Beiträge von Germanica Calvena

    Alle Blicken ruhten auf ihr, sie gehörte eindeutig nicht hier her und der Wirt sah sie vollkommen verdattert an, als sie ihm in seiner Sprache antwortete. Lag so etwas wie Respekt in seinen Augen? Sie konnte es nicht so genau bestimmten, denn Elissa plauderte munter mit Broc weiter und führte sie dann direkt an eine Tisch. Noch einmal vergewisserte sie sich, dass der Dolch war, wo er sein sollte und setzte sich. Etwas steif, weil sie sich nicht wirklich wohl fühlte. Fehl am Platze war.


    „Naja, so schwer war er nicht zu verstehen. Die wichtigsten Sätze sind in allen Dialekten fast gleich!“ antwortete sie Elissa. „Ich weiß nicht ob es so eine gute Idee war, dass du mich hier mit genommen hast. Ich gehöre hier eindeutig nicht her. Außerdem, hab ich Valerian versprochen dass ich die Subura meide!“ erklärte sie ihr dann und rief sich ihre erste Begegnung mit ihrem Verlobten ins Gedächtnis, sie seufzte. Für einen Rückzieher war es jetzt zu spät.
    „Elissa du weißt ich vertraue dir“, sagte sie ruhig und lächelte ihr schief zu. „Lass uns etwas essen und dann erzählst du mir einmal ganz genau wie du Broc kennen gelernt hast. Ihr wirkt sehr vertraut.“

    Kaum das sie ihren kleinen Bummel über den Markt beendet hatten, führte Elissa sie zielsicher durch sie Straßen Roms. Zunächst bemerkte Calvena die Veränderung der Straßen und Häuser nicht, aber als dann eine riesige Ratte quiekend über die Straße rannte und vor ihnen weg lief, blieb sie abrupt stehen. Elissa führte sie direkt hinein in die Subura. Ihre erste und letzte Erfahrung mit dieser Gegend hatte sie gelehrt, diesen Stadtteil zu meiden, zumal sie deutlich auffiel mit ihrer Kleidung, die weder abgetragen, noch verblichen, verschmutzt oder zerrissen war. Sie gehörte Eindeutig nicht hier her und zog automatisch die neugierigen Blicke von Bettlern, Straßenkindern, einfachen Frauen und anderen Gestalten auf sich.
    „Elissa, ich halte es für keine gute Idee!“ sagte sie und wurde sich bewusst, dass sie es der Keltin versprochen hatte. Ausgerechnet die Subura. Sie hatte es doch Valerian versprochen und nun das. Sie seufzte. Die Sklavin hörte ihren Einwand scheinbar nicht und setzte den Weg einfach fort. Sie seufzte, obwohl sie nicht allein unterwegs war, fühlte sie sich so gar nicht wohl. Zu ihrem Glück blieben sie nur im Randgebiet der Subura der Übergang war kaum zu bemerken und doch deutlich. Unauffällig tastete sie nach dem Dolch unter ihrer Kleidung. Zumindest war sie nicht wehrlos.
    Zielsicher führte Elissa sie dann in eine ziemlich schäbig wirkende Taverne. Hier war sie nun wirklich fehl am Platz, aber die Keltin wurde freundlich, beinahe vertraut begrüßt. Der Mann vor ihr überragte sie um gut zwei Haupteslängen. Dann überraschte sie wohl den großen Kelten, indem sie antwortete.


    „latha math!*“ grüßte sie gelassen und überspielte ihre Nervosität. „Tha an t-ainm Calvena orm**“ , stellte sie sich dann vor.


    Sim-Off:

    * Guten Tag
    **Ich heiße...

    Es war schön, dass sie und Valerian sich auch ohne Worte verständigen konnten. Sein Blick drückte ebenso Erleichterung aus, wie ihrer, als Sedulus sie beruhigte. Lustig hatte sie es dennoch nicht gefunden. Manchmal fehlte ihrem Onkel das nötige Taktgefühl. Sie verkniff sich aber einen Kommentar und folgte der Aufforderung Sedulus und setzte sich dann ebenfalls auf die Bank. Kurz drückte sie aber Valerians Hand. Aufmunternd, es würde schon nicht so schlimm werden...


    Als Sedulus dann seine Verlobung erwähnte, stellte sie fest, dass sie vergessen hatte etwas zu erzählen. War ja klar, dass das vor kam, wenn sie sich so selten sahen. Manchmal passierte eben zu viel auf einmal. Kurz sah sie ihren Verlobten entschuldigend an.


    Als dann Sedulus ihnen seine Fixeidee erklärte sah sie ihn erst einmal aus großen Augen an. Er wollte bitte was? Eine Doppelhochzeit?!?!?! Das war ein Scherz. War es leider nicht, ihm war es ernst. Ehe sie irgendwelche Einwände einbringen wollte, fragte sie: „Wie hast du dir das vorgestellt? Ich könnte mit vorstellen, dass eine Doppelhochzeit möglich wäre, wenn die Bräute aus der selben Familie kommen, aber dem ist ja nicht so... Oder willst du alle Traditionen über den Haufen werfen?“ Damit würde er weder ihr, noch Serrana eine Freude machen. Außerdem ahnte er was für eine Mehrarbeit auf sie zu kam. Sie fing Valerians Blick auf und erwiderte ihn ratlos. Begeisterung sah anders aus.

