Beiträge von Titus Duccius Vala

    Weiber. Sie waren DAS Rätsel für Vala.
    Nicht, dass er sie nicht mochte. Er vergötterte die Frauen förmlich, eine Anwandlung, die sich daraus speiste, dass die Völker, die von den Römern als Germanen und Kelten getrennt wurden, allem weiblichen die welterhaltende Kraft der Neuerung und Lebensspende zusprachen. Wenn man in einer Zeit aufwuchs, in der die Welt sich vor allem durch Zerstörung und Lebenstötung auszeichnete, konnte das eine nahezu magische Wirkung auf einen jungen Geist haben. Ja, Vala vergötterte die Frauen.
    Aber er verstand sie nicht. Kein Stück. Der zwischengeschlechtliche Reigen erfolgte bei Vala förmlich auf Autopilot, so bekam er erst mit, dass da etwas lief, wenn das Weib im nächsten Augenblick die Schenkel für ihn öffnete. Davor geschah alles wie von selbst.
    Die Iunia war hübsch. Sehr hübsch. Vala kam garnicht erst in die Versuchung sie mit ihrer Cousine zu vergleichen, weil sein Denken auf solchen Bahnen einfach nicht verlief. Wer verglich, glaubte wählen zu müssen. Hatte eine Frau einen freien Willen, so wählte Vala nicht. Er musste auch garnicht. Er nahm sie einfach alle.
    In diesem Fall hatte er die Möglichkeit allerdings nicht. Erstens war ihm nicht danach, weil sein Geist viel zu voll war mit den Eindrücken aus der Stadt. Und zweitens war die Iunia schwanger. Ergo: ein absolutes NoGo.
    Was Valas wachsendes Interesse an der Frau ausmachte, war ihre Art auf sich selbst zu reagieren. Sie wurde rot. Dabei hatte er nichts gemacht! Und trotzdem wurde sie rot. In diesem Moment betrachtete Vala die junge Frau, als würde er sie zum ersten Mal wirklich sehen. Ihre Frage nach dem Warum überging er nonchalant, weil er viel zu sehr damit beschäftigt war, sich selbst zu erklären warum die Frau rot wurde, wenn er selbst nichts getan hatte.


    Ein paar Wochen noch würde es dauern, und unwillkürlich kehrten Valas Gedanken von dem Mysterium Frau zurück in die Stadt. Zu den Toten, die er gesehen hatte. Von dem Übel, dass sich langsam ankündigte. Und das Bild seiner eigenen Mutter, die totenbleich im Bett lag, mit gewölbtem Bauch und stillliegender Brust. Sollte er sie warnen? Einen Gast der Legion? Nun, sie wurde Mutter... und spätestens am heutigen Abend würde der Legat selbst Entscheidungen treffen, wie sie mit der sich ankündigenden Krise verfahren würden. Hatte Vala da überhaupt das Recht, sich auf eine so sorgenbereitende Art und Weise einer werdenden Mutter und Frau eines römischen Magistraten zu verlautbaren? Und seit wann kümmerte ihn das Schicksal anderer? Seit es schwangere Frauen waren, ganz einfach. Heilig mal heilig gleich göttlich. Da gab es eigentlich nicht viel zu überlegen... und doch tat er es. Es war schon fast ironisch, dass ihm die Kindheit eines Krieges hart gegen Männer gemacht hatte und weich gegen Frauen, und Rom nun das Gegenteil bei ihm bewirkte.
    "Iunia, ich...", begann er, wurde jedoch von ihrer Frage unterbrochen, die ihn vollkommen aus dem Konzept brachte. Er? Was? Kinder? Unwillkürlich zuckten seine Mundwinkel, er konnte ein lautes Lachen gerade noch hinunterschlucken. Gerade. Eben so.
    Was sollte er ihr schon darauf antworten? Natürlich habe ich Kinder! Einige! Zumindest von denen ich weiß. Die, von denen ich nicht weiß sind wahrscheinlich noch mehr. Und es ist vollkommen in Ordnung so, denn es ist Friggs Wille.


    "Nein.", schmunzelte Vala die Antwort hervor, die so gar nicht dem entsprach, was er zu dem Thema eigentlich zu sagen hatte.


    Nach der Wahl war vor der Wahl. Das war einer der Sätze, die ihm ein gewisser Grieche ganz zu Beginn seiner Ausbildung im römischen Wesen der Politik eingebläut hatte. Es gab Wahlkampf war immer, vor den Wahlen wurde er nur schlimmer. Heftiger. Vor allem: öffentlicher. Der eigentliche Teil der Arbeit geschah in den Hinterzimmern... und lange vor dem eigentlich Termin des Wahlkampfs.
    Genau aus diesem Grund ließen die Ausführungen des Aureliers Vala seinen Verbündeten kritisch anschauen. Entweder war der Mann einfach nur fahrlässig, oder die politische Wirkmacht der Patrizier war noch groß genug um die Wahlen derart sorglos angehen zu können. Anstelle eines Kommentars gab Vala sich die Muße noch einen Moment unterhalb der Wasseroberfläche zu genießen, bevor er sich aus dem Becken begab und sich von einem stumm wartenden Sklaven ein Tuch reichen ließ, mit dem er seine untere Körperhälfte bedecken konnte.


