerem Geruch. Zuerst goss sie den roten Wein in eine der silbernen Schalen. „Oh große Iuno Regina, bitte nimm dieses Opfer an und erhöre die Bitte deiner Tochter Germanica Calvena!“ begann sie mit klarer Stimme. Sie stellte nun das Obst auf den kleinen Altar vor der Statue und auch das Gebäck. „Oh große Iuno Lucina! Ich bitte Dich, beschütze meine Freundin Iunia Serrana. Halte Deine schützenden Hände über Deine Tochter. Begleite sie durch diese schwere Zeit! “ Es war eine Bitte die von Herzen kam und doch schien sie nicht die richtigen Worte zu finden. Mit einer Rechtsdrehung beendete sie das Voropfer und machte dann eine kleine Geste. Nun sollte das Zicklein noch sein Leben aushauchen.
    Auf dem Vorplatz sprach der Aedituus salbungsvolle Worte bevor er dem Tier die Kehle durchschnitt und das helle Blut aufgefangen wurde.
    Mit bangem Herzen verfolgte sie wie dann der Brustkorb geöffnet wurde und die vitalia in eine Schüssel gelegt wurden um sie zu lesen.
    Diesen Moment eines Opfer fürchtete sie am meisten. Es war der Moment der Wahrheit, denn wenn Iuno das Opfer nicht annehmen wollte, dann zeigte sie dies meist deutlich durch hässliche schwarze Blasen in dem sonst so makellosen hellen Eingeweiden.
    Der Mann drückte, quetschte, drehte und untersuchte die vitalia mit geübten Fingern und fachkundigem Auge. Die Erfahrung sprach aus seinen Bewegungen. Schließlich wandte er sich mit rastloser Miene an sie. „Das ist mir noch nie passiert“, meinte er zu ihr und wusch sich die Hände in einer Schüssel. „Es ist so nichtssagend. Ich konnte kein Zeichen der Göttin finden! Ich fürchte du wirst einen anderen Zeitpunkt wählen müssen um das Opfer noch einmal durchzuführen!“ erklärte er ihr. Das Opfer war nicht angenommen worden. Calvena fühlte den Mut sinken. „Ich danke dir!“ Nicht gerade mit erleichtertem Herzen trat sie wieder den Heimweg an.

    Die letzten Tage hatte sie ganz schön an den schlechten Nachrichten aus Rom geknabbert und sich den Kopf darüber zerbrochen, was sie ihren Freundinnen zurück schrieb. Mit Valentina hatte sie nicht über ihre Sorgen geredet. Sie mochte ihre Schwägerin, aber da Romana um Stillschweigen gebeten hatte, war es nicht so einfach sich jemandem anzuvertrauen. Die letzten tage hatte sie furchtbar geschlafen und sich ständig den Kopf zerbrochen. Recht rastlos hatte sie sich einigen kleinen Aufgaben gewidmet. Gerade saß sie im Garten und versuchte einen Brief zu formulieren, als sie eine recht vertraute Stimme rufen hörte. Calvenas Kopf ruckte hoch, eine gewisse Erleichterung machte sich in ihr breit, vertrieb aber nicht die düsteren Gedanken. Elissa, Simplex und Melina waren endlich angekommen. In der ganzen Aufregung hatte sie doch glatt vergessen sich um die drei Sorgen zu machen.
    Kurzerhand legte sie die feder bei Seite und öffnete die Tür. Ein kurzes Lächeln huschte über ihre Züge. „Schön euch zu sehen“, begrüßte sie die Drei erst einmal und ließ sie ein. „Wie war die Reise?“ fragte sie in die Runde.