    Eifrig kramte der Mann in einer Kiste herum, stapelte die Papyrusrollen aufeinander und legte die Exemplare heraus, die sich lohnten, dass sie sich einmal ansah. Sie ließ ihren Blick darüber schweifen und nickte höchst zufrieden, Marcus und Sabina würden sich bestimmt darüber freuen. Besonders, wenn sie sich mit den Kindern zusammen hinsetzte.


    „Iulius Proximus... ich glaube ich hab ihn bei der Verlobungsfeier kennen gelernt. Den Namen hab ich jedenfalls schon einmal gehört!“ lächelte sie.


    „Ich werde einen Boten schicken, wenn ich der Bibliothek einen Besuch abstatte. Ich danke dir für deine Hilfe.“ Sie deutete auf die auf die ausgewählten Schriftrollen, das Buch über Hausmedizin und die Kinderbücher würde sie ihm abkaufen.


    Mit der Erklärung die Elissa ihr gab, gab sie sich zufrieden, auch wenn sie das Gefühl hatte, das da scheinbar noch mehr war. Aber sie würde der Keltin erst dann auf den Zahn fühlen, wenn sie unter sich waren.


    Sie reichte dem Händler ein Beutel mit Münzen. Es war der verlangte Betrag für die Bücher. „Ich danke dir!“ lächelte sie ihm zu. Sie würde die Schriftrollen gleich mitnehmen. Einen Teil würde sie tragen, den anderen Elissa.


    „Nun denn, zeig mir wo die Taverne ist!“ sagte sie fröhlich und machte eine auffordernde Geste.

    Das es keine Glanzleistung war, die sie hier ablegte, war ihr schon bewusst gewesen, aber allein an der Miene Laevinas Miene konnte sie ablesen, dass sie aber anscheinend hundsmiserabel, setzte ihr dann doch zu. Sie kniff die Lippen aufeinander und versuchte sich jeglichen Kommentar zu sparen. Sie war noch eine Anfängerin, Laevina konnte nicht ernsthaft erwarten, dass sie schnell lernte und dann auch noch Perfekt war. Mit finsterer Miene starrte sie auf die Fäden und seufzte dann ergeben. „Natürlich“, murmelte sie und löste dann die Fäden um sie dann noch einmal zu spannen. Der erste Versuch war ja kläglich gescheitert. Sorgfältig wickelte sie den Faden auf, den sie zuvor vom Rahmen genommen hatte und spannte ihn dann noch einmal über die Streben und legte ihn in die Kerben. Diesmal langsamer und ruhiger. Während dessen konnten sie ihr Gespräch fortsetzen.


    „Du hast schon recht. Ohne diese Arbeit würden wir nicht die Kleider haben, die wir tragen.“ Ob sie Laevina nach ihren Ehemännern fragen sollte? Ein Versuch war es wert und wenn nicht jetzt, wann dann? „Warst du jemals glücklich in einer deiner beiden Ehen?“ fragte sie dann. Nicht nur aus Neugierde, sondern aus echtem Interesse.


    Faden für Faden spannte sich nun langsam über den Rahmen. Zwar war sie recht langsam, aber diesmal war es ordentlich und annehmbar. Mit leichtem Druck spannte sie nun das letzte Stück. Doch der Faden riss... Völlig verblüfft starrte sie auf ihr fast vollbrachtes Werk und den zerrissenen Faden.

    Verdutzt sah Avarus sie ihn und brauchte augenscheinlich einen Moment um die kommenden Ereignisse sich in Erinnerung zu rufen. Er war eben doch nicht mehr der Jüngste, aber meistens bekam man das nicht mit, weil er entweder außer Haus war oder sich auch eben ziemlich rege am Familienleben beteiligte. Manches konnte man schnell vergessen oder einfach nur übersehen.


    „Ja, die Hochzeit“, bestätigte sie ihm. Noch ging sie nur von ihrer eigenen aus und konnte ja nicht ahnen das Sedulus bereits andere Pläne hatte und ihre ganzen Vorbereitungen durcheinander wirbeln würde. Es war eben nicht leicht eine Braut zu sein. Die nächste Frage folgte. Kam es ihr nur so vor, oder verlief das Gespräch ausgesprochen zäh? Kurz legte sie den Kopf schief und versuchte zu erahnen, was Avarus nun dachte. Er hatte sich erstaunlich ruhig verhalten, wenn das Thema auf ihre Verlobung und Hochzeit zu sprechen kam. Zunächst hatte er ja nur wenig Begeisterung gezeigt. Doch wie stand er nun zu den Dingen. Ob es wirklich eine so gute Idee war hinter seinem Rücken, seine Frau einzuladen? Bisher hatte sie immer den Eindruck gehabt, das er sie vermisste und seinen Sohn, aber er sprach selten darüber. Sollte sie ihn darauf ansprechen? Sollte sie ihn komplett in ihre Pläne einweihen?


