Beiträge von Germanica Calvena

    Die Straßen Roms summten wie in einem Bienenstock, fast alle drängten Richtung Circus um sich das Wagenrennen anzusehen. Wenn man nicht aufpasste dann konnte man zwischen die Fronten von Factio-Anhänger geraten die sich munter prügelten. Schon einige Straßen vor dem Circus war kein durchkommen mehr mit der Sänfte, als waren sie ausgestiegen und das letzte Stückchen zu Fuß gegangen. Verfolgt und umringt von aufmerksamen Sklaven um sie vor Schaden zu bewahren. Begleitet wurde sie von Serrana und Sedulus. Eigentlich hatte sie sich ja ihnen angeschlossen, aber es war wie so häufig, die beiden jungen Frauen steckten eifrig die Köpfe zusammen, während der Senator nur eines tun konnte, nämlich ihnen folgen. Es gab eigentlich auch nicht viele Themen die die Freundinnen erläuterten, da waren die Vorbereitungen zur Hochzeit –Beide waren sie total nervös, in wenigen Tagen war es soweit-, Laevina, das Rennen und dann eigentlich nur noch die Hochzeit. Jedenfalls lernte ihr Onkel in diesem Moment das die Freundschaft zwischen zwei Frauen, auf der Prioritätenliste noch vor dem eigenen Verlobten stand, zumindest für den Augenblick. Beide trugen sie blaue Kleider und je näher sie dem Südeingang kamen, desto weniger fielen sie auf, denn Rund um sie herum trugen nun alle blau. Wobei der ein oder andere Mann, sich lieber blau angemalt hatte und auf Kleidung verzichtet hatte. Etwas irritiert sah sie einem solchen, etwas fülligem Kerl nach, nur mit einem Lendenschurz bekleidet und laut johlend Veneta rufend. Sie stupste Serrana an und kicherte.
    „Hast du den gesehen?“ fragte sie und wusste die Antwort bereits, Serrana war mal wieder vor Verlegenheit rot angelaufen. Calvena lachte, denn nun zog eine Horde junger Männer an ihnen vorbei, ebenso nur halb bekleidet und auf den Bäuchen jeweils ein Buchstabe der Veneta. Sie wusste nichts von den Plänen ihrer Freundin sich mit Axilla und Archias zu treffen.

    Wenn man so Laevina beobachtete, dann konnte man schon ein sehr ungutes Gefühl bekommen. Die Alte sah für einen Moment so aus, als wolle sie irgendetwas zertrümmern oder zumindest jemanden anfahren, nur um ihrem Zorn Luft zu machen. Worauf sich dieser Zorn bezog? Kurz glaubte sie, dass die Bitte Serranas abgeschmettert werden würde, woher sollte sie auch wissen, dass Laevina so eben an die Hochzeit ihrer Tochter dachte. Das Schweigen zwischen ihnen war ziemlich unangenehm. Leise atmete sie auf, als dann die Alte etwas ruppig auf die Bitte einging. Anscheinend wurde der Bote doch nicht für den Vermittlungsversuch nieder gemacht.
    „Ich werde es ihr ausrichten“, versprach sie. Na das konnte ja was werden, wenn Serrana und Laevina wieder unter einem Dach leben würde. Die nächste Ankündigung verschlug ihr dann kurz die Sprache. Da sollte ihnen doch die alte Vogelscheuche von Sklavin helfen. Sie zweifelte nicht an deren Erfahrung, sondern eher daran dass diese dann alles an Laevina weiter geben würde, was die Bräute sich so erzählten. Da sie aber nicht wusste wie sie das großzügige Angebot ablehnen sollte, würden sie wohl darauf achten müssen, über was sie sich unterhielten. „Das ist nett von dir“, sagte sie diplomatisch.


    „Mach dir wegen des Empfangs keine Sorgen. Es wird unserer beider Familien zu Ehre gereichen.“ Laevina hatte ihren Unmut über den Iuniern ja Luft gemacht. Da konnte sie nicht viel sagen und zustimmen wollte sie nicht.