    „Wo genau bist du aufgewachsen?“ fragte Calvena dann nach. Ihre Neugierde war geweckt. Sie selbst war ja in Germanien geboren, aber hatte das Land nie als Heimat angesehen. Für sie war im Grunde jeder neue Ort so etwas wie zu Hause gewesen, schließlich war sie immer unterwegs gewesen in ihrer Kindheit. Reisen war für sie Alltag gewesen und im Grunde fühlte sie sich auch ein wenig wohler, wenn sie nicht immer nur an einem Fleck war. Corona schien sich hingegen nicht so wohl zu fühlen. „Mit der Zeit wirst du dich sicherlich besser zu Recht finden“, meinte sie mit sanftem Lächeln und hoffte, dass die Iulia nun auf andere Gedanken kam. „Wir können ja gemeinsam die Stadt erkunden. Ich glaub kaum, dass wir uns verlaufen werden. Ist ja nicht Rom!“ scherzte sie dann ein wenig.


    Als Corona von den Schwierigkeiten mit Aurelius Corvinus berichtete, machte Calvena ein verwundertes Gesicht. Sie kannte ja den Aurelier und hatte bisher keine Probleme mit diesem gehabt. Der Pontifex war bei ihrer Opferprüfung dabei gewesen. „Ich habe Aurelius Corvinus eigentlich als freundlichen Mann kennen gelernt. Und auch, dass er sich gern den Schülern des Cultus annimmt. Aber so gut kenne ich ihn nun auch nicht. Ich bin direkt auf Tiberius Durus zugegangen!“ erzählte sie dann nachdenklich. „Am Besten ist es du redest wirklich einmal mit Duccius Verus und erzählst ihm auch von dem Gespräch mit Corvinus. Es wird sich schon eine Lösung finden und ich helfe dir gern!“


    Corona war hin und her gerissen, dass konnte man sehen. Die Sorge um ihre eigene Mutter und dann auch noch die Verpflichtung gegenüber der Familie. Es war nicht immer leicht zu wissen was das Richtige war und dann auch noch die passende Entscheidung zu treffen. „Centho wird sich gut um sie kümmern!“

    Es gab schlechte Nachrichten und katastrophal schlechte Nachrichten und dazu zählte eindeutig dieser zweite Brief. Diese wenigen Zeilen reichten aus um ihr glatt den Boden unter den Füßen weg zu ziehen. Diese Nachricht war einfach nur furchtbar und sie konnte sich gar nicht vorstellen, dass die Welt so verdammt ungerecht war. Serrana war ihre beste Freundin, eigentlich sogar mehr. Sie hatte die Iunia unglaublich gern und war irgendwie so etwas wie eine Schwester. Ihr konnte sie alles anvertrauen und die Vorstellung diese wertvolle Freundin zu verlieren, brachte sie völlig aus der Fassung.
    Ausgerechnet jetzt war sie viele hundert Meilen von Rom entfernt, konnte weder mit Romana noch mit Serrana reden und ihnen beistehen.
    Nun brachen die Tränen ihren Damm und sie vergrub schluchzend das Gesicht in den Händen. Calvena fühlte sich so schrecklich hilflos. Es war so ungerecht, wie konnten die Götter dies nur zu lassen? Laut schniefte sie und sah sich mit verschwommenem Blick im Garten um. Vielleicht gab es noch eine Möglichkeit dieses Unglück abzuwenden. Ein Funken Hoffnung, nicht mehr, denn die Götter konnten launische Geschöpfe sein. Sie war schließlich Priesterin und ein Opfer darzubringen konnte nicht schaden. Es war im Augenblick alles, was sie aus der ferne ausrichten konnten. Entschlossen wischte sie die Tränenspuren fort und strebte dann zielsicher zu den Tempeln der Stadt.

