Beiträge von Titus Duccius Vala

    "Danke, Miles." , nickte Vala dem Soldaten müde lächelnd zu, klopfte mit seinen Hacken an die Flanken seines Reittiers und trieb es damit zu langsamem Schritt durch die Straßen der Stadt an. Der Geruch von nassem Gras, altem Wald und den langsam fruchttreibenden Äckern wich rapide dem charakteristischen Gestank einer Stadt.. auch wenn der unfassbare Gestank der Stadt Rom sich als Tyrann aller Gerüche über alles erhob was ihm seine Nase sonst so meldete. Nein, das hier war nicht Rom.. und irgendwo war Vala da auch sehr glücklich drüber.

    "Moment... moment... das kenne ich, das kenne ich!" , rief Vala lachend aus, wie ein Kind, das sich darüber freute eine Weisheit im Unterricht von sich geben zu können, "Der Typ hieß... trommelwirbel... Caesar. Hah! War der Typ nicht Dictator?"
    Vor der Antwort bekam Vala allerdings noch zu sehen, wie Lupus in der Luft herumfuchtelte... und nichts geschah. Als sein Gastgeber dann doch verbal um Wein ersuchen musste, verzog Vala amüsiert die Lippen: "Mir scheint, hier sind einige Dinge eingerostet seitdem der letzte größere Aurelius hier seine Zelte abgebrochen hat. Ich hoffe, du überlebst den Mangel an Komfort und Selbstverständlichkeit hier im Norden.. hier ist einiges anders als im Süden, und wenn du mir erlaubst: nicht alles ist dabei schlechter."


    Den Kommentar über den Bart winkte Vala schließlich einfach nur ab. Er hatte sich so an den Pelz im Gesicht gewöhnt, dass er ihn wohl dalassen würde wo er gerade war... der Hinweis über den Aufenthalt des Aureliers ließ Vala allerdings mit neugierigem Blick aufhorchen: "Zukunftssicherung? Wie mag jemand, der von allen treuen Mannen des Vesculariers gesucht wird heute um Zukunftssicherung besorgt sein?"


    Im Hintergrund ein verräterisches Seufzen hörend, wandte Vala sich kurz um.. und erwischte Sirius dabei, wie er eine der wenigen Statuen im Atrium der Villa anschmachtete. Erst ein gewisses Räuspern ließ den Sklaven von dem bunt angemalten Stück Marmor absehen und eine gewisse Haltung annehmen, und Vala wandte sich mit einem entschuldigen Blick und einem Schulterzucken zu seinem Gastgeber um: "An sowas gewöhnt man sich, wenn man nicht du ist... achso, meine Anwesenheit... also, ich habe dem Legatus Aurelius vor zwei Tagen die Provinz Aegyptus vor die Füße gelegt. Sagen wir, der Ursupator Salinator wollte mich nicht haben... also will ich ihn auch nicht haben. Der Praefectus Aegypti und der Legatus Legionis der zweiundzwanzigsten dort waren relativ schnell einer Meinung mit mir, dass man sich von Rom lossagen sollte... um sich dem Potentaten Annaeus Modestus anzuschließen... erst haben wir Aegyptus auf Linie gebracht, dann bin ich los um dem LAPP die frohe Botschaft zu überstellen. Der will aber garkein Potentat sein... und jetzt bin ich hier, und verstecke mich... oder arbeite ebenfalls daraufhin, dass der Vescularier bald Blut atmet. Zukunftssicherung, verstehst du?"

    "Kiek a..." , entwich es Vala in der Sprache seiner Sippe, als er in das für nordprovinzielle Verhältnisse oppulente Tablinum geführt wurde, "..man könnte meinen, ich wäre nicht der einzige, der eigentlich woanders sein sollte. Dass du dir aber gerade meine Heimat als Versteck aussuchst wundert mich dann schon.."
    Die Aurelier hatten sicherlich als eine der wohlhabendsten Familiae überall ihre Güter.. und damit auch entsprechende Möglichkeiten jemanden wie Lupus überall dort untertauchen zu lassen wo es einem Mann mit dessen ansprüchen eher passen würde. Allerdings würde Vala sich sicherlich nicht beschweren... sicherlich nicht.


    "Den hab ich mir in Aegyptus wachsen lassen... beziehungsweise auf der Reise hierher." , griff Vala sich grinsend in den Bart, "..du hast dich hingegen rein gar nicht verändert.. dabei hat so ein Bart auch seine Vorteile, besonders wenn der eigene Name sich auf so ziemlich jeder Proscriptionsliste des Reichs befindet... ich gratuliere, du bist jetzt berühmter als du es mit zehn pompösen Spielen in Roma geschafft hättest. Wie hast du das fertig gebracht?"

    Als Vala das Arbeitszimmer betrat brachte er eine Ansammlung von Gerüchen mit sich, die jedem Mann anhafteten der die letzten drei Wochen damit zugebracht hatte sich vom Süden des Weltreichs zum Norden des Weltreichs zu begeben. Vala hatte seit Wochen nicht ausgiebiger gebadet als sich in aller Kürze in gewisse Flüsse zu tunken, stank nach Pferd, Stall, Leder... und vor allem nach Schweiß.
    Natürlich klopfte er nicht an, war ja schließlich zuhause und trotz seines kürzlich erlittenen Karriereknicks einer der ganz dicken Fische seiner Sippe.. zumindest dachte er das. Dementsprechend selbstverständlich war dann auch sein Auftreten, als er die beiden anwesenden mit einem breiten Grinsen grüßte: "Mooooooltiet."
    Der Typ hinter dem Schreibtisch musste ohne Zweifel Witjon sein... zwar hatte Vala den Kerl vor mehr als zehn Jahren das letzte Mal gesehen, allerdings hatte sich dessen Gesicht noch nicht allzu sehr hinter Barthaaren versteckt wie das von Vala. Aber die Haare hatte er sich langwachsen lassen, so wie Vala ebenso. Den anderen Kerl kannte Vala nicht... aber Albin hatte ihm ja gesagt, dass ein Mann namens Hadamar da wäre. Nur konnte Vala das Bild dieses Soldaten nicht mit dem Bild des Sohnes des Sigmar vereinbaren, den er erstens nur einmal in seinem Leben gesehen hatte, und der zu dem Zeitpunkt kaum sechs Sommer gesehen hatte. Die Stille die sich ausbreitete verlangte nach Unterbrechung, und so gab Vala sich freimütig mit einem 'Bi weer doa!!'