    Wie hätte sie auch ahnen können was ihre Freundin so sehr beschäftigte. Eine Glaubenskrise war doch etwas anderes, wie eine junge Frau die unglücklich verliebt war. Nicht nur weil diese eben Vestalin war, sondern auch weil ausgerechnet dieser Mann jetzt eine ihrer Freundin heiraten würde. Calvena verschlug es die Sprache, als Romana ihrer Verzweiflung Luft machte und ihr gestand was in ihr vorging. Schon wieder eines dieser brisanten Geheimnisse von denen sie nicht wusste wie sie damit umgehen sollte. Schweigend saß sie erst einmal da und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Es war ein tiefes Schweigen, in das die Freundin viel hinein lesen konnte, doch eigentlich nichts anderes war, als die Suche nach einer Lösung und nach aufbauenden Worten. Viele Dinge die ihr in den Sinn kamen, klangen selbst in ihren Ohren abgedroschen und unehrlich. Sie konnte Romana ansehen, dass diese alle Hoffnungen in ihre Antwort legte, dass sie glaubte, sie hätte die Lösung. Sie wollte diese Hoffnung nicht enttäuschen, aber sie war ratlos. Die Liebe konnte mitunter äußerst Hinterhältig sein, nicht nur Romana war dafür ein Beispiel, sondern auch Octavius Macer und Tiberia Septima. Wieder zwei Menschen die wohl niemals zueinander finden würden, weil etwas zwischen ihnen stand. Ausgerechnet jetzt befand sie sich eigentlich bei dem Empfang nach Septimas Hochzeit. Es war alles so kompliziert. Liebe konnte viele ins Unglück stürzen und soeben trudelte auch Romana in den Abgrund.
    Natürlich hatte es sie überrascht, hatte sich vieles ausgemalt, aber nicht die Tatsache, dass sich Romana verknallt hatte. Ausgerechnet in ihre Onkel. Das machte alles komplizierter, ausgerechnet vor der Hochzeit. Calvena seufzte kurz. Was sollte sie dazu sagen? Sedulus ahnte nichts davon und Serrana war derzeit überglücklich. Und dann war da eben noch die Tatsache, dass Romana eine Vestalin war. Allein dies sorgte dafür, dass es ihrer Freundin streng verboten war, auch nur daran zu denken mit einem Mann zusammen zu sein.
    „Ich weiß nicht was du tun sollst“, durchbrach sie schließlich das Schweigen. „Es ist alles kompliziert!“ Kompliziert das traf den Nagel auf den Kopf. „Ich weiß, du würdest jetzt so etwas wie: alles wird gut hören, aber das wäre doch eine Lüge. Du bist mir eine wertvolle Freundin und es macht mich traurig, dass du so leidest, aber ich hab keine Ahnung was du nun tun sollst.“ Es waren ehrliche Worte und sie hoffte Romana würde jetzt nicht wütend auf sie sein, weil sie so ratlos war. Sie griff nach deren Hand und drückte sie ganz leicht, aufmunternd, wie sie hoffte. „Das Einzige was ich dir raten kann, ist abzuwarten. Zu sehen, wie sich deine Gefühle entwickeln und dann zu handeln.“ Wieder hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie so glücklich war.

    Calvena war ausnahmsweise einmal kurz davor die Geduld mit einem Sklaven zu verlieren. Der arme Kerl stand total neben sich und ihr ging es eigentlich auch nicht viel besser. Es hatte sie geschockt, das viele Blut auf dem Boden und der metallische Geruch in der Luft. „Cohortes Urbanae“, erklärte sie ungeduldig und wagte noch einmal einen kurzen Blick über die Schulter, den sie sofort bereute. Auch wenn sie nicht genau hinsah, wurde ihr ziemlich flau im Magen. Sie schluckte trocken.
    Schließlich folgte endlich einmal eine Erklärung zu dem Mann. Er sollte also ein Octatvia sein. Fragend sah sie Catiena an, kannte sie diesen angeblichen Verwandten oder war es ein Fremder der sich nur hatte einschleichen wollen? So viele offene Fragen. Der Sklave hatte eigentlich richtig gehandelt. „Warum hast du mir nichts davon erzählt?“ fragte sie den Mann dann, auch um sich abzulenken und auf andere Gedanken zu bringen. Sie wollte hier weg und hoffte eigentlich dass jemand anderes wusste was zu tun war. Sie war überfordert und wie sollte sie Macer das alles erklären? Eine Leiche im Haus, ausgerechnet während er fort war. Kurz schloss sie die Augen, wobei sich ihre Übelkeit verstärkte, die Sinneseindrücke des Geruchs verstärkte sich, ebenso wie die düstere Stimmung.
    „Kennst du ihn?“ fragte sie schließlich ihre neue Bekanntschaft sanft. Diese stand ebenso wie sie selbst unter Schock.