    Imposant erhob sich der strahlend weiße Marmorbau der kapitolinischen Trias. Acht Säulen trugen das beeindruckend kunstvoll gestaltete Vordach und zeugten von der menschlichen Kunstfertigkeit. Einen Augenblick lang nahm sie diesen Eindruck von Ewigkeit in sich auf. Dieses Gebäude würde viele Generationen überdauern und hatte bereits viele Priester gesehen.
    Ein leichter Sommerwind zupfte an ihrer weißen Pala, während sie sich die Sandalen von den Füßen streifte. Es war nicht ihr erstes Opfer, aber es war wohl für sie das Wichtigste. Hier ging es nicht um eine Prüfung, hier ging es um das Schicksal ihrer Freundin. Sie hatte die schwache Hoffnung ein Unglück abzuwenden.
    Bedächtig trat sie an das Wasserbecken im Vorraum heran und wusch sich Hände und Unterarme. Nur leise murmelte sie dabei die rituellen Worte, denn das Herz schlug ihr bis zum Hals. Nervös war kein Ausdruck, sie war angespannt, beunruhigt und auch irgendwie ängstlich. Sie wollte einfach die Wahrheit nicht glauben und hoffte, dass sie mit einem Opfer vielleicht etwas ändern konnte. Iuno hatte sie sich verschrieben und glaubte fest daran, dass diese über jede Frau ihre schützende Hand hielt. Da Serrana sogar bald Mutter werden würde, war Iuno genau die Göttin, an die sich in ihrem Kummer wenden wollte. Romana hatte sie zwar um Stillschweigen gebeten, aber sich an die Götter zu wenden, würde dieses Versprechen nicht antasten.
    Kurz atmete sie tief durch, versuchte sich zu beruhigen und trat dann vor das Abbild der drei Götter. In der Mitte thronte mit weiser Miene Iupiter, den Blitz, das Zeichen seiner Macht in der Hand haltend. Links blickte Minerva auf die Bittsteller hinab und rechts neben dem Göttervater war Iuno. Eine ganze weile betrachtete sie die drei Abbildung und versuchte sich innerlich für das Opfer zu wappnen. Was wäre, wenn das Opfer nicht angenommen würde? Was wäre, wenn sie nur alles noch schlimmer machte? Wieder spürte sie Tränen in sich aufsteigen, kämpfte diese aber nieder. Es konnte nicht noch schlimmer werden, sie würde eine gute Freundin verlieren. Doch konnte sie die Zweifel nicht abschütteln.

    Wirklich eingeschüchtert wirkte der Junge nicht, eher trotzig und auch frech stellte er sich ihrem Mann entgegen. Also musste es jemanden geben vor dem der Junge noch mehr Angst hatte, als vor einem Soldaten. Kritisch musterte sie den Knaben, abgerissen, abgemagert und vermutlich gehörte er irgendeiner Bande an die ihn angestiftet hatte. Ein wenig Mitleid hatte sie mit dem Knirps schon, ausgeliefert irgendwelchen Halunken, die sich mit Gewalt Gehorsam bei Waisen verschafften. Und da sollte noch einmal behaupte, sie hätte eine zweifelhafte Vergangenheit. Wenigstens hatte sie eine Familie gehabt, die immer auf sie Acht gegeben hatte. Es war zwar kein beständiges Leben gewesen, aber dafür hatte sie mehr Freiheiten gehabt, wie viele andere. Ein wenig konnte sie ja den Jungen verstehen und hätte ihn wohl doch über kurz oder lang laufen gelassen, hätte sie nicht Valerian geholt. Es war einfach besser, dass er sich diesem Problem annahm, als wenn sie und Valentina allein nach einer Lösung gesucht hätten.
    Ein wenig war es schon beeindruckend wie der Junge sich einfach stur stellte und nur widerwillig mit einsilbigen Antworten rausrückte. Nichtssagend und reichlich ausweichend.
    Calvena war sich ziemlich sicher, dass ihr Mann im Notfall Mittel und Wege kannte den Jungen doch noch zum sprechen zu bewegen, aber er war ja noch ein Kind und vermutlich reichlich eingeschüchtert von demjenigen der den Jungen losgeschickt hatte.