    Er war quasi auf dem Weg gewesen, als er wenige Tage nach seinem Eintreffen in Mogontiacum einen Blick auf die Villa der Aurelii geworfen hatte... die ihn eigentlich nicht im mindesten interessiert hätte, schließlich war das Ding die meiste Zeit nur von Hausgemensch und Verwaltertum bewohnt als von maßgeblichen Vertretern der maßgeblichen Familiae der Aurelii. Allerdings hatte Vala etwas aufgeschnappt, was ihn in diesem einen Moment nicht einfach gedankenlos daran vorbeireiten ließ, sondern ihn die Zügel ziehen und das Pferd halten ließ.
    "Wie hieß der Aurelius, der in der Regia gewesen sein soll?" , fragte Vala Sirius, der erst ein paar Schritte weiter registrierte, dass es nicht weiterging, und der seinen Herrn fragend anblickte: "Was weiß ich? Ach... keine Ahnung, hat man nicht gesagt, warum auch immer."
    Vala zog die Lippen schmal und dachte einen Moment lang angestrengt nach, schließlich waren die Aurelii weder wenige noch allesamt seine Verbündeten, aber wenn er richtig lag wäre es ein Zufall, der noch außerordentlich fruchtbringend sein könnte: "Na... dann lass es uns herausfinden."
    "Wie du wünschst, Dominus." , fluchte Sirius in seinen nichtvorhandenen Bart, hatte er sich doch nur gewünscht so schnell wie möglich von seinem Gaul herunterzukommen, meldete dann aber nachdem sie abgestiegen waren und er brav angeklopft hatte pflichtgemäß seinen Herrn: "Mein Dominus, Titus Vala von den Duccii, möchte gerne den Hausherrn sprechen, so dieser gerade einen Moment seiner wertvollen Zeit erübrigen kann."

    "Achwas?", entwich es Vala bevor er drüber nachdenken konnte... war es tatsächlich schon Ostera? Er hatte vollkommen das Gefühl für die Zeit verloren, wann hatten sie sich von Rom losgesagt? Wie lange war er auf dem Meer gewesen? Alles nurnoch undeutlicher Nebel in seinem Geist, der verdächtig nach Seetang und Kotze roch.
    "Haben die Stämme schon Ostera gefeiert?" , fragte er noch einmal genauer nach, auch wenn ihm der Gedanke seltsam anmutete nach Jahren im Süden auf einmal wieder alte Traditionen der Völker des Nordens wahrzunehmen.


    "Najo..." , murrte Vala und strich sich durch den Bart, den er sich auf der Reise hatte stehen lassen weil keine Zeit für Körperpflege gewesen war, "..ein wenig mehr Haar und Farbe im Gesicht, joa.. aber sonst?2
    Während der alte Mann von der Familie erzählte ließ Vala den Blick durch das Atrium und den hölzernen Gang gleiten, aber es zeigte sich niemand, wahrscheinlich alle ausgeflogen.
    "Moment, wie war das?" , hakte Vala nach, "Witjon hat sein Amt niedergelegt? Hatte das nen bestimmten Grund? Ich dachte der Mann führt die Civitas bis er tot umfällt...."

    "Ob ich ein Problem damit habe?" , grinste Vala ziemlich schief, weil ihm die Frage reichlich absurd vorkam, "Ich bin alles andere als in der Position um mit deinen Entscheidungen überhaupt ein Problem haben zu können, Annaeus. Was du entscheidest geschieht, ich nicke und lächle dazu... und schreibe einen Brief an deinen Vetter und unsere Verbündeten, dass der Cornelius der Kandidat der Wahl ist."


    Der nicht ausgesprochenen, weil fix durch die Sache unterbrochenen Einladung sich zu setzen kam Vala nun nach in dem er sich fix in einen der Sessel fallen ließ und einem der anwesenden Sklaven wortlos einen Becher Wasser aborganisierte. Der Annaeer schien bereits einen fixen Plan zu haben um gegen den Vescularier vorzurücken, was das Vorrücken generell enthielt: "Wenn dein Plan in diese Richtung geht, wirst du wahrscheinlich den Legaten Inferiors schon auf deine Seite gezogen haben... wie sieht es eigentlich mit Marcus Cethegus von den Corneliern aus? Da du offensichtlich seinen Bruder unterstützt, könnte er bequem dasselbe mit dir machen... schickt er etwas Brauchbares über das britannische Meer rüber?"


    Die Frage nach Valas Verdiensten während der Seuche in Mantua lächelte er nur halb verlegen weg, hatte ihn die Seuche doch selbst fast umgebracht... und ihm dann seine ersten militärischen Verdienste eingebracht. Er konnte sich denken, worauf der Annaeer anspielte, und wiegelte daher hastig die Frage nach seiner Rückkehr nach Aegyptus ab: "Ich werde ganz sicher nicht zurückkehren.. das Neptun war mir nicht unbedingt hold. Ich überlasse das Überbringen der Nachrichten Boten mit etwas weniger flatterhaften Mägen. Aber Aussitzen war definitiv eine Option... der Vescularier hat relativ schnell reagiert und hat Decimus Varus und Servius Reatinus auf eine Proscriptionsliste setzen lassen... mich hinzu. Je eher der Vescularier also tot im Tiber schwimmt, desto besser für mich... ich bin quasi zu allen Schandtaten bereit, was kann ich also tun?" Große Lust um den heißen Brei herumzureden hatte er nicht, der Annaeer hatte sich offensichtlich dazu entschlossen dem Vescularier selbst im Fahrwasser des Corneliers zu Leibe zu rücken... oder diesem den Weg zu bereiten. Da sprang Vala nur allzu gerne auf den Zug auf um das Ende des Vesculariers zu beschleunigen... und wenn es nur um eine Stunde war, es würde sich lohnen.

    Das.... war ganz und gar nicht das, was Vala erwartet hatte.


    Entsprechend entglitten ihm auch die Gesichtszüge, als er den Statthalter ziemlich belämmert anblickte. Er hatte damit gerechnet einen jubelnden, weil in seinen Chancen zum neuen Princeps zu werden eindeutig bereicherten Annaeer zu treffen. Dass der Mann sich dabei selbst dem in Syria ausgerufenen Cornelius Palma anschließen würde, hatte nie wirklich eine Rolle in ihren Überlegungen gespielt, zu groß waren die theoretischen Möglichkeiten eines Legaten in einer mit Militär nur so vollgestopften Provinz wie Germania Superior. Dass er jetzt Nachricht nach Aegyptus schicken musste, die seinen Mitrebellen klarmachte, dass sie Monate der Zeit verschwendet hatten war ziemlich bitter.


    "Ich.. eh..." , begann Vala, dem die Irritation immernoch deutlich anzusehen war, "...werde deinem Vetter... und den anderen.. entsprechende Nachricht zukommen lassen." Auf einmal fühlte Vala sich ziemlich müde, und ein fader Geschmack breitete sich auf seiner Zunge aus, als hätte er zu lange geschlafen und dabei auf einem Stück alten Leders herumgekaut.


