Calvena hatte sich alle Mühe gegeben, dass keiner der Familienmitglieder mitbekommen würde, was sie geplant hatte. Das war gar nicht so einfach gewesen, denn irgendwer war immer zu Hause gewesen. Aber am Ende war es ihr doch irgendwie gelungen. Kurz nickte sie, als Elissa zu ihr zurückkam und ihr berichtete dass das Instrument wohlbehalten im Garten angekommen war. Innerlich seufzte sie auf.
Es erhob sich der Ton einer Flöte in die Lüfte, ätherisch und leicht, schwebte durch den Garten und verstummte ganz langsam. Kurz schlugen Glöckchen aneinander, der Klang schien von überall und nirgends zu kommen. Einmal, zweimal, dreimal, ihr Klang entschwebte, getragen vom Wind. Und dann zart wie Schmetterlingsflügel wanderten Finger über die Saiten einer Harfe. Ebenso leicht schwebte dann der Klang von Calvenas Stimme durch die Lüfte. Sie saß direkt unter dem alten Olivenbaum.
O light the candle, John
The daylight has almost gone
The birds have sung their last
The bells call all to mass
Sit here by my side
For the night is very long
There's something I must tell
Before I pass along
I joined the brotherhood My books were all to me
I scribed the words of God
And much of history
Many a year was I
Perched out upon the sea
The waves would wash my tears,
The wind, my memory
I'd hear the ocean breathe
Exhale upon the shore
I knew the tempest's blood
Its wrath I would endure
And so the years went by
Within my rocky cell
With only a mouse or bird
My friend; I loved them well
And so it came to pass
I'd come here to Romani
And many a year it took
Till I arrived here with thee
On dusty roads I walked
And over mountains high
Through rivers running deep
Beneath the endless sky
Beneath these jasmine flowers
Amidst these cypress trees
I give you now my books
And all their mysteries
Now take the hourglass
And turn it on its head
For when the sands are still
'Tis then you'll find me dead
O light the candle, John
The daylight is almost gone
The birds have sung their last
The bells call all to mass
[SIZE=7]Loreena McKennitt- Skellig[/SIZE]
Die letzten Töne schwebten durch den Garten. Eine Traumwelt hatte sie entstehen lassen, Sehnsüchte geweckt. Sie selbst hatte die Augen geschlossen gehabt, denn meist fühlte sie sich wohler, wenn sie die Welt aussperren konnte. Für einen Moment herrschte tiefe Stille.
Fast wie ein Donnerschlag erklang dann aus dem anderen Ende eine Trommel. Laut und dröhnend, tief und mächtig. Erst wie ein Herzschlag, langsam und bedächtig, ehe er schneller wurde, wild und leidenschaftlich. Nun trat Nayyirah in den vorbereiteten Feuerkreis, in den Händen hielt sie mehrere Fackeln, mit einer geschmeidigen Bewegungen verneigte sie sich vor den anwesenden Gästen, ehe sie sich einmal um die eigene Achse drehte und einen Ring aus Flammen um ihren Körper formte. Tänzerinnen in knappen kurzen roten Kleidern traten aus dem Schatten und gesellten sich an ihre Seite. Kleine Glöckchen klangen in ihren Fußgelenken, silbern und hell. Synchron entzündeten sie Fackeln an den bereitstehenden Öllampen.
Spiralen aus Feuer umspielten die Rundungen, in atemberaubender Geschwindigkeit wirbelten die Fackeln umehr, woben komplizierte Muster in die schwarze Nacht. Rot, gelb und orange leuchteten auf. Während alle Blicke gebannt auf den vier fast noch blutjungen Tänzerinnen lag, war Nayyirah einige Schritte zurückgegangen. Genau zwischen zwei Feuerschale deren Flammen beständig flackerten. Ein Trommelwirbel und plötzlich schoss eine Feuersäule gen Himmel. Für einen Moment war die Nacht grell erhellt. Wie in Flammen gehüllt stand die dunkle Schönheit völlig gelassen da und wirbelte einmal um die eigene Achse. In ihren Händen hielt sie nun Fackeln, welche an beiden Enden entzündet waren. Erst langsam und bedächtig, dann immer schneller drehte sie ihre Handgelenke. Sie zeichnete Wirbel um sich, warf die Fackeln in die Luft und fing sie dann auch wieder auf.
Fasziniert folgte auch Calvena dem Spiel aus Feuer und Nacht, zwar hatte sie in etwas abgesprochen was geschehen soll, aber dennoch war es nicht minder spannend. Sie hatte ihren Kopf auf den Korpus ihrer Harfe abgelegt und beobachtete aus blauen Augen die Künstler. Ihren eigenen Auftritt hatte sie ja erfolgreich hinter sich gebracht und sie war auch ganz froh, dass sie jetzt nicht belagert wurde.
Geschmeidig drehten sich die vier Tänzerinnen, bewegten sich wie Weidenzweige im Wind. Schon fast lasziv bewegte sie sich im Gleichklang und lächelten auch dem einen oder anderen Gast verführerisch zu.
Nayyirah folgte den Mädchen mit denselben Bewegungen, nur untermalte sie diese mit dem Spiel der Fackeln und mit dem gefährlichen Spiel mit Feuer. Immer wieder malte sie komplexe Muster in die schwarze Nacht, Spiralen und Wirbel. Ein Zwei Feuerräder entstanden durch ihre Bewegungen neben ihrem Körper.
Wieder ein Trommelwirbel und eine Feuersäule, welche die Nacht erhellte und scheinbar bis zu den Sternen reichte. Plötzliche Dunkelheit und Stille hüllte den Garten ein.
Auch Calvena brauchte einen Moment um mitzubekommen, dass dies das Ende war.