    Kurz senkte sich schweigen zwischen die beiden Frauen, während Laevina sorgfältig den Stoff des Schleiers prüfte. Irgendwie machte es sie ein wenig nervös, das Urteil darüber abzuwarten. Fast schien die alte Germanica in die Rolle der Brautmutter geschlüpft zu sein. Sie hatte ja Serrana versprochen, dass sie die Alte darauf ansprach. Doch wie sollte sie Fragen? So oder so würde Laevina über ihren Vermittlungsversuch nicht begeistert sein. Augen zu und durch. „Laevina, ich soll dich von Serrana aus fragen, ob du ihre Brautmutter sein willst?“ fragte sie dann direkt. Innerlich machte sie sich schon auf Hohn und Spott bereit. Oder zumindest die Frage warum Serrana nicht selbst fragte. Was daran lag, dass ihre Freundin ebenso in den Vorbereitungen steckte wie sie selbst und kaum noch Zeit hatte für einen Anstandsbesuch. „Ich weiß, ihr Beide habt so eure Probleme, aber du hast sie großgezogen und sie würde sich nicht nur darüber freuen. Es wäre auch ein Neuanfang für euch Beide!“ Vermutlich würde Laevina nun glauben, dass es ihre Idee gewesen war. Doch es war ganz allein Serranas Wunsch.


    „Sedulus hatte die Idee“, antwortete sie dann auf deren Frage. Im ersten Moment hatte sie sich damit auch nicht anfreunden können, aber nach dem sie mit Serrana darüber geredet hatte, hatte sie sich damit angefreundet und alle Möglichkeiten durchgespielt. Ein Problem, vor dem sie gestanden hatten, war dass die Casa Iunia schon fast zu klein war für die vielen Gäste. Aber es würde schon klappen, sie hatten gut geplant. „Er kam auf die Idee aus rein praktischen Gründen, du weißt ja wie er ist“, meinte sie mit leichtem Schulterzucken.

    Marcus verzog das Gesicht , als sie meinte, dass sie auf ihren Preis eigentlich nicht verzichten wollte. Kinder in dem alter konnten mit dem anderen Geschlecht nicht viel anfangen, außer spielen und ärgern. Aber so etwas wie romantische Gefühle, würde erst in einigen Jahren eine Rolle spielen. Bis dahin waren Küsse, so denn sie nicht von der eigenen Mutter stammten, echt eklig. Ob sie in dem Alter auch so gewesen war? Vermutlich. Von daher grinste sie nur und zwinkerte Valerian kurz zu, der die Situation rettete in dem er vorschlug, dass Marcus sich etwas überlegen sollte. Jedenfalls schien der Knabe das mit dem Kleidertausch nicht mitbekommen zu haben, ansonsten hätte er sie wohl doch noch darauf angesprochen.
    „Na gut, dann eben Nüsse!“ lächelte sie und gab nach.