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    Simplex, Servus


    War Elissa etwa krank? Jedenfalls schien sie einmal nicht spitze Kommentare von sich zu geben, sondern fragte höflich nach, was er denn von ihr wollte. Reichlich verwundert sah er zu ihr hinüber und wollte seinen Ohren nicht trauen. Frauen! Aus den soll man schlau werden!, dachte er bei sich. „Willst du auch was?“ wiederholte er seine Frage und deutete auf die Vorräte die bereits zur Hälfte von der Quintilia verputzt worden waren. Noch hatte das Mädchen Glück, erst in einigen Jahren würden solche Ess-Orgien wohl auf deren Figur schlagen. Wobei er das Gefühl hatte, Melina sei nicht ganz so eitel, wie sonst alle anderen Römerinnen. Diese Römerinnen konnten regelrecht fanatisch werden, wenn es um das Aussehen ging. Was sie nicht alles dafür taten: hungern, zupfen, schminken und weitere unzählige Prozeduren ließen sie über sich ergehen.
    Der Wagen wakelte, als Melina wieder drauf sprang und meinte, es könne wieder weiter gehen. Kurz war der Gedanke, Elissa zurück zu lassen, recht verlockend, aber dann gewann das Pflichtbewustsein. Er würde warten bis die Keltin auch soweit war.

    In der ganzen Aufregung, hatte sie tatsächlich nicht danach gefragt, wie der Bursche hieß. Sie waren einfach zu überrascht und erschrocken gewesen über diesen nächtlichen Besucher. Da war ihr dieses kleine Detail nicht wichtig gewesen. Viel wichtiger war es gewesen, was sie denn mit diesem Eindringling machten, der in das Haus eingestiegen war.


    Ebenso wie ihr Mann rümpfte sie die Nase. Der Bengel hatte es wirklich faustdick hinter den Ohren. Sie fand es überhaupt nicht witzig, dass der Junge sich wohl in einer Ecke erleichtert hatte. Ein bisschen schlechtes Gewissen verspürte sie schon, schließlich hatten sie den Jungen einfach eingesperrt und sich keine Gedanken dazu gemacht, was der Junge tun sollte, wenn er mal musste. Aber nun war es zu spät, der Junge würde so oder so die Konsequenzen für sein Verhalten tragen müssen. In erster Linie, dass er eingebrochen war.

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    Simplex, Servus


    Kein Wein... das war eine Katastrophe, wie sollte er die Weiber den restlichen Weg ertragen? Simplex seufzte tief, konnte sich aber nicht lange in seinem Selbstmitleid suhlen. Lange Ruhe gönnte Melina ihm nicht. Kurz überlegte er ihr zu sagen, sie könne sich doch den Kram selbst suchen, aber sie war die Herrin und er der Sklave. Mit einem unverständlichen Grummeln kletterte in den Wagen hinein. Einen Augenblick später hielt er Melina ein Stück Käse, Brot und lukanische Würste unter die Nase. „Hey! Willst du auch was Elissa?“ fragte er die Keltin, die Abseits stand und einen traurigen Dackelblick hatte. Was die wohl hatte? Konnte ihm eigentlich egal sein, solange sie einmal nicht gleich wieder stichelte

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    Simplex, Servus


    Es schien als meinten es die Götter gnädig mit ihm. Beide Frauemn waren so erleichtert vom Wagen klettern zu dürfen, dass sie ihn nicht weiter nervten. Weiber! ging es ihm durch den Kopf. Entdecker sie redeten ununterbrochen, oder waren den ganzen Tag zickig. Anstatt sich dann untereinander das Leben schwer zu machen, nahmen sie ihn immer wieder aufs Korn. Unterwegs war er tatsächlich mehrmals versucht gewesen, Elissa einfach vom Wagen zu schuppsen. Die freche Keltin konnte ihm ganz gehörig zusetzen. Melina war auch nicht besser, jedenfalls aus seiner Sicht. Erst hatte das Mädchen unbedingt mitkommen wollen und dann beschwerte sie sich immer wieder und wieder. Hatte sie etwa gedacht, dass diese Reise spannend werden würde? Das sie wilden Barbarenstämmen begegnen würden und um ihr Leben kämpfen mussten? Das wäre nun wirklich dumm gewesen, schließlich patrouillierten jede Menge Soldaten an den Straßen entlang.
    Herzhaft gähnte er und griff dann nach dem Beutel mit dem Vorräten. Sicherlich war im Weinschlauch noch etwas drin. Zu seinem Pech, war der Schlauch verschwunden.

