Beiträge von Titus Duccius Vala

    Der Junge verstand sein Handwerk. Auch wenn Vala die Möglichkeit nicht ausschloss, dass es sich bei dem Helvetius um einen ambitionierten Halunken handelte, der es schaffte 'Zeichen' gekonnt genug zu manipulieren, um den religiösen Brautvater zu blenden und sich seine Tochter zu schnappen, musste Vala dem Helvetius dies lassen: manch römische Hochzeit ging nicht so traditionsbewusst über die Bühne.
    Mit angemessen zufriedener Miene verfolgte Vala also das Schauspiel, auch wenn der Großteil seiner Aufmerksamkeit dem Heim galt in welchem seine Base nunmehr weilen würde. Bei den Hintergrundinformationen, die Vala über den Bräutigam und dessen Familie bekommen hatte, war er von einem DEUTLICH schlichteren Heim ausgegangen. Auch als sie nach dem Ende des feierlichen Heimführungs-Rituals in die Casa traten konnte Vala nicht verhehlen, dass er von der Größe der Casa überrascht war. Dass die beiden Brüder sich ein solches Heim leisten konnten, ließ Vala schon nach dem Grunde dafür mutmaßen. Hatte Verus seinen Klienten auch finanziell protegiert, um seiner Tochter ein halbwegs standesgemäßes Heim zu ermöglichen? War der Vater der Brüder, offensichtlich ehemaliger Primus Pilus einer Legion, durch einen Feldzug zu Geld gekommen? Der eine Bruder durch seine Teilnahme am Feldzug gegen Salinator? Klar war: es gab Ritter, die in geringerem Standard lebten.
    Es würde eine Weile dauern, bis Vala dem helvetischen Wohlstand auf den Grund gegangen war... er konnte nur hoffen, dass es dabei lauter zugegangen war und sie durch diese Hochzeit nicht noch in einen (noch größeren) Skandal rutschten.
    Von Phelan allerdings zu Optimismus gerufen, verlegte Vala sich erst einmal darauf einfach anzunehmen, dass der junge Helvetius doch irgendwo von den Göttern geküsst worden war, so dass er sich nicht nur eine finanziell sicherlich anspruchsvolle Position unter den Decuriones der Stadt unterhalten konnte, sondern auch eine solche Behausung. Das zumindest wäre etwas gewesen, das Vala tatsächlich hätte milde stimmen können. Wäre da nicht der stete Verdacht des gekonnten Halunkentums.

    Je länger er sich in dieser Hochzeitsgesellschaft aufhielt, desto mehr bekam Vala das Gefühl mit ihr in Sachen Irritation quitt zu sein. Hatte seine Frau es anfangs offensichtlich beinhart mit den Auswüchsen germanischer Herzlichkeit zu tun bekommen und war von ihr überwältigt worden, haderte Vala mit dem seiner Meinung nach durchaus besorgniserregenden Bild, das seine Familie ihm hier bot. Schlussendliche Gedanken dazu hatte Vala sich, bei allem Reflex, mit Mühe verkniffen... doch hatte seine Familie sich in seiner Agenda binnen kürzester Zeit nach ganz oben gearbeitet, was er so nicht erwartet hatte.
    Dass er den Mummenschanz nun zuende bringen musste war dabei für Vala weder ein größeres noch ein kleineres Problem... wie oft hatte er in Rom gute Miene machen müssen, wenn alles in ihm die Mundwinkel nach unten ziehen wollte?
    Derart abgehärtet standen schließlich seine Frau und er kurz nach den Eltern des Paares vor diesem und boten mit unverbrüchlichem Lächeln ihre Gratulation an.


    "Runa, du Wunderschöne..." , küsste Vala seine Base in familiär-herzlicher Form und fuhr adäquat feierlich fort, "..ich gratuliere dir herzlichst zu diesem schönen Moment. Ich werde Balder opfern, dass er dir und deinem Mann das Gute dieser Welt zukommen lassen wird.", streichelte er ihr mit sanftem Druck mit beiden Händen über die Schulter, bevor er sich schließlich ihrem Mann zuwandte... dem entweder mit sagenhafter Göttergunst Versehenen oder dem perfidesten Halunken, mit dem seine Familie es dato zu tun hatte, "Dir, Helvetius, ebenso meine Glückwünsche zu diesem herrlichen Tag der Verbindung unserer Familien. Sicherlich wird diesem nur Gutes für unsere Sippen entstehen und ich sehe mit Freudem dem Tag entgehen, an welchem deine Laufbahn ihren Zenit erreichte und wir mit noch größerem Stolz auf den Mann an der Seite einer unserer liebsten Töchter blicken können.", will sagen: hatte sie sicher noch nicht. Wird aber schon. Muss.