    „Mit einem Teil“, sagte sie dann. „Die Gästeliste ist wohl einer der wichtigsten Punkte!“

    Nun wo das Ding ihren Blicken entschwunden war, hob sich ihre Laune beträchtlich. Aus den Augen aus dem Sinn. Zumindest für eine kleine Weile. Solange wie sie einen Besucher hatte, danach würde sie sich wohl wieder darüber setzen, grübeln und es finster anstarren. Was hatte sie sich dabei gedacht, heiraten zu wollen? War das nicht die Quelle allen Übels? Nein, war es nicht. Sie liebte Valerian, wollte ihn und je schneller desto besser. Dafür nahm sie auch den Kampf mit dem Ding auf sich. Ihr persönlicher Daimon.


    „Salve, Avarus“, grüßte sie den Onkel und warf einen letzten Blick zu den Schatten, in welches sich das Ding nun verbarg und darauf lauerte, dass sie wieder allein war. Es brauchte keine Klauen und Reißzähne um sie aus der Fassung zu bringen. Ein wenig Holz und Kerben reichten da völlig. Sie riss ihre Gedanken davon los und sah dann doch Avarus entgegen, der etwas neben sich stand. „Ja, hab ich. Es geht um die Gästeliste!“ erklärte sie dann ihr Anliegen. Da Vitale sie so tatkräftig unterstützte brauchte sie zumindest bei einigen Dingen nicht die ganze Laufarbeit machen. Hätte Avarus es verlangt, wäre sie auch in sein Arbeitszimmer gekommen. Aber da er nun einmal hier war.

    Jedes Mal wenn sie wegen der Fontinalien gelobt wurde, färbten sich ihre Wangen leicht rosa. Vor Freude, vor Verlegenheit und auch vor Dankbarkeit. Das Fest auszurichten war gar nicht so einfach gewesen, hatte sie viel Mühe gekostet. Besonders, weil sie bis dato keine Erfahrungen mit solchen Festen hatte. Das es so ein Erfolg gewesen war, erfüllte sie mit Freude. Immer wieder wurde sie gefragt, wann sie das nächste Fest ausrichten würde. Dass es ihre eigene Hochzeit sein würde, hatte sie aber nicht geahnt. Diese sollte aber noch schöner wie die Fontinalien werden. Sofern das Möglich war. Zumindest für sie würde es ein besonderer Tag werden. „Danke. Es war aber nicht wirklich einfach zu den Feierlichkeiten von Fons etwas auszurichten. Besonders wenn man zwei Senatoren im Haus haben, die sich über zu viel Lärm gleich beschweren. Dabei war es ja die Idee von meinem Onkel Sedulus gewesen“, erzählte sie.


    Es war ein Anfang, doch auch wenn noch viel Zeit vergehen würde, ehe sie eine erneute Beförderung erhalten würde, war sie Zufrieden mit dem was sie erreicht hatte. Noch vor einigen Monaten hätte sie sich das nicht vorstellen können. Mehr oder weniger ließen sie dann dieses Thema auch fallen, sie wusste nicht, was sie hätte erwidern sollen, so lächelte sie Septima nur dankbar zu.


    Auch die Gedanken an Laevina wurden nun verdrängt und zwar durch die ziemlich offene Gegenfrage von Septima. Nun konnte Calvena es doch nicht vermeiden, ein klein wenig rot zu werden. Darüber hatte sie nun wirklich noch nie mit jemand anderem geredet. Weg hier, war ihr erster Gedanke, aber im Grunde war sie froh, dass die Tiberia ihr diese Frage stellte. Ab einem bestimmten Alter wurde man eben auch neugierig. Man wollte den eigenen Körper kennen lernen und stellte dann irgendwann fest, dass man bei manchen Berührungen bestimme Empfindungen hatte. Dennoch fand sie es nicht gerade einfach ausgerechnet darüber zu reden. „Ehm“, machte sie etwas unsicher und nickte dann.

    Es war ein Ding und sie starrte es mit finsterer Miene an. Ganz so als würde es sich unter ihren Blicken in Luft auflösen oder einfach von selbst das tun, wozu es geschaffen worden ist. Ein kleiner Rahmen mit Kerben an den waagerechten Hölzern, daneben eine Strebe und ein weiteres Ding, ein Webschiffchen. Es war eine Miniaturausgabe des Webstuhls von Laevina. Ein Spielzeug von Sabina, welches sie sich aus geliehen hatte. Selbst Sabina ist besser wie ich, stellte sie missmutig für sich selbst fest. Dieses Ding trieb sie noch in den Wahnsinn, es wollte nicht so wie sie es wollte. So Ungeschickt konnte sie doch nicht sein. Sie starrte es nieder und doch veränderte es sich nicht. Es lag einfach auf dem Tisch. Frustriert schnaubte sie durch die Nase. Wieder einmal hatte sie sich mit Laevina gestritten und Schuld war dieses blöde Teil. Einer kurzen Friedensphase war wieder ein kriegsähnlicher Zustand gefolgt. Wobei sich das aber nur auf die Lehrstunden beschränkte. Hin und wieder konnte man Calvena und Laevina im Garten zusammen sitzen sehen, sich friedlich unterhaltend. Die Sklaven waren sich nicht sicher, was besser war. Dass sich die beiden Germanica offen anfeindeten oder diese offene respektvolle Art.
    Ein Klopfen riss sie aus der Betrachtung des Webrahmens. Mehr oder weniger recht schnell schob sie das Ding unter die Kommode, es musste ja nicht gleich jeder erfahren, dass sie eine absolute Niete war. Ein Tritt und es rutschte bis an die Wand vor Blicken verborgen. Zufrieden nickte sie. Hah! Sie hatte es diesem Ding gezeigt. Ein kleiner kurzer Triumph. Solange bis sie es wieder anstarren würde.