    Manchmal war Rom ein Dorf und die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den Familien ziemlich kompliziert. So auch die Verbindungen zwischen Iunia Serrana, deren Großmutter Germanica Laevina und der restlichen Gens. „Laevina ist anstrengend, höflich ausgedrückt“, erklärte sie Septima mit einem schiefen Grinsen. Sie wollte nicht gänzlich schlecht von der Großtante reden, aber sie wollte auch nichts beschönigen. „Wir geraten öfter aneinander. Es geht immer unterschiedlich aus, mal gewinne ich die Wortgefechte, mal sie. Aber im Augenblick kommen wir zurecht. Sie ist ja auch nur eine entfernte Großtante von mir. Serrana steht ihr da aus sucht der Blutslinie viel näher. Aber du weißt sicher wie kompliziert die Verwandtschaftsverhältnisse sein können“, zwinkerte sie ihr zu. „Ich bin gespannt was du von ihr hältst!“ meinte sie dann ehe, sie dann auch schon in der Tür stand.
    Dieser Besuch hatte ihr so einige Nervosität genommen. Dafür war sie der Freundin mehr als nur dankbar und auf deren Hilfe freute sie sich schon. Zum Abschied umarmte sie Septima noch einmal kurz. „Valete, Septima und nochmals vielen Dank!“ mit einem letzten Winken machte sie sich dann auf den Weg hinein in das bunte Treiben Roms.

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    Original von Germanica Laevina
    Als Calvena nach einigen Momenten bekleidet mit der Tunica recta wieder aus dem anderen Zimmer zurückkam und sich um die eigene Achse drehte, fasste Laevina sie sehr genau ins Auge, kontrollierte akribisch Faltenwurf und Länge des Kleides und nickte schließlich zufrieden. Ja, sie mochte vielleicht mittlerweile ein altes Weib sein, aber noch gelang es ihr, ihre nicht unerheblichen Ansprüche an Perfektion selbst zu erfüllen, und das war ihr ungemein wichtig.


    "Nun gut" fuhr sie, den Dank des Mädchens geflissentlich überhörend, in geschäftsmäßigem Tonfall fort." Natürlich fehlt noch die Kordel, mit der die Tunica gegürtet wird, aber da gibt es nichts großartiges anzupassen. Und der Rest kann so bleiben, der sitzt, wie er sitzen soll. Wie sieht es mit dem Schleier aus? Und einen Myrthenkranz brauchst du auch, wobei es natürlich schwachsinnig wäre, den jetzt schon fertig zu machen."


    Nach dem Tonfall zu urteilen, war Laevina durchaus zufrieden mit ihrem Anblick und dem Sitz des Kleides. Calvena konnte es nicht fassen, auf einen Schlag hatte sich ein großes Problem gelöst. Auch wenn der Stoff nicht aus ihrer eigenen Hand stammte, war sie froh darüber, dass Laevina anscheinend so etwas wie Mitleid gehabt hatte und ihr solch ein Geschenk machte. Nie würde sie sich dafür je bedanken können. Aber auf große Gefühle verzichtete sie, denn die alte Germanica würde dann nur wieder grantig reagieren. Stattdessen widmeten sie sich schon fast geschäftsmäßig den Dingen die noch zu ihrem Hochzeitskleid gehörten. „Den Schleier hab ich bereits“, sagte sie und ging wieder hinüber. Zusammen mit Serrana hatten sie einen Einkaufsbummel mit ihren Freunden gemacht und dabei den passenden Schleier für beide Bräute gefunden. Calvena kam mit einem zarten, federleichten orange rotem Schleier aus Seide. Sie hielt in Laevina unter die Nase, damit diese ihn betrachten konnte.

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    Original von Volubilis Vitale
    Vitale sah ihr gequältes Lächeln im Hinblick auf den Webrahmen. In dieser Sache konnte er ihr aber wirklich nicht helfen.
    "Dann machs erst mal gut. Du weißt ja nun, wo du mich finden kannst." sagte er und verließ den Raum.


    Vitale verabschiedete sich wieder von ihr und verschwand schon fast fluchtartig aus dem Zimmer. Das konnte sie schon fast nach vollziehen, sie wollte am liebsten auch vor dem Webrahmen weglaufen. „Valete!“ sagte sie schlicht und winkte ihm kurz nach.

    Wir wünschen Dir für alle Zeiten
    stete Frische, steten Schwung,
    und dass Erfolge Dich begleiten,
    denn wenn man fit ist, bleibt man jung.