    "So so..", kommentierte Vala schmunzelnd den doch zu naheliegenden Vorschlag des Aureliers, ohne sich mehr als diese Regung ablesen zu lassen. Warum reden, wenn man das anderen überlassen konnte?
    "Da du so ein schlauer Bursche bist, und wir das nicht weiter diskutieren müssen, kannst du mir gleich erzählen, was in meiner Abwesenheit hier geschehen ist.", sprach Vala so gleichgültig, als wäre die versteckte Beleidigung darin nicht wirklich vorhanden. Während Vala durch in Richtung sudatorium wanderte, fiel ihm auf, dass die kleine Beleidigung darin nicht einmal wirklich gewollt war. Sie war einfach da, wie eine Angewohnheit der man sich schlecht wieder entziehen konnte.


    Als Vala das sudatorium zum ersten Mal betreten hatte, hatte ihn die spürbare Luftfeuchtigkeit und die Hitze beinahe augenblicklich wieder rausgetrieben. Jetzt nahm er sie kaum mehr wahr.


    "Vinicius Hungaricus weilt derzeit in Misenum, und kommt nur für wenige Tage im Monat nach Rom. Mehr als ein einfacher Besuch der Salutatio wird da wahrscheinlich nicht drin sein.", murrte Vala, der zielstrebig auf eins der heißen Becken zusteuerte, "Wenig Zeit um Eindruck zu machen. Was für dich kein Problem sein wird.. es schließt nur die Salutatio für jemanden anderes in derselben Zeit aus. Allerdings glaube ich, dass unsere Patrones uns da dieselben Probleme vor die Füße werfen... wann kommt Tiberius Durus zurück nach Rom?"

    Der Gesichtsausdruck des Konsulars verhieß irgendwie nichts gutes. Der fragende Blick verlangte nach Aufklärung, die Situation nach Entspannung, und Vala nach Rechtfertigung. Andererseits waren kleine Geschenke mehr als billig, gerade Männern gegenüber die im Zentrum der Welt so gesetzt waren, dass sie schon als Inventar der römischen Stadtpolitik galten.


    "Aus meiner Heimat, Mogontiacum. Ein Vetter meiner selbst, Lucius Duccius Silvanus, ist Goldschmied und hat diese Arbeit vollbracht.", erläuterte Vala knapp die Herkunft des Schmuckstücks. Unerwähnt ließ er, dass er sich ständig solcherlei Werke aus der Heimat zuschicken ließ. Erstens, weil er damit seine eigene Familie mit dem Geld förderte, dass er hier und in der Heimat in Absentia verdiente, andererseits, weil er damit seinem jungen Verwandten einen Namen auch über die Grenzen der Stadt hinweg machen wollte.
    Wie sollte er aber erklären, warum er dem Purgitier dieses Geschenk machte? Dass der Mann nicht selbst drauf kam! Aber... vielleicht... er war einer der Köpfe der Militärakademie, vielleicht würde sich anbieten, diesen kleinen Wald als Anschauungsobjekt für militärische Miniaturvorführungen zu nutzen? Ach, alles Firlefanz... wer würde schon auf die Idee kommen, sowas als Wald zu deklarieren? Da könnte man genau so gut gleich Blech nehmen. :D


    "Deine Frage, Konsular, bringt mich in Verlegenheit, lässt sie doch entweder auf eine außerordentliche Bescheidenheit deinerseits schließen, bei der mein Geschenk unpassend wäre. Oder du verkennst deinen makellosen Ruf, den du im Imperium Romanum genießt, und die mein Geschenk als noch unpassender erscheinen lassen würde. Aber lass es mich einfach als kleine Anerkennung deiner Person erklären, ohne auf die manigfalten Gründe einzugehen, die mich zu diesem Schritt bewogen haben.", wandte Vala sich ein wenig, der mit einer solchen Frage schlicht überfordert war. Die meisten anderen, denen er kleine Geschenke gemacht hatte, hatten sie als selbstverständlich und vollkommen angebracht hingenommen. Und sie danach wahrscheinlich eingeschmolzen, oder weiterverschenkt. Hier war der Casus ein anderer, weswegen Vala schon zu Beginn des Gesprächs leicht ins Schwimmen kam. Eine ziemlich unangenehme Situation.

    "Japp... japp.... japp....", nickte Vala die Erklärungen des Scriba ab, da er selbst in Anbetracht der nahenden Wahl kurz angebunden war. So war kam es ihm auch entgegen, den schriftlichen Teil gleich sofort absolvieren zu können: "Alles klar, nur her damit!"

    Anaximander
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    Seine Miene verzog sich für einen unkontrollierten Augenblick zu einer schiefen Grimasse, als er die Frau reden hörte, denn nun schien klar, wonach es ihr eigentlich verlangte. Was für Anaximander selbst bedeutete: da schwamm ihm gerade ein neuer Fisch ins Netz. Allerdings lief er damit auch Gefahr, sich etwas einzufangen was ihn selbst von seinem sicheren Boot in die Untiefen reißen könnte. Deshalb galt es auszuloten, was er sich da gerade eingefangen hatte.


    "Nun, dieser Fisch ist auch nichts für jedermann Geschmack..", dozierte Anaximander nun auf die Art und Weise, wie er jemandem erklärte auf welche Art und Weise man einen der selteneren Fische zubereitete, ohne sich daran umzubringen, "..aber für diejenigen, die wissen, was der Genuss dieses Fisches mit sich bringt, ist er eine Delikatesse die sämtliche andere Fische die man zuvor probiert hat im Vergleich verblassen lässt. Darf ich fragen, wie du von diesem Fisch erfahren hast?"