    „Komm rein!“ sagte sie dann Richtung Tür. Kurz ließ sie ihren Blick umherschweifen. Kein Chaos, sondern so etwas wie Ordnung herrschte. Ungewöhnlich für sie. Anscheinend war Elissa mal wieder fleißig gewesen.

    Die Überraschung darüber, dass Romana ihr auch bei den Vorbereitungen hilf, ließ sie schmunzeln. Romana war nicht nur die erste Freundin hier in Rom für sie geworden, sondern auch durchaus eine gute Unterstützung für eine nervöse Braut. Die Vestalin strahlte Ruhe und Gelassenheit aus und allein aus diesen Gründen schätzte sie die Claudia. „Romana hat ein sehr gutes Händchen für Blumen“, erklärte sie dann aber Septima stattdessen. „Keine Sorge, ich hab einen guten Blick auf meine Helfer und jeder bekommt auch immer nur eine Aufgabe“, sicher kicherte. „Sonst würde ein zu großes Durcheinander herrschen. Die Casa gleicht einem Bienenstock.“


    „Ich bin Tempelvorsteherin, Ich hab die Aufsicht über den Tempel, alle Tempeldiener und auch Schüler. Im Augenblick sind es nur zwei. Ich bereite die Opfer an den Feiertagen vor und organisiere sie und führe sie auch durch. Die Aufgaben in einem Tempel sind vielfältig, meist darf ich die Tempeldiener herum scheuchen“, den letzten Satz sagte sie mit einem kleinen Schmunzeln. „Noch arbeite ich mich erst ein!“ erklärte sie dann und nippte an ihrem Saft. Es störte sie nicht, dass Septima direkt nachfragte. Nicht jeder musste wissen, was sich hinter den Kulissen der Tempel abspielte. „Danke!“ erwiderte sie dann auf die Glückwünsche.


    „Sie hat jede Menge Erfahrung... nur um ehrlich zu sein, sie kann ein ganz schönes Biest sein!“ gab sie dann zu. „Aber ich bin ihr unendlich dankbar dafür, dass sie mir beratend zur Seite steht und hilft!“ fügte sie noch hinzu. Trotz allem wuchs ihr die alte Dame langsam ans Herz. Ein eigenartiges Gefühl. Das hätte sie sich nicht gedacht.


    Calvena lagen noch viel mehr Fragen auf der Zunge, aber die meisten drehten sich nicht um die erste Nacht, sondern um ein viel heikleres Thema. Um die Verbindung von Septima und Macer, deren Gefühle füreinander und die Dreiecksbeziehung mit Ursus. Sie war aber fest entschlossen nicht an diesem Thema zu rühren.
    Dafür widmete sie sich aber nun ihrer zuvor gestellten Frage. Leicht nickte sie. Solch eine Antwort hatte sie auch schon von ihren Ziehschwestern erhalten, wenn sie diese gefragt hatte, wie es war, das erste mal mit einem zu schlafen. Septimas Frage ließ sie kurz nachdenken. Was wollte sie wissen und was wollte sie einfach selbst heraus finden? „Tut es weh?“ kam es ihr schneller über die Lippen wie ihr lieb war. Wirklich rot wurde sie nicht, nur etwas verlegen.

    Ganz allein war sie ja nicht, sie hatte tatkräftige Unterstürzung von dem Scriba der Familie, Volubilis Vitale, von den Sklaven des Haushaltes, welche sie ganz schön herum scheuchte, von Laevina, welche in eine kleine Falle getappt war und dann von Serrana und auch von Romana. Aber einiges wollte sie dann auch selbst tun. Einfach weil sie es wollte.
    „Ich hab jede Menge helfender Hände, die Sklaven des Haushaltes, den Scriba der Familie und Serrana und Romana stehen mir beratend zur Seite. Aber über deine Unterstützung würde ich mich auch sehr freuen. Schließlich hast du das Ganze bereits hinter dir“, sagte sie und lächelte. Irgendwie lächelte sie die ganze Zeit. Sie war ja auch glücklich... Auch wenn es einen gab, der ihr bereits gründlich die Laune verdorben hatte. Aber diesen Gedanken schob sie ganz weit von sich weg. „Ach ich bin befördert worden“, berichtete sie ihr dann noch. „Ich bin die Aeditua für den Tempel der Iuno Moneta.“ Man sah ihr an, dass sie Stolz darauf war. Es war ihre Leistung gewesen, ganz allein ihre. Ohne jegliches Vitamin B.


    Die Frage wie alt Laevina war, überraschte sie dann. Sie hatte niemals danach gefragt und in ihren Augen war die Germanica steinalt. Wie ein Drache. Diese war ja auch der Hausdrachen... „Das weiß ich nicht so genau. Ich hab sie nie gefragt... Wir sind ja auch nur ganz entfernt verwandt und ich fand es unhöflich sie danach zu fragen!“ antwortete sie dann. Sie brauchte ja nicht erwähnen, dass sie sich bisher keine Gedanken darüber gemacht hatte.


