Beiträge von Titus Duccius Vala

    Auf einmal wurde es etwas hektisch. Erst wurde er stumpf abgewiesen, und stellte sich darauf ein am nächsten Tag einfach zur Salutatio zu erscheinen, als Stimmen hinter der halbgeschlossenen Türe laut, Worte gewechselt wurden und die Tür plötzlich wieder offen stand. Mit einem Mann darin, der ihn ziemlich direkt nach seinem Anliegen fragte.


    "Senator Tiberius?", fragte Vala betont höflich, obwohl ihm die Umgangsform hier in Rom langsam auf den Zeiger ging, "Mein Name ist Titus Duccius Vala. Mir wurde von Marcus Vinicius Hungaricus nahe gelegt, hier vorstellig zu werden. Deshalb bin ich jetzt hier."

    Mit einem dankenden Nicken nahm Vala Platz in einem Korbsessel. Gleich fragte er sich, wer diesen wohl hergestellt hatte. Ein Sklave vielleicht. Er konnte sich irgendwie nicht vorstellen, dass der Winter die Bevölkerung von Rom lange genug in ihre Häuser jagte, damit diese die Zeit fanden selbst solche Dinge herzustellen.
    Einen Narren schalt Vala sich, als er sich dabei ertappte die bäuerlichen Gemeinschaften der Heimat mit Rom zu vergleichen, und fragte sich gleichsam, wie lange es dauern würde, bis er dieses Denken ablegte.


    "Wenige Tage, Senator.", nahm Vala den Gesprächsfaden auf, "Allerdings habe ich das Gefühl, dass diese Stadt mir noch einige Tage mehr abverlangen wird, bevor ich mich in ihr zurecht finde."


    Vala nahm das Angebot des Weins dankend an, und wunderte sich sogleich darüber, wie aufmerksam die Sklaven waren, die sich gekonnt unsichtbar im Hintergrund hielten, aber doch ständig zugegen waren. Der versprochene Becher ließ so nicht lange auf sich warten.


    "Ja, der neuernannte Legat hat mich vor zwei Monaten als Klient akzeptiert. Ich habe eigentlich kein konkretes Anliegen, bei dem ich dich um Hilfe bitten könnte. Vinicius Hungaricus empfahl dich für einen Antrittsbesuch, und so stehe ich nun hier, um mich vorzustellen."

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    Das Dach war so eine Sache. Die Sicherheit der Arbeiter stand hier im Vordergrund, und so dauerte die Konstruktion der Gerüste in etwa doppelt so lang wie das Abdecken des Daches und die Errichtung eines neuen, stabileren Dachstuhls. Es war selbstverständlich keine italienische Eiche, die hier verwendet wurde, das würde das Budget sprengen, ein Budget, über das Vala sich bisher sowieso sträflich wenige Gedanken gemacht hatte.
    Aus eben diesen Kostengründen wurden nur die wichtigen Punkte in der Statik mit Eichenholz gestützt, während die Sparren und Fetten mit Nadelholz ausgestattet waren.
    Das Decken des Dachs wurde großteils mit neuen Ziegeln bewerkstelligt, die alten hatten die Angewohnheit den Regen und die Hitze eher ins Haus zu lassen, als sie auszuschließen.


    Sie hatten Glück mit dem Wetter, es regnete nicht, und so war die Arbeit in bequemen fünf Tagen geschehen. Das Haus sah schon wieder viel ansehlicher aus, es fehlten nurnoch kleine Praxis-Korrekturen (von Schönheit konnte hier kaum die Rede sein), dann würde Vala die ersten Mieter werben können. Und dann würde er sich unweigerlich auch Gedanken um Geld machen müssen.

    "Gruß auch dir, Procurator Annaeus.", erwiderte Vala die Begrüßung, und drückte die Hand des Römers mit festem Griff, "Danke, dass du spontan Zeit dafür findest mich im Haus deiner Familie zu begrüßen. Ich bin seit kurzem Klient des Legaten von Germania, Marcus Vinicius Hungaricus. Er empfahl mir eine Reihe seiner besonderen Klienten, wenn ich nach Rom gekommen bin. Nun bin ich hier, und du warst eben einer dieser besonderen Klienten."


    Vala überlegte, ob er den Scherz 'lass dich von Varus nicht zu den weißen ziehen' erwähnen sollte, den er schon damals nicht verstanden hatte, entschied sich aber vorerst dagegen. Wer weiß wie persönlich dieser Scherz eigentlich gemeint war.

    "Lando ändern? Nein, bei den Nornen, das kann man wahrlich nicht. Aber er wird nicht ewig Oberhaupt der Familie sein. DAS wird sich ändern.", konterte Vala trocken, und sah überhaupt kein Problem in seinem Anspruch, Lando irgendwann vom Platz des Familienoberhaupts verdrängen zu wollen.