    "Anlässlich dieses feierlichen Moments lasst uns euch Geschenke überreichen, die euch hoffentlich nicht nur zur Freude gereichen werden, sondern auch euch mit Nutzen helfen." , winkte Vala einen Sklaven aus dem Hintergrund heran und ließ sich einen gläsernen Balsamflakon reichen, der auf einem kleineren Ballen roten Stoffs lag, die er mit feierlicher Geste seiner Base überreichte: "Dies ist ein Unguentarium aus ägyptischen Glas. Es soll aus dem Sand der Wüste geschmolzen sein. Es ist mit Unguentum Lavandulae gefüllt, es soll heilende, aber auch betörende Wirkung haben. Der Stoff ist Bombyx aus einem sagenhaften Reich im Osten, man sagt die Reise dorthin soll die Lebenszeit eines Mannes erfordern. Der Stoff macht in Rom alle verrückt, die einen hassen ihn, die anderen begehren ihn, weil er alles verhüllt und doch das schönste am Menschen preisgibt. Ich bin mir sicher, nicht nur du wirst an ihm Gefallen finden... dennoch rate ich davon ab, NUR ihn in der Öffentlichkeit zu tragen." , schmunzelte Vala seine Base mit der ungefähren Versprechung wilder Nächte, die jetzt etwas schaler auf der Zunge schmeckten denn als er sich den Spruch zurecht gelegt hatte. Das Geschenk war natürlich improvisiert und ursprünglich waren sowohl Balsam als auch Seide für die Frau des Statthalter in Germania Inferior vorgesehen gewesen. Da das erste Aufeinandertreffen mit diesem allerdings erst in ein-zwei Monaten anstehen würde, hatte er genug Zeit für Ersatz zu Sorgen während die Geschenke hier ihren unmittelbaren Effekt hatten. Zudem war er tatsächlich davon ausgegangen, es hier mit einem Bräutigam hochrangigen Formats zu tun zu bekommen, weshalb das Geschenk für diesen angesichts der aktuellen Umstände vollkommen aus der Rolle fiel: "Diese Amphora ist älter als sämtliche Gäste hier zusammen und man sagt, Alexander der Große soll eigenhändig den ersten Schluck Wein seines Lebens aus ihr getrunken haben. Der Wein in ihr stammt wie er aus Pella, der famosen Hauptstadt Macedonias, ist allerdings nicht ganz so alt wie er. Zudem möchten wir dir dieses kleine Abbild eines Wagens schenken. Das Original soll aus dem Holz des Schiffs gebaut worden sein, von welchem Agrippa seine Flotte bei Actium befehligte. Es wird morgen vor eurer Haustür stehen... also, das Original. Nicht das Schiff."
    Natürlich war vieles einfach hinzugedacht und dem Alter der Werke zugeschrieben. Sicherlich hatten x Senatoren eine Vase im Haus stehen, aus der Alexander der Große seinen ersten Schluck Wein getan hatte, und das Schiff Agrippas war nicht nur zu Streitwagen, sondern auch zu Reisewagen, Statuen, Altaren und ganzen Häusern verbaut worden. Aber sicher war auch, dass die Werke verdammt alt waren... und eben nicht einwandfrei ausgeschlossen werden konnte, dass es eben NICHT so war wie der Statthalter behauptete.


    Sim-Off:

    WiSim!

    "Politik ist ein undankbares Geschäft.", murrte Vala, der sich nie wirklich zuhause im Cursus Honorum der Senatoren gefühlt hatte und die Vorzüge einer militärischen Laufbahn definitiv dem Nachteil einer geringeren Lebenserwartung voranstellte, "Ständig wird er sich rechtfertigen müssen, eine Maske aufsetzen die nicht mehr viel mit ihm zu tun hat und aushalten müssen, dass den meisten Politikern das Mäkeln und Zerreden vollkommen und samt als Existenzfüllung reicht. Allerdings ist dabei mehr zu gewinnen... für mich stand immer außer Frage, nur als Kommandant einer Ala oder einer Cohors zu enden. Das große musste es sein... so er nur halb so ambitioniert ist, wird er dennoch viel erdulden müssen."
    Augusta Treverorum klang schon anders, wobei es sich doch wohl 'nur' um ein Tirocinium Fori anstatt um ein Studium an einer hellenischen Schule handelte... was dann doch wieder bodenständig-duccisches Denken offenbarte.


    "Eigentlich... zugegeben....", druckste Vala ein wenig herum und wandte den Blick schließlich zur Festgesellschaft im Hain, "...habe ich nicht. Wir haben so gesehen wenig über meine Heimat und meine Arbeit gesprochen. Um genau zu sein: garnicht. , gab Vala schließlich ziemlich zerknirscht zu, auch wenn er die Wahrheit nicht preisgab, dass er seiner Frau bisher einfach nicht genug vertraute, um mit ihr über Dinge zu sprechen die ihn beschäftigten und antrieben. Ursprünglich galt sie ja auch nur als prestigeträchtige Errungenschaft für ihn, die in seiner Heimat stadtrömischen Glanz versprach. Dass es sich bei Lucia auch um einen Menschen handeln, mit dem man offen 'reden' konnte... wahrscheinlich sogar musste, ging ihm wahrscheinlich erst in diesem Moment auf.


    "Das wäre sehr freundlich von euch.", gab er implizit seine Zustimmung zum Vorhaben seiner Tante, Lucia mal die Stadt zu zeigen. Dass er eine Frage gänzlich überhört hatte konnte er ja nicht ahnen, gedankenlesen war nicht so seins. ;)

    Als sie das Atrium betraten, war dies der zweite Kulturschock für Vala. Die Herzlich- und Eigensinnigkeit seiner Familie am gestrigen Abend hatte er dank Witjons nüchterner Schreibweise in den Briefen schon lange mehr als verklärtes Bild denn als wirkliche Erinnerung im Kopf behalten.. und der Moment jetzt war ebenfalls surreal. Dies aber nicht durch die Unterschiede zu Rom, immerhin waren die meisten hier römische Magistrate und nicht alle hatten provinzielle Wurzeln. Wobei, das war gelogen.. nicht einmal der Legatus Iuridicus hatte stadtrömische Wurzeln. Die gesamte Provinzialverwaltung war, konnte man Sirius' Informationen während der Hinreise Glauben schenken, ein Potpourri an Charakteren verschiedenster Herkunft. Der Princeps Praetorii, klar, Abkömmling einer Legionärsfamilie sogar aus dem Ort. Der Procurator Civitatium aus Raetia, der Procurator Rationis Privatae... nun.
    Der Kulturschock kam alleine dadurch zustande, dass die Reaktionen vollkommen an Feindseligkeit vermissen ließen. Als er im Senat aufstieg und er sich den bigotten Hass einer in der Bedeutungslosigkeit versinkenden Kaste verdiente, wurde ihm selbst nie das zuteil was man an anderer Stelle lautstark einforderte. Hier aber war ganz offensichtlich das schlimmste der Gefühle der müde Blick seines Vetters. Nicht, dass man ihn mit herzlichem Schönwetter-Lächeln willkommen hieß - aber alleine das Fehlen von offener Ablehnung war schon... krass.