    Leicht zuckte sie mit den Schultern. Sie war im Grunde froh, dass es schon bald soweit war, auch wenn das jede Menge Arbeit bedeutete. „Es wird schon alles klappen“, versicherte sie Septima. Das die Freundin sehr lange an ihrer tunica recta gesessen hatte, verunsicherte sie dann doch und leichte Panik machte sich in ihr breit. Septima hatte spinnen und weben gelernt und sie war noch ein blutiger Anfänger...


    Wie gut das sie sich dann anderen Themen wieder widmeten. Langsam nickte Calvena, sie hatte eine solche Antwort erwartet. Sie würde wohl in Septimas Situation das selbe sagen. „Dann ist gut“, sagte sie ruhig. Etwas besseres viel ihr in der Situation nicht ein. Ob sie Septima fragen sollte? Eigentlich schon, dafür war eine Pronuba da, sie bereitete die Braut auf die eine Nacht vor. „Wie war deine erste Nacht mit ihm?“ fragte sie dann zögerlich. So endlich war es raus.

    Auch ihr reichte die Sklavin, den gewünschten Saft, doch noch nippte sie nicht daran, sondern wartete erst einmal die Antwort auf ihre Frage ab.
    Erleichterung und Freude durch rieselten sie Gleichzeitig und sie erwiderte den Druck von Septimas Hand. „Vielen Dank“, lächelte sie freudig. Damit wäre zumindest schon ein kleiner Teil der Hochzeitsvorbereitungen beendet. Aber es wartete noch so unendlich viel auf sie. Nur hatte Valerian kaum zeit sich an den ganzen Vorbereitungen zu beteiligen. Dafür aber gab es Sklavinnen und Freundinnen die ihr mit Begeisterung halfen. Eigentlich würde Valerian am Ende nur eine Aufgabe zu fallen: Bei der Hochzeit Anwesend zu sein und sie anschließend nach Hause zu bringen.


    Da sie jetzt eine Pronuba hatte, konnte sie dieser all die Fragen stellen, die ihr im Kopf herum schwirrten, dennoch blieb sie einen Augenblick unschlüssig. Das war alles so intim. Zwar wusste sie im wesentlichen was zwischen Frau und Mann in der Hochzeitsnacht vor sich ging, doch es war etwas anderes, darüber zu reden und neugierige Fragen zu stellen. Noch zögerte sie und dennoch konnte sie die hartnäckigen Fragen in ihrem Kopf nicht überhören.
    „Ohja, viel zu viel...“, gab sie dann offen zu, als Septima fragte ob sie viel mit den Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt war. „Ich renn meinen Verwandten derzeit hinter her um die Gästeliste vollständig zu bekommen“, berichtete sie offen. Froh erst einmal ein unverfängliches Thema gefunden zu haben. Auch wenn Calvena oft sehr Selbstbewusst wirkte, gab es doch Dinge die auch sie Unsicher machten. Und diese Dinge rückten nun unaufhörlich näher, je näher ihre Hochzeit kam. Zum Thema tunica recta machte sie eine unbestimmte Geste. Sie wollte nicht zugeben, dass sie völlig talentlos war, wenn es ums weben ging. „Meine Großtante hilft mir dabei!“ eine ehrliche Antwort, sagte aber nichts darüber aus, wie weit sie schon war und dass sie im Grunde am liebsten den elenden Webstuhl zu Kleinholz verarbeiten wollte.
    „Wir wollen im April heiraten, der genaue Termin steht noch nicht fest. Es ist auch nicht so leicht etwas fest zu legen, wenn der Verlobte ständig dienstlich beschäftigt ist“, ein Lächeln milderte ihre Worte ab. Sie wusste, dass sie Valerian würde immer teilen müssen. Damit konnte sie leben. Sie liebte ihn und das war das wichtigste. Mit den Umständen konnte sie sich arrangieren.
    Ein Strahlen zeigte sich auf ihren Zügen, als Septima nachfragte, ob sie aus Liebe heiratete. Calvena nickte. „Ja, das tun wir!“ Am liebsten hätte sie es in die Welt gebrüllt, aber das wollte sie Septima dann doch nicht antun. Ihr Lächeln wurde jedoch etwas blasser, als sie sich in Erinerung rief, dass es sich bei Septimas Hochzeit um eine arrangierte handelte.
    „Bist du eigentlich glücklich?“ fragte sie dann. „Ich meine richtig glücklich, nicht nur die Vorspiegelung falscher Tatsachen!“

    Sie konnte an dem Gesichtsausdruck von Serrana erkennen, dass ihr das Thema nun auch unangenehm wurde. Ihr selbst lief ein eisiger Schauer den Rücken herunter. Sie hoffte, dass sie niemals in die Lage kam, ein Kind abzutreiben. So wie es ihre Freundin sah, so sah sie es auch: Es war Mord. Das Gesetzt mochte etwas anderes sagen, aber ihr Verstand und ihr Gewissen würden immer das selbe sagen: Es war Mord. Leben war kostbar, wie klein es auch sein mochte und dieses Leben sollte beschützt werden, nicht zerstört. Sie schenkte Serrana eine verzerrtes Lächeln. Calvena konnte sie verstehen und ihre Worte nur unterstützen. „So geht es mir auch. Ich könnte mir gar nicht vorstellen, mir und meinem Kind so etwas an zu tun!“ Noch ahnte sie ja nicht, dass die Iunia Zeugin einer solchen Abtreibung geworden war.