    "Naja, es wird ja nicht jeden Tag ein römischer Senator von römischen Rittern aus der Kriegsgefangenschaft befreit. Ich bin mir sicher, dass ein gewisses Heldentum dazu gehört."

    "Mich mit der Stadt vertraut machen.", antwortete Vala wahrheitsgemäß, "Ich bin ja erst vor wenigen Tagen angekommen, und kenne mich kaum aus. Die Gefahr, mich in den ganzen Straßen zu verlaufen ist noch viel zu groß, als dass ich mir zutrauen würde hier schon großartige Unternehmungen planen zu können. Es ist doch ein kleiner Unterschied zwischen Roma und Mogontiacum. Außerdem stehen noch andere Besuch an, meine Tante Venusia lebt mit ihrem Mann Decimus Magnus auch hier in Rom. Dein Bruder empfahl mir auch, andere Klienten von ihm zu besuchen um erste Kontakte zu knüpfen."

    Vala stand mit seinem neuen claudischen Bekannten ziemlich weit ab vom Geschehen, zwischen ihm und den Opfervorgängen standen mehrere Reihen voll von Schaulustigen, Klienten, Gläubigen und sonstigem Volk. Trotzdem hatte Vala eine annehmbare Sicht, was er seiner schon fast klischeehaft germanischen Größe verdankte.


    "Wer ist diese Concordia?", flüsterte er seinem Begleiter zu, während er darauf achtete nichts zu vergessen. Er musste zugeben, die Lehreinheit seiner Mutter über die Götter war schon viele Jahre her.

    "Das ist nicht wenig.", sagte Vala, dessen schulische Ausbildung zum größten Teil von seiner Mutter geführt worden war, und später durch ihn selbst. Er bemerkte klare Defizite, die er in der nächsten Zukunft ausmerzen wollte.


    "Wollen wir den anderen folgen? Anscheinend findet das Opfer in einem Tempel statt?", fragte Vala, mehr rhetorisch denn wirklich abwarten, denn er lenkte sich und seinen Gesprächspartner bereits in Richtung der Kolonne.

    "Danke.", sprach Vala während er sich interessiert im Atrium umsah. Die Familie war wohlhabend, aber nicht reich, das war schnell klar. Es war schon interessant zu sehen, welches Klientel sich um Marcus Vinicius Hungaricus scharte, aus allen Schichten der Bevölkerung. Mit Bedauern registrierte er, dass er im Moment wohl eher zur unteren Schicht gehörte. Je mehr er von Rom mitbekam, desto klarer wurde ihm, dass der Wohlstand seiner Familie selbst in Mogontiacum noch bescheiden war.

    "Das wird sich ändern.", sprach Vala, und meinte damit nicht weniger als sich selbst. Er hatte schon einen genauen Plan, wie er die Defizite der aktuellen Familienführung wieder ausgleichen wollte. Nicht, dass er Lando für unfähig hielt. Vor allem in der Organisation hatte der Mann nicht geringe Fähigkeiten bewiesen. Aber Zwischenmenschlich hatte er sich wohl nie auf das Konfliktpotential zwischen germanischer und römischer Welt einstellen können. Zumindest war das Valas Theorie. Der Rest seiner Sippe zeigte da viel mehr Potential, die Söhne des Evax zum Beispiel. Oder Phelan. Selbst der junge Ragin hatte da wohl mehr Feingefühl.


    "Wie geht es deinem Mann? Ich hab gehört, er sei jetzt ein großer Held in Rom, weil er den Senator Decimus Livianus gerettet hat?"

    "Einfach so. Nein, gibt es nicht.", konstatierte Vala trocken. Was sollte er auch groß drumherum reden? Wenn der Senator keine Zeit hatte, dann sollte dieser Türsteher es ihm doch einfach sagen.. Vala hatte weder Eile noch Termindruck. Noch.

    Eine ganze Ecke weiter weg lag die Casa der Gens Germanica, Vala musste quasi die ganze Stadt durchqueren um zu ihr zu finden. Dabei hatte er nicht einmal Zeit gefunden, sich die ganzen großen Bauten anzusehen, die auf dem Weg lagen. Deshalb war er um so glücklicher, als er den Brief seines Patrons endlich abgeben konnte, um sich wenigstens auf dem Rückweg ein wenig umzuschauen...


    Decima Lucilla
    Casa Germanica, Roma


    Salve Lucilla,


    ich hoffe, die leidige Geschichte der Streiterei zwischen Sedulus und Livianus hat sich in der Zwischenzeit erledigt und dein Neffe wurde nicht darin hineingezogen. Selbstverständlich ist es mir recht, wenn du dich in solchen Angelegenheiten an Durus wendest, ich bin mir sicher, daß er sich deiner Bitte nicht verschlossen hat.


