Das Gespräch mit Aviola drehte sich noch eine ganze Weile um den Cultus Deorum und seiner Mitglieder. Einen Namen vermied Calvena allerdings zu erwähnen: Aulus Flavius Piso. Sie wollte ihn aus ihren Gedanken verbannen, nie wieder sehen oder mit ihm zu tun haben und doch verfolgten seine Drohungen sie auf Schritt und Tritt durch den Tempel und die angrenzenden Gebäude. Bisher war er ihr nicht über den Weg gelaufen, aber das hieß nicht, dass er nicht irgendwo seine Spitzel hatte. Sie fing schon an hinter jeder Ecke Gespenster zu sehen...
„... der Tempel der Iuno Moneta wurde 344 v. Chr von Marcus Furius Camillus errichtet.“ Calvena zwang ihre Gedanken wieder in die Realität und zu dem Gespräch. „Hier auf dem Arx, dem höheren der beiden Kapitol Gipfel gibt es auch noch andere Heiligtümer. Mithras und Isis werden hier noch verehrt und haben ihre Heiligtümer in unserer Nachbarschaft. Wir tauschen uns oft untereinander aus, schließlich arbeiten wir alle im Cultus Deorum“, berichtete Aviola. Calvena lauschte ihren Ausführungen schweigend. Vieles was die Kollegin erzählte, wusste sie bereits, hatten sie im Unterricht behandelt, aber es schadete nie sein Wissen aufzufrischen.
„Und hier ist der Verschlag für die Gänse“, erklärte die Priesterin voller Stolz und Calvena trat ein Stückchen näher heran und betrachtete die schneeweißen Tieren. Lautes Geschnatter erhob sich und es raschelte laut.
„Wunderschöne Tiere“, lächelte sie. Kurz zuckte es in ihren Fingern, als wolle sie eines der Tiere streicheln, aber sie hielt sich dann zurück. Gänse konnten zubeißen und das tat weh.
„Schon bald werden sie sich an dich gewöhnt haben. Sie kennen jeden Priester, Tempeldiener und Schüler, die zu unserem Heiligtum gehören. Sobald sie mit dir vertraut sind, werden sie zu dir kommen und sich von dir füttern und auch streicheln lassen. Fremde hingegen beißen sie.“
Wieder nickte Calvena. Es fühlte sich richtig an, hier zu sein. Hier in diesem Tempel, das war ihr Platz. Sollte der Flavier nach Gründen suchen um sie aus dem Cultus Deorum zu vertreiben, sie würde ihm keine liefern. Sie diente schließlich im Tempel der Iuno Moneta, der großen Beschützerin und sicher würde die Göttin ein wachsames Auge auf ihre Dienerin haben. Sollte der Flavier in den tiefen von Plutos Reich schmoren, er würde sie nicht klein kriegen.
„In unmittelbarer Nachbarschaft dieses Tempels befindet sich auch die römische Münzstätte“, sagte diesmal Calvena und Aviola lachte. „So ist es!“