...tauchte schließlich Vala auf der Hochzeit auf, begleitet von dem regelmäßigen Tocken des schwarzen Stocks, selbstverständlich aus nordischer Eiche, auf den er sich zwangsläufig stützen musste um nicht umzukippen. Auch wenn die dunkelblaue Toga aus feiner Wolle und die Tunika aus grüner Seide ihm ein doch recht edles Aussehen gaben, so konnte es doch nicht über die zahlreichen Wundmale hinwegtäuschen, die man hier und da an ihm erblicken konnte. Die leichteten Wunden waren schon so gut wie verheilt, doch die tieferen Schnitte und Schürfungen, die man an seinem Hals und seinen Unterarmen erkennen konnte leuchteten durch ihr dunkles Rot immernoch deutlich als Brandzeichen des Schmerzes. Der Stich in seiner Seite war fern jeder Lebensgefahr, doch er hinderte Vala daran sich zu bewegen als wäre nichts, und das hätte er wahrlich gern getan. Im Moment fühlte er sich wie ein jahrhunderte alter Mann, und das schlimmste war: im Moment sah er wahrscheinlich auch danach aus. Die wachsamen Augen waren eingefallen, die Mundwinkel vor unterdrücktem Schmerz nach unten gerückt und jeder Schritt bedächtig wie der eines Methusalem.
Das schlimmste an seinem Zustand war aber: er hatte nicht die geringste Ahnung wer ihm das angetan hatte. Wenn, hätte es ein Blutbad gegeben, doch das war ausgeblieben als Vala im Heim eines Medicus aufgewacht war, und seine Erinnerung nur wenig mehr als ein schwarzes Loch war. Ihm fehlte letztendlich fast ein gesamter Monat, und eben soviel hatte es ihn gekostet, die Arbeit als Vigintivir aus eben jener Zeit zu rekapitulieren. Mal davon abgesehen, dass er wochenlang ausgeschaltet war. In eben dieser Zeit war Vala vollkommen aus dem öffentlichen Leben verschwunden.. und die Verlobung seines.. nun... Partners sollte die Gelegenheit bieten, sich wieder zu zeigen. Auch wenn er alles andere als vorzeigefähig betrachtet werden konnte. Und laut Aussage der Medici noch mindestens zwei Wochen das Bett zu hüten hatte. Aber wenn Vala eins hasste, war es Hilflosigkeit, was bedeutete, dass er sich hierher geschleppt hätte, auch wenn seine unbekannten Peiniger ihm beide Beine abgehackt hätten. Und das, obwohl er sich bei öffentlichen Gegebenheiten bei aller Eloquenz immernoch sehr fehl am Platze fühlte.
Valas Begleitung zu diesem Ereignis war in diesem Fall das absolute Gegenteil. Sie schwamm in die Menge wie ein Fisch. Ein Goldfisch, um genau zu sein: eine schneeweiße Tunika aus der Wolle von britannischen Schafen, so orthodox wie modisch gerafft, bildete das Untergewand zu einer Palla aus feiner Seide in strahlendem Weinrot, der Farbe ihrer Gens. Komplettiert wurde die modische Erscheinung durch goldenen Schmuck, der dezent genug war, um nicht aufdringlich zu sein, doch präsent genug um nicht übersehen zu werden. Ihre schlanke und mit für Männer wohl mörderische Hingabe gepflegte Figur würde die Aufmerksamkeit erlangen, die sie verdiente ohne dabei unzüchtig zu wirken. Ihre Haare waren kunstvoll zusammengesteckt, wobei man auch hier penibel darauf geachtet hat, sich der Tradition nicht allzu sehr anzubiedern, was man vor allem durch goldenen Haarschmuck erreichte, der die feuerrote Farbe nur noch mehr unterstrich. Alles in allem war Valas Begleitung eine Erscheinung, der man ihre Herkunft von Stand sofort ansah. Vala konnte es durchaus als Kompliment und Großzügigkeit betrachten, dass man ihm die Ehre gewährte, sie als Begleitung zu diesem Ereignis auszuführen. Sie jedoch hatte keinen Zweifel daran, dass seine Anwesenheit nichts anderes als eine öffentliche Demütigung für sie selbst sein sollte.