    Germania ist ein wenig arbeitsreicher als Hispania, deswegen wirst du mir hoffentlich verzeihen, wenn mein Brief nicht so lang wird. Derzeit kann ich noch nicht einmal von der Schönheit der Provinz berichten, da ich sie selber kaum kennen gelernt habe, was ich jedoch in den nächsten Wochen zu ändern gedenke. Da es derzeit auf der anderen Seite des Limes ruhig zu sein scheint, ist es wohl eine gute Gelegenheit. Ich hoffe dir geht es gut und ich höre bald wieder von dir.


    Vale bene,
    M. Vinicius Hungaricus

    Vala lächelte schief: "Zu solchen Gedanken bin ich noch garnicht gekommen. Ich habe vorerst eine Stelle als Scriba Personalis des Procurator a libellis inne. Bevor ich mich wirklich auf eine Laufbahn festlege, möchte ich erst lernen wie Rom funktioniert. Ich gehe Dinge ungerne unvorbereitet an, deshalb mache ich mich erst einmal schlau wo ich helfen kann... und wo ich gebraucht werde."


    Als er entschuldigend abwinkte, striff seine Hand die lederne Hülle, die er bei sich trug, und er entsann sich wieder des Briefes, den er mitgebracht hatte.


    "Oh, ich habe übrigens einen Brief deines Bruders bei mir, den er bat dir zu übergeben.", er zog die Schriftrolle aus der Hülle und hielt sie in Richtung des Senators, aber gleichzeitig irgendwie auch dem Sklaven hin, wusste er nicht, welcher von beiden schließlich die Schriftrolle ergreifen würde.


    Salve mein Bruder,


    der Überbringer dieser Zeilen ist ein Mann, den ich kürzlich als meinen Klienten angenommen habe. Sein Name ist Duccius Vala. Ich denke, er hat die Anlagen dazu, in Rom zu reüssieren, trotz seiner nicht gerade klassisch römischen Kinderstube. Ich möchte dich bitten, ihn ein wenig unter deine Fittiche zu nehmen, Bekannten vorstellen, ein Auge auf ihn haben, du weißt schon, was ich meine.


    Germania ist nicht ganz so ruhig wie Hispania. Ob ich den Göttern dafür danken oder sie verfluchen soll bin ich mir noch nicht sicher. Demnächst werde ich eine kleine Reise durch die Provinz veranstalten, bisher habe ich ja nur Mogontiacum kennen gelernt. Wie sieht es in Rom aus? Hat deine Frau euer Kind endlich zur Welt gebracht? Gib Nachricht, sobald das passiert ist.


    Dein Bruder Marcus

    "Das werde ich tun.", wurde Venusia sofort versichert, dass man die Grüße überbringen würde, "Bis auf Balbus halten sich meine Kontakte bisher in Grenzen, ein paar Leute von der Straße, der Architekt der die Casa renovieren will. Und einen waschechten Claudius, der mir auf dem Forum über den Weg gelaufen ist. Achja, apropos Forum... ich habe miterleben dürfen, wie sich ein Germanicus bei einem Decimus entschuldigte, ich glaube Senator Germanicus Sedulus hat sich bei Decimus Livianus entschuldigt. Es standen viele Leute drum herum, aber kaum jemand wusste, warum das geschah. Weißt du es?"


    Vala hatte den Becher bereits geleert, ersparte seiner Tante allerdings das Aufstehen in dem er sich selbst wieder eingoss.


    "Zuhause geht übrigens alles seinen gewohnten Gang. Wobei man munkelt, dass sich Widerstand auftut. Wie es scheint ist Lando ein wahres Genie, wenn es darum geht sich Feinde zu machen. Es war nicht schwer mitzubekommen, dass wir zwar eine Hausmacht unter den Germanen und germanischstämmigen Römern sind, aber die Liste unserer Verbündeten unter Vollblutrömern ist kurz."

    "Wir haben den gleichen Patron, und dieser meinte es wäre eine gute Idee beim Senator vorstellig zu werden. Diesem Vorschlag will ich hiermit folgen...", fasste Vala mit stoischer Geduld zusammen.

    Dieser plötzliche Wechsel von Unverschämt zu Dreist machte den schwarzen Mann in Valas Augen schon fast wieder sympathisch. Aber eben nur fast. Als er an den kleinen jungen weitergereicht wurde, weil der Senator anscheinend tatsächlich anwesend und gleichzeitig nicht allzu beschäftigt war, zwinkerte Vala dem dunklen Wachhund noch einmal zu, und verschwand dann hinter dem Jungen in das Reich der Villa...