    Erfolg, Freude, wenig Stress,
    sind meine Geburtstagsgrüße



    Alles alles Liebe zum Geburtstag Marcus Germanicus Pius


    Wichtige Ereignisse die sich am 2.4 ereignet haben:


    1930 Rastafari Nach dem Tod seiner Mutter wird Haile Selassie offizieller Herrscher über Äthiopien. Er hatte seit 1916 als Regent die Staatsgeschäfte geführt und erste Reformen durchgesetzt. 1923 wurde Äthopien Mitglied des Völkerbunds, 1924 schaffte er die Sklaverei in seinem Land ab. 1974 wurde der "König der Könige" von linksgerichteten Militärs gestürzt.


    1975 Höchster Turm Im kanadischen Toronto wird der CN-Fernsehturm fertiggestellt. Mit 553m ist er das höchste freistehende Bauwerk der Welt.


    1978 TV-Premiere für "Dallas" Die erste Folge von "Dallas", der Serie um Bösewicht J.R. Ewing (gespielt von Larry Hagman) wird auf CBS-TV ausgestrahlt.


    2005 Papst Johannes Paul II. stirbt in Rom. Sein Tod löst weltweit große Anteilnahme und starkes Interesse der Medien aus.

    Auf den Vorschlag, das Catiena ein Fest ausrichten konnte, wenn das Haus so leer war, konnte sie gar nicht eingehen. Der Gedanke war Angesicht der unangenehmen Entdeckung des Sklaven fortgewischt. Eine Leiche… hier im Haus…. Das verschlug ihr nicht die Sprache, sondern sorgte dafür, dass sie sich mit einem Male ziemlich Unwohl fühlte und am liebsten die Flucht ergriffen hätte. Sollten sich doch die Sklaven dessen annehmen, sie war doch eigentlich nur ein Gast. Aber sie konnte ja Catiena nicht einfach allein lassen. Erst einmal musste sie sich wieder setzen und den ersten Schreck überwinden. Dennoch blieb sie unnatürlich blass, was wohl Angesichts ihrer Vergangenheit auch normal war. Der Gedanke an eine Leiche im Haus ihres Freundes, ließ sie doch glatt noch einmal die schrecklichste Nacht ihres Lebens durchleben.
    Calvena versuchte die Nerven zu behalten und lauschte den verwirrenden Worten des Sklaven. Erst war es ein Familienmitglied und dann wieder nicht. Merkwürdig kam es ihr schon vor, doch diesem Gedanken konnte sie nicht wirklich nachgehen, denn Catiena wollte tatsächlich nachsehen gehen. Wenn es nach ihr ginge hätte sie gewartet bis jemand von dem Urbanern im Haus war und dem dann dies überlassen. Dennoch, sollten sie sich wohl vergewissern. Einmal atmete sie tief durch und nickte dann langsam. „Wir sollten wohl nachsehen“, sagte sie, ehe sie selbst der Mut wieder verließ. Dann folgte sie dem Sklaven.

    Die Blutlache war groß, teilweise schon getrocknet und ein Anblick der sie Schaudern ließ. Calvena blieb einfache stehen, einen guten halben Meter entfernt von der Tür und betrachtete mit starrem Blick den unschönen Anblick des toten Mannes. Gesehen hatte sie ihn noch nie. „Wurde die CU benachrichtigt?“ fragte sie und wandte den Blick ab. Ihr war Übel, der metallische Geruch von Blut hing in der Luft und darunter lag der finstere Tod. „Wer war er?“ fragte sie den Sklaven nun erneut. Eine wirklich befriedigende Antwort hatte sie darauf noch nicht bekommen. Leicht schüttelte sie den Kopf. „Wie lang ist er schon im Haus und warum hast du mir nichts von dem Gast erzählt? Wusste Macer von ihm?“ fragte sie nun nach, auch um nicht daran zu denken, dass in ihrem Rücken eine Leiche lag. Leicht berührte sie Catiena am Arm, auch sie sollte lieber den Blick abwenden.