    Calvena ließ den Blick schweifen und nickte zufrieden. Valentina hatte den Garten schon immer liebevoll gepflegt, aber in ihrer Abwesenheit hatte das Unkraut einige Beete erobert. Da sie noch nicht wirklich wusste, was sie mit sich anstellen sollte, hatte sie sich dem Garten angenommen und zumindest die Pflanzen entfernt, von denen sie ausging, dass sie nicht erwünscht waren. So gut kannte sie sich nun auch nicht mit diesen Dingen aus. Alles was nach Blumen aussah, hatte sie stehen gelassen, hoffentlich würde Valentina nicht wütend werden, sollte sie doch die ein oder andere Nutz- oder Ziehpflanze entfernt haben. Jedenfalls sah der Garten nun wieder etwas gepflegter aus. Gerade, als sie sich die Hände gewaschen hatte und eine kleine Erfrischung gegönnt hatte, klopfte es und Briefe wurden abgegeben. Den Brief für Melina legte sie bei Seite, war aber über den Absender etwas verwundert. Bei Gelegenheit würde sie einmal die Quintilia danach fragen, wann sie sich mit ihrem Verwandten angefreundet hatte. An sich hatte sich nichts dagegen, denn Melina brauchte dringend Freunde die nicht ganz so ungestüm waren, aber es verwunderte sie dann doch schon.
    Die anderen Briefe waren an sie selbst adressiert und von Romana. Endlich Neuigkeiten aus Rom. Mit einer gewissen Freude erbrach sie das erste Siegel und entrollte das Schriftstück.
    Romana hatte ihre Priesterprüfung abgelegt, das waren natürlich Neuigkeiten, die sie freuten. Die Claudia hatte es verdient und es gab keine glühend Anhängerin der Vesta. Sicher hin und wieder übertrieb es ihre Freundin ein wenig, so dass es schon fast an Fanatismus grenzte, aber Romana war glücklich und das war das wichtigste. Leider gab es auch in dieser Hinsicht einen Schatten, der dies trübte. Romana hatte sich ausgerechnet in ihren Onkel Sedulus verliebt. Kurz seufzte sie und vertrieb diesen Gedanken. Aber anscheinend hatte sie den Kummer etwas mildern können, indem sie Serrana zu der Claudia geschickt hatte. Es klang ganz danach, als hätten die Beiden sich erneut angefreundet und Romana verdrängt, was sie empfand. Ein leichtes Lächeln legte sich dabei auf ihre Züge. Das war gut, fand sie jedenfalls.
    Die nächsten Zeilen ließ sie dann große Augen machen. Es war nur eine Vermutung gewesen, aber anscheinend hatte sie doch recht gehabt. Serrana war schwanger. Das waren nun wirklich wunderbare Nachrichten. Da musste sie der Iunia sofort auch noch einen Brief schreiben.
    Doch den nächsten Absatz musste sie gleich mehrmals lesen. Romana war bei bei Salinator gewesen. Sie hatte immer das Gefühl gehabt, dass die Claudia einfach nicht mit Valerian warm wurde, aber dieser Akt der Selbstlosigkeit überraschte sie über die maßen. Das Vescularius gegenüber einer Vestalin keinen Respekt zeigte, hatte sie bereits vermutet und bestätigte sie nur in der Meinung, dass dieser Mann ein aufgeblasener Wichtigtuer war. Und gefährlich obendrein, weil er Macht besaß und diese auch Willkürlich durchsetzte. Valerian würden sicherlich vor Überraschung die Augen übergehen, wenn sie ihm das erzählte.
    Sogar beim Imperator wollte sie sich für ihren Mann einsetzten! Für einen Moment starrte sie fassungslos den Brief an. Und auch Prudentius Balbus wurde nun aktiv. Das waren wirklich gute Nachrichten. Das Romana dies alles tat um sie wieder nach Rom zurück zu holen, war ihr für den Moment nicht bewusst. Calvena sah für diesen Moment nur die Unterstützung die Valerian in dieser Hinsicht zu Teil kam. Es waren gute Nachrichten und sie hoben ihre Stimmung schlagartig. Wie sehr sie doch die große Vestalin vermisste. Romana war ein Goldstück.