    "Die Herren, es ist mir eine Ehre, mit euch zusammen die Geschicke der Provinz leiten zu dürfen.", grüßte Vala die Umstehenden, indem er ihnen gleich eine Portion Honig um's Maul schmierte, "Ich bestelle euch die besten Grüße des Princeps, der mir versicherte die Provinz sei in formidablen Zustand. Dass dies ruhigen Gewissens auch in schwerer Krankheit meines Patrons, meines Vorgängers Marcus Vinicius Hungaricus über die Provinz gesagt werden kann zeigt deutlich, welch kompetente und pflichteifrige Männer die Administratio Provincialis bevölkern.
    Ich habe irgendwie das Gefühl, dass ich mich und meinen Werdegang nicht mehr vorzustellen brauch.. ihr wisst sicherlich wer ich bin und wie sich meine Vergangenheit gestaltete. Dies ist meine liebreizende und tugendhafte Ehefrau, Lucia von den Tiberiern, Tochter des Tiberius Decius Metellus, Nichte des Senators Publius Tiberius Maximus. Ich erfreue mich der Gewissheit, sie hier in der Regia in einem Umfeld zu wissen, dass ihr die Ehrerbietung zukommen lässt die einer Frau ihrer Herkunft gebührt... so wie ich mich in der Gewissheit in die Arbeit stürzen kann, von euch die Unterstützung und Treue zu erfahren, die dem Stellvertreter des Kaisers gebührt."
    , verklausulierte Vala in Blumen nichts anderes, als dass er sich bedingungslose Loyalität von seinem Verwaltunsstab erwartete.

    "Wenn es drüben nicht ruhiger wird, wirst du diese Männer schneller wiedersehen als dir lieb ist.", schmunzelte Vala dem scheidenden Legaten an, sparte sich aber das anerkennende Schulterklopfen und nickte daher nur um vor den Männern nicht allzu vertraute Szenen zu zeigen.


    Als Vala nach vorne trat, gönnte er sich ein paar Sekunden der Stille, in welcher er einfach mit nicht unzufriedenem Blick auf die stählerne Masse der Soldaten seiner Legion blickte. Natürlich hatte Vala zuvor schon Kommandos geführt, allerdings war das indirekte Kommando über sämtliche Streitkräfte der Provinz und das direkte über die zweite Legion eine deutliche Hausnummer größer. Wenn man es genau nahm: größer als das hier, was er vor und um sich hatte war nur das Kommando aus dem Palatin heraus über alle dreihundertausend Mann. Auch wenn dies vor etwas mehr als einem Jahr noch in greifbarer Nähe gelegen hatte, dies hier war in Anbetracht der mit der Wahl gegen das Kaisertum und 'nur' für die Provinz verbundenen Lebenserwartung mehr wert. Deutlich mehr.


    "MÄNNER DER TREUEN UND STANDHAFTEN ZWEITEN.." , wandte Vala sich nach einem Moment der Stille, in welcher Legat und Legion sich gegenseitig stumm musterten, "..MEIN NAME IST TITUS VALA VON DEN DUCCII, CONSULAR BIMUS ROMS, LEGATUS AUGUSTI PRO PRAETORE UNSERES GELIEBTEN PRINCEPS TIBERIUS AQUILIUS SEVERUS AUGUSTUS. ICH STEHE HIER ALS NACHFOLGER DES EHRENHAFTEN ARENNIUS, UM EUCH ALS LEGATUS ANZUFÜHREN.
    EUCH, DIE IHR ROM VON DER HERRSCHAFT DES USURPATORS VESCULARIUS BEFREIT HABT.
    EUCH, DIE IHR SERTORIUS IN DEN STAUB HISPANIAS GEWORFEN HABT.
    EUCH, DIE IHR MODOROK BEZWUNGEN HABT.."
    , oder zumindest geholfen habt, seinen Sturz einzuleiten, "..WIE ICH ES ALS EHRE BETRACHTE MIT EUCH DEM REICH ZU DIENEN, SO HARRT UNSERER DIE NÄCHSTE HERAUSFORDERUNG. IM OSTEN RUMORT ES. DIE WÄLDER BEBEN. SIE FLÜSTERN VON AUFSTAND UND UNRUHE.
    ES SCHEINT FAST, ALS HÄTTE JEMAND DEN STIEFEL VERGESSEN MIT DEM IHR MODOROK INS MOOR ZURÜCKGETRETEN HABT AUS WELCHEM ER GEKROCHEN IST. SOLL ER SICH RUHIG ZEIGEN! KEINEN EINZIGEN SPLITTER WERDEN SIE AUS DEM LIMES BRECHEN! NICHT EINEM UNSERER VERBÜNDETEN IM OSTEN EIN HAAR KRÜMMEN. GENAU DESHALB SIND WIR HIER!
    MÄNNER DER ZWEITEN LEGION. EGAL WER SICH DRÜBEN ZEIGT, EGAL WIE MUTIG ER ZU SEIN MEINT.. WIR WERDEN IHM IN ERINNERUNG RUFEN, WESHALB MAN DIE GRENZE IN DEN LETZTEN JAHREN IN RUHE GELASSEN HAT... UND IHN WÜNSCHEN LASSEN, ER HÄTTE ES NICHT VERGESSEN.


    SECUNDA CONSTANS! ROMA VICTRIX! SECUNDA FIDELIS!"

    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/59.jpg Die schönsten Momente der Wucherer waren es, wenn man sich nicht nur aus dem Fenster lehnte (was ja quasi die Grundvoraussetzung für Wucher war), sondern sich BESONDERS weit aus dem Fenster lehnte und das Kalkül tatsächlich aufging. Wäre der Wirt zu derartigen Regungen wie einem siegessicheren Grinsen fähig gewesen, hätte sich die Reihe seiner Zähne wohl gerade von Ohr zu Ohr entblößt.
    Stattdessen strich er nur mit weiterhin regungsloser Miene die Münzen ein, verstaute sie penibel in einem Beutel und griff sich dann erneut den Becher. Dass er den Soldaten nicht etwa vergessen hatte zeigte sich einen Moment später, als er den 'gereinigten' Krug beiseite stellte, sich einen neuen griff und dem Soldaten nur einen kurzen Blick zuwarf, bevor er in Richtung der im schummrigen Licht der Schenke stehenden Tische... unter einem derer seelenruhig ein kleiner Schatten vor sich hinschnarchte.