    Etwas an der Haltung von Serrana veränderte sie sich. Sie wurde entschlossener, sicherer und kämpfte gegen ihre Ängste an. Man sah ihr an, dass sie für sich selbst eine Entscheidung getroffen hatte. „Die Angst vergeht. Irgendwann wird dein Körper seinen Tribut fordern und wenn du einmal richtig durch geschlafen hast, dann wird es leichter“, wusste sie aus Erfahrung zu sagen.


    Eine gewisse Erleichterung machte sich in ihr breit. Die Anspannung die dieses Gespräch begleitet hatte löste sich. Kurz atmete sie einmal tief durch. Wenn möglich dachte sie nicht darüber nach und verdrängte es, dass sie solch ein Wissen besaß. Es war zu gefährlich und auch zu verlockend, in mancher Hinsicht. Lieber wollte sie auf andere Dinge zu sprechen kommen. „Du siehst etwas besser aus. Du hast wieder Farbe im Gesicht“, teilte sie ihrer Freundin mit. „Willst du dich kurz frisch machen? Dann können wir uns anderen Dingen zu wenden!“ schlug sie vor. Nur schnell wieder das wissen begraben und verstecken.

    Das Gespräch mit Aviola drehte sich noch eine ganze Weile um den Cultus Deorum und seiner Mitglieder. Einen Namen vermied Calvena allerdings zu erwähnen: Aulus Flavius Piso. Sie wollte ihn aus ihren Gedanken verbannen, nie wieder sehen oder mit ihm zu tun haben und doch verfolgten seine Drohungen sie auf Schritt und Tritt durch den Tempel und die angrenzenden Gebäude. Bisher war er ihr nicht über den Weg gelaufen, aber das hieß nicht, dass er nicht irgendwo seine Spitzel hatte. Sie fing schon an hinter jeder Ecke Gespenster zu sehen...


    „... der Tempel der Iuno Moneta wurde 344 v. Chr von Marcus Furius Camillus errichtet.“ Calvena zwang ihre Gedanken wieder in die Realität und zu dem Gespräch. „Hier auf dem Arx, dem höheren der beiden Kapitol Gipfel gibt es auch noch andere Heiligtümer. Mithras und Isis werden hier noch verehrt und haben ihre Heiligtümer in unserer Nachbarschaft. Wir tauschen uns oft untereinander aus, schließlich arbeiten wir alle im Cultus Deorum“, berichtete Aviola. Calvena lauschte ihren Ausführungen schweigend. Vieles was die Kollegin erzählte, wusste sie bereits, hatten sie im Unterricht behandelt, aber es schadete nie sein Wissen aufzufrischen.


    „Und hier ist der Verschlag für die Gänse“, erklärte die Priesterin voller Stolz und Calvena trat ein Stückchen näher heran und betrachtete die schneeweißen Tieren. Lautes Geschnatter erhob sich und es raschelte laut.


    „Wunderschöne Tiere“, lächelte sie. Kurz zuckte es in ihren Fingern, als wolle sie eines der Tiere streicheln, aber sie hielt sich dann zurück. Gänse konnten zubeißen und das tat weh.


    „Schon bald werden sie sich an dich gewöhnt haben. Sie kennen jeden Priester, Tempeldiener und Schüler, die zu unserem Heiligtum gehören. Sobald sie mit dir vertraut sind, werden sie zu dir kommen und sich von dir füttern und auch streicheln lassen. Fremde hingegen beißen sie.“


    Wieder nickte Calvena. Es fühlte sich richtig an, hier zu sein. Hier in diesem Tempel, das war ihr Platz. Sollte der Flavier nach Gründen suchen um sie aus dem Cultus Deorum zu vertreiben, sie würde ihm keine liefern. Sie diente schließlich im Tempel der Iuno Moneta, der großen Beschützerin und sicher würde die Göttin ein wachsames Auge auf ihre Dienerin haben. Sollte der Flavier in den tiefen von Plutos Reich schmoren, er würde sie nicht klein kriegen.


    „In unmittelbarer Nachbarschaft dieses Tempels befindet sich auch die römische Münzstätte“, sagte diesmal Calvena und Aviola lachte. „So ist es!“