    SKLAVE - MEMMIA ASCINIA

    Allumfassende Wärme. Göttlich. Vala hätte nie geglaubt, dass sich das einmal so gut anfühlen würde. Der Tatsache zum Trotz, dass er bei seinen letzten Besuchen hier immer das Gefühl hatte am lebendigen Leibe gekocht zu werden, war das hier nicht weniger als absolute spürbare Erlösung. So ließ Vala sich auch einige Zeit wieder aufzutauchen. Seine Lungen schmerzten zwar nicht mehr so wie vor wenigen Wochen noch, als ihn das Lazarett schließlich ausgekotzt hatte, doch sie waren fern dem, was Vala vorher an Leistung zu erbringen im Stande gewesen war. So trieb ihn das natürliche Verlangen nach Frischluft bald wieder über die Wasseroberfläche, wo er sich die langen Haare aus dem Gesicht strich und einen Moment die Mosaike an der gegenüberliegenden Wand betrachtete, bevor er sich letztlich seinem Sklaven zuwandte: "Du kannst gehen, Sirius. Bereite meine Ankunft in der Casa vor, und besorge mir irgendwas, was nicht allzu auffällig ist, aber auch nicht nach krassem Trauerflor aussieht. Und ich will den Damio und Linos heute abend sprechen, lass ein Essen vorbereiten."


    Als der Sklave verschwunden war, lehnte Vala sich lässig im Becken zurück und betrachtete den Aurelier stumm einen Moment lang, bevor er sich zu einer Reaktion hinreißen ließ: "Wie ich hörte, hast du dich auch für die Quaestur gemeldet. Ein nicht unbedingt glücklicher Zeitpunkt, allerdings könnte das auch seine Möglichkeiten bieten. Hast du in Sachen Wahlkampf schon etwas unternommen?"


    Ein Schwamm am Rande des Beckens diente Vala zur Benetzung seines Anlitz mit warmen Wasser ohne das Gespräch mit dem Aurelier unterbrechen zu müssen. Im Moment war ihm je jede Gelegenheit recht, sich noch etwas mehr in die Wärme zu begeben, weil er das Gefühl hatte, dass es Tage dauern würde bis sie ihn durchdrungen hatte.

    Als einer der ranghöheren, aber immer noch nicht ranghohen Klienten des Consulars Vinicius Hungaricus war selbstverständlich auch Vala mit von der Partie. Für ein persönliches Stelldichein hatte es nicht gereicht, vor allem, da der Vinicier kaum mehr als wenige Tage im Monat in Rom verbrachte, und diese mit zahlreichen Mitgliedern der oberen 500 vollgepropft waren, zu denen Vala noch lange nicht gehörte. So blieb ihm nichts anderes übrig, als zu einer der wenigen Salutationes zu marschieren die der Consular noch für den restlichen Pöbel abhielt. Und der war beachtlich groß, auch wenn man Vala bald weiter nach vorne bugsierte, zusammen mit dem Aurelier, den er in einer Art Tauschgeschäft mit hergebracht hatte. Es dauerte trotzdem seine Weile, bis sie an der Reihe waren dem Vinicier die Aufwartung zu machen, und Vala sah sich nervös um, ob Sabina hier nicht irgendwo rumschwirrte und eine der oftmals ausgekosteteten Gelegenheiten wahrnahm ihm einen schmerzhaften Stich zu verpassen. Aber sie schien ihn zu verschonen, während er in kleineren Gesprächen mit anderen Wartenden die Zeit totschlug, bis sie endlich an der Reihe waren.


    "Consular Vinicius, mein Patron, willkommen zurück im Herzen der Welt.", begrüßte Vala eine weitere Koryphäe der römischen Politik auf seinem Weg durch die inoffiziellen Zentren des Geschehen in Rom. Er verzichtete darauf sich vorzustellen, auch wenn es Jahre her war, seit sich die beiden gesehen hatten, und sie seitdem spärlich per Brief Kontakt gehalten hatten. Er pokerte in dieser Sache einfach auf das Können des vinicischen Nomenclators um einer peinlichen Szene am Anfang zu entgehen.


    "Wie ich gehört habe, hat man dir einen sechsten germanischen Winter zugemutet, ohne dir danach noch den grünen Sommer meiner Heimat zu gönnen. Lass mich dir als spätes Willkommensgeschenk etwas für dich und deine Frau überreichen, auch wenn du es ihr leider in absentia meiner selbst überreichen wirst.", mit diesen Worten überreichte er dem Consular eine in feine Seide eingewickelte Schmuckscheibe, deren Ränder mit feinen Ornamenten auf einen im Zentrum abgebildeten Adler, das Wappentier der ersten Legion, in der der Consular vor vielen Jahren seine Anfänge genommen hatte. Für die Frau hatte Vala eine aus feiner hellblauer Seide gefertige Palla mit silberfädendurchwirkten Rändern fertigen lassen. Trotz der einnehmenden Optik der Gegenstände hatte Vala das Gefühl, ihrer Herkunft wegen noch etwas hinzuzusetzen: "Ich.. eh.. ich habe die Dinger anfertigen lassen, nachdem die Götter Mantua von ihrem Fluch befreiten. Ein Priester des Apoll hat sie in einem Opfer mit einem Segen des Gottes versehen."


    Sim-Off:

    WiSim!