    Mit der unbeweglichen Miene professioneller Würde verfolgte Vala in der einem Mann seines Rangs entsprechenden Position das Geschehen und schüttelte innerlich den Kopf darüber, dass er nie gedacht hätte diese in jahrelangem politischen Treiben in Rom perfektionierte Maskerade gerade hier in seiner Heimat derart schnell wieder aufsetzen zu müssen. Aber was blieb ihm übrig? Er musste gute Miene zu dem seiner Meinung nach desaströsen Spiel zu machen, um es nicht schon kurz nach seiner Ankunft zu einem Eklat in seiner eigenen Familie zu bringen. Selbst wenn diese Feier seiner Meinung nach jugendlicher Liebelei entsprungen war (die seiner Meinung einer durch konsequentes Altern und Erziehung zu heilenden Schwachsinnigkeit entsprach [offensichtliche Verfehlung der Eltern!]) und für seine Familie nicht den geringsten Vorteil (selbstverständlicher Zweck einer Ehe) brachte, sah Vala sich zumindest derzeit nicht in der Lage diese eklatante Fehlentscheidung zu verhindern ohne noch größeren Schaden anzurichten.
    Die Zeremonie stimmte ihn zumindest ansatzweise versöhnlich, bekam er doch seit Ewigkeiten endlich mal wieder eine Eheschließung nach einem (DEN gab es nicht) germanischen Ritus zu sehen.. die heimatlichen Gefühle, die dies erweckte taugten doch nur halbwegs dazu, dass das, was er hier sah, einfach ein einziger großer Fehler war, den zu korrigieren entweder mit viel Arbeit verbunden war... oder mit vielen Tränen.

    "Da stehen uns noch einige und längere Gespräche bevor..." , ließ Vala durchscheinen, dass er Ort und Zeit ebenfalls für derartige Gespräche unpassend hielt, auch wenn er gleich eine Frage klären musste: "Der Vinicius wird euch kaum einen Freibrief für das statthalterliche Siegel gegeben haben. Wieviel also ist liegengeblieben, was zügig aufgearbeitet gehört?"


    "Ehrlich gesagt ist mir schleierhaft, wie du diese Verbindung billigen konntest." , zeigte Vala offen, wir sehr ihn die Hintergründe dieser Eheschließung irritierten, und wiederholte daher die Deutlichkeit dieser seiner Meinung nach unvorteilhaften Verbindung: "Phelan ist ganz offensichtlich nicht in der Lage, die Tragweite dieser Entscheidung zu erfassen, seiner Tochter ihren offensichtlich irrationalen Willen zu lassen.. von dir allerdings hätte ich anderes erwartet, als mir die Tochter eines Soldaten nach Rom zu schicken und dann zuzusehen, wie Phelan die Tochter eines Ritters verschenkt. Egal wie ambitioniert und vielversprechend der Mann ist: das ist nicht mehr die Liga in welcher wir spielen. Ich war Konsul, du bist ranghoher Ritter, Phelan folgt. Was genau soll diese Verbindung uns bringen?" Es war für ihn nach wie vor ziemlich befremdlich gewesen, von einer Hochzeit zu erfahren und sich darüber zu freuen, dass es offensichtlich auch in Mogontiacum für seine Sippe voranging. Nur um dann erfahren zu müssen, dass man hier ganz offensichtlich grundlegende Lektionen der familienpolitischen Raison vermissen ließ. Man heiratete nicht nach unten.


    "Ich befürchte, Lucia wird noch etwas brauchen, um sich hier zuhause genu fühlen um einen Empfang zu geben." , lächelte Vala schief, "Es war... es ist... ein ziemlicher Kulturschock für sie gewesen. Hat lange gebraucht, bis mir das klar wurde, aber ich habe mit Tiberia Lucia wohl eine Frau von Reichsrang nach Hause gebracht, aber dummerweise auch eine, die niemals im Leben damit gerechnet hat, dass ihr germanischer Ehemann einer germanischen Familie aus einer germanischen Provinz entstammt."

    "Manchmal frage ich mich schon, ob es nicht einfacher ist dem Weg der Väter zu folgen, als jahrelang wankelmütig nicht zu wissen wohin es gehen soll." , zeigte Vala sich durchaus angetan von den schlichten Tatsachen die in weniger begüterten Familien herrschten, in denen die Nachfolger oft garkeine andere Möglichkeit hatten als den eingetretenen Pfaden ihrer Eltern zu folgen. Vala selbst hatte Zeit seines Lebens nur ein Ziel gehabt: seinem Vater nachzufolgen und diesen schlussendlich zu übertreffen. Gut, übertroffen hatte er ihn schon mit seiner Ernennung zum Senator, nichtsdestotrotz war ja die Richtung vorgegeben... und wenn ein Spross seinen Vater übertraf, konnte das nur zum Vorteil der Familie sein.
    "Wohin hat es ihn denn getrieben?" , fragte er der Höflichkeit wegen nach denn aus echtem Interesse. Bildungsreisen waren offensichtlich eher decimische denn duccische Tradition.


    "Für mich gibt es garkeinen Grund, die Vorzüge unserer Heimat darzulegen. Diese liegen auf der Hand." , sprach der Machtmensch, der damit weniger die Wälder als dass Kommando über mehr als zehn Prozent des römischen Reichsmilitärs sprach, die dem an Gold armen Germania trotzdem zu beträchtlichem Gewicht verhalten. Dass er für derlei Firlefanz, der seine Frau offensichtlich zu einer verhaltenen Vorfreude geführt hatte, keinen Kopf hatte lag wohl zur Gänze an seinem Charakter.
    Umso erleichtert war er, als seine Tante ihm anbot diese lästige Aufgabe von seinen Schultern zu nehmen: "Wenn es dir gefällt, will ich mich dir nicht in den Weg stellen und dir meinen Dank versprechen. Auch wenn ich glaube, dass da wohl etwas mehr Arbeit vonnöten ist eine italische Wohlstandsschnepfe wie meine Frau für unsere Heimat zu begeistern."