    "...." , blickte er einen weiteren langen Moment bedröppelt drein, bis seine Gedanken irgendwann daran hängen blieben, dass es auch in dieser neuen Situation noch etliches zu organisieren gab... wie zum Beispiel den Anschluss an den Feldzug des Corneliers... wo immer dieser auch gerade steckte: "Darf ich davon ausgehen, dass du mit Appius Palma von den Cornelii in Verbindung stehst? Wir in Aegyptus haben bisher keinen größeren Kontakt zu ihm gehabt, außer, dass wir ihm Boten geschickt haben, dass wir seiner Sache nicht feindlich gegenüber stehen... zumindest vorerst...." Was implizit ausdrückte: in Aegyptus wusste man weder, ob man sich außer mit Salinator im Westen auch mit den Anhängern vom Cornelier im Osten schlagen musste.. eine ziemlich unbequeme Situation.

    Als sich der alte Mann auf seine übliche Art und Weise fluchend zeigte, strahlte Vala ihn breit an, war die unerschütterliche Griesgrämigkeit des heimlichen Hausherrn doch eine absolute Grundkonstante des Familienlebens.. die sich anscheinend auch nicht in den Jahren seiner Abwesenheit geändert hatte. Ein wenig irritierte es ihn aber dann doch, bei seinem alten Namen genannt zu werden... wie lange hatte man ihn schon nicht mehr Alrik genannt? Gut... Witjon adressierte seine Briefe stets mit Valas altem Namen, doch las Sirius die Briefe zumeist vor und kam stets zum wesentlichen ohne den ganzen Standardkram mitzuschwätzen.. und hier war er wieder einfach Alrik. Nicht Vala... früher war das kein Unterschied gewesen, aber Alrik war in Mogontiacum geblieben, während Vala sich auf in den Süden gemacht hatte.
    Dass sie Latein sprachen fiel ihm gar nicht mehr auf..


    "Genau der, Albin." , versuchte Vala sich doch wieder in breiter Freude, "..sagen wir, ich hatte Sehnsucht nach meiner Familie, und einer Gegend in der sich im Sommer nicht die eigene Haut schält. Wie ich sehe, hast du dich kaum verändert, Albin... wie stehen die Dinge um den Rest?"

    Mit Sirius im Schlepptau folgte Vala dem Soldaten zu dem Zimmer, in dem anscheinend der Statthalter auf ihn wartete.. als er zuletzt durch diese Gänge gegangen war, hatte sein Patron als Statthalter des Kaisers auf ihn gewartet. Der Kaiser war nun tot, sein Patron befand sich als dessen offensichtlicher Mörder im Exil und Vala selbst war konnte sich in den meisten Provinzen des Reichs, insbesondere aber Italia seines Lebens nicht mehr sicher sein. Weniger sicher als sonst, zumindest.
    Der Statthalter selbst machte einen unbekümmerten Eindruck, propper im Fleisch und kaum Spuren von Überarbeitung... das genaue Gegenstück zu Valas Zustand, der seit dem Entschluss dem neuen Kaiser die Gefolgschaft der Provinz Aegyptus zu verweigern kaum Ruhe gefunden hatte.. also seit mehr als zwei Monaten jetzt.


    "Salve Legatus Annaeus, wie ich sehe haben dich die Götter seit unserem letzten Treffen mit Gesundheit gesegnet." , grüßte Vala den Mann mit der angebrachten Förmlichkeit, bevor er den Statthalter mit dem hervorgehaltenen Siegel des Statthalters und der Annaei erst einmal über die Entwicklungen in Aegyptus aufklärte, "Ich bringe dir wichtige Neuigkeiten aus Aegyptus von deinem Vetter Decimus Varus. Man hat sich entschlossen dem Ursupator Potitus Salinator von den Vesculariern die Gefolgschaft zu verweigern, die Getreidelieferungen und die Steuerzahlungen zu stoppen und die Streitkräfte der Provinz auf einen Krieg mit Rom einzustellen. Wie ich auf der Reise hierher feststellen durfte, lässt Salinator wohl nicht mit sich reden, sondern die Proscriptionslisten verlängern.."


    Er gab dem Statthalter einen Moment diese Information zu verdauen, und Vala beobachtete den Mann genau, schließlich spielte er hier äußerste Vabanque da sie im Süden nicht die geringste Ahnung hatten wie der Statthalter Obergermaniens tatsächlich zu der Sache stand.. und sich nicht letztlich doch noch zum Gefolgsmann Salinators erklärt hatte. Aber das was er in der Casa seiner Familie vernommen hatte ließ doch darauf schließen, dass sie in dem Vetter des Praefectus Aegypti einen Verbündeten finden würden... oder gar einen potentiellen neuen Kaiser, was Vala dem Annaeer dann auch gleich förmlich vor die Füße rotzte: "Ich erkläre dir hiermit die Gefolgschaft der Provinz samt seiner Truppen. Eine Botschaft aus dem Norden, und du wirst von den Legionen in Aegyptus zum Kaiser ausgerufen.."


    Nachdem dies gesagt worden war nahm Vala sowas ähnliches wie abwartende Haltung ein. Mehr gab es auch gar nicht großartig zu sagen, der Statthalter war sicherlich nicht so blöd nicht zu wissen, was es bedeuten konnte wenn einem eine der wichtigsten Provinzen des Reichs die Gefolgschaft erklärte.

    Es war für Vala mehr als selbstverständlich gewesen auch auf einer so wichtigen Reise zu allererst den Kontakt mit seiner Familie zu pflegen, weshalb er eben zuerst in die Casa seiner Sippe eingekehrt war um dort mit jenen Menschen zu essen und zu sprechen die ihm im Blute verbunden waren. Als er dies getan hatte, hatte er sich seinem Auftritt entsprechend zurechtgemacht, sich gewaschen (mit kaltem Wasser, natürlich) und sich in eine vorzeigbare Verfassung gebracht die seinem Anliegen entsprach.


    Zusammen mit Sirius und seinen drei keltischen Leibwächtern begab er sich zur Regia des Statthalters nachdem er sich hat erzählen lassen, dass der Annaeer zur Zeit hier seine Stricke zog, und ließ sich durch Sirius anmelden: "Titus Vala von den Duccii ist hier um mit dem Statthalter Kaeso Modestus von den Annaei zu sprechen. Es ist von außerordentlicher Wichtigkeit, er kommt mit Nachricht vom Cousin des Legaten, Decimus Varus von den Annaei, Statthalter in Aegyptus..."
    Sprach's, und hielt den Soldaten das Siegel des Praefectus Aegypti mitsamt des annaeischen Familienwappens vor die Nase:


    "ALBIN!!" , schallte es durch die Casa, als Vala diesselbe vom Garten her betrat und nach der treuesten Seele verlangte, die die Casa zu bieten hatte. Das erstaunte Gesicht des Stallburschen Thorgall war schon zig Sesterzen wert gewesen, hatte er sich doch alles andere als vorher angemeldet... niemand wusste, dass er kommen würde, und nun war er hier.