    So wie der Hausherr sich durch die Schar der Bittsteller und Klienten ackern musste, stand Vala sich die Füße in den Bauch. Gut, er war früh gekommen, also würde er nicht allzu lange warten müssen. Doch immer, wenn jemand kam der in der allgegenwärtigen sozialen Hierarchie über ihm stand schweiften Valas Gedanken zu dem Moment ab, in dem er auch einmal an einer langen Schlange von wartenden vorbeigeführt wurde, um direkt mit dem Hausherrn sprechen zu können. Ohne Wartezeit. Und selbst das wäre nur ein weiterer Schritt, denn diejenigen, die am höchsten standen würden bei so einer Gelegenheit garnicht erst auftauchen. Die trafen sich abends in den Triclinia und Vestibula der bedeutenden Casae, aßen, tranken und vor allem: sprachen miteinander. Bis dahin würde Vala allerdings noch einiges zu leisten haben. Und um etwas leisten zu können, musste man überhaupt erst für so etwas vorgeschlagen und gefördert werden. Was zwangsläufig wieder zu Valas Platz in der Warteschlange führte, in der er sich mit den anderen Wartenden unterhielt um die Zeit totzuschlagen und sich mit Neuigkeiten und Wissenswertem zu versorgen.
    Je näher man dem zentralen Punkt der Salutatio kam, desto leiser wurden die Gespräche um das halbwegs vertrauliche Stelldichein nicht zu stören, und schließlich verstummten sie ganz. Vala sah die Schlange vor sich schmelzen, die hoffnungsvollen, ängstlichen oder vollkommen unbekümmerten Gesichter der Wartenden verschwinden, bis er schließlich selbst vor dem Consular stand.


    "Consular Purgitius, ich grüße dich.", begann Vala förmlich, und auch wenn er davon ausgehen konnte, dass dem Purgitier sein Name durch einen Nomenclator bereits bekannt war, stellte er sich noch einmal selbst vor, sich darum sorgend, dass sein Name im Gedächtnis bliebe, "Mein Name ist Titus Duccius Vala, Sohn des Flavus Duccius Germanicus und hoffnungsvoller Beschreiter des Cursus Honorum. Ich mache dir zweierlei Dinge wegen meine Aufwartung. Lass mich damit beginnen, dir ein Geschenk zu überreichen um dir meine aestimatio honoris tua und den Respekt deiner auctoritas gegeüber auszudrücken."
    Mit diesen Worten wickelte Vala ein kleines Bündel aus feinen Leinen aus, bis darin eine etwa handflächengroße Figur zum Vorschein kam. Es war ein Gebilde aus kostbarem Silber, filigran gearbeitet und mit kleinen Edelsteinen aus Valas Heimat versehen. Mit etwas Fantasie konnte man erkennen, was das feine Gebilde darstellen sollte, das Metall war so fein verarbeitet, dass man denken könnte, es würde bei jeder falscher Handhabung reißen.


    "Consular Purgitius, dies...", sprach Vala mit feierlicher Stimme, "...ist ein Wald."



    Sim-Off:

    WiSim! :D

    Das letzte Mal hatte Vala sich kurz vor seinem Tribunat bei der ersten Legion hier eingefunden. Ein Glücksgriff, hatte ihm der Kursinhalt doch wenig später sehr bei der Orientierung im riesigen Lager der Heimatlegion geholfen. Kurz nach seiner Rückkehr verschwendete Vala keine Zeit, vor allem, da man ihm erzählt hatte, dass er nach der Anmeldung zum dritten Examens darauf würde warten müssen, dass sich weitere Kandidaten für die Prüfung einfanden.


    "Salve..", grüßte Vala den anwesenden Schreiber, und legte den kleinen Lederbeutel mit fünf Goldstücken auf den Tisch, "...Titus Duccius Vala mein Name. Ich möchte mich zum Examen Tertium anmelden."

    Als einer der Anwärter, die keine Klienten des Consulars Purgitius waren, musste Vala damit rechnen in der Warteschlange recht weit hinten eingeordnet zu werden. Dies einigermaßen zu umgehen war der Grund für eine außerordentlich früh beendete Nachtruhe, die Sonne kroch gerade erst aus dem Osten als er sich vor der Casa einfand, allerdings beileibe nicht als erster, wie er enttäuscht feststellen musste.


    So blieb ihm weiterhin nichts als darauf zu warten, dass man ihn der Reihe nach einließ...

    Kaum aus Mantua zurückgekehrt, mit dem Kopf noch voll mit Eindrücken aus seiner unplanmäßig langen Zeit beim Militär, sah Valas Tagesablauf wie folgt aus: Morgens Salutationes abklappern, Mittags ein Essen mit kleineren Verbündeten und/oder Gegnern, Nachmittags mehr Treffen abklappern, abends Essen mit wichtigeren Verbündeten und danach in einen komatösen Schlaf fallen, um am nächsten Morgen das Prozedere wieder von Vorne zu beginnen. An diesem Tag war die Salutatio seines Patrons an, den Vala seit seiner Abreise aus Germania vor Jahren nicht mehr gesehen hatte. Außerhalb Roms weilend, war der Senator nicht jeden Tag erreichbar, und die Salutatio entsprechend vor den Wahlen arg überlaufen. Vala erschien genau in dem Moment, als ein weiterer Aspirant in die Villa gelassen wurde. Kaum war die Tür geschlossen, klopfte Vala auch an um sich ebenfalls für die Salutatio zu melden..