    "Glücklich." , echote Vala, als hätte er vergessen was dieses Wort eigentlich bedeutete. Tatsächlich war es etwas, das er mittlerweile nurnoch benutzte weil es zu seinem Vokabular gehörte... nicht aber zu seinem Empfinden. 'Glücklich' war schon vor langer Zeit von 'erfolgreich' auf der Prioritätsliste seines Strebens abgelöst worden... dementsprechend wirkte die Bekundung seines Vetters auf ihn wie ein Deja-Vu.


    "Am Leben gehalten haben mich die Knüppel meiner Leute... und eine handvoll mächtiger Verbündeter, die wohl dafür sorgten, dass meine Gegner sich ihrer Sache nicht allzu sicher fühlen konnten." , ließ Vala seinen Vetter wissen, dass er sich für derartige Metaphern nicht wirklich erwärmen ließ, "...aber falls du das meinst: in die Heimat zurück zu kehren war überhaupt erst der Grund gewesen sie zu verlassen. Ich kann nicht verhehlen, dass es nicht so einfach gewesen ist wie ich es mir erhoffte. Ein Krieg ist offensichtlich einfacher zu bewältigen als die römische Politik."


    Als sein Vetter für seine Verhältnisse schon reichlich genervt auf die Frage nach seinem Schwiegersohn-in-spe, zog Vala kritisch eine Augenbraue nach oben, schließlich war anderes zu erwarten gewesen. Auch die weiteren Ausführungen zum Hintergrund des jungen Mannes, die ohnehin eher nach Eigenlob rochen denn nach Hervorhebung des jungen Mannes, dienten weniger zur Entspannung der Mimik des Statthalters als zur Hebung der zweiten Augenbraue, die Vala am Ende dann doch ziemlich ungläubig dreinblicken ließen: "Wenn ich das richtige verstehe..." , begann Vala mit unverhohlenem Unglauben in der an Schärfe gewinnenden Stimme, "..hat Witjon mir vor wenigen Monaten die Tochter eines einfachen Soldaten nach Rom geschickt, auf dass ich sie mit einem PRAETOR ROMS verheirate. Und du verheiratest... VERSCHENKST... die Tochter eines Eques an einen aufstrebenden... Niemand?"


    Es waren schon größere Zweifel an der hiesigen Heiratspolitik (die es heuer ja auch stets war), die ihm deutlich ins Gesicht geschrieben waren, bis er sich an die doch recht impulsive und wankelmütige Art seines Vetters noch vor einigen Minuten erinnerte. Möglicherweise lag da doch mehr im Busch und sein Vetter war schwachsinnig geworden... das kam ja durchaus vor. Vielleicht war ihm beim Bau der Villa ein Stein auf den Kopf gefallen? Ein Sturz vom Pferd hatte in Aegyptus einen Decurio in einen sabbernden Vollidioten verwandelt.. möglicherweise war Phelan ähnliches passiert und er war 'nur' mit einem Dachschaden davon gekommen.
    "Ist alles in Ordnung?" , fragte Vala daher mit sorgenvollem Blick die Hand auf die vetterliche Schulter legend, "Bedrohte man dich?" Irgendetwas musste ja dahinter stecken, dass der Mann seine Tochter in einer für die Familie offensichtlich vollkommen unvorteilhafte Verbindung steckte. Vala wusste aus eigener Erfahrung, was Menschen zu tun bereit waren um aufzusteigen, vor allem weil er einen ganzen Katalog aus diesen Lektionen selbst abgearbeitet hatte. Allerdings sah der neue Statthalter der Provinz die Rolle seiner Familie keineswegs am Ziel, so dass man sich erlauben konnte Töchter 'wohltätig' zu verschenken um anderen Familien den Aufstieg zu erlauben.

    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/59.jpg Als der Soldat aufmuckte, zuckte der durch jahrelange 'Scheissdrauf'-Attitüde abgestumpfte Wirt mit keiner Wimper. Die Preise heuer waren variabel, darüber machte sich niemand Illusionen. Je größer die Gruppe, desto niedriger der Preis. Und der Kerl hier war allein.. was förmlich zum haltlosen Wucher einlud.


    "DER Lintrad also...", brummte der Wirt, der den Protest mit absoluter Minimalmimik vollkommen überging und einfach damit fortfuhr eine Ansammlung von Krügen Stück für Stück auf seine eigene Art und Weise zu reinigen. Dass der Typ kein Denker war zeigte seine Stirn, deren Falten offenbar nur zu einem zornigen Gesicht beitragen konnten. So vergingen einige Sekunden, in denen sich nichts im Gesicht des alten Mannes regte, bis er schließlich ein lakonisches "10 Sesterzen." zwischen den Zähnen hervorpresste und sich den nächsten Krug nahm.

    Anders als am Vorabend, als Vala zumindest anfangs stillschweigend in die Stadt einzog und durch seinen Inkognito-Modus auf der Hochzeit seiner Base für mehr Aufsehen gesorgt hatte als ihm lieb gewesen war, ging der Einzug Valas in die altehrwürdige Regia etwas offizieller vonstatten. Man hatte ihn angemeldet, alle Magistrate, Angestellten und Helfershelfer zusammengetrommelt und im Atrium einen offiziellen Empfang organisiert. Während außerhalb des Gebäudes der Einzug des Legaten in den Wohntrakt des Statthalter"palasts" vor sich ging, schritt innerhalb des größeren Verwaltungstrakts also alles auf die Übergabe des Staffelstabs hin.


    Zusammen mit seiner Frau trat Vala, in vollem Amtsornat des Statthalters des Kaisers des römischen Reichs, in das Atrium und blickte vor allem in unbekannte Gesichter. Natürlich, sein Vetter war als Verwalter der kaiserlichen Güter anwesend... und das eine oder andere Gesicht kannte er noch aus seinem letzten Aufenthalt in Mogontiacum und Germania. Aber die meisten machten doch sehr deutlich, dass Vala viel Kennenlern-Arbeit bevorstand. Sehr viel....