    Immer noch strich sie leicht gedankenverloren mit den Fingern über eine Saite ihres Instrumentes. Konnte es sein das Vitale mehr fragen wollte, sich aber nicht traute, weil er nicht wusste wie sie darauf reagieren würde? Gut möglich, aber das Thema wandte sich dann auch schon wieder fast umgehend den nötigen Hochzeitsvorbereitungen. Ihr Blick fiel wieder auf die Liste und sie strich einen weiteren Namen durch: Decimus Verus, ein Freund von Sedulus... und mehr. Doch keiner wusste was aus ihm geworden ist. Er war nach Germanien gegangen und seit dem gab es kein Lebenszeichen mehr von ihm. Eigentlich schämte sie sich für das Gefühl der Erleichterung. Aber sie konnte einfach nicht das letzte Zusammentreffen vergessen. Mit einem leichtem Kopfschütteln vertrieb sie die Gedanken. Ein weiterer Name wurde von der Liste gestrichen: Octavius Victor, dieser hatte sich aus Rom zurück gezogen und war aus Gründen der Krankheit nicht zu erreichen. Zwar war die Liste nun etwas kürzer, aber noch fehlten die Gäste von Avarus.
    „Mit den Einladungen sollten wir tatsächlich bald anfangen, auch muss ich noch einen Brief an Lucilla verfassen.“ Der Name von Avarus Frau stand nicht auf der Liste, er sollte nichts davon mitbekommen, dass sie ihn überraschen wollte. „Die Hochzeit rückt unaufhaltsam näher. Erst einmal kannst du mir nicht helfen, es sei denn du kannst weben“, sie grinste schief. Die ersten Versuche den Stoff für ihre tunica recta waren kläglich gescheitert. Völlig entnervt und auch schon fast hysterisch hatte Laevina sie aus dem Zimmer verbannt und ihr an den Kopf geworfen, dass sie ein talentfreies Huhn war. Diese Worte trafen den Kern der Sache, sie besaß keinerlei Geschick an Webstuhl und wäre beinahe in Tränen ausgebrochen, als der Stoff sich aus unerfindlichen Gründen gekräuselt hatte und die Wolle gerissen war. Wutentbrannt hatte sie das Webschiff in eine Ecke geschmissen wo es dann auch noch zerbrochen war. Es war frustrierend gewesen und sie und Laevina hatten sich ganz übel gestritten. Dabei hatten sie sich erst gerade angenähert. Sie hatte sich mal wieder ziemlich fiese Dinge an den Kopf geworfen... Sie seufzte, sie würde sich bei der Großtante entschuldigen müssen und sie um noch einen Versuch bitten.

    Ihre Gedanken drehte sich um Dinge über die sich nicht reden durfte. Manchmal war es nicht leicht Geheimnisse zu bewahren, besonders dann nicht, wenn es nicht die eigenen waren. Ihr lag viel an der Freundschaft zu Macer und auch Septima, dass sie sich würde niemals unbedacht dazu äußern würde.
    Lange brauchte sie nicht auf ihre Freundin warten und sich somit auch nicht mit den Fragen beschäftigten, über die sie sowieso nicht reden würde. Jedenfalls nicht hier. Wer wusste schon, welche Ohren einfach mithörten. An einem anderen Ort zu einer anderen Zeit würde sich die Gelegenheit vielleicht irgendwann ergeben.
    Erfreut begrüßte sie ihre Freundin, erwiderte die flüchtige aber herzliche Umarmung und die kleinen Küsse. „Ich komm doch nicht ungelegen?“ fragte sie dann, während sie sich wieder setzte und leicht in den Korbstuhl zurück sinken ließ. „Ich würde dich gern um etwas bitten“, begann sie dann auch gleich und lächelte Septima zu. Sie war sich ziemlich sicher, dass diese nicht Nein sagen würde.
    „Also“, sie machte eine kurze Pause. „Ich würde dich gern darum bitten, meine Pronuba zu werden. Ich wüsste nicht wen ich sonst Fragen soll und du bist mir eine solch treue Freundin geworden, dass es mir eine große Ehre, wenn du diese Aufgabe übernehmen würdest!“ erklärte sie ihr und sah die Tiberia dann auch ein wenig nervös an. Bitte sag ja, dachte sie beschwörend.

    Serrana war wirklich für sie so etwas wie eine Schwester. Sie Beide konnten miteinander über alles reden und sie genoss diese tiefe Freundschaft. Aus diesen und noch viel mehr Gründen tröstete sie die Iunia und lauschte deren Sorgen. Doch das Thema, welche sie angeschnitten hatten, war auch ihr Unangenehm. Sie hatte das Gefühl, dass sie nicht die Richtige war, die Serrana über diese Dinge aufklärte. Doch wer sollte es denn sonst tun. Laevina würde Serrana wohl wegen deren Ängste und Sorgen auslachen und niemals der Enkelin anvertrauen, dass es die Möglichkeit gab eine Schwangerschaft zu verhindern und abzubrechen. Sie würde wohl nur sagen, dass sich das Mädchen nicht so haben sollte und ihren Pflichten als Ehefrau nach kommen. Egal ob sie dabei starb oder nicht. Sie seufzte und war froh, dass sie sich auf die Verschwiegenheit ihrer Freundin verlassen konnte. Calvena gab sich alle Mühe die Fragen ihrer Freundin zu beantworten.