    Irgendwie hatte er das Gefühl, immernoch in Mantua zu sein. Und irgendwie sah er auch immernoch so aus, als wäre er es. Abgemagert, zerfahren, zerkratzt, kraftlos. Ausgelaugt. Alles andere als gesund. Aber eben auch nicht mehr krank. Müde hockte Vala mit geschlossenen Augen in einem der Caldaria, die Wärme des Wassers ausnahmsweise mal genießend denn erleidend. Bisher hatte er den Thermen nicht viel abgewinnen können, doch nachdem er in Mantua tagelang das Gefühl gehabt hatte innerlich zu erfrieren war ihm jede Wärmezufuhr von außen nur allzu willkommen. In Mantua brauchte man alles verfügbare Holz für die Wiederherstellung der Ordnung und für die Verbrennung der Toten, und Vala wollte nicht am Schluss noch unangenehm auffallen, in dem er das wichtige Gut für seine persönliche Entspannung missbrauchte.
    Rom. In seinem langen Tribunat hatte Vala Rom zwar nicht vergessen, immerhin wurde er immer durch Briefe auf dem laufenden gehalten, aber er verlor die ewige Stadt doch aus dem Blick. Wenn man mit einem Chaos und einem bildlichen Weltuntergang wie in Mantua konfrontiert war, war das auch kein Wunder.
    Vala lauschte den leisen Gesprächen der anderen Anwesenden und versuchte sich irgendwie daran zu gewöhnen, dass sie sich nicht ausschließlich um Tod und Verlust drehten. Wie seltsam das war, mochte er noch garnicht erahnen. Er war keine halbe Stunde in Rom und hatte sich schon in die Thermen verzogen. Wie ein Motte zum Licht trieb es ihn zur Wärme, natürlich nicht, ohne dafür zu sorgen, dass die Zeit nicht nur zur Entspannung genutzt wurde.


    Sirius
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    "So tot wie man nur tot sein kann...", murmelte ein ausnahmsweise mal halbwegs nüchterner Sirius, den es schon fast abstrakt erleichterte, endlich wieder seinem ebenso wortreichen wie wortkargen Herrn folgen zu können, "...ersoffen. Also pass auf, dass dir nicht das gleiche passiert. Ersoffen übrigens im eigenen Bad. Man geht davon aus, dass ihn die Götter schlagartig zu sich genommen haben, im Schlaf ersoffen ist er auf jeden fall nicht. Niemand ersäuft im Schlaf. Schonmal probiert? Nicht schön, sag ich dir. Aber lustig, nachdem er halbe Ewigkeiten verschwunden war."


    "Ja, sehr lustig.", murrte Vala, dem es einerseits nicht in den Kram passte, einen wichtigen Verbündeten verloren zu haben. Andererseits war der Tod des geschassten Prätorianerpräfekten nicht unpraktisch. So stand er ihm zumindest nicht im Weg, was sein weiteres Vorgehen in einer bestimmten Sache anging: "...Vespa?"


    "Hat sich vor Wochen nach Misenum verdrückt, auf ein Landgut der kaiserlichen Familie. Hat mich glücklicherweise hiergelassen. Sie dürfte mittlerweile vom Tod ihres Mannes erfahren haben und auf dem Rückweg sein."


    "Ah.. weiter."


    "Frauen sind das Böse!!"


    "Ahso... WAS?"


    "Ich bin vollkommen überzeugt davon.", sprach Sirius, der die Stunde gekommen sah, sich endlich bei seinem Herrn dafür zu bedanken, dass er ihn alleine in Rom gelassen hatte. "Vespa hatte oft Besuch. Du... du... glaubst... also... wie sie reden! UND WORÜBER!!! Das... das hält kein Mensch aus!"


    "Ich weiß...", murrte Vala nur, der eigentlich kaum Lust verspürte sich die Geschichten seines Sklaven anzuhören, "...aber sie sind nützlich."


    "Ich kann nicht glauben, dass das aufwiegt, was sie an... sie an...", der Sklave verzog angewidert die Lippen, "...was sie... uaaaaaaargh. Du hättest mich nicht hier lassen dürfen!!"


    "Ach ja? Danke für den Hinweis, ich kann das immernoch selbst einschätzen. In Mantua wärst du verreckt."


    "EGAL!!! Lieber eine Woche in Mantua als eine Stunde allein unter Frauen! Das macht uns verrückt... irre! Jawoll. Irre! Eh... hab ich das gerade gesagt?"


    "Ich komme bei Gelegenheit drauf zurück...", murrte Vala, der gleich mit dem ganzen Häuserblock winkte, als er sich wortlos ganz ins Becken gleiten ließ und seinen Kopf unter die Wasseroberfläche zog. Die ihn damit schlagartig umgebende Wärme hatte etwas, das ihm seit Wochen zu fehlen schien.