    "ALBIN!! KOMM RAUS, ALTER MANN!" , rief er erneut in die Casa hinein, "MIR VERLANGT ES NACH BEKANNTEN GESICHTERN!"

    Es waren viele und doch viel zu wenige Stunden Schlaf gewesen, die ein vollkommen erschöpfter Vala sich gegönnt hatte nachdem sie bei Massilia an Land gegangen waren. Als er erwacht war, hatten sie keine Zeit verschwendet und sich mit dem Geld des aegyptischen Praefecten und mittlerweile Staatsfeinds zwei fünf Pferde gekauft auf deren Rücken sie sich auf gen Norden machten. Die drei Tage waren dabei an Vala vorübergegangen ohne dass er sich auch nur ansatzweise über die satte grüne Landschaft freuen konnte und immer vertrauteren Pflanzen und Tieren die er im Süden so sehr vermisst hatte. Eigentlich existierte er einfach nur so rum und ließ sich von seinem Gaul durch die Gegend tragen während sein Verdauungstrakt sich nur langsam wieder daran gewöhnte, dass Nahrung nicht gleich wieder nach oben zurückgeschickt werden musste.
    So ging die famose Stadt Lugdunum vollkommen an ihnen vorbei, und dies nicht nur weil sie sich Mühe gaben größere Siedlungen im Dunstkreis von Statthaltern die sich noch nicht eindeutig positioniert hatten zu umgehen, nein, auch weil er einfach nicht den Sinn frei hatte sich auf derartige Eindrücke überhaupt einzulassen. Erst am vierten Tage, als sie kurz vor Cabillonum standen freute Vala sich über den ersten Becher richtig gebrauten Bieres seit gefühlten Ewigkeiten... und landete am gleichen Abend sturztrunken im Bett.
    Seine drei... Begleiter... wie Sirius die keltischen Brüder immernoch in Schönschrift nannte.. zogen ihn daraufhin hinter halb hervorgehaltener Hand für den Rest der Reise auf und prahlten bei jeder Gelegenheit damit, dass sie als Bewohner einer unwirtlichen Insel es tatsächlich geschafft hätten einen vom wilden Volk des Nordens unter die Grasnarbe zu saufen.


    Erst als sie die Grenze der germanischen Provinz passierten wagten sie es schließlich, die versteckten Siegelringe wieder hervorzuholen und sich als jene auszugeben die sie waren... Titus Vala von den Duccii, auf der Reise zu seiner Familie. Die Nachricht, dass er selbst mitsamt den aegyptischen Granden zum Staatsfeind erklärt worden war hatte es anscheinend noch nicht in den Norden geschafft. Als sie schließlich vor Argentoratum auf den ersten Muntling seiner Sippe trafen war es fast, als wäre er nie von zuhause weggewesen... natürlich klärte der Mann seinen Gast und seine Begleiter über die Sorgen auf, die sich ihnen allen in diesen Zeiten offenbarten, zu welchen vor allem ein Übergreifen der Hermundures gehörte.. und weniger ein Bürgerkrieg auf römischer Seite. Zum ersten Mal seit Jahren als ranghoher Vertreter seiner Gens agierend tat Vala sein möglichstes um die Sorgen des Mannes zu verstreuen, und erklärte sich sogar bereit ihm Handlanger für die Rodung eines lange brachliegenden Stücks Land zu schicken, einfach nur um zu zeigen, dass er sich kümmerte.
    Seine Gedanken aber weilten in Mogontiacum.. und als sie die ersten Wegsteine der Civitas passierten wusste Vala, dass er zuhause war.


    "Salvete..." , grüßte er die Soldaten am Stadttor gen Süden, "..ich bin Titus Vala von den Duccii, dies sind meine Begleiter." Die lässig hervorgehaltene Hand zeigte den Siegelring mit der Midgardschlange und dem Wolf, das Wappen der Duccii.. warum sollte er auch einen Grund nennen, warum er in die Stadt wollte in der überall das Wirken seiner Sippe zu sehen war?

    Als sie an der Küste Corsicas vorübersegelten klammerte sich der seekranke Passagier der Castores an die im Gegensatz zur stets in Bewegung seienden See geradezu monumental in die Welt verankerte Küste.. was im Laufe der Zeit zu einer dezenten Verbesserung seines Zustands führte.
    Sirius selbst sah sich durch die seiner Meinung nach schreckensgleichen Offenbarung dazu veranlasst, eben diese Verbesserung auszunutzen um seinem Herrn eine potentielle Eheschließung mit der Hexe auszureden. In jedem möglichen Moment, also quasi fortwährend am Tag.


    Am Ende des Tages, als sie in einem kleinen Hafen anlegten um bei Sonnenaufgang nach Massliia weiter zu segeln, hatte Vala die Ohren voll von endlosen Elegien über die Unvorteilhaftigkeit einer Eheschließung mit Axilla, die auch von ihrem breiten Arsch keinen Halt machten. In den folgenden zwei Tagen, als sie sich zur Küste der Provincia Gallia Narbonensis begaben, hatte Vala wieder genug damit zu tun die See zu düngen.. und als er finalerweise wieder Fuß auf festen Untergrund setzte unterband er den anti-axillischen Redeschwall seines Sklaven einfach mit einem Knebel, bevor er selbst das Meer mit den wildesten Verwünschungen für die Qualen bedachte, die er darauf erleiden musste. Das alles bevor er sich die Zeit nahm um zusammen zu brechen und einen halben Tag lang nichts anderes zu tun als zu schlafen.