    Von Laevina hätte sie tatsächlich alles erwartet, nur eben nicht das. Da die alte Germanica aber nicht gerade ein Gefühlsbetonter Mensch war, nahm Calvena davon Abstand, Laevina zu umarmen. „Vielen Dank!“ sagte sie schlicht und ging erst einmal nach neben an um sich umziehen. Während sie kurz für sich allein in ihrem Schlafzimmer war, schüttelte sie fassungslos und auch überrascht den Kopf. Wer hätte das denn gedacht? Sie war sich ziemlich sicher, das diese es nicht nur getan hatte, damit sie sich nicht blamierte. Doch zugeben würde diese wohl nicht. Um Laevina keine Möglichkeit zu geben, nun herum zu schnüffeln und die Nase in Dinge zu stecken die sie nichts angingen, wechselte sie kurz in die Tunica recta. Sie saß wie angegossen, Laevina besaß ein gutes Augenmaß. Calvena war wirklich beeindruckt. Nach wenigen Minuten kehrte sie dann zu Laevina zurück und drehte sich einmal um die Achse. Jetzt würde sicher wieder der ein oder andere kritische Kommentar kommen, aber da sich ihre Laune beträchtlich gehoben hatte, würde es ihr egal sein. Außerdem war sie Laevina sehr Dankbar für dieses Kleid. Es war so etwas wie ein großes Friedensangebot. Aber wer wusste schon, wann sie wieder aneinander geraten würden. Gründe gab es genug. Fürs erste aber war der Waffenstillstand sehr laut eingeläutet worden.

    Calvena sah von einem zum Anderen und rechnete schon fast mit dem großen Eklat. Einfach nur weil Marcus ein Kind war und Kinder mitunter ziemlich launisch sein konnten. Das beste Beispiel dafür war Sabina, die mit ihrem Launen das komplette Wechselbad der Gefühle wieder geben konnte und dass innerhalb weniger Augenblicke. Bisher hatte sie aber Marcus noch nie mit einem solchen Stimmungsumschwung erlebt, bis auf die eine Ausnahme am frühen Morgen. Darauf konnte sie sich bisher keinen Reim machen und auch nicht vorstellen, was der Grund dafür gewesen war.
    Das Schweigen des Knaben zog sich in die Länge, anhand seiner Mimik konnte man erkennen, dass er gerade über irgend etwas sich Gedanken machte. Aber der befürchtete Wutausbruch blieb aus, stattdessen grinste der Junge schelmisch. Anscheinend heckte er etwas aus. Schließlich mischte sie sich auch wieder ein. „Also ich nehme gern die Küsse!“ meinte sie nur grinsend und zwinkerte Valerian zu. Sie fand er konnte gut mit Marcus umgehen, sicherlich würde er auch wunderbarer Vater sein.

    Wie gut das Elissa und sie aufgeräumt hatten, ansonsten würde Laevina wohl sogleich ihre spitze Zunge auspacken. So aber blieb ihr ein kleiner Streit erspart. Obwohl sie ausnahmsweise nichts dagegen gehabt hatte. Es würde ihr dann vielleicht besser gehen. Doch sie wollten den Frieden nicht brechen, er war eh schon sehr brüchig. Und kurz vor ihrer Hochzeit wollte sie eigentlich unnötigen Unmut vermeiden.
    So als wäre Laevina die Hausherrin marschierte sie an ihr vorbei und drückte ihr ziemlich entschlossen ein unscheinbares Paket aus Leinenstoff in die Hand. Verdutzt betrachtete sie erst das Paket dann die alte Germanica. „Wie bitte?“ fragte sie reichlich verwundert und schloss nebenbei die Tür. Anprobieren? Neugierig geworden wickelte sie das Paket aus. Ihre Augen wurden groß, als eine blütenweiße Tunica zu, Vorschein kam. Der Stoff war weich und zart, der Saum mit weißem und Silber durchwirktem Garn zu Blüten bestickt. Ihr blieb vor Überraschung doch der glatt der Mund offen stehen. Das war doch nicht etwa? Laevina hatte doch nicht? Sie sah von der Germanica zu dem Kleid in ihren Händen und wieder zurück. Sie hätte im Grunde Laevina absolut alles zugetraut. Angefangen bei dem Intrigen spinnen, über einen Auftragsmörder anstellen bis hin zu einer politischen Karriere zerstören. Aber damit hatte sie nicht gerechnet. Laevina schien doch so etwas wie ein Herz zu besitzen...