    "Wochen. Eine ganze Provinz verlangt nach meiner Aufmerksamkeit.Ich will mir nichts vormachen, meine Vorstellung hier sei innerhalb von Tagen zum Alltag zu schaffen., seufzte Vala theatralisch auf, der diese Hochzeit wohl als einen der letzten Momente für einige Zeit sah sich voll und gänzlich seiner Familie zu widmen.
    Dass es der Sippe gut ging, war Vala auch in Roma nicht verborgen geblieben, immerhin hatte sie ihm seinen Aufstieg und sein Fortkommen in der teuersten Laufbahn der Welt finanziert. Bisher war das vor allem ein Geschäft zum Draufzahlen gewesen, was sich jetzt sicherlich ändern würde. Musste.


    "Phelan hat mir vom Hintergrund dieses Ereignisses erzählt.", murrte Vala kurz angebunden und ließ damit durchscheinen, wie wenig begeistert er von gewissen damit verbundenen Tatsachen war. Dass das ganze noch Nachwirkungen haben würde, lag für ihn auf der Hand.
    "Was soll ich sagen? Ich wollte die Sache ruhiger angehen lassen, als mit großem Pomp durch die Provinz zu ziehen. Der lautlose Einstieg ins laufende Geschäft, anstelle dem lauten Umbruch. Außerdem erlaubte es mir Einblicke, die es möglicherweise nicht gegeben hätte, hätte ich alle vor meinem Kommen vorgewarnt.", schmunzelte der Statthalter, wenngleich mit einem schrägen Lächeln,"Allerdings hat das nicht ganz so geklappt wie ich mir das vorgestellt hatte. Phelan hat sich verändert... nimmt der etwas? Ich meine... das gerade eben... so hab ich ihn noch nie erlebt."


    Seinen Titel aus dem Munde seines Vetters zu hören hatte einen seltsamen Beigeschmack. Natürlich hatte er sein Leben lang auf diesen Moment hingearbeitet, aber die Erkenntnis weigerte sich einzusinken: "Wie soll es mir gehen?", fragte daher recht unbeholfen und zuckte mit den Achseln, "Ich glaube mir geht es wie einem Mann, der sich die letzten Jahre in Rom durch die Geschichte gequält hat und es dabei mir mehr hübsch angemalten Wahnsinn zu tun bekommen hat als ihm Recht sein kann.
    Meine Frau... nun.. seit es Alrun gibt, geht sie voll in der Mutterrolle auf. Allerdings teilt sie ganz offensichtlich nicht meine Begeisterung für unsere Heimat. Sie hat die Entscheidung des Kaisers nicht ganz so gut aufgenommen wie ich."
    , erzählte Vala frei heraus... weil er es konnte. Zwar gehörte diese Erkenntnis über die Befindlichkeiten der Tiberia nicht zu den Errungenschaften seines eigenen Geistes, sondern war ihm von der Leibsklavin seiner Frau eingetrichtert worden, doch musste er sich nun mit diesen Konsequenzen herumschlagen.

    "Eine starke Ansage.", grinste Vala schief, der durch Erzählungen seiner Eltern über das wendungsreiche Leben seiner Tante bescheid wusste. Dass sie die Ruhe vorzog konnte er ihr nicht wirklich verdenken, immerhin war das eines der Dinge gewesen auf die er sich am meisten gefreut hatte, als der Kaiser entschied ihn hierher zu schicken.


    "Es hat einen Moment gebraucht, bis ich sie erkannte, ist ja schon ein paar Jahre her, aber doch.. sie schaut dir ja nun nicht unerheblich ähnlich.", erzählte der seine Tante doch um einen Kopf überragende Neffe. Dass sie ihre Tochter bald verheiraten würde müssen lag auf der Hand, was im politisch durchkonditionierten Vala natürlich sofort gewisse Ideen und Möglichkeiten in den Geist rief. Allerdings war das hier nicht der Zeitpunkt, um sofort mit solchen Initiativen aufzuwarten.. vor allem, da er deutlich mehr Zeit fern seiner Familie verbracht hatte denn mit ihr. Seine Autorität gleich am ersten Tag zu bekunden würde sicherlich für noch mehr Irritationen sorgen, als sein gründlich in die Binsen gegangener Versuch der Hochzeit quasi inkognito beiwohnen zu wollen.


    "Meine Frau hat mich aus dem Schlangennest in 'die gottverlassenen Wälder' begleitet, so wie sie es beschreibt. Ich muss nicht betonen, dass sie die Vorzüge unserer Heimat im Moment nicht ganz zu schätzen weiß.", grinste Vala schief und zuckte unbeholfen mit den Schultern. Noch nie war ihm Lucia so römisch vorgekommen wie auf dem Weg hierher. Je geringer der Komfort, desto größer das Drama, dass sie abends veranstaltete.

    "Man kann das ruhig der Kreativität der Ausführenden überlassen...", meinte Vala schulterzuckend nach einem kurzen Moment des Überlegens, "Solange man uns nachher nicht vorwirft, man habe den Inhabern der Taberna aufgrund eines missverstandenen Worts die Beine gebrochen."
    Zwar hätte er nicht schlecht Lust gehabt sich das Spektakel anzusehen, aber es gab genug Termine um die er sich zu kümmern hatte.. und es war außerdem nicht seine Baustelle, der Praefectus Castrorum würde mit der Aktion seine Autorität im Lager durchsetzen, dabei konnte eine stete Rückendeckung durch den Legaten schnell kontraproduktiv sein.


