Calvena war sich ziemlich sicher, das es eben nicht nur Valerian zuzuschreiben war, dass dieses Vieh sich auf die Gruppe junger Damen gestürzt hat. Aber es war vorbei, warum sich deswegen streiten, sie waren alle mit einem Schrecken und nicht mehr als ein paar Kratzern davon gekommen. Sah man einmal von den ruinierten Kleidern ab. „Mir wäre es lieber, wenn sie diesen unverantwortlichen Mann bald fassen, wer weiß, ob er nicht wieder so eine wilde Bestie los lässt!“ seufzte sie und ließ damit dann das Thema fallen.
Sie war die Letzte die Romana einen Vorwurf machen würde, dass sie war wie sie war. Aber auch sie wusste sich in bestimmten Situationen zu beherrschen. Sicher oft genug gelang es ihr nicht, ihre impulsive Art zu unterdrücken, dazu war sie einfach viel zu frei gewesen in den letzten Jahren. Niemanden hatte es gestört, dass sie aufbrausend war oder eben etwas Leidenschaftlicher, als es ihr gut tat. „Es gibt einen unterschied zwischen resolut und naja einer keifenden Furien... kaum bist du auf diesen Marhabal, oder wie der auch immer heißt, zu sprechen gekommen, hast du völlig vergessen wo wir sind...“, meinte sie mit leichtem Vorwurf. „Und einmal ehrlich, würdest du dich gern auf diese Weise konfrontieren lassen?“ hackte sie nach. „Außerdem...“, sie zeigte ein leichtes verschmitztes Lächeln, „sind Männer meist nicht auf eine Furie vorbereitet!“ Ob dies wohl die Lage nun etwas auflockerte. Das würde sie Beide wieder entspannen.
Leicht schüttelte sie den Kopf. „Valerian wäre wohl der letzte Mann auf Erden, der mich irgendwo einsperren würde!“ versicherte sie ihr. Kurz runzelte sie die Stirn. „Sicher hat Valerian einen Patron...“, antwortete sie und überlegte, ob er diesen namentlich bereits erwähnt hatte. „Prudentius Balbus und der ist der Klient von Aelius Quarto! Soweit ich weiß ist dieser sogar mit den Germanicern verwandt!“ Sie hatte so etwas in den Stammbäumen gesehen. Aber auf welche weise, das konnte sie auf Anhieb nicht sagen, da würde sie wohl noch einmal nachschlagen müssen. Ihr Blick wanderte durch die vielen Regale mit Schriftrollen. Sie erhob sich und zog dann eine zielstrebig heraus. „Quarto ist mit Aelia Adria verheiratet, sie wurde adoptiert...“, meinte sie und verstaute die Chronik wieder an ihrem Platz. Gar nicht so einfach einen Überblick zu behalten bei so vielen Namen und verwandtschaftlichen Verhältnissen.
„Nun ja, mir gegenüber hat sich Dursus bisher sehr freundlich verhalten, aber es ist ein offenes Geheimniss, dass er auf Sedulus und ganz besonders auf Avarus nicht gut zu sprechen ist!“ sie setzte sich wieder ihrer Freundin gegenüber. „Und ich bin mir sicher, dass ich allein auf Grund meiner verwandtschaftlichen Beziehungen, nicht gerade auf der Liste seiner Förderer stehe!“ Leicht zuckte sie mit den Schultern und grinste dann. „Das scheint aber nur eine Eigenschaft der männlichen Germanicer zu sein, mit dir verstehe ich mich ja ganz gut und auch mit Tiberia Arvinia!“
Ihre Augen wurden groß, als Romana erzählte, dass einer ihrer Verwandten den Quindecimviren beitreten wollte. „Das ist aber lieb von dir!“ lächelte sie.
„Naja, weißt du, ich bin gerade erst dem Cultus Deorum beigetreten und ehe ich irgendwelche hochtrabende Träume hab, die sich nicht erfüllen, bleib ich erst einmal realistisch und mache einen Schritt nach dem anderem!“ entgegnete sie nachdenklich. „Erst mal will ich Sacerdos werden, was danach kommt, wird sich dann zeigen!“ meinte sie.
Schließlich kehrten sie mehr oder weniger zu dem Thema Valerian zurück. Sie war sich ziemlich sicher, dass Valerian sie nicht einsperren wollte. Er wusste dass sie eine gewisse Freiheit brauchte und das sie mittlerweile auch die nötige Vorsicht walten ließ. In der Hinsicht hatte ihr ja nicht nur Valerian den Kopf gewaschen.
Sie war gerührt von der Fürsorge ihrer Freundin. Offen erwiderte sie deren Blick und ergriff deren Hände. „Ich bin mir sicher, sehr sogar!“ versicherte sie ihr. „Ich bitte dich, lern ihn erst einmal richtig kennen! Geb ihm noch einmal eine Chance, ich könnte es nicht ertragen wenn ihr euch Beiden ewig wegen einer dummen Sache in den Haaren liegt! Du bist mir wichtig!“ Eindringlich sah sie Romana an.