    „Ja, es gibt die Möglichkeit einen Abbruch der Schwangerschaft herbei zu führen. Es ist eine Scheußliche Angelegenheit und das letzte Mittel zu dem man greifen sollte, wenn man das Kind nicht will. Es führt eine Vergiftung herbeigeführt, damit der Körper der Mutter das Kind ab stößt. Es kann eine Menge schief gehen, man kann verbluten, eine Entzündungen bekommen oder tödliches Fieber oder wenn das Mittel nicht richtig dosiert ist, stirbt man an Vergiftung!“ Dieses Gespräch hatte sie mit einer ihrer älteren Ziehschwestern geführt Ein leichtes Mädchen, aber eigentlich war sie eine Tänzerin gewesen, die nur das Bedürfnis auf Selbstbestimmung gehabt hatte. Das sie sich die Männer einfach ins Bett geholt hatte, war eine andere Sache gewesen. Ihr war es aber wichtig gewesen, dass Calvena und die anderen Mädchen sich ihrer Möglichkeiten bewusst waren. Sie war entsetzt gewesen, aber später als sie in Ruhe darüber nachgedacht hatte, war sie froh gewesen, dass sie durchaus die Wahl hatte.
    „Selbst wenn eine Abtreibung gut geht, kann es vorkommen, dass man anschließend unfruchtbar ist. Man muss sich über das Risiko bewusst sein“, sie machte eine kurze Pause. „Ich würde nicht einmal darüber nachdenken. Aber es ist gut zu wissen, dass man als Frau eine Wahlmöglichkeit hat“, sagte sie ruhig und drückte Serranas Hand. „Du bist weder feige noch dumm, nur weil du Angst hast. Ich hab auch Angst, nur denke ich darüber nicht nach. Ich lass es auf mich zukommen. Was bleibt mir auch anderes übrig. Außerdem liebe ich Valerian und ich will auch Kinder mit ihm. Überlege dir, was du willst. Du musst nicht zwingend mit Sedulus über deine Ängste reden, aber du solltest dir bewusst werden, was dir wichtiger ist. Deine Ängste oder dein Leben. Lass deine Ängste nicht dich beherrschen, du würdest nur daran zerbrechen.“ Das war der beste Rat den sie Serrana geben konnte.
    „Du hast die Wahl“, sagte sie dann noch und schwieg dann erst einmal einen Augenblick.

    Manche Dinge vergaß man einfach oder verdrängte sie, wie in diesem Fall, wobei sie nie auf die Idee gekommen wäre dass es eine Verbindung zwischen Verus und Piso gab. Wo her sollte sie auch wissen, dass seine Tochter es dem Flavier angetan hatte. Manche Dingen sollten eben erst einmal ein Rätsel bleiben.
    Auch wenn Valerian an alten seelischen Wunden gerührt hatte, konnte sie ihm nicht Böse sein. Sie hatte gelernt sich den Dingen zu stellen, auch wenn es schmerzte. Außerdem würde er ihr nie mit Absicht wehtun wollen. Sie verzieh ihm seine kurze Unsensibilität auf der Stelle. Um ihm das zu zeigen, küsste ihn kurz. „Schon gut, ist nicht schlimm“, sagte sie sanft.


    Leider blieb ihnen nicht so viel Zeit zu zweit, wie sie gehofft hatte. Nur wenig später tauchte ihr Onkel auf und fand sie in enger Umarmung vor. Ein wenig löste sie sich von Valerian und bei dem Blick ihres Onkel, wurde ihr mulmig zu Mute. Was war denn los? Selbst Avarus war nicht mehr gegen ihre Hochzeit, oder zumindest ließ er sich seinen Unmut nicht anmerken. Sie schluckte trocken und hoffte, dass es keine Hiobsbotschaft war. Da Valerian bereits gefragt hatte, was los war verkniff sie sich eine panische Nachfrage.

    Ohne viel Zögern, ließ der Sklave sie dann auch direkt ins Haus. Sie schenkte ihm ein Lächeln und folgte ihm durch die vertrauten Räume, zuletzt war sie zum Empfang hier gewesen und hatte dabei gleich eine Gelegenheit gehabt sich ein wenig umzusehen. Trotzdem würde sie nicht von sich behaupten, dass sie sich problemlos in der Villa zurecht fand. Sie würde sich wohl hoffnungslos verlaufen, wenn sie allein durch die Gänge finden müsste.
    Kurzerhand machte sie es sich in einem Korbsessel bequem und ließ sich dann Holundersaft bringen. Ihr Blick blieb an den Wandbildern und Mosaiken hängen, die das Tablinum zierten. In Gedanken ging sie bereits durch, was sie alles Septima fragen wollte. Eigentlich das Wichtigste zuerst, der Rest würde dann schon kommen. Sie musste daran denken, auf welche Weise sie Septima kennen gelernt hatte. Dabei musste sie schmunzeln, obwohl ihr damals der Schreck ganz schön in den Knochen gesteckt hatte. Sie hatten sich zu den Ludi Romani kennen gelernt, Septima hatte den Bären, welcher sich losgerissen hatte, mit süßen Honigkuchen beworfen um ihn von der Gruppe junger Damen und ihrer Begleiter abzulenken. Die Tiberia war ihr ans Herz gewachsen. Außerdem bewahrte sie ein heikles Geheimnis, von dem Septima gar nicht wusste, dass sie es wusste... Ob Septima glücklich war? Sie genau konnte sie es nicht beurteilen. Sie wünschte es sich, aber die Umstände waren kompliziert und verworren. Calvena seufzte, das Schicksal meinte es mitunter nicht gut mit den Menschen. Irgendwie stand sie zwischen den Stühlen. Sie würde sich wohler fühlen, wenn sie mit Septima darüber reden konnte. Doch die Villa Aurelia war dafür denkbar ungeeignet. Lieber sollten sie sich dann ein anderes Mal treffen um darüber zu reden. Sie war ja aus gänzlich anderen Gründen hier. Um ein Gespräch von Braut zu Braut zu führen.