    Zügig nahm sie die zweite Schriftrolle zur Hand. Was wohl ihre Freundin ihr noch geschrieben hatte? Eine Kopie des Briefes an den Kaiser? Eilig entrollte sie das Schriftstück und überflog den Inhalt. Das Lächeln schwand und die Hochstimmung war schlagartig verschwunden. Obwohl es Hochsommer war, fröstelte sie auf einmal und es schien, als lägen Steine in ihrem Magen. Das Gefühl, dass sie sofort zurück nach Rom musste, schien sie plötzlich zu überkommen. Beunruhigt stand sie auf und lief angespannt durch den Garten, ehe sie es ein weiteres Mal wagte den Brief zu lesen.
    Sie wollte es einfach nicht wahrhaben. Aber Romana gehörte nicht zu den Menschen, die anderen Leid wünschten. Kurz unterstellte sie ihrer Freundin sogar, dass es ihre Schuld war, dass die Haruspizen so schlecht verlaufen waren. Weil die Claudia eben den selben Mann liebte wie Serrana. Aber so etwas niederträchtiges Lag nicht im Wesen ihrer Freundin. Sie redete sich das nur ein, weil sie sich für den Moment so hilflos fühlte. Sie konnte rein gar nichts ändern, auch niemandem beistehen aus dieser Entfernung.
    Sie war froh im Augenblick allein zu sein. Calvena war getroffen und auch irgendwie verzweifelt. Am liebsten hätte sie sofort ihre Sachen gepackt. Aber sie wollte nicht weg von Valerian. Sie fühlte sich furchtbar entzwei gerissen. Calvena vergrub das Gesicht in den Händen und spürte Tränen in den Augen brennen. Gerade jetzt wo ihre Freundinnen sie brauchten, war sie nicht da und wenn sie Pech hatte würde sie nicht einmal mehr die Gelegenheit haben um mit Serrana noch mal zu reden. Das war furchtbar! Ausgerechnet Serrana! So etwas ungerechtes....


    Eine ganze Weile saß sie nur wie versteinert da und wusste einfach nicht, was sie nun tun sollte.

    „Es kam recht überraschend. Aber im Grunde bin ich froh aus Rom heraus zu kommen. Im Sommer ist die Stadt ein richtiger Glühofen. Viele Familien ergreifen ja über die Sommermonate die Flucht und ziehen sich aufs Land zurück! Du bist hier also aufgewachsen? Dann kannst du mir sicher die Stadt zeigen“, schlug sie gut gelaunt vor. Zwar fand sie sich bereits zurecht, aber noch kannte sie nicht alle Straßen und Ecken. Zumindest würde sie sich nicht wie in Rom verlaufen.


    „Aelius Archias? Der ist mit Iunia Axilla verheiratet, die Cousine von meiner Freundin Serrana. Ich hab ihn kurz kennen gelernt, da war er gerade aus Alexandrien zurück gekommen“, meinte sie nachdenklich. An sich war er ein netter Kerl, aber sie konnte sich noch gut an die Szene bei dem Festmahl zur Hochzeit von Septima erinnern. Da hatte der Aelier Streit gehabt mit jemandem anderes. Wer das genau gewesen war, konnte sie sich nicht erinnern. Nur dass Axilla damals mit diesem in Begleitung erschienen war. Ob da Eifersucht im Spiel gewesen war? „Es ist schwierig Anschluss zu finden, wenn man noch fremd ist. Ich hab auch eine Weile gebraucht um Freundinnen zu finden!“