    http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer05.png "Willst du es nicht wenigstens einmal versuchen?" , stocherte Sirius nach einer Weile der Stille nach, in der sein Herr wieder einmal einfach nur kraftlos an der Reling hockte, und er selbst Brot und Trockenfisch in sich hineinstopfte. Der bleiche Germane hatte nicht einmal mehr die Kraft den Kopf zu schütteln, und seine Stimme war eher ein leises Zischen denn das, was normalerweise aus dessen Kehle kam: "Ich... habe... das schon.. mehrere Male. Es.. bringt einfach nichts. Ich werfe es ohnehin sofort in die See.."
    Der Sklave konnte sich bei dieser jämmerlichen Darstellung nicht zwischen Mitleid und Vorwurf entscheiden, wählte letztlich aber doch letzteres: "Wegen deiner Seekrankheit haben wir wertvolle Tage verloren! Wir könnten schon lange in Massilia sein.. müssen aber an jeder Küste vorbeiziehen, damit du dich nicht gleich mit ins Meer kotzt."
    Vala blickte den Sklaven nur aus glasigen Augen mit dem Blick eines zu unrecht gescholtenen Kindes an: "Es ist nicht so, als hätte ich mir das ausgesucht... es ist... die See..."
    "Papperlapapp... andere halten das auch aus... und dabei ist uns Neptun schon so gnädig, und dieses Mal mit Stürmen und Flauten zu verschonen.. eine ruhigere Fahrt kann man sich zu dieser Zeit kaum wünschen."
    "Wo sind.. wir... gerade?" , ächzte Vala, während er kraftlos an einem Lederschlauch zog um zumindest etwas Wasser in seine Körpermitte zu befördern.
    "Immernoch im Mare Sardoum.. wir haben vor vier Stunden Turris Libisonis verlassen, und werden... so der Wind uns nicht stärker in den Norden weht... Adiacium erst morgen früh erreichen." , klärte Sirius seinen Herrn auf, allerdings nicht ohne nachzusetzen: "Vier Stunden! Das ist neuer Rekord, so schnell bist du nach einem Landgang noch nie seekrank geworden. Ich glaube fast, du machst das mit Absicht..."
    Ein langer Blick seines Herrn war die einzige Reaktion, die er für seine neue Frechheit bekam, und erneute Stille machte sich breit.. nur dann und wann unterbrochen vom Werken der Nautae oder einem gelegentlichen Würgen des Germanen, der nicht einmal Wasser bei sich behalten wollte.
    "Was hast du eigentlich vor, wenn du die Nachricht abgeliefert hast?" , begann Sirius schließlich von neuen da ihm die Stille langsam unbehaglich wurde. Die Stille setzte sich fort, und Sirius konnte seinem Herrn ansehen, dass er sich noch nicht die geringsten Gedanken darüber gemacht hatte.
    "Als Staatsfeind ist es wohl kaum opportun nach Rom zurückzukehren.." , sprach Sirius mit gesenkter Stimme nachdem er sich unbefangenen Schrittes einfach neben seinen kreidebleichen Herrn gehockt hatte um sicher zu gehen, dass die Nauta sie nicht verstanden, "Also wirst du eine ganze Weile in Germania feststecken. Was wirst du dort tun?"
    Vala zuckte kraftlos mit den Schultern: "Die Nachricht abliefern, darauf hoffen, dass der Annaeer nicht mit seiner eigenen Sippe bricht und mich ausliefert.. und mich dann bei meiner Familie verstecken.. oder dem Annaeer gleich meine weiteren Dienste anbieten."
    "Und danach?" , hakte Sirius nach.. hoffte er doch darauf, nicht den Rest seines Lebens im kalten Germania verbringen zu müssen. Die keltischen Drei... dieses verfressene und rotzfreche Westmenschenpack, waren da offensichtlich hoffnungsvoller, redeten sie in ihrer seltsamen Sprache doch seit einiger Zeit von nichts anderem als dem kalten Norden. Da war es Sirius nur allzu recht gewesen, dass die Sonne auf dem Mare alle drei mit einem dicken Sonnenbrand geschlagen hatte.
    "Danach?" , ächzte Vala, dem selbst das Nachdenken Schmerzen zu bereiten schien, "Du meinst, wenn Salinator im Tiber verrottet, und kein Gold auf meinen Kopf ausgesetzt ist?"
    Sirius zog die Lippen schmal, so spezifisch wollte er eigentlich nicht werden: "Eh.. ja.. genau. Danach halt."
    Vala hielt einen langen Moment inne, in der er einfach ins Nichts starrte (das sich seit geraumer Zeit auf dem Deck des Schiffs befand, und nicht im tatsächlichen Nichts der endlosen See), und schließlich reckte er sich murrend: "Naja.. wahrscheinlich nach Rom zurückkehren, das Aedilat anstreben.. danach die Praetur... und natürlich heiraten.. wobei letzteres nicht einfach wird."
    "Jaja... als Barbar hat man es nicht einfach eine Frau von Stand zu ehelichen..." , brummte Sirius, der die vergeblichen Heiratsversuche seines Herrn hautnah miterleben durfte... und deren zahlreiche demütigenden Momente ebenso gerne vergessen würde wie der letztlich davon Betroffene.
    "Naja.. ich glaube dieses Mal könnte es sogar klappen... allerdings muss ich sie irgendwie zur Scheidung überreden... dann könnte es... tatsächlich etwas werden." , brummte Vala, allerdings auf eine Art und Weise die Sirius sorgenvoll aufhorchen ließ.
    "Sie ist verheiratet? Wieso sollte das etwas werden?" , warf er mit kritischem Blick ein.
    "Weil sie mich liebt.. und ich sie auch... glaube ich.. also... so in etwa." , brummte Vala, und mit zunehmendem Entsetzen entdeckte Sirius so etwas wie ein Lächeln in der Schädelgleichen Fratze seines Herrn.
    "Bist du nicht etwas zu alt um an so etwas dummes wie eine Liebeshochzeit zu glauben?" , warf Sirius erst einmal becherweise Wasser ins Feuer der dummen Liebe, die schon so mancher Karriere ein Ende gesetzt hatte.
    "Ja.. aber dies könnte auch politischen Nutzen bringen, sie ist kein Niemand. Und ich werde es auch nicht sein... sie wird sich scheiden lassen, da bin ich sicher. Wer auch immer der Kerl ist, sie wird sich scheiden lassen.." , wandte Vala ein, und der Gedanke an sein Vorhaben schien nicht im geringsten von Sorge begleitet.
    "Wer genau soll denn die glückliche sein, Dominus?" , fragte Sirius obwohl er die Antwort schon wusste, und sich gleichfalls darauf vorbereitete, dass dieses Feuer mehr brauchen würde als Kübelweise Wasser.
    "Axilla natürlich,... ich werde Axilla heiraten." , sprach Vala so überzeugt, als hätte er gerade festgestellt, dass Wasser nass sei.
    "Achso.. wenn es sonst nicht's ist." , jammerte Sirius, und entschloss sich, dass es das Beste wäre, er würde seinen Herrn gleich im Mare versenken.