    "Von meiner Seite war es das. Ich werde in den nächsten Tagen erneut die Offiziere zusammenrufen, um das Vorgehen hinsichtlich der Sache jenseits des Limes zu besprechen. Bis dahin dürften wir Informationen genug haben, um die... längst... nötigen Entscheidungen zu treffen.", schloss Vala das Gespräch und entließ seinen Praefectus. Auf kleinliche Befehle wie 'Abite.' verzichtete Vala seit je her, da er es hier nicht mit einem Caius-Normal-Legionarius zu tun hatte. Außerdem lief man sich eh ständig über den Weg... zumindest, wenn der Legat im Lager war.

    "Ich wünsche dir und deiner Frau das Beste. Auf dass sie dir einen strammen und gesunden Jungen schenkt.", nickte Vala pflichtschuldig, als er die frohe Botschaft vernahm, was ihn mal wieder an die innere Notiz erinnerte, das Projekt eines Sohns verstärkt in Angriff zu nehmen.


    "Kann ich vollkommen nachvollziehen.. ich hab Zeit meines Lebens darauf hingearbeitet, wieder zurückkehren zu können, daher kann ich dir kaum verdenken, dass es dich hiergehalten hat.", schmunzelte Vala, als sein Vetter erklärte, dass er eigentlich garnicht vor gehabt hatte zu bleiben.


    "Ayo, es ist möglich, dass ich mit dem Kaiser über dich gesprochen habe.", zuckte Vala mit den Schultern, der das weniger als Verdienst für sich als für die Familie betrachtete, wenngleich das für ihn nicht das Ende der Fahnenstange war, wie er mit einem vieldeutigen Blick durchscheinen ließ, "Ganz uneigennützig habe ich das nicht getan. Aber darüber können wir später reden..."


    "Ah, ja... der Bräutigam.", kam Vala nun auf eine Sache zu sprechen, die ihm schon die ganze Zeit im Hinterkopf herumspukte, "Ich hab dem Mann gratuliert und ihn beschenkt, aber ich weiß nichts über ihn. Was gibt es über ihn zu erzählen? Wer ist der Mann, wer seine Eltern? Und vor allem: WAS ist er? Was sie?"

    Was für ein Chaos! Als sich immer mehr Aufmerksamkeit auf sie konzentrierte und Phelan vollkommen aus dem Häuschen fuhr, ging Vala so langsam auf, dass es ganz offensichtlich nicht genug war den Legaten einfach hintanzustellen und als 'schnödes' Familienmitglied auf der Hochzeit aufzutauchen. Der nächste Hochzeit, die er als Überraschungsgast aufsuchen würde, würde er wahrscheinlich in der Aufmachung eines im Hintergrund verschwindenden Dieners beiwohnen. Allerdings bestand die Gefahr eines sehr kuriosen Effekts auf seine Autorität als Statthalter, wenn er sich auf derlei Mummenschanz einließe. Weshalb hier die Tracht eines Consulars schon als vollkommenes Understatement anzusehen war, wenn man bedachte, dass er eigentlich in der Aufmachung des Vertreters des Kaisers persönlich in Germania hätte kommen MÜSSEN.
    Nichtsdestotrotz zogen sie die Blicke und Aufmerksamkeit auf sich wie zwei bunte Pfauen im Schwanenteich... und Phelan. Phelan war eine Naturgewalt. Vala konnte sich nicht erinnern, seinen Vetter JEMALS so erlebt zu haben. Valas Lächeln geriet immer schiefer, als er erkannte, dass er der Wiedersehensfreude des Mannes wenig entgegenzusetzen hatte und ihm nichts anderes übrig blieb als sich von der Welle der Unordnung hinwegtragen zu lassen, die in konzentrischen Kreisen vom Brautvater auszugehen schien. Dass dann auch noch Witjon hinzukam machte die Sache wenig besser.
    Just als Vala sich gerade ein wenig demonstrativ vom Freudenstrahlenden Verus abzuwenden, um auch den anderen in der Runde etwas Aufmerksamkeit zukommen zu lassen (da waren die Worte 'Patron' und 'Helvetius' gefallen, die laut dem Soldaten am Tor heute definitiv mit der Hochzeit in Verbindung gebracht worden waren), kam tatsächlich dieser Hornochse von Singularis und salutierte vor ihm. Er salutierte. Vor ihm. Dass der Typ überhaupt noch hier war! Valas Hand klatschte unweigerlich gegen die eigene Stirn, als der Mann auch noch hinter ihm Stellung bezog und die, zugegebenermaßen behelfsmäßige, Tarnung vollkommen auffliegen ließ. Was folgte, war abzusehen: die Situation explodierte quasi und der Statthalter Germaniens sah sich jetzt nicht nur mit einem überschwänglich-erfreuten, sondern mit einem manisch-ausrastendem Pontifex konfrontiert. Und es kamen TATSÄCHLICH immer mehr Leute hinzu, was der Situation einen dick aufgetragenen dadaistischen Charakter verlieh. "Nun, das ist so...", wollte Vala im Wirbel des Geschehens zu einer Erklärung ansetzen, die ihn weiterhin nichts wirklich sagen ließ, doch da kam ihm unverhofft tatsächlich die Braut zuhilfe, die offenbar wieder hergerichtet worden war und nun auf die Tube drücken wollte. Was Vala nur allzu recht war, bot es ihm doch die perfekte Gelegenheit die Aufmerksamkeit von sich wegzulenken: "Die Braut hat vollkommen Recht, nun ist es an der Zeit die Feier zu ihrem Höhepunkt zu führen.", ergriff Vala, ganz uneigennützig, nonchalant lächelnd klare Partei für das Ansinnen seiner Base, die Verzögerung die ER ausgelöst hatte nun endlich zu beseitigen und fortzufahren.


    Welch ein Chaos.

    "Jene, die auf meinen Job spekulieren, sitzen weniger hier in der Provinz als an jenem Ort, den ich endlich hinter mir lassen konnte. Nenn mich fahrlässig sorglos, aber ich sehe das hier einiges entspannter.", ließ Vala sein Denken durchblicken, das vor allem darauf gegründet war, dass seine Familie in der Provinz derart viele Verbindungen besaß. Derart viele, dass er in kaum eine Civitas einen Fuß setzen konnte ohne auf Vertrauensleute und Partner seiner Sippe zu treffen. Das machte einiges einfacher... jetzt mehr denn je.