    „Du willst in den Cultus Deorum? Das finde ich gut, wir können neue Schüler gebrauchen. Wenn du es immer noch möchtest, dann wende dich an Duccius Verus, er ist der zuständige Pontifex. Wenn du willst begleite ich dich gern. Das mit Caras Mutter tut mir Leid. Ich hoffe es geht ihr bald besser. Sei Centho nicht böse, er macht sich eben Sorgen und Cara hätte auch nicht allein reisen sollen. Ich bin mir sicher du wirst noch Fuß fassen können. Du kannst sicherlich hier in Mogontiacum anfangen und dann in Roma weiter machen.“

    Sim-Off:

    Entschuldige bitte, dass du solange warten musstest... RL kann furchtbar stressig sein



    Es war mehr eine rhetorische Frage gewesen, sie war sich bewusst, welche Kulturen in dieser Stadt aufeinander trafen. Es schien aber kaum Konflikte zu geben, man hatte sich mit einander arrangiert und auch ein wenig angepasst. „Ich werde mich sicherlich zurecht finden.“ Das die Duccii eine germanische Familie mit römischen Bürgerrechten war, wusste sie. Valerian hatte ihr das ja erzählt und auch, dass er freundschaftliche Beziehungen hegte. Bisher hatte sie noch keine Gelegenheit gehabt diese Gens kennen zu lernen.

    @ Ursus *knuddelz*


    @Topic kann leider nicht dabei sein. Hoffe aber das ich ein paar Fotos zu sehen bekomme *zuaeliaschiel* Ansonsten wünsche ich euch jede Menge Spaß und würde mich freuen, wenn es sich noch mal ein 'spontan'-Treffen irgendwie umsetzen lässt. War ja ganz lustig 8)

    Für Valerian war es sicherlich ein leichtes seine Frau und seine Schwester zu durchschauen. Die ganze Geschichte hatten sie etwas herunter gespielt um nicht unnötige Besorgnis zu erregen. Aber sicherlich machte er sich jetzt so seine Gedanken, allein die Tatsache dass eingebrochen worden war, war nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
    „Nein hat er nicht und wir haben auch nicht danach gefragt!“ antwortete sie ihm dann.

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    Simplex, Servus


    Die Straße auf der sie unterwegs waren, war nicht wirklich die Beste. Immer wieder gab es Schlaglöcher und durch genau so eines holperte der Wagen nun. Dabei wurden alle ordentlich durchgeschüttelt. Das Melina genervt war von den beiden Sklaven entging ihm nicht. Aber das Mädchen war auch nicht gerade eine ausgeburt an guter Laune. Dabei hatte diese ja unbedingt mitkommen wollen.
    Das sich Melina den Kopf stieß, war keine Absicht gewesen, aber gab ihm ein gewisses Gefühl der Genugtuung. Diese beiden Frauen gingen ihm gehörig auf die Nerven. Melina war zickig und Elissa neckte ihn immer zu. Er brummte nur zur Antwort und lenkte den Wagen an den Straßenrand. „Aber nicht weg laufen!“ meinte er dann zu beiden und streckte sich kurzerhand auf dem Kutschbock aus. Sollten die Frauen doch herum laufen. Er würde den Augenblick der Ruhe genießen.

    Das Thema passt grad so schön und ich hoffe es stört dich nicht Lando:


    Hallo Leute,


    heute mal in persönlicher Sache: http://www.spastikerhilfe-berlin-eg.de/ <- schaut es doch einfach mal an. Ich unterstütze solche Projekte von Herzen, weil mein bester Freund körperlich behindert ist. Er hat jetzt da ein Praktikum erhalten, was mich riesig freut. Es wäre schön, wenn das Projekt etwas bekannter werden könnte.


    Lieben Gruß,
    Calvena

    Ein ganz dickes Entschuldigung die jetzt auf mich gewartet haben. Ich lag die letzten Tage flach. Migräne! :( Ich hab nicht mal mitlesen können und wollte auch nichts halbgares posten. Ich werd versuchen jetzt am WE alles aufzuholen.