    Als sie Land in Syracuse betraten, hatte Vala noch die Kraft sich hingebungsvoll in den Staub zu werfen und das Festland in allen Sprachen zu preisen, die er kannte (also zweieinhalb), und sich am Abend, als sein Magen sich soweit beruhigt hatte, dass er sich nicht augenblicklich wieder übergeben musste, den Hunger der letzten Tage vom Leib zu futtern. Während er dies tat beschäftigte sich Sirius vornehmlich mit dem Einholen von Informationen, was nirgends einfacher geschehen konnte als in einem Seehafen... als der Sklave/Seemann zu seinem Herrn/eigentlicheinSeemannaberdochirgendwokeiner zurückkehrte, gab es besorgniserregende Nachrichten: Salinator konnte sich in Rom offensichtlich ohne größere Probleme zum Kaiser krönen lassen, und Aegyptus sei vom Reich abgefallen und der dortige Statthalter wolle sich zum Gottkönig der Aegypter krönen lassen, so wie Antonius es vor hundertfünfzig Jahren schon vorgehabt hätte! Er und seine Helfershelfer wären sofort vom Kaiser zu Staatsfeinden erklärt worden, ihr Plan, die Vinicii freizupressen war offensichtlich gescheitert.
    Weiterhin halbwegs fröhlich Suppe und Brot in sich reinschauffelnd (oppulenteres wäre zu auffällig gewesen, und Vala selbst sah das dünne Gebräu im Moment als Spitze der Haute Cuisine an) nahm der Germane die Neuigkeiten nur halbwegs besorgt auf, denn viel wichtiger war die Frage: wusste man von Truppen, die in den Süden entsandt worden waren?
    Das Kopfschütteln seines Sklaven steigerte dann wieder die Frequenz des Suppeschauffelns, doch machte der Sklave ihn einen Moment später darauf aufmerksam, dass es ratsam war Italia so fern wie möglich zu bleiben um kein Risiko einzugehen.
    Vala begriff natürlich erst, als sie das vermaledeite Schiff wieder betraten: es würde nicht an der Küste Italias weiter gen Norden gehen... sondern erst einmal weiter gen Osten. Vala war zu wenig mit der Natur des Meeres vertraut um auch nur einen halbwegs überzeugenden Versuch des Gegenargumentierens zu machen, in die Fänge der Classis und damit Salinators wollte er auf keinen Fall geraten.. also ging es von Syracuse wieder gen Süden, an der Küste Siziliens entlang... wieder auf's offene Meer... das verhasste, offene Meer.
    Das Übersetzen von Eryx nach Carales an die Küste Sardiniens verwandelte Vala augenblicklich wieder in ein vornehmlich über der Reling hängendes Schreckgespenst. Dabei brauchte es nicht einmal einen Sturm... noch anspruchsvollen Seegang... zwischen den Nautae machten Witze die Runde, in denen der kreidebleiche Germane schon zur Reling eilte sobald das Schiff vom Luftzug einer vorbeifliegenden Möwe getroffen wurde.
    Falsch lagen sie damit sicherlich nicht.

    Was für ein unfassbarer Aufwand! Das ganze verdammte Schiff hatte man umpinseln lassen und es umbenannt, die Mannschaft gegen nordafrikanische Seeleute ausgetauscht und das ganze Ding so versifft dreinschauen lassen, dass es eher nach nem alten Ölkahn aussah, auf dem schon genug schiefgegangen war, denn als nach einer Corbita die sich im Besitz eines reichen Senators befand. Im Lagerraum waren mehrere Amphoren mit Stempel aus Darnis eingebracht worden, und mehrere kleinere mit Farben die für den Norden gedacht worden waren. Nichts sollte den Eindruck erwecken, dass man es hier mit einem Schiff zu tun hatte das aus Aegyptus stammte.


    Was natürlich auch veränderte Bedingungen für die Reisenden bedeutete. Nebst dreier Boten, die für annaeische Gefolgsleute in Italia und Gallia Schreiben transportieren würden, war da auch noch der immernoch-Senatsanwärter mit seinem Sklaven. Dem Kapitän der Corbita war nicht wohl dabei gewesen Sirius wieder mit an Bord zu nehmen, aber der Mann verstand sich darauf Gold als das schwerwiegendste Argument zu betrachten und folglich einfach seine Klappe zu halten.
    Vala selbst graute es schrecklich vor dem Schiff, mit dem er vornehmlich böse Erinnerungen verband, aber letztlich blieb ihm keine andere Wahl. Ein Trost blieb ihm, dass sie die ersten zwei Tage an der nordafrikanischen Küste entlangsegeln würden um sich von Darnis direkt nach Sicilia zu begeben... was immernoch mehrere Tage auf offener See beinhalten würde. Zwar hatte man dieses Mal der Sicherheit wegen Ruder mit an Bord gebracht um nicht erneut in einer langwierigen Flaute festzustecken... aber dennoch: See war See blieb See.


    Der Germane musste auf der Reise schreckliche Pein über sich ergehen lassen um die Maskerade auch für die unwissenden Seeleute aus Nordafrika aufrecht zu erhalten. Als direkter Untergebener des Nauarchus hatte er freilich nicht viel mit den einfachen Nautae zu tun, aber dennoch musste er hier und da die Arbeiten eines Seemanns vollbringen um den Schein einigermaßen zu wahren. Was freilich vollkommen misslang, die Landratte Vala war für die Bezwingung der See so nützlich wie eine Ratte zur Bezwingung einer Katze. Irgendwann mussten sie sich eine neue Ausrede einfallen lassen, damit die Seeleute nicht misstrauisch wurden und sie im Falle einer Kontrolle durch romtreue Offizielle verrieten. Irgendwann wurde Vala also zum Neffen des zwei Köpfe kleineren und schwarzhaarigen Nauarchus ernannt und konnte als 'nutzloser Neffe vom Boss' leichten Gewissens jede Menge Fehler begehen und den Nauta auf die Nerven gehen, ohne dass man ihn deswegen gleich von Bord warf. Misstrauisch machte nur die helle Stelle an Valas linker Hand den einen oder anderen, an der vormals der Siegelring mit der Midgardschlange und dem Wolf gesteckt hatte. Dieser war, mit Valas anderem Kram und einem Haufen inoffizieller Schreiben, tief im Laderaum des Kahns in versiegelten Amphoren verpackt.


    Während sie von Alexandria nach Darnis segelten hielt sich Valas Unwohlsein in Grenzen, weil er immer wieder hilfesuchend gen Süden starren konnte um sich dort an den schmalen Streifen Küste zu klammern. Als sie allerdings Darnis nach nur wenigen Stunden Aufenthalt gen Norden verließen war es fix mit der Selbstbeherrschung des Duccius vorbei: wie schon mehr als ein Jahr zuvor hinh der Germane mit kläglichem Geräuschzirkus über der hölzernen Reling und gab das halbverdaute Essen der See preis. Nach drei Tagen auf See, etwa auf halber Strecke zu Syracuse, hatte Vala sich bereits in ein kreidebleiches Schreckgespenst verwandelt, das man nie im Leben als Seemann würde verkaufen können.
    Sirius hingegen fühlte sich in der Rolle als Seemann pudelwohl, und hatte den Spaß seines Lebens sich daran zu beteiligen die Segel brahen, die Takellage zu zahnen und vor allem die Fahrwasser in Inselnähe auszuloten. Vor allem aber genoss er die Tatsache, dass er sich nicht um seinen Herren kümmern musste, da er offensichtlich kein Sklave war... was umso leichter fiel, da Vala bisher auf Brandzeichen und andere Kennzeichnungen verzichtet hatte. Während sein Herr also, wieder einmal, im Lageraum hing und ein dutzend Tode starb, hatte Sirius den Spaß seines Lebens sich durch die Takelage zu hangeln und den anderen Seeleuten auf den Keks zu gehen.

    Er kam tatsächlich früher weg als die Nachricht aus Rom eintraf. Wobei man sich zunehmend Sorgen machte, ob die Nachricht aus Rom nicht in Form von gleich zwei Flottillen mit einem ganzen Schwarm an für Truppentransporte requirierten Booten eintraf. Aber getan hatte sich noch nichts... nördlich der Provinz. In der Provinz glühten dabei immernoch jede Menge metaphorische Drähte, als der Dioiketes mit Vala mit guten Nachrichten aus dem Nordosten der Provinz zurückgekehrt waren, hatte sich in den folgenden Tag peu a peu ergeben, dass sie wahrscheinlich wirklich erfolg damit haben würden die freien Poleis der Provinz für ihre Sache zu gewinnen. Natürlich unter teilweise recht schmerzhaften Konzessionen, aber da diese so gut wie immer für ein Jahr abgeschlossen wurden (oder bis zur Inthronisierung des neuen Basileus) war dies ein Preis der zu verschmerzen war. Jetzt galt es nurnoch für den Machtkampf mit Rom Verbündete zu gewinnen, und diese würde man im Norden suchen müssen.


    Die wenigen Tage vor Valas Abreise waren für diesen daher so geschäftig wie nie. Zuletzt in einem richtigen Bett hatte er wohl vor Wochen zum letzten Mal, sein Kopf schmerzte zusehends wenn er des nächtens bei schwachem Öllampenschein Berichte und Aufstellungen studierte, und gebadet... oh, gebadet... ja, das wäre auch noch eine der Maßnahmen die er ergreifen musste bevor er wieder auf das vermaledeite Schiff musste, wahrscheinlich würde er sonst von Möwen angefallen.

    "Du hast mir offensichtlich nicht verstehen, wertes Exegetes.." , erwiderte Vala hastig, bevor sich der Mann weiter in seiner Empörung vergehen konnte, "..wir wollen dreihundert eurer Polites unter Waffen IN zweien Cohortes eingliedern. Nicht dreihundert UND zweien Cohortes. Dieses würden freilich dort eingesetzt, wo wir römische Truppen aus dem Süden abziehen um die Grenzen im Norden zu sichernden.."
    Auch der Dioiketes bemühte sich sichtlich um Deeskalation dieses Missverständnisses: "..also genau genommen ein Beweis unseres großen Vertrauens in euch zu dieser Zeit. Eine Teilnahme am an etwaigen Kriegshandlungen ist damit ausgeschlossen. Und ja, wir sprachen von Poleis, immerhin wollen die anderen Poleis der Eparchia auch ihren Teil dazu beitragen die Sicherheit innerhalb Aegyptens zu bewahren.."


    Die Erleichterung über die wesentlich geringere geforderte Zahl war dem Exegetes deutlich ins Gesicht geschrieben, wurde dann aber von Überlegungen wieder verdrängt. “Und der Strategos welcher Stadt soll die Cohorte dann führen?“ Das war sicher eine Frage, die die beiden Rhomäer schon häufiger gehört hatten, denn so griechisch die Griechen auch waren und so sehr sie gegen die Ägypter und die Römer auch gemeinsame Sache machten, untereinander herrschte zwischen den Poleis doch gehörige Rivalität. Altes Brauchtum, wie die eigene Stadt über alle anderen zu stellen und seine Heimat zuerst über sie und nicht über eine andere Zugehörigkeit zu definieren, legte man nicht einfach so ab.


    "Der Strategos der Cohors Equitata sein Antimachos von Memphis.." , begann der junge Germane, der zusammen mit den Befehlshabern der römischen Legiones gewisse Kandidaten der großen und bedeutenden Poleis sondiert hatte.. und vor allem danach aussortiert, ob sie gute Verbindungen zu wichtigen anderen Poleis hatten. Der Memphisti hatte ein Weib, das praktischerweise aus Lykopolis stammte und somit zumindest die Städte im Süden einigermaßen zufriedenstellen würde. Schwerer war jedoch jemand zu finden gewesen, der die Interessen der Alexandriner befriedigte und gleichsam, "...die Cohors Miliariae werden von Chryssipos von Alexandria befehligt werden.. dessen Frau Doris einer Tochter dieser Polis ist." Darin ruhten ihre Hoffnungen.. Doris war, Valas Empfinden nach, potthässlich aber enorm einflussreich und deshalb wohl relativ einfach zu verheiraten gewesen. Der Alexandriner war hingegen militärisch gesehen ein absoluter Blindgänger, aber eben mit wichtigen Verbindungen, und bekam deshalb gleich zwei ranghohe und militärisch erfahrene Offiziere aus Babylon und Herakleopolis zur Seite gestellt.
    "Zudem hoffen wir auf Entschickung dreier Unteroffiziere eures Wahles in Cohors Equitata."
    Der Exegetes verzog das Gesicht, als er die Namen hörte, wartete aber auf seinen Amtskollegen, der damit angefangen hatte, sich mit den Fingern seiner rechten Hand über das glatt rasierte Kinn zu streichen. Das tat er immer, wenn er gerade etwas überlegte.
    “Sicherlich eine treffliche Wahl“, begann der Eponminatographos dann schließlich diplomatisch und machte damit deutlich, dass er prinzipiell nichts gegen eine Einigung hatte. Dennoch musste auf diese Eröffnung ein 'Aber' folgen. “Allerdings ist es für die Männer, die jetzt unsere Polis vor Schaden bewahren, nicht von Interesse, ob sie anschließend in den rhomäischen Legionen fernab ihrer Heimat dienen können. Du verstehst sicher, dass es die edlen Söhne der besten Familien unserer Stadt nicht in die Ferne zieht, so dass ich kaum mit irgendwelchen ausländischen Bürgerrechten werben kann.“ Denn nichts anderes waren die Römer für die Griechen: ungebildete Barbaren von weit weg. Welcher Mann mit Verstand könnte also unbedingt näher zu ihnen wollen, als zwangsläufig nötig? Die Griechen konnte Oineos damit sicherlich nicht locken, erst recht nicht die, die sich eine fundierte Ausbildung an der Waffe hatten leisten können.
    “Doch ist Bubastis gerne bereit, dem Eparchos zu zeigen, dass wir auf der Seite des rechtmäßigen Erben unseres geliebten Basileos stehen.“ Der Exegetes sah seinen Kollegen fast schon enttäuscht an. Offensichtlich wäre er zufriedener gewesen, die Gesandten fort zu schicken. Aber Oineos hatte kein Bedürfnis daran, mit interpolitischen Streitigkeiten die Position der Rhomäer auf ägyptischem Boden zu stärken, und er konnte nicht abschätzen, wie verlässlich die offensichtlichen Verbündeten des Eparchos, also Alexandria und Memphis, wohl wären und ob diese gegen Bubastis aufmarschieren würden, wenn es hart auf hart käme. “Daher schlage ich folgendes vor: In den Vierteln der Ägypter und Judäer gibt es sicher zahlreiche Männer, die sich diesem Angebot gern anschließen würden. Ihr erhaltet Erlaubnis, in diesen von uns ausgewählten Bezirken zu rekrutieren, auch mehr als 300, wenn ihr es wünscht. Zur Finanzierung ihrer Ausrüstung und Ausbildung werden wir die Frühjahrsernte einbehalten und verkaufen, euren Teil wie unseren. Was übrig bleibt, behält selbstverständlich die Polis.“ Die Rhomäer würden, wenn er es richtig verstanden hatte, ohnehin nichts nach Rom versenden wollen, weshalb ihre Speicher im Norden schnell überquellen dürften. Eine Ernte mehr oder weniger würde nur bedeuten, dass sie nicht extra neuen Lagerraum würden finden müssen. “Darüber hinaus sichern wir euch im Falle eines Angriffes die Truppen von Bubastis als Verteidigungspartner in vollem Umfang zu – unter unseren Strategen, die in einem solchen Fall gleichberechtigt mit allen anderen an den Stabsbesprechungen teilnehmen dürfen. Abzüglich einer Mannstärke von 200, um die Ordnung in der Stadt zu sichern. Allerdings nur auf ägyptischem Boden, und nicht für einen Angriff außerhalb.“ Im Grunde also weitaus mehr Truppen, als die Rhomäer haben wollten, aber anders zusammengesetzt und unter anderen Bedinungen.
    “Dafür erwarten wir eine Steuerbefreiung besagter Monate, und ich denke, ein persönlicher Besuch des Eparchos bei seiner nächsten Reise durch die Provinz wäre ebenfalls angemessen, begleitet von einer großzügigen Zuwendung an den Tempel der Bastet und einem ebenso großen Opfer. Ein Löwe sollte passend sein.“
    Der Grieche überlegte noch kurz, und fügte dann noch “Zuzüglich den bereits erwähnten Einbehalten der Sommerernte“ hinzu.


    Es war der Dioiketes, der nun zu lächeln begann, als die Hellenen sich anscheinend so verständig zeigten: "Zieht von der Frühjahrsente ein fünftel ab, und von der Sommerernte die Hälfte, dafür bekommt ihr ein Drittel einer weiteren Monatsabgabe drauf... und wir kommen überein."
    Das vollkommene Auslassen von Ernteabgaben war insofern indiskutabel, dass die Hellenen sich einfach gar nicht erst daran gewöhnen sollten, dass sie keine Abgaben mehr zahlten und die Ernte quasi für sich hatten. Der Pflichtteil konnte dabei relativ gering ausfiel. Dies war auf ein Jahr festgelegt, was der rhomäischen Verwaltung in arge Bedrängnis, aber nicht ins Schwimmen brachte. Noch nicht. Andere Städte hatten sich mit weitaus weniger zufrieden gegeben, wenigen konnte man gar etwas mehr abtrotzen... dass die größten der Städte dann umso großzügigere Konzessionen raushandeln konnten lag quasi in der Natur ihrer Stärke.
    Die beiden Männer rechneten. Die Sommerernte war größer, hier wurde der schwere Weizen geerntet. Die anstehende Ernte bestand hauptsächlich aus Hirsen und Gerste, Zwiebeln und Linsen. Nach der langen Regenzeit auch eine reichliche Auswahl, und Nahrungsgrundlage für Millionen von Menschen, aber insgesamt nicht ganz so ertragreich wie die Sommerernte. “Ein Viertel, und die Zusage, für heute Abend meine Gäste zu sein“, versuchte der Eponminatographos den Preis noch ein wenig zu ihren Gunsten zu verschieben und unterstrich es mit einem leichten Lächeln, was in dem kahlrasierten Gesicht fast schon ein wenig gespenstisch wirkte.
    "Ein Drittel, und wir sind es mit Freuden....", beschloss der Dioiketes das Geschacher, und eröffnete damit dann auch den etwas ungezwungeneren Teil des Tages, in welchem der Zurschaustellung von Bubastis folgend auch ein Besuch der hiesigen Heiligtümer, vor allem natürlich des großen Bastet-Tempels, inbegriffen war... am nächsten Tag jedenfalls brachen die beiden rhomäischen Gesandten zufrieden ob der Unterstützung einer weiteren mächtigen Stadt wieder zurück nach Alexandria auf, wo hoffentlich weitere gute Nachrichten aus dem Süden und Westen auf sie warteten.

    "Will der mich zum Narren halten?" , flüsterte Vala grollend zu Sermo, als er von dem nackten Gelehrten einfach so abgekanzelt wurde... und mit zunehmender Fassungslosigkeit hörte er dem zu, was der Hellene von sich gab.. und dabei einfach nur äußerst geschmückt Vala rezitierte. Die Luft blieb ihm schließlich weg, als der Gelehrte dann auch noch so euphorisch auf die Antwort reagierte und den Schüler über den Klee lobte: "DIE wollen mich zum Narren halten! Das habe ich doch gerade gesagt, oder etwa nicht?"


    Im folgenden verschränkte Vala die Arme und starrte den Gelehrten trotzig an während ein weiterer Schüler seinen Arm hob: "Die Polites von Athen, seit je her überzeugt von der Größe und Strahlkraft seiner vielen Werte, waren wahrscheinlich der Auffassung, dass gerade sie es verdient hätten über die anderen griechischen und hellenischen Poleis zu gebieten..."
    "...blöder scheiss..." , murrte Vala, "...die haben einfach die Möglichkeit gewahrt ihre Interessen möglichst effektiv gegen alle anderen durchzusetzen.. wer würde das nicht bei einer solchen Machtkonzentration? Ideale? Werte? Pah!"
    "Sparta hingegen...", fuhr ein anderer Schüler fort, "..hatte mit dem Peloponnesischen Bund ein außenpolitisches Konstrukt kreiert, das vielmehr den griechischen Traditionen entsprach... wechselnde Bündnisse ohne allzu große Bindekraft, keine Abgabenpflichten... immer stets auf die neue Situation ausgerichtet, nie von Dauer."