    Zwei Wochen waren es nur noch. Zwei sehr kurze Wochen, denn irgendwie verging die Zeit wie im Fluge. Ihre Verpflichtungen im Tempel, die Hochzeitsvorbereitungen die Treffen mit ihren Freundinnen und die vielen Kleinigkeiten sorgten dafür, dass der Tag nicht genug Stunden hatte. In ihren wenigen freien Minuten hatte sie sich dann mit Laevina zusammen gesetzt und versucht ihre Tunica recta zu weben, was zu keinem befriedigendem Ergebnis geführt hatte. Dieser Punkt sorgte für zunehmende Panik bei ihr und die alte Germanica schien die Geduld zu verlieren. Die Idee durchzubrennen und die ganze Hochzeit abzublasen, war irgendwie verlockend, aber das konnte sie dann Serrana nicht antun, schließlich war es ihr gemeinsamer großer Tag… Calvena war frustriert, das beschrieb ihren Gemütszustand ziemlich genau. Sie saß in einem der beiden Korbsessel und starrte ein wenig missmutig einen imaginären Punkt an der Wand an. Unerwartet wurde sie aus ihren Grübeleien gerissen als es klopfte. Wer da wohl was von ihr wollte? Sie erhob sich und öffnete die Tür und sah zu ihrer Verwunderung Laevina davor stehen. Was wollte die denn hier? Sich an ihrer Verzweiflung weiden? Zu zutrauen wäre es ihr jedenfalls. Dennoch zwang sie sich nicht gleich giftig die Alte fort zu schicken. Schließlich war sei nicht schuld an ihrer schlechten Laune. Ganz im Gegenteil sie versuchte ihr ja nur zu helfen.
    „Salve“, grüßte sie diese und ließ sie dann einfach erst einmal herein. „Möchtest du was trinken?“ fragte sie und wollte nur zu gern wissen, was Laevina in ihr Zimmer verschlagen hatte.

    Ein wenig war sie schon irritiert, als Marcus sie Beide so kritisch musterte. Sie fühlte sich an eine ihrer ersten Begegnungen mit dem Knaben erinnern, da waren sie sich am frühen Morgen über den Weg gelaufen und Marcus war irgendwann wütend davon gestürmt, zuvor hatten sie sich über Valerian unterhalten. Marcus hatte so etwas angedroht wie, er würde sich ihren Verlobten ganz genau ansehen. Bisher hatte sie aber den Eindruck gehabt, dass der Junge ihren zukünftigen Mann mochte, was wohl auch daran lag, dass dieser ihm den Übungsplatz der Castra gezeigt hatte. Verwundert sah sie nun von einem zum Anderen. Sie war neugierig was nun passieren würde.

    Ihre Idee fand Anklang bei dem Jungen, er war regelrecht begeistert und der Tatendrang war ihm anzusehen. Kurz lächelte sie ihm zu und nickte. „Ich werde mich beeilen“, versprach sie ihm, da er sicherlich Hunger hatte und sie ihn nicht unnötig lange warten lassen wollte. Der Tunika folgte eine passende pala und als Elissa kurz den Kopf rein steckte schickte sie diese ins Bad, damit sie dieses vorbereiten konnte.
    Etwas überraschend kam die Zugneigungsbekundungen von Marcus. Sie freute sich darüber und streichelte ihm über den Schopf. „Danke! Ich hab dich auch Lieb!“ erklärte sie ihm dann ernst. Anscheinend sehnte er sich nach Zuneigung. Es würde wohl auch nicht für Pius leicht werden, wenn sie dann schon bald auszog. Leise seufzte sie, da hatte sich Sabina damit abgefunden, dass Calvena schon bald das Haus verlassen würde und nun kam Marcus, dem es wohl gar nicht behagen würde, eine seiner wenigen Bezugspersonen ziehen zu lassen. Marcus und Sabina würden sie besuchen dürfen, so oft sie wollten.
    „Ab mit dir!“ scheuchte sie ihn dann mit einem sanften Lächeln aus ihrem Zimmer. „Sonst werden wir auf unser Frühstück warten müssen!“ zwinkerte sie ihm zu und folgte ihm dann. Ihr Weg würde sie ins Bad führen und der von Marcus in die Küche und in sein Zimmer.

