Ihrem Lehrer schien es eine gewisse Freude zu bereiten, seine beiden jungen Schülerinnen auf diese Weise zu unterrichten. Außerdem war er ein guter Erzähler und wusste an den richtigen Stellen kleine dramatische Pausen einzusetzen. Das sie dann auch noch beim Höhepunkt seiner Erzählung zusammen zuckten, bereitete dem alten Mann doch tatsächlich eine gewisse Genugtuung, oder zumindest machte es den Anschein. Schließlich nickte sie, als Durmius Verus sie aufklärte, in welcher Form sich ein prodigium am häufigsten zeigte. Diese Naturereignisse klangen irgendwie logisch, wie sonst sollten die Götter ihren Unmut über die Taten der Menschen zeigen. Aber vermutlich würden die Götter auch andere Wege und Mittel finden um ihren Zorn zu zeigen. Innerlich hoffte sie, dass sie niemals so ein prodigium erleben würde. Den Zorn der Götter nahm man schließlich nicht leichtfertig hin und es würde ihr einen gewaltigen Schrecken einjagen, wenn so etwas geschah. Nachdenklich sah sie ihren Lehrer an, hatte er schon an vielen solcher Entsühnungen teilgenommen? Oder geschah so etwas eher selten, oder geschah es häufiger, dass ein Einzelner den Zorn eines Gottes auf sich zog, als das Imperium….
Aufmerksam hörte sie ihrem Lehrer zu. Das was er beschrieb konnte im Grunde jeden Römer treffen, ob wohlhabend oder nicht. Leicht schauderte sie, sie wollte gar nicht erst daran denken. Zumal sie ja selbst bald heiraten würde. Es musste furchtbar sein, wirklich jedes Kind zu verlieren. Die Frage war nun, hatte der Mann einen Gott erzürnt, womöglich Iuno, welche ja für den Schutz der Frau stand, oder aber war die Frau nur unfruchtbar. Oder aber hatte die Familie des Mannes die Götter erzürnt und sie wollten diese nun strafen, indem sie diesen Zweig einfach auslöschten. Für die Götter war das Leben der Menschen meist ja nur ein Wimpernschlag. Was würde sie diesem Mann raten, wenn er zu ihr kam und sie um Rat bat. Die Frage war, womit konnte dieser Mann die Götter erzürnt haben, oder die Familie und warum wurde dann seine Frau bestraft. Oder aber lag es in der Natur der Dinge, dass das Paar kein gesundes Kind bekommen würde. Es konnte aber auch sein, dass die junge Frau eine Feindin hatte, welche ihr das Glück missgönnte, oder aber den einflussreichen Senator als Ehemann.
„Wodurch könnte der Mann den Zorn der Götter entfacht haben? Oder aber hat er Feinde, die seine Linie lieber Tod als lebendig sehen. Die Konkurrenz ist groß und die meisten Senatoren haben Feinde, es kann auch gut sein, dass die Fehlgeburten und die Missbildungen daher kommen, dass die Frau vergiftet wird“, machte sie einen nachdenklichen Einwurf.