    Die offenkundige Überraschung überraschte im Gegenzug dann wieder den Legaten, der zumindest erwartet hätte, dass die Existenz der Taberna allgemein bekannt und auch zum neuen Praefectus Castrorum durchgedrungen war. War sie offensichtlich nicht, weshalb Vala die Arme verschränkte und nachdenklich dreinblickte: "Gehen wir einfach mal davon aus, dass sich das alles auf ein Missverständnis und gewisse sprachliche Ungenauigkeiten gründete. Dann würde in deinen Büchern, respektive denen deines Vorgängers, nur stehen, dass die Konzession für eine'taberna' erteilt wurde... soweit ich weiß sogar zur Zeit des Bürgerkriegs. Es fiel unter den Tisch, die Soldaten freuten sich, hielten dicht und erfreuten sich der Ahnungslosigkeit der Offiziere. Wir können das ganze also still unter den Tisch fallen lassen, oder wir setzen ein Exempel. Ich ziehe das Exempel vor. Wir demonstrieren Aufmerksamkeit und zeigen, dass großen Wert auf Disziplin legen. Ich denke, niemand wird dem Arennius und dem Claudius vorwerfen können, ihre Legion laissez-faire geführt zu haben."


    Die etwas speziellere Frage konnte Vala dann auch entsprechend abnicken: "Alkohol hat im Castellum nichts zu suchen. Es gibt einen Grund weshalb Gaius Marius seinen Männern Posca verordnete und selbst verdünnten Wein aus seinen Lagern verbannte. Wir können uns immernoch entscheiden, an Feiertagen Ausnahmen zu gewähren."

    "Rauscht durch das bürgerkriegsirre Rom und scheut die paar Hochzeitsgäste im eigenen Garten.", witzelte Vala mit Schalk in den Augen, als seine Tante sich neuerdings sehr Öffentlichkeitsscheu gab. Andererseits war es für ihn selbst ja auch die Ruhe der Provinz, zu der er sich zurückgesehnt hatte, vor allem als das hektische Rom stärker an seinen Nerven zu zurren begann.


    "Ich habe Nela bereits vor der Villa gesehen, erschreckend wie groß sie geworden ist. Bald dürfte es fällig sein, einen passenden Mann für sie zu finden. Da beginnt man, sich schrecklich alt zu fühlen..", grinste Vala den Wink mit dem alternden Zaunpfahl an und blickte an sich herab, als seine Tante sich die Chalance gönnte ihm einfach mal ins Gesicht zu sagen, dass die Zeit sich in ihn eingegraben hatte, "Die letzten Jahre waren... nun... viel Schatten, wenig Licht. Zuletzt mehr eine Qual denn Kür. Wenn man immer wieder gezwungen ist sich mit dem Schaulaufen der Eitelkeiten rumzuschlagen, und man immer deutlicher vor Augen geführt bekommt, wie zerfallen das Holz hinter der schönen Farbe ist... nun, es war wirklich längst Zeit, die Sache dem langgehegten Ziele zuzuführen. Und nun stehe ich hier..", erzählte Vala, der sich immernoch schwer damit tat offenen Stolz darauf zu zeigen, was er erreicht hatte.

    "Na, was erwartest du nach nur drei Tagen hier von mir?", zuckte Vala mit den Schultern, als der Iulius wenig Hehl aus seiner Argwohn gegenüber der nur ungefähren Angabe der Zusammenstellung seiner Leibwache machte, "Dass ich sofort einen Überblick habe, welche der mir unterstellten fünfundzwanzigtausend Mann geeignet sind, bei den Singulares zu dienen? Ich gebe eine Zahl vor, die die Kommandeure mir abzustellen haben und diese tun das dann auch.. Ich gehe nicht davon aus, dass sie mir den letzten Abschaum ihrer Einheiten an die Seite stellen, das hätte lustige Konsequenzen für ihre Karriere. Und für mein Leben. Was wohl auf's Gleiche hinauskäme. Also... ich werfe eine Zahl in den Raum die bedient wird, WIE sie bedient wird ist Frage der Details die wir ohnehin jetzt noch nicht klären können. Ich werde mich da auf meine Praefecti und meinen Legaten verlassen. Müssen."


    Als der Iulier fortfuhr und seine Version eines Beförderungsprozederes vorlegte, nippte Vala an seinem Becher Posca (es gab solche, die den sauren Geschmack des mit Essig desinfizierten Brackwassers mochten, das sie alle tranken) und legte nun selbst die Stirn in Falten, einfach weil er das in Aegyptus durchaus anders kennengelernt hatte. Andererseits war es auch dort eine kleinere, intimere Legion gewesen deren Praefectus sich NUR um seine Legion zu kümmern hatte.
    "D'Accord.", antwortete Vala daher in breitem Gallisch, "Klingt nach einem praktikablen Prozedere. Ich habe ohnehin die bloße Ahnung, hier in Germania wenig mehr zu machen als Ernennungen, Urteile und Befehle zu unterschreiben."


    So die Sache abgeschlossen kehrte einen Moment Stille zwischen den beiden ein, die Vala dazu nutzte darüber nachzudenken was es da noch gab: "Irgendetwas hatte ich noch... was war es... was war es? Achja... einer deiner Vorgänger ist tatsächlich auf die Idee gekommen, eine Taberna in der Castra zu billigen. Diese schenkt unter anderem Alkohol aus.
    Ich weiß zwar nicht, warum sie gebilligt wurde und unter gleich zwei Legaten Fortbestand hatte, aber ich werde derartiges in meiner Castra nicht dulden. Die Taberna wird abgerissen und die Betreiber aus der Porta Praetoria gejagt. In die Stadt hinein, um deutlich zu machen wo derartige Unternehmen hingehören. Man sollte den Soldaten in Erinnerung rufen, was an 'Freigang' außerhalb des Lagers so reizvoll war, bevor sie sich hier besaufen konnten."