    Wieder einmal zeigte sich, wie gut sich die Freundinnen verstanden, sie hatten sogar meist ähnliche Gedanken. Das zeigte sich, als Septima fast das Gleiche sagte, was sie gerade Serrana zu geflüstert hatte. Calvena musste lachen. Doch ihre Aufmerksamkeit wurde sogleich wieder auf Prisca gelenkt, als diese den Vorschlag machte die Thermen der Aurelia zu nutzen. Besonders bei der Andeutungen bezüglich des kretischen Stiers den ja Celerina den öffentlichen Thermen abgekauft hatte, entlockte ihr ein weiteres Schmunzeln. „Wunderbarer Vorschlag!“ stimmte sie dem zu, selbst wenn die Flavia den Masseur nicht heraus rücken würde, würde es sicherlich ein angenehmer Tag werden. Zumal sie dann unter sich bleiben würden. Der letzte Besuch in den Agrippa Thermen war schon eine Weile her und nicht gerade so erquicklich gewesen, wie sie gehofft hatte. Eigentlich hätte es ja ein angenehmer Tag mit Plauderei werden sollen, aber Axilla, die Cousine von Serrana hatte sich durch eine unbedachte Äußerung gleich angegriffen gefühlt. Seit dem hatte sie mit Axilla kein persönliches Wort gewechselt, auch wenn sie sich bei dem Empfang von Septimas Hochzeit begegnet waren. Nun gut, Calvena hatte sich auch um Romana und deren Kummer gekümmert. Wieder so eine Sache die sie zum nachdenken brachte. Kurz sah sie zu Septima rüber, verstohlen. Just in diesem Augenblick erwähnte Catiena, dass die Germanica Macer einen Freundschaftsdienst tat. „Ich war eher zufällig grad da“, erklärte sie und mischte sich dann auch in das Gespräch wieder ein. „Macer hat mich gebeten, dass ich ein Auge auf die Sklaven hab in seiner Abwesenheit. Octvius Victor hat sich ja leider aus Land zurück gezogen!“ berichtete sie dann kurzerhand. Bisher war sie noch nicht dazu gekommen, dies zu erzählen. Außerdem fand sie diese Tatsache nicht wirklich aufregend oder spannend. Sie und Macer waren eben gute Freunde und was war schon dabei, wenn sie ihm einen Gefallen tat. Außerdem hatte sie auf diese weise Catiena kennen gelernt, die anscheinend gut in die Runde passte.
    Nur kurz verdüsterte sich ihre Miene, als sie daran denken musste, was sich grauenvolles in der Casa Octavia abgespielt hatte. Ein Verwandter hatte sich anscheinend ins Schwert gestürzt.* Die Gründe dafür waren ihr schleierhaft. Ausgerechnet dann musste die Leiche gefunden werden, als Catiena gerade angekommen war und ansonsten das Haus wie ausgestorben war. Doch das würde sie erst einmal nicht erzählen, wollte sie doch diese Feier nicht trüben. Durch diesen Fund waren ihre Alpträume wieder zurück gekehrt und quälten sie nachts. Hinzu kam noch, die Aufregung wegen der baldigen Hochzeit. So in Gedanken bekam sie den Fortgang der Gespräche nicht mit.
    Während dieser Gedanken tauchten weitere bekannte Gesichter auf und lenkte sie dann ab von den düsteren Bildern. „Salve Calliphana! Schön dich zu sehen Chaerea!“ grüßte sie die beiden Frauen. „Wir haben uns ja seid der Überraschungsfeier nicht mehr gesehen!“ sie lächelte beiden zu. Sie hatte Lockvogel für Calliphana gespielt.


    Sim-Off:

    *Wird derzeit noch ausgespielt, deswegen wird es nicht laut ausgesprochen und erwähnt ;)