Vinicia Sabina
[Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/z-spezielle/valahelfer06.png]
"Ich werde meinen Onkel umbringen, sobald wir dies hinter uns gebracht haben. Was habe ich ihm getan? NICHTS!", zischte die junge Vinicia ihrem männlichen Begleiter zu, nur um im fast gleichen Augenblick mit einer herzerwärmenden Freundlichkeit eine Bekannte zu grüßen. Ihre Miene zeigte nichts anderes als neutrale Gefasstheit, vielleicht sogar ein wenig Freude über den Anlass, aber keine Spur von dem Groll und den Spott, mit dem sie Vala seit einer Stunde übergoss. Diesem blieb nicht viel anderes übrig, als nur mit den Schulter zu zucken während ihre Tirade mit dem Engelsgesicht fortfuhr: "Einen verdammten Barbaren hat er mir an die Hand gegeben... als wäre es nicht schlimm genug, dass er dich als Freund der Familie bezeichnet.. jetzt muss ich auch noch mit, und dann auf so ein Ereignis. Schau da..", sie deutete nicht auf eine Gruppe von nahebeistehenden Gästen. Das musste sie auch garnicht, Vala verstand auch so. Als er hinsah, drehten sich auf einmal drei Köpfe weg, so, wie nur ertappte Gaffer schauen können.
"Da schaut der auch noch direkt hin.. Morgen bin ich das Gespött der Nobilitas. Schaut nur, Sabina... mit einem Duppius an der Hand.. hätte sie doch den Cornelius geheiratet, dann müsste sie jetzt nicht mit einem Barbaren an der Hand herumvegetieren."
"Duccius.", intonierte Vala dezent genervt, sich die größe Mühe gebend nicht genauso auszusehen.
"Meinetwegen kannst du sogar Dullius heißen..", biss die Stute zurück, "..es wäre mir vollkommen gleich. Und ich gehe nur mit, um den Hausfrieden zu wahren, das solltest du dir... oh, Tullia, welch Freude. Schönes Kleid, ist das von Ioopus? ...wie verdammt ordinär, die alte Schachtel sollte aufhören sich zu kleiden als wäre sie zwanzig. Wo war ich? Achja... eine verdammte Schande, und ich bin..."
"Achtung, wir sind gleich da...", knirschte Vala zermürbt von der Tirade und den Schmerzen, die bei jedem Schritt seinen Körper durchzuckten. Er sollte aussehen wie ein Politiker, verdammte Axt, und nicht wie ein Kriegsveteran. Sabina schloss den Mund, und warf ihm noch einen sehr undeutbaren Blick zu. Das erste Mal, als sie es zusammen zu tun bekommen hatten, hatte sie Vala in der Villa Vinicia ein leeres Glas in die Hand gedrückt und ihn ein neues holen lassen. Es war selbstverständlich an der nächsten Wand zerschellt.
Gefolgt war ein riesiger Streit, der beinahe in Handgreiflichkeiten ausgeartet war, und letztendlich in ihrem Bett zuende diskutiert wurde. Das hatte ihr Verhältnis allerdings kein Stück verbessert: sie hatte ihm sehr deutlich gemacht, dass seine Qualitäten als Bettgenosse nicht zu verachten waren, er doch gesellschaftlich trotzdem nicht in ihrer Liga spielen würde. Umso größer war das Geschrei, als Lucianus ihr eröffnet hatte, dass sie Vala zu diesem Ereignis begleiten sollte. Und jetzt standen sie hier, und machten gute Miene zu bösen Spiel.
"Aurelius.", grüßte Vala seinen... nunja... immernoch Partner, und drückte ihm auf sehr männliche Art die Hand, was ihm letztendlich mehr wehtat als seinem Kompagnon, "Dir zu meinen Glückwünschen noch den Segen der Götter. Mögen die Manes deiner Familie beistehen und dich zu einem wahren Mann deiner Sippe formen. Du kennst das ja... bla bla.." Die Glückwünsche kamen sehr gepresst, und man sah Vala an, wie schwach er im Moment war, was ihm wohl genauso zusetzte wie die körperliche Schwäche selbst. Die Gratulation seiner Begleiterin jedoch brillierte im Kontrast zu seiner durch souveräne Selbstverständlichkeit.
"Aurelius Lupus. Da kommt der unverfrorenste Junge der Stadt, und dummerweise auch der hübscheste, nach seinem langweiligen Exil in Athen wieder nach Rom... und gibt der Damenschaft nicht einmal die Chance, die Absprachen seiner Eltern zu sabotieren. Zu schade... aber natürlich will ich nicht geizen, meine Gratulation sei auch dir gewiss, auch wenn ich anscheinend dazu verdammt bin, mich jetzt mich zweitrangigem zufrieden zu geben.", ein koketter wie selbstbewusster Wimpernaufschlag unterstrich noch einmal diese sehr weibliche Art der Gratulation mit dem sehr offenen Stich gegen ihren Begleiter.