    Hatte Vala gehofft, dass die halbwegs klaren Momente von Dauer wären, die ihm die Unterhaltung mit und Behandlung durch den Capsarius ermöglicht hatten, so hatte er sich gründlich getäuscht. Wie ein hilflos in den Wildwassern eines jungen Flusses Mitgerissener schien er nur wieder aufgetaucht zu sein, um für die folgende Tortur Luft schnappen zu können, als würde ihn der Fluss willendlich foltern, um ihn möglichst lange quälen zu können. Nur, dass der Fluss in diesem Fall durch seine Adern floss und ihn innerlich erfrieren ließ, obwohl sein Körper äußerlich glühte. Dann kamen die Krämpfe wieder, ein erbärmlicher Schüttelfrost, der Vala auf seiner kleinen Pritsche hin und her schüttelte und ihn nicht zur Ruhe kommen ließ. Die kurzen Phasen in denen er wach war nutzte er um kleine Gespräche mit den ihn umgebenden Mitleidenden, den behandelnden Medici und ihren Helfern führen zu können, um bloß nicht an sich und seinen Zustand denken zu müssen. Und er nutzte die Zeit, um sich irgendwie produktiv einzubringen. Er war krank, lag zerschmettert vom Fluch der Götter darnieder, aber er hatte immernoch seine Befehlsgewalt. Und die nutzte er, um zumindest die Versorgungsengpässe in und um den Thermen einigermaßen wegorganisieren zu können. Der Befehl des Legaten, überbracht von einem ziemlich zerknirschten Optio, waren recht eindeutig gewesen, und so suchte Vala jede Möglichkeit sich während seiner 'Kur' noch irgendwie einzubringen. Man hatte nicht einmal an das Ende seines Tribunats gedacht, es wurde einfach inoffiziell wie offiziell unbürokratisch verlängert. Was Vala das Gefühl gab, gebraucht zu werden, und diesen Anspruch wollte er auf keinen Fall enttäuschen. Sowieso: er musste hier erfolgreich sein, wollte er seinen weiteren Weg ebenso erfolgreich fortsetzen. Ein Scheitern kam nicht in Frage. Dabei stand ihm nichts geringeres im Wege als ein formloser Fluch der Götter. Vala redete sich ein, dass dies nichts anderes war als eine Prüfung, aber wenn er wenig später wieder vollkommen geschwächt darnieder lag, sich sein Bauch verkrampfte und versuchte mit Gewalt etwas seit langem nichtexistentes aus seinem Inneren zu würgen, dann schwand mit seinen Kräften auch seine Überzeugung, das hier überstehen zu können.


    Und just genau in dem Moment, in dem Vala glaubte keinen weiteren Krampf überstehen zu können, beim nächsten Würgereiz sein Inneres nach außen zu stülpen, in dem Moment klangen die Schmerzen ab. Nicht von jetzt auf gleich, aber doch spürbar. Die Capsarii redeten ihm mit verbissenem Ernst ein, dieses Zeichen nicht über zu strapazieren, liegen zu bleiben bis man wirklich von einer Besserung sprechen konnte, doch Vala wusste, dass er jedes Zeichen nutzen musste, um Eindruck zu machen. Und seine Pflicht zu erfüllen. Ein doch recht unvalaischer Anflug von Heldentum im Lazarett, quasi.
    Kaum konnte er wieder einigermaßen aufrecht stehen, ging er am Stock durch die Gänge und redete den Kranken Mut zu, den Kranken der Stadt sowie den kranken Soldaten. Er erzählte die Geschichte von Abaris, dem sagenhaften Priester des Apolls, der weite Teile Griechenlands von Krankheit und Leid befreit hatte und die Welt umwandelte um dabei seinem Herrn Werk zu verrichten. Und natürlich opferte er. Es hatte ein hölzernes Lararium gegeben, das unter den kleinen Opfergaben der Dahinsiechenden schon fast verschwunden war. Vala hatte mit eigenem Geld ein großes aus Edelholz requirieren lassen und es an prominenterer Stelle aufgestellt. Auch dieser Altar war bald vollkommen unter den Opfergaben der Kranken verschwunden, und so hatte Vala nach und nach ganze vier Hausaltäre organisiert (teilweise mit enorm freundlicher Überredung durch von ihm abkommandierte Soldaten) und in verschiedenen Teilen des großen Lazaretts aufstellen lassen. Und dann noch zwei in dem Haus, das der Legat als Erweiterung des Lazaretts besetzen hatte lassen. Er hatte Baldr/Apoll unter den Namen geopfert, die er kannte, sowie natürlich Wodan/Iuppiter... selbst Hel/Pluto hatte er mit einem kleinen Opfer gebeten, die Stadt zu verschonen.
    Aber Tage nach seiner 'Einlieferung' schien noch niemand zu wagen, eine Besserung zu sehen, wobei die Zahl der am Tag sterbenden sichtbar geringer wurde. Aber das war sie vor wenigen Wochen schon einmal geworden, nur um dann noch einmal so heftig anzusteigen. Aber es kamen auch weniger neue Kranke, was wirklich gutes verhieß.


    "Nun sag schon, Sextius. Du hast die Zahlen im Blick... wird es besser? Und vor allem: wann lässt du mich hier raus?", ging Vala den ihm mittlerweile doch recht gut bekannten Medicus an, der ihm wieder einmal Kräuterumschlage machte und andere Doktoreien versah, die Vala murrend über sich ergehen ließ, "Achja... und warum erzählt man sich, du würdest den Kranken in den Kopf gucken? Wünscht du, dort etwas zu finden, was weiterhelfen kann?"

    "Fieberwahn?", staunte Vala den Mann aus rot unterlaufenen Augen an, "Du bist gut... Fieberwahn! Ich habe kein Fieber. Mir ist arschkalt, Mann! Das ist mir!"
    Ziemlich blöd, sicherlich. Aber daran konnte man auch sehr genau festmachen, dass es eine halbe Ewigkeit her war, als der junge Duccius das letzte Mal an einem Fieber gelitten hatte. Oder sich mit jemandem beschäftigt hatte, der an Fieber litt. Oder, oder oder. Die Erläuterungen des Medicus nahm Vala daher mit vollkommener Arglosigkeit auf, wollte aber nicht so recht begreifen, was da vor sich ging. Er hatte kein Fieber! Er war quickfidel! Wirklich!
    Freilich hatte Valas Körper eine von dieser Auffassung dezent abweichende Meinung, die er dadurch artikulierte, dass Valas Nase wieder zu bluten begann.
    "Was ist das doch für eine verdammte Scheisse!", fluchte Vala kläglich, mehr ein Wimmern als ein ernstzunehmender Ausbruch von wütender Männlichkeit. Sein Kopf fühlte sich auf einmal an, als wäre er gleich drei Nummern zu klein und die Welt fünf zu groß. Das war nicht gut. Auch nicht, als das Blut, dass er sich mit den Fingern vor die schmerzenden Augen hielt plötzlich meilenweit weg war. Deswegen war die verdammte Halle so groß! Und er hatte sich schon gefragt, ob die Römer es mittlerweile verstanden die Gesetze der Physik außer Kraft zu setzen um solche Bauwerke zu errichten. Ein unendlich langer Arm reichte ihm ein riesiges Tuch für die eigene Nase, und von weit oben musterte ihn mit einem undeutbaren Blick der Medicus. Er fühlte sich auf einmal sehr, sehr klein.
    "Also...", nölte Vala, der sich verzweifelt an den letzten kleinen Rest Verstand klammerte, den das Fieber überließ, "...ich bin mir sicher, es hat den falschen Weg genommen. Glaube ich. Ist dieser Mann da vorne größer als das die Principia? Ist er nicht? Ganz sicher? Schau nochmal hin, Mann. Vielleicht irrst du dich... achso... gut... ist er nicht. Also... wenn er das nicht ist, kann ich mir sicher sein, dass dieses komische Zeug, von dem du da sprichst, den falschen Weg genommen hat. Dann ist es in meinem Kopf. Also dem hier...", dozierte Vala, und griff mit der Hand die er noch frei hatte nach seinem Kopf, wobei er ganze vier Mal daneben griff, "...moment... vorhin war er noch da...", als er ihn schließlich gefunden hatte, hatte Vala auch vergessen, was er eigentlich sagen wollte, da der Weg von seinem Sprachzentrum zu seinem Sprachapparat derweil von einer Wolke aus Schmerz gekreuzt wurde. Stöhnen folgte, wimmern, und ein kleiner Krampf, den sein Körper wohl nur aus reiner Boswilligkeit zwischen die anderen Plagen schob, mit denen Vala sich gerade rumschlagen musste.
    "Also... wenn es da oben ist... dann holt es da raus. Ist mir egal wie... aber macht, dass das aufhört....", jammerte er nun hingebungsvoll, wobei die Erschöpfung ihn zusammen mit der Wirkung der wärmenden Bandagen langsam wieder in das Reich des Schlafs zog, "...ich bin... Tribun... der ersten.... Legion. Man... braucht.... mich. .... darf... nicht... versagen....."

    Der Mensch, der quasi die ganze Zeit damit beschäftigt war die Ausscheidungen der Kranken wegzuwischen tat Vala irgendwo leid. Da hatte man schon das Glück zu den Gesunden zu gehören, und was ist? Man darf sich die ganze Zeit mit dem Mist beschäftigen, die die Seuche aus den Körpern ihrer Opfer trieb. Er hätte es dem Kerl nicht mal verdenken können sich bei jedem letzten Atemzug erleichtert den Göttern zuzuwenden, konnte man auf diese Art und Weise wenigstens den Unrat mitsamt Verursacher aus den Thermen schaffen.
    Der ranghöchste Tribun und Stellvertreter des Legaten dämmerte sitzend vor sich hin und vertrieb sich mit derlei Gedanken die Zeit, um nicht wieder in die Schwärze zurück zu sinken, die ihm schon so genug Zeit geraubt hatte. Er wartete... und wartete... aber sein Optio kam nicht. Dafür kam ein anderer..


    "Na, schau an...", nölte Vala mit elendig schwacher Stimme, "..dich kenn ich. Sextius Taurea, richtig?"
    Die Standpauke nahm Vala gleichmütig leidend hin. Er wusste, dass es sich kaum lohnte mit Heilkundigen zu debattieren, denn da waren die Weiber im Dorf seiner Eltern wohl kaum anders gewesen. War jemand krank, unterwarf er sich damit unwillentlich aber unvermeidlich dem Regiment der Krautmischer. Was nicht bedeutete, dass Vala vollkommen untätig sein musste. So folgte er den Anweisungen des Medicus, brummte dabei nur leicht, weil jede Bewegung seinen an eine Zeit ohne Krämpfe noch nicht wirklich wieder gewöhnten Muskeln schmerzte, und ließ die Prozedur über sich ergehen.
    "Was ist das für Zeug?", fragte er halbwegs interessiert, immerhin konnte er so noch etwas lernen, und seine geschundene Birne zu etwas mehr Aktivität zwingen, "Und sowieso: wie ist die Lage im Lazarett, Soldat? Mir fehlen einige Tage... was ist geschehen? Und vor allem: was könnt ihr hier noch gebrauchen?" Während er so dalag hörte er die klackenden Schritte von Soldatenstiefeln auf dem kostbaren Marmorboden der Therme, und schmunzelte matt bei dem Gedanken, dass das aufwendig gestaltete Interieur, mit dem die Civitas ihren Stand betonen wollte, in letzter Zeit wohl deutlich gelitten haben dürfte. Das Klacken kam näher, und kurz darauf stand ein sichtlich bedrückter Optio vor ihm, mit einer Hand einen Zipfel seines Umhangs vor Mund und Nase haltend, mit der anderen Hand salutierend.


    'Optio Spurius Maevius Scipio wie befohlen zur Stelle, Tribunus.', erklang die stark gedämpfte Stimme des Mannes, und Vala hatte das dumpfe Gefühl, diesen Namen schon einmal gehört zu haben.


    "Rühren, Soldat. Maevius Scipio. Woher kenne ich deinen Namen, Mann? Und wieso bist du hier, und nicht Optio Neratius?", hakte Vala nach, dessen protestierende Synapsen sich bei der Anstrengung stark in Richtung Arbeitsverweigerung tendierten.


    "Optio Neratius ist tot, Tribunus.", stellte der Soldat mit betont ruhiger Stimme fest, "Ich bin hier, weil ich... weil ich... weil ich schon krank gewesen bin. Man hat mich vor wenigen Tagen entlassen, und man ist der Meinung, dass ich besser dafür in Frage käme, weil die Götter mich bereits verschont haben."


    Vala ließ das Kinn wieder auf das Ende der Liege sinken, während er die Worte des Soldaten hörte, die Arme und Beine immernoch ausgestreckt mit den Umschlägen umwickelt. Sein Optio war tot? Dabei hatte der Mann doch recht frisch gewirkt, als er ihn zuletzt gesehen hatte. Wann war das gewesen? Und vor allem: wer hatte jetzt wen mit der Seuche angesteckt? Er den Optio, oder der Optio ihn? Naja... es war sowieso hinfällig. Er war, hoffentlich, wieder auf dem steigenden Ast, während der Optio krepiert war.


    "Armer Hund... aber nun gut, wie ist die Lage, Optio? Ich hoffe, du hast mir einiges zu erzählen.", fragte Vala, der eigentlich garnicht fragen wollte. Oder eine Antwort. Aber er musste... er hatte den ganzen Laden geschmissen, dann hatte es ihn erwischt. Er MUSSTE wissen was während seiner... Absenz... geschehen war. Und er erfuhr davon. Davon, dass der Legat relativ zügig eingesprungen war, und sein Kommando nun aus der Curia führte. Davon, dass dem Legaten anscheinend niemand bescheid gesagt hatte, dass es Vala erwischt hatte, weil es zur gleichen Zeit Valas Adjudanten erwischt hatte. Und davon, dass die Soldaten, die Vala vom Pferd haben kippen sehen, und ihn darauf ins Lazarett geschafft haben die Gelegenheit ergriffen haben um danach zu desertieren. Und wie viele andere schon desertiert waren. Oder krank. Oder gestorben. Und wie die Legion es trotzdem schaffte, zu funktionieren. Und dass man das ungefähre Gefühl hatte, dass es besser wurde. Oder zumindest nicht schlimmer. Die Nahrungsmittel in der Stadt wurden knapp, weil sich kaum mehr Händler in die Stadt wagten. Und viele Villae Rusticae im Umland verwaist waren, von den Vici ganz zu schweigen, die es mittlerweile auch erwischt hatte. Von den vielen Flüchtlingen. Und dann von den Plünderern, die durch Mantua zogen, und auf die der Legat den Primus Pilus angesetzt hatte. Vala lag eine Zeit lang still, nachdem der Bericht geendet hatte, und als der Optio befürchten musste, dass Vala einschlief, holte er ihn mit einem Räuspern zurück ins Hier und Jetzt.


    "Gnnnh...", ächzte Vala, dessen Zentralmembram vom vielen Nachdenken mehr schmerzte als durch den Schlag eines Pferds, "..das.. nun. Geh erst einmal zum Legaten. Sag ihm was Sache ist... oder besser: Sag NICHT wie du mich hier vorgefunden hast. Sag ihm, mir geht es besser, und ich werde bald... SEHR bald in den Dienst zurückkehren. Bis dahin mach ich meine Arbeit von hier... weggetreten, Optio."


    Während der eine Optio sich entfernte, und aus seiner Erleichterung das Lazarett verlassen zu können keinen Hehl machte, sank Valas Kopf zurück auf das nicht vorhandene Kissen. Dann fiel ihm wieder der Medicus ein, der ihn die ganze Zeit bearbeitete, und bevor dieser protestieren konnte, hob Vala nur einen Finger, weil die Hand gerade vom Umschlag gehalten wurde.


    "Ich will nichts hören. Schau zu, dass du mich wieder irgendwie zusammenflickst.. du hast noch mehr Angelegenheiten zu klären, und ich genauso.", murrte Vala den Optio an ohne ihn ansehen zu können. Dann fiel ihm auf, dass es vielleicht nicht die beste Art und Weise war, einem Mann Befehle zu geben, dem man gerade auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war, und so schob Vala noch ein "Es wird dein Nachteil nicht sein, Taurea." hinterher, um deutlich zu machen, dass er kein undankbarer Mensch war, der auch gewisse Gefälligkeiten auch auf eine gewisse Art und Weise entlohnte.


    Ad:
    Consul
    Marcus Vetilius Trigeminus
    Casa Vetilia
    Roma


    T. Duccius Vala Consuli Vetilio Trigemino s.d.,


    hiermit gebe ich, Titus Duccius Vala, meine Kandidatur für die kommenden Wahlen zum Amt des Quaestors bekannt. Ich bitte des weiteren darum, mir die terminliche Möglichkeit mitzuteilen, wann ich hinsichtlich meiner Kandidatur vor dem Senat sprechen kann.


    Die Götter mit dir,


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    ANTE DIEM NON APR DCCCLXI A.U.C. (5.4.2011/108 n.Chr.)
    _________________________________________________________
    Titus Duccius Vala
    Legio I Traiana P. Fidelis | Castra Legionis | Mantua | Italia
    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/wappenduccia/siegelgruen.png]

    "Sehr schön.", brummte Vala zufrieden, hakte die Sache innerlich ab und verschwand dann mit einem "Nö, das war's. Weitermachen..." aus dem Officium um sich um den nächsten Punkt auf der Liste zu kümmern, die Vala heute noch ziemlich